Emil Prinz von Schönaich-Carolath (1852-1908) - Liebesgedichte

Emil Prinz Schönaich-Carolath



Emil Prinz von Schönaich-Carolath
(1852-1908)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

 





Wenn ich dich seh' von ferne,
Du Tiefgeliebte mein,
So zieh'n viel gute Sterne
In meine Seele ein.

Doch, wenn du dann gegangen,
Hält mit der alten Macht
Mich wiederum gefangen
Die finst're, böse Nacht.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 9)

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Es liegt ein Traum auf der Haide,
Es weht im Walde ein Duft,
Ein Lied schwebt über dem Wasser,
Ein Klingen ruht in der Luft.

Ich möchte vor Wonne mich schwingen
Empor in ein Meer von Licht,
Ich möchte weinen und singen,
Bis mir das Herz zerbricht.

Mein Herz ist wie eine Lerche
Und jubelt im Sonnenschein:
Mein Stern, mein Traum, meine Rose,
Du liebst mich, - bist mein, bist mein!

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 10)

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Mein Leben war ein schwerer Streit,
Mein Herz ward leer und hart gemacht,
Irrend und krank, vom Frieden weit; -
Rings war es Nacht und tiefe Nacht.

Doch als sie sprach: "Ich liebe dich,"
Und sie in meinem Arme lag,
Da war's, als ob ein Schleier wich, -
Es wurde Tag und lichter Tag.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 11)

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Ob du auch wunderseltsam bist,
Ich lasse nimmermehr von dir -
Grad' weil dein Herze dunkel ist,
Bist du so lieb und theuer mir.

Was klar und offen wie der Tag,
Ist Gut, was Jedem angehört,
Nur was sich tiefer bergen mag,
Bleibt vom Gemeinen ungestört;

Denn Wen'ge haben nur den Muth,
Hinabzugehn zum tiefen Schacht,
Um eines edlen Steines Glut
An's Licht zu ziehn aus ew'ger Nacht,

Und Wen'ge tauchen in das Meer
Mit kühnem Sinn und ruhevoll
Nach jener Perle, licht und hehr,
Die einst ihr Leben schmücken soll.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 12)

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Es liegt im Thale, am Strome drüben,
Die Stadt, in der ich geboren ward,
Ich kehre zurück und bin arm geblieben,
Ob meine Hand auch von Arbeit hart.

Dort wohnt auch die Liebste, die ich verlassen,
Bis daß ich käme, die Taschen schwer;
Jetzt pfeift nur der Thauwind durch die Gassen
Ein Lied zu des Bettlers Wiederkehr.

Einen Weg, einen weiten, ging ich heute,
Fern über den Strom, der vom Regen schwoll; -
'S ist spät, und es sagten mir viele Leute,
Daß sie mich vergessen haben soll ...

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 13)

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Ich habe die ferne Geliebte
In tiefem Traume geseh'n,
Und weinen habe ich müssen,
Als sollte mein Herz vergeh'n.

Nicht bebten die süßen Lippen,
Nicht war ihre Wange blaß,
Nicht war von Thränen der Trauer
Ihr dunkles Auge naß.

Es lag voll endloser Liebe,
Voll Glück und voll Sonnenglanz,
Und in den wehenden Locken
Trug sie einen Myrthenkranz.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 14)

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Du reichtest stumm mir beide Hände
Und sahst mich lieb und traurig an,
Dann wandtest du dich ab am Ende
Und ließest mich und gingst hindann.

Noch einmal sah am Waldessaume
Dein braunes Haar im Wind ich weh'n,
Noch einmal hört' ich wie im Traume
Dein letztes Wort: "Auf Wiedersehn."

Dann blieb ich stehen, lange, lange -
Gewitterwind stieß durch den Wald,
Das Haidehuhn rief wild und bange,
Der Regen rannte still und kalt.

Ich wußte, daß du von mir solltest,
Man hat gequält dich fort und fort -
Dank dir, daß du mich trösten wolltest
Mit deinem letzten Liebeswort.

