Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Tritt an zum Tanz! wir schweben in dem Reihn der Liebe,
Wir schweben in der Lust und in der Pein der Liebe.

Der ew'gen Liebe Botschaft hört' ich von dem Tode,
Daß Gott den Tod getränkt im Lebenswein der Liebe.

Die Kraft der Liebe löste leise mir den Nabel,
Als Mutter Liebe mich gebar ins Sein der Liebe.

Ich frug die Liebe: Wie soll ich der Lieb' entgehen?
Sie sprach: Ohn' Ausgang ist der Zauberhain der Liebe.

Der Liebe Zauberspiegel strahlet Weltgestalten,
Der Blick verirrt sich in den Schilderein der Liebe.

Gieb deinen Leib wie Gold in Liebe's Läutrungschmerzen;
Denn Schlack' ist Gold, das nicht die Glut macht rein der Liebe.

Ich sage dir, warum das Weltmeer schlägt die Wogen:
Es tanzt im Glanze vom Weltedelstein der Liebe.

Ich sage dir, wie aus dem Thon der Mensch geformt ist:
Weil Gott dem Thone blies den Odem ein der Liebe.

Ich sage dir, warum die Himmel immer kreisen:
Weil Gottes Thron sie füllt mit Wiederschein der Liebe.

Ich sage dir, warum die Morgenwinde blasen:
Frisch aufzublättern stets den Rosenhain der Liebe.

Ich sage dir, warum die Nacht den Schleier umhängt:
Die Welt zu einem Brautzelt einzuweihn der Liebe.

Ich kann die Rätsel alle dir der Schöpfung sagen;
Denn aller Rätsel Lösungswort ist mein, der Liebe.
 

 

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