Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Wer gesehn hat deine Wangen wird nach Rosenschein nicht gehn;
Und wer krankt an deiner Liebe wird nach Arzenei'n nicht gehn.

Wer am stillen Busen dir geruht hat einen Augenblick,
Wird zum Tulpenbeet der Welt, wo laute Farben schrein, nicht gehn.

Welchem Gast den Taumelbecher reichte deine Schenkenhand,
Der zu Wasserbächen wird von deinem Seelenwein nicht gehn.
 
Wenn nicht drüben dich zu finden an der Quell' im Paradies
Hoffen darf ein Liebender, wird er zu Edens Hain nicht gehn.

Daß mich Liebe töten solle, hoff' ich jeden Augenblick;
Immer, ach, ins schwache Herz will noch so süße Pein nicht gehn.

Mutlos nicht die Arme senken darf, wer ringen will mit dir.
Wer im Kampf nicht aus will halten, soll in Kampf hinein nicht gehn.

Sieh, mir hat von Ewigkeit dein Mal die Liebe eingebrannt,
Und das Mal in Ewigkeit wird mir aus Mark und Bein nicht gehn.

Mewlana Dschelaleddin! dein Mund hat mich dies Wort gelehrt:
Irre geht das Herz hier, wann es will zum Freund allein nicht gehn.

 

 

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