Die Tage werden kommen, gehen,
Viel Herbstwind, wenig Sonnenschein ...
Wohl werde ich dich wiedersehen,
Doch wird es nur im Himmel sein.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 15-16)

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Grauer Vogel über der Haide,
Der klagend die Heimat mied,
Ich glaube, wir beide, wir beide
Haben dasselbe Lied.

Es hat dir ein Sturm aus Norden
Zerstört das heimische Nest;
Auch mir ist entrissen worden,
Was mein ich wähnte so fest.

Wir wollen zusammen singen
Das Lied vom verlorenen Glück,
Und wollen uns weiter schwingen
Und nimmer kehren zurück.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 16)

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Gewitterwind braust durch's hohe Kamin
Und treibt die Gluten zusammen. -
Du Lieben voll Weh, fahr' hin, fahr' hin,
Erstirb in den rothen Flammen.

Um die ich so viel gelitten hab',
Ihr süßen, geliebten Lügen,
Ihr sollt nun finden ein schönes Grab,
Sollt leuchtend zu Nichts verfliegen.

Noch einmal will ich lesen den Brief,
Den ersten, den du geschrieben,
Der mich zum rauschenden Walde rief,
Wo du mir bekannt dein Lieben.

Ich will auch lesen die Zeilen klar,
Die mich voll Huld und Gnaden
Nach einem ganzen vollen Jahr
Zu deiner Hochzeit geladen ...

Vorüber! Fahrt wohl! Die Flamme greift an,
Und wie in unendlichen Schmerzen
Erglühen und bäumen sich wild hinan
Die Worte aus deinem Herzen.

Und ein blendender Glutstreif reißt sie fort,
Dann noch ein weiß wirbelnder Schimmer ...
Was ich erkannt hab', das letzte Wort,
Es lautete: "Dein für immer."


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 21-22)

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Sie haben gesagt: es kann nicht sein,
Sie ist so still, und du bist so wild,
Wie paßt ihre Seele voll Sonnenschein
Zu deinem Herzen sturmerfüllt?

Du wirst es tragen, du bist ein Mann,
Dir blühen viel' Blumen auf der Flur,
Laß ab von dieser und geh' hindann -
Zu ihrem Besten ist's ja nur ...

Die Thränen, die fessellos gebraust
Aus meinen Augen an jenem Tag,
Ich wischte sie ab mit geballter Faust
Und habe gelacht ob dem Donnerschlag.

Ich will meine Seele voll Stolz und Weh
Hinbetten an's große Herz der Welt,
Ein wildes Haupt und ein Herz voll Schnee
Die sieht sie gerne sich beigesellt.

Ich will mich werfen in ihre Wirr'n
Und will ihr Hoherpriester sein,
Ich will mir salben die blasse Stirn
Mit Erdenstaub und mit rothem Wein.

Du aber lasse dein liebes Bild
Als guten Engel fortan nicht geh'n
Durch meine Nächte lusterfüllt -
Du sollst den Todeskampf nicht seh'n.

Und ich will es nicht, daß ein Gebet
Für mich deine reine Lippe spricht -
Halt' auf die Sonne, die niedergeht,
Doch mich Verlorenen halte nicht.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 23-24)

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Es geh'n vom Campanile
Die Glocken bang und matt,
Der Südsturm rast, der schwüle,
Durch die Lagunenstadt.

Stoß' ab von der Piazetta,
Mein wack'rer Schiffersmann,
Und führ' mich zu Ninetta
In deinem schwarzen Schwan.

Sorg' nicht, daß im Kanale
Sich wirbelnd staut die See,
Und daß die Flut, die fahle,
Aufbrandet an dem Kai;

Sorg' nicht, daß immer böser
Das Wetter braust einher -
Denn meine Lieb' ist größer
Und wilder als das Meer.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 25)

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Deine Lippen nenn' ich gerne
Schöner als die schönste Rose,
Und viel heller als die Sterne
Ist dein Aug', das liebelose.

Aber ach - im Erdgetümmel
Tragen Rosen Dornentriebe,
Und die Sterne steh'n am Himmel,
Und mein Herz vergeht vor Liebe!

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 26)

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Gern will ich in deinem schwarzen Haar
Verbergen die blasse Wange,
Gern will deine Augen perlenklar
Ich küssen glühend und lange;

Will küssen dich wild und inbrünstiglich
Bei Nacht und am hellen Tage -
Allein das Wörtchen "ich liebe dich"
Verlange nicht, daß ich's sage!

