Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Zur Sonne schaut der Aar mit Mut,
Die weh dem Eulenauge thut.

Doch dir genüber, höchste Sonn',
Ist Eule gleich und Adlerbrut.

Was ist die blöde Seele, die
Blinzend nach dir das Aug' aufthut!

Die Kerz' umkreist der Schmetterling,
Planeten wandeln lichbeschuht.

Planet und Schmetterling ist eins,
O höchstes Licht, in deiner Hut.

Was ist die kühne Seele, die
Dich zu umkreisen niemals ruht?

Die Flamme zehret trocknes Holz,
Das feuchte ist dazu nicht gut.

Doch feucht' und trocknes Holz ist eins,
O höchste Flamm', in deiner Glut.

Die Fluten löschen Gluten aus,
In deinen Gluten brennt die Flut.

Unliebe selbst zu lieben, halt',
O Liebe, dich nur nicht zu gut!

Du bist nicht Glut, wenn du nicht zwingst
Des spröden Stoffes Trotz und Wut:

Brich das verstockte Herz der Welt,
Und bring in Fluß das starre Blut!
 

 

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