Wohl seh' ich, daß deine Wange glüht,
Daß deine Stirn sich umdunkelt,
Daß Hohn deinen rothen Mund verzieht,
Und trotzig dein Auge funkelt -

Doch ehe ich spräche dieß eine Wort,
Würd' ich dich tausendmal lassen
Und würde geduldig tragen hinfort
Dein bitterstes, tiefstes Hassen.

Ich will dich küssen inbrünstiglich
Bei Nacht und am hellen Tage -
Allein das Wörtchen "ich liebe dich"
Verlange nicht, daß ich's sage.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 27-28)

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Es graut der Morgen, die Hähne schrei'n,
Ich fahre aus wilden Träumen empor -
Was ist dir geschehen, wo magst du sein,
Du Heißgeliebte, die ich verlor?

Ich sah dich tanzen bei Kerzengeflirr
Nach einer wildgellenden Melodie,
Dein Antlitz war starr, dein Auge war irr,
So blaß und so elend sah ich dich nie.

Wohl blitzten Sterne in deinem Haar,
Und um dich wogte ein Atlaßkleid,
Auf deinen Lippen ein Lächeln war,
Doch lalltest du Worte voll Hohn und Leid.

Du mußtest tanzen in Einem fort,
Du wardst gerissen hinab, hinauf,
Dein Blumenstrauß war verwelkt, verdorrt,
Und deine Thränen fielen darauf ...

Es graut der Morgen, die Hähne schrei'n,
Ich fahre aus wilden Träumen empor -
Was ist dir geschehen, wo magst du sein,
Du Heißgeliebte, die ich verlor?


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 29-30)

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Die Rosen blühten, du stilles Kind,
Zum ersten Male. Wir waren
Im Garten allein, es spielte der Wind
Mit deinen goldbraunen Haaren.

Und eine Locke flog leicht zurück,
Ich haschte sie, als wir gingen -
Da glaubt' ich, ich hielte das Glück, das Glück,
Fest an den goldenen Schwingen;

Da glaubt' ich, ich würde nun immerdar
Behalten, was ich genommen,
Es wäre mein Leben nun sonnenklar -
Wie ist es anders gekommen!

Es ist nun wieder ein Junitag,
Ein Tag voll Duft und voll Schimmer,
Und die Nachtigall singt mit süßem Schlag -
Du aber gingst fort für immer.

Es nahm meine Hand den Wanderstab
Und führt ihn ohn' Glück, ohn' Frieden,
Und deine Locken schnitten sie ab
In einem Kloster im Süden.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 32-33)

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Es ist nun Herbst, und der Sommer wich,
Die Blätter sterben und fallen,
Auch ich werd' müssen sterben um dich,
Die ich geliebt hab' vor Allen.

Wohl schmückt die Bäume einst neues Grün,
Wohl bringen sie frische Triebe,
Doch die Jugend, die Jugend geht schnell dahin,
Das Herz hat nur eine Liebe.

Und singt auf's Neue die Nachtigall,
So liege ich unter der Linde,
Die streut dann Blüten allüberall
Und schauert im Frühlingswinde,

Und meine Seele steigt frei und rein
Empor aus dem grünen Grabe,
Und wird dort oben im Himmel sein,
Weil ich geliebt dich habe.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 35)

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Laß deine Lippen röther blüh'n,
Laß deine Locken sich wilder wirr'n,
Drücke den welken Strauß von Jasmin
Länger und fester an meine Stirn!

Weißt du, warum so seltsam sein Duft,
Sinnverzehrend, und süß, und toll,
Weißt du, warum es brandet, mein Herz,
Lieder und großer Stürme voll?

Einmal noch werden, eh' sie vergeh'n,
Sterbende Blumen duftschwer und licht -
Einmal erwacht noch mein dunkles Herz,
Glaubt dir, und liebt dich, und blüht, und bricht.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 41)

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Einst lag im Walde Frühlingsschein;
Voll seliger Vergessenheit
Durchstreiften wir allein, allein
Der grünen Dämmerung Einsamkeit.

Sie war so schön! In ihrem Blick
Lag ein Gedicht von Lieb und Lust -
Sie strich die Locken still zurück
Und barg das Haupt an meiner Brust.

Und Stille war im tiefen Wald,
Nur weit von fern der Kukuk sang -
Sie sprach: wir sind zu Hause bald,
Wie war der Weg so wenig lang!

Ich bin gewandert jenen Weg
In dunkler Nacht, in dunkler Nacht,
Den Weg, auf dem mir einst so schön
Der Sonnenschein des Glücks gelacht,

Und hinter mir in weiter Fern'
Lag meiner ersten Liebe Zeit,
Vor mir kein Licht, vor mir kein Stern,
Mein Leidensweg so weit, so weit!

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 42-43)

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Sie fragen mich: "Warum ich gut dir bliebe",
Sie reden viel und schelten mich darum,
Du selber spottest über meine Liebe
Und nennst sie ein verloren Marterthum.

Ich trag' nicht gern verlor'ner Kronen Schimmer,
Doch daß ohn' Wanken ich dich lieben soll
Mit tausend Schmerzen, glücklos und für immer,
Ist ein Geschick, groß und verhängnißvoll.

So schließt sich wohl um eine leere Stelle
Fest und unwandelbar der gold'ne Ring,
Aus dem der Stein, der edle, wunderhelle,
Sich löste und im Staub verloren ging.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 46)

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Wir saßen am öden Strande,
Es rollte und grollte das Meer,
Ein Sturm kam über die Lande,
Schon fielen die Tropfen schwer.

Mein Herz ist ruhig im Sturme,
Doch bäumt es sich auf vor Weh,
Wenn ich in deine dunklen,
Gläubigen Augen seh'.

Wohl müssen die großen Stürme
Verbrausen und früh vergeh'n,
Doch deine sturmschauernde Seele
Wird nicht mehr den Frühling sehn,

Und schweigend wollen wir beten
Das Todtengebet für mich,
Deß Pfade auf Erden verwehten
Ohn' Rettung und ewiglich.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 47)

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Du melancholisches Römerkind,
Wie könnte ich je vergessen,
Daß deine Augen so dunkel sind,
Viel dunkler als die Cypressen,

Daß dein Mund so schmerzlich brennend küßt
Wie die Latinersonne,
Daß du selber viel schöner und süßer bist
Als eure schönste Madonne?

Doch siehe - schon sind verblüht und blaß
Die Rosen der Romagna,
Und im Herbstwind säuselt das welke Gras
Weit über der Campagna.

Es weht ein Hauch über's wälsche Meer
So kühl wie Schneegetriebe,
Ich glaube, er kommt aus Deutschland her
Von meiner alten Liebe.

Die Blätter geh'n, und ich gehe auch,
Wir müssen scheiden, wir Zweie ...
Mein Herz ist ein wilder Rosenstrauch,
Blühte einmal nur, im Maie.

Was ich gefunden dereinst bei dir,
Ging schnell und früh zu Grabe,
Und wie im Traume nur ist es mir,
Daß ich geküßt dich habe ...

Es rinnt der Regen, es saust der Wind,
Es rauschen die alten Cypressen -
Du melancholisches Römerkind,
Du wirst mich bald vergessen.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 48-49)

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Sie sagten, du sei'st ein Diamant,
Weil du so schön und hart;
Ich war das Feuer, was ihn verbrannt,
Wodurch er bezwungen ward.

Das Feuer verging, und verzehrt ward der Stein.
Das Ende des Flammengedichts,
Es mußte nothwendigerweise sein
Das große, unendliche Nichts.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 52)

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O, zittre nicht vor jenem Weh,
Was heiß aus meinen Liedern bricht -
Wenn ich in's schöne Aug' dir seh',
Wird meine Seele still und licht.

Es ist mir dann, als müßte ich
Zu deinen Füßen sinken hin
Und sprechen fromm und inniglich:
Vergib, daß ich so elend bin.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 53)

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Mein Lieb, gedenkst du der Zeiten,
Wo das Herz uns vor Sehnsucht schwoll,
Wenn fern aus des Waldes Weiten
Der Ruf des Kukuks scholl?

Wir saßen auf moosigem Steine
Beisammen, Hand in Hand,
Es lachte im Maienscheine
Das morgenfrische Land.

Du sprachst mit der süßen Stimme
Von Allem, was groß und schön,
Von Glück und von ewiger Treue,
Von Liebe und Wiederseh'n -

Vorbei sind die goldenen Tage
Voll Frühling und Sonnenschein,
Wo du mir so süß gelächelt
In's blutende Herz hinein.

Wohl lacht mir so schön wie immer
Des Frühlings thaufrische Flur -
Die Augen doch meines Engels
Seh' ich im Traume nur.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 54-55)

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Der Südwind rauscht durch die Cypressen,
Die Luft ist warm, der Himmel trüb -
Wie könnt' ich jemals dich vergessen,
Du mein verlor'nes, süßes Lieb?

Es soll der Wind hingeh'n nach Norden
Und brausen um das graue Haus,
Und sagen: Frühling ist's geworden,
Du junge Braut, das Leid ist aus.

Der Eine sieht auf seine Schmerzen
Zurück mit süßem, stillem Weh:
Es schmolzen längst in seinem Herzen
Der letzte Groll, der letzte Schnee.

Er hat dir gut und gern vergeben,
Will stets dich lieben still und treu
Und beten, daß dein irdisch' Leben
Hienieden groß und glücklich sei ...

Der Südwind rauscht durch die Cypressen,
Die Luft ist warm, der Himmel trüb' -
Wie könnt' ich jemals dich vergessen,
Du mein verlor'nes, süßes Lieb?


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 57-58)

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Es liegt im Abendstrahle
Die weite, graue Stadt,
In der vor langen Zeiten
Mein Lieb gewohnet hat.

Noch steht am Markte immer
Das alte, stille Haus,
In dem ich viele Jahre
Gegangen ein und aus,

Doch öde liegt der Garten
Und still der Laubengang,
Aus dem ihr gold'nes Lachen
So oft herüberklang.

Auch ich bin fremd geworden
Und weiß, denk' ich zurück,
Daß ich begraben habe
Ein gut Theil Jugendglück,

Und weiß, daß jene Liebe,
So groß, so wunderbar,
Von meinem wilden Leben
Wohl doch das Beste war.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 60-61)

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Was ich zuerst geliebt, ich weiß es nicht -
War's eine Blume, war's ein Wiegenlied,
War es ein Tag voll Glanz und Maienlicht?

War es ein Sehnen, wunderbar und tief,
Nach einer bess'ren, frühverlor'nen Welt,
Von der ein Abglanz noch im Herz mir schlief?

Ich hab' geliebt seither so manche Frau,
Doch daß mein erstes Lieben heil'ger war
Und auch viel süßer, weiß ich ganz genau.

Ich glaub' zuweilen, daß es Engel gibt,
Und daß ich Einen einst im Himmel seh',
Den ich auf Erden habe fortgeliebt.


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 111)

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An ...

Ich sah dich still durch meine Jugend schweben,
Sie sagten All', du sei'st herabgekommen
Aus bess'rer Welt, zu leuchten meinem Leben.
Es war ein Traum - Gott hat dich mir genommen.

Ich will mein Leben ohne Groll vollenden,
Will Gutes thun nach Kräften und in Treuen,
Mit festem Blick, mit nimmermüden Händen,
Und will im Stillen deines Glücks mich freuen.

Ich will dir nah' sein, ruhig, unbefangen,
Ein treuer Freund. Du sollst es nie erfahren,
Wess' Art der Sturm, der durch mein Herz gegangen -
Und einst, vielleicht nach langen, langen Jahren,

Da kommt ein Tag wohl, der so recht vor allen
Die Seele stimmt zu wehmuthsvollen Fragen,
Ein Spätherbsttag, an dem die Blätter fallen
Und Regentropfen an die Fenster schlagen.

Du bist allein. Es hat ein tiefes Sinnen
Dein Aug' verdunkelt, das geliebte, frohe,
Der Nordwind braust um deines Schlosses Zinnen,
Und im Kamine blitzt und springt die Lohe.

Du aber träumst. Du denkst vergang'ner Tage,
Und deine Hand, die kleine, goldbereifte,
Umspannt ein Buch. Es ist zu einer Frage
Halbauf dein Mund, der rothe, feingeschweifte.

Er wölbt sich herb und flüstert immer wieder:
"Wer trägt wohl Schuld an so viel großen Gluten,
Wem singt er all' die hoffnungslosen Lieder,
Wer ist die Frau um die er muß verbluten?"


Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 113-114)

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Der Sturmwind braust über's dunkle Meer
Und treibt seine Wogen himmelwärts
Zu wildem Ringen, zu Kämpfen schwer -
So ging deine Liebe durch mein Herz.

Es rangen sich aus dem tiefsten Schooß
Der Schlamm, die Schlacken, das Felsgestein,
Auch viele Perlen, rein und groß,
Gebete, Thränen und Lieder mein.

Es schwieg der Sturm, es ruhte das Meer,
Und freundlich lachte das Himmelszelt,
Und aus den Wassern stieg licht und hehr
Empor eine neu erkämpfte Welt.

Aus: Lieder an eine Verlorene
von Prinz Emil von Schönaich-Carolath
Stuttgart Leipzig Eduard Hallberger 1878 (S. 115)

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Nun schwellen die roten Rosen,
Nun hab' ich im Lenzgelüst,
In Jubel und Windestosen
Mein schauerndes Lieb geküßt.

Es liegt ein Traum auf der Heide,
Am Rain webt Sommerduft,
Es rauscht aus goldnem Getreide
Die Lerche hoch in die Luft.

O nimm auf deinen Schwingen,
Glückzitternde Pilgerin,
Mein Herz voll Jubel und Singen
Mit dir zum Himmel hin.


Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 9)

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Gedenkst du, mein Lieb, der Zeiten,
Da sehnend das Herz uns schwoll,
Wenn fern aus Wäldern und Weiten
Der Ruf des Kukuks scholl?

Das waren die Zeiten der Träume,
Da gingen wir Hand in Hand,
Es stob durch die rauschenden Bäume
Der Sommerwind singend ins Land.

Du redetest süß aufs neue
Von Lenzen, die nicht vergehn,
Von Hoffnung und Frauentreue,
Von Wandern und Wiedersehn.

Nun sind verschwunden die Tage
Der Jugend, der Rosenpracht,
Da du mir selige Sage
Ins gläubige Herz gelacht.

Und längst verschollen, verklungen
Ist unserer Lenze Spur,
Denn was dein Mund einst gesungen,
Es war ein Märchen nur.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 10)

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Die Rosen blühten, du stilles Kind,
Zum ersten Male. Wir waren
Im Garten allein, es spielte der Wind
Mit deinen goldbraunen Haaren.

Und eine Locke flog leicht zurück,
Ich haschte sie, als wir gingen,
Da war es, als hielt' ich das Glück, das Glück
Fest an den goldnen Schwingen.

Da glaubt' ich, es bliebe nun immerdar
Mein eigen, was ich genommen,
Es würde mein Leben sonnenklar -
Wie ist es anders gekommen.

Ein Junitag nun wieder lacht,
Ein Tag voll Duft und voll Schimmer,
Die Rosen blühn in tiefer Pracht,
Doch du gingst fort für immer.

Der Stern des Glücks versank im Land,
Und über den Hoffnungsmüden
Zog eine schmale Nonnenhand
Betend ein Kreuz im Süden.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 12)

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Die Welle rinnt,
Der Frühling spinnt
Goldfäden durch den Wald,
Und träumend zieht,
Auf den Lippen ein Lied,
Der Liebsten Huldgestalt.

Ihr Blondhaar fliegt,
Der Wind es wiegt
Im Sonnengold wie einst.
Mein Herz, hab Ruh';
Was ist's, das du
Erhoffst noch und vermeinst?

Durch brütenden Hag
Im Hochmittag
Ein Windstoß raunt: Du Thor -
Nie kehrt zurück
Ein großes Glück
Dem, der es einst verlor.

Im Waldesgrund
Mit zuckendem Mund
Möcht' stürzen ich, schluchzend laut,
Zu Füßen ihr,
Die heilig mir
Und längst eines andern Braut.


Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 14)

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Es fragt die Welt, warum ich gut dir bliebe,
Sie tadelt mich, sie redet hart darum,
Du selber spottest über meine Liebe
Und sagst, sie sei vergeblich Martertum.

Wer prahlte gern mit früh verlornem Glücke?
Ach, daß mein Herz für immer spannen soll
Den Lebensglanz um eine dunkle Lücke,
Bleibt ein Gesetz, starr und verhängnisvoll.

So schließt sich fest um eine leere Stelle
Unwandelbar der goldgefügte Ring,
Daraus der Stein, der edle, wunderhelle,
Gelöst ward und im Staub verloren ging.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 15)

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Einmal noch sage, daß du mich liebst,
Sag es mit lachender Ungeduld,
Einmal noch sage, daß du vergibst
Sternensehnsucht und Zweifelshuld.

Laß mich noch einmal ans Herz dich ziehn,
Laß mich dein Blondhaar küssend wirrn,
Drücke den welken Strauß von Jasmin
Länger und fester an meine Stirn.

Weißt du, warum sein Duft verloht
Sinnverzehrend, verschwendungstoll,
Weißt du, warum das Abendrot
Schmetternder Amselstimmen voll?

Einmal noch strahlen am Wendetag
Lebenssonnen ihr tiefstes Licht,
Einmal, noch einmal im Jubelschlag
Glaubt dir mein Herz, und lacht, und bricht.


Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 17)

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Es graut der Morgen, die Hähne schrein,
Ein wilder Traum treibt mich empor,
Was ward aus dir, wo magst du sein,
Du fernes Lieb, das ich verlor?

Ich sah dich tanzen in Festgewirr,
Es schluchzten die Geigen süß und toll,
Doch deine Blicke strahlten irr,
Entsetzensvoll, entsetzensvoll.

Wohl krönte Rubinschmuck dein weiches Haar
Mit zuckendem, gleißendem Edelrot,
Ein Lachen auf deinen Lippen war,
Doch dir im Herzen saß der Tod.

Du mußtest tanzen, du rastest fort,
In fremden Arm gepreßt, verglüht,
Der Hochzeitsstrauß hing schwül, verdorrt,
Von deinen Tränen übersprüht.

Da brach ein Windstoß jäh herein,
Mein Zimmer starrt verödet, weit;
Es graut der Morgen, die Hähne schrein,
Ich hab' dich verloren in Ewigkeit.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 18)

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Lied eines Narren

Frauen gibt's nicht. Mein Ritter, schau:
Es gibt nur eine einzige Frau;
In Lebenswinden
Gibt es nur eine Melodie,
Und das ist sie,
Die wir nicht finden.


Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 21)

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Einst lag im Lande Frühlingsschein,
Voll seliger Vergessenheit
Durchstreiften träumend wir, zu zwei'n,
Des heil'gen Hochwalds Einsamkeit.

Um unsre Stirnen wob das Glück
Sein Sonnenleuchten unbewußt,
Sie strich die Locken sacht zurück
Und barg das Haupt an meine Brust.

Ein Jagdhorn rief im Maienwald,
Und rastlos fern der Kuckuck sang;
Sie sprach: Wir sind zu Hause bald,
Wie war der Weg so wenig lang -

Ich bin gewandert jene Bahn
In winddurchrauschter Abschiedsnacht,
Den Weg, drauf einst der kurze Wahn
Von Frauentreue mir gelacht.

Und hinter uns, verstoben, fern,
Lag erster Liebe Rosenzeit,
Vor mir kein Licht, vor mir kein Stern,
Der Büßerweg so weit, so weit.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 27)

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Du reichtest stumm mir beide Hände,
Du sahst mich lieb und traurig an,
Dann wich die Sonne vom Gelände,
Du ließest mich und gingst hindan.

Noch einmal sah am Waldessaume
Dein braunes Haar im Wind ich wehn,
Noch einmal klang, wie tief im Traume,
Dein letztes Wort: Auf Wiedersehn.

Fern rief der Kuckuck rastlos, lange,
Ein Windesraunen stieg empor
Und durch die Heide schleifte bange
Der Regen seinen Trauerflor.

Ich wußte, daß du von mir solltest,
Man hat gequält dich fort und fort;
Hab Dank, daß du mich trösten wolltest
Mit einem letzten Liebeswort.

Die Jahre müssen kommen, gehen
Im Saatenglanz, im Sichelschein;
Du sprachst zu mir: Auf Wiedersehen.
Dereinst im Himmel wird es sein.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 28)

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Es steht in Wälderweiten
Die stille Musenstadt,
In der vor langen Zeiten
Mein Lieb gewohnet hat.

Am Markt ragt, hochgemauert,
Des Kaufherrn graues Haus,
Hat Kriegssturm überdauert,
Grollt in die Zeit hinaus.

Doch öde liegt der Garten,
Und still der Laubengang,
Draus einst, in Glückserwarten,
Ein Mädchenlachen klang.

Längst mußte die Stimme verhallen,
Die du, mein Herz, beweinst,
Doch singen die Nachtigallen
Von Jugend, von Liebe wie einst.

Sie singen durch schlafende Gassen,
Darüber die Sterne stehn,
Ihr Lied von Scheiden und Lassen,
Von ewigem Wiedersehn.


Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 29)

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Ich sah dich still durch meine Jugend schweben,
Ich hab' gewähnt, du seist zur Welt gekommen,
Um, vorbestimmt, zu leuchten meinem Leben -
Dein lieber Glanz ist fremdem Herd erglommen.

Ich will mein Tagwerk ohne Groll vollenden,
Dem rauhen Lenz das karge Saatgut neuen,
Und, wie die Pflugschar blitzt beim Schollenwenden,
Will Liederglanz ich durch die Zeiten streuen.

Ich will dir nah sein, ruhig, unbefangen,
Ein treuer Freund. Du sollst es nicht erfahren,
Wes Art der Sturm, der durch mein Herz gegangen;
Dereinst jedoch, vielleicht nach langen Jahren,

Erscheint ein Tag, der reicht mir sacht in Fülle
Den Schwermutkelch, den Siegestrunk der Trauer,
Ein Herbsttag wohl, des leise Nebelhülle
Durchgoldet starrt im letzten Sonnenschauer.

Du bist allein. Es ward von tiefem Sinnen
Dein Auge dunkel, das geliebte, frohe;
Der Nordwind braust um deines Schlosses Zinnen,
Tief im Kamine blitzt die Scheiterlohe.

Dich bannt ein Traum. Du denkst vergangner Tage,
Und deine Hand, die schmale, goldbereifte,
Umspannt ein Buch; es ringt nach einer Frage
Rastlos dein Mund, der rote, fein geschweifte.

Er wölbt sich herb, und flüstert immer wieder:
Wem galt dies Buch, draus tiefe Sehnsucht flutet,
Wem sang mein Dichter seine letzten Lieder,
Wer ist die Frau, der einst sein Herz geblutet?

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 30-31)

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Der Mond geht unter hinter fernen Höhen,
Rotdunstig taucht er tief ins große Wasser,
Die Heide trieft, getränkt von Regenböen,
Im Westen winkt ein Stern, ein strahlenblasser.

Wo weilst du, Stern, der meiner Jugend lachte,
Der einst erschien, mir licht voranzuschweben,
Du Liebste, die mich fromm und glücklich machte,
Du Silberschnur, gelöst aus meinem Leben?

Du zogst dahin, einsam, am Horizonte,
Mit Augen, die den Lebenstrug ermessen,
Zu segnen mich, der dich nicht lassen konnte;
O reiner Stern, nie werd' ich dein vergessen.

Leb wohl. Du wirst als guter Engel schweben
Durch Erdenleid, durch großer Armut Mitten.
Das Schicksal hat mein undurchpflügtes Leben
Gar früh getrennt von deinen heil'gen Schritten.

Du wirst als Leuchte meinem Fuß nicht scheinen,
Nicht darf ich hingehn, übersonnt auf Erden
Von deinem Glanz, dem silberblassen, reinen.
Doch Gott wird sein mein Licht beim Dunkelwerden.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907 (S. 38)

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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_von_Schoenaich-Carolath



 

 


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