Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Deutsche Liebeslieder (Volkslieder)


Sammlung A. H. Hoffmann von Fallersleben (1860)
(Teil 1)


Inhaltsverzeichnis der Lieder:
 





1. Die drei Freier
Venus Glöcklein, Oder Newe Weltliche Gesänge
Durch Joh. Lyttichium (Jehna 1610) Nr. IX.

1. Wer zu der Lieb will bringen
Ein schönes Jungfräulein,
Der muß vor allen Dingen
Stets dahin bedacht sein,
Daß drei Freier ausrichten
Was sein Herze begehrt;
Wo es geschicht mit Nichten,
Der Lieb ihm wird nicht gwährt.

2. Erstlich mit seinem Äugelein
Muß er oft schauen an
Die da soll die Liebste sein
Sehnlich ohn Unterlan;
Alsdenn müßt er auch drücken
Ihr Händlein gar subtil,
Ihr nicht kehren den Rücken,
So er Gnad haben will.

3. Letzlich mit seinem Züngelein
Sein Lieb entdecken muß,
Wie sie ihm mach so große Pein,
Dazu großen Verdruß.
Muß sie um Genad bitten,
Daß sie sein junges Lebn
Erhalt durch Liebessitten,
Welches er sonst müßt aufgebn.

4. Nun han zwar meine Äugelein
Aufs Best das ihr gethan,
Mir das schönste Jungfräuelein
Neulich gezeiget an,
Dadurch ich bin entzündet
In Lieb und Liebesschmerz;
Wo man nit bald Rath findet,
So stirbt mein junges Herz.

5. Auch hab ich nicht zu klagen
Über die Hände mein:
So oft sichs zugetragen,
Daß sie mein Liebespein
Durch Lieb und LiebesZeichen
Mit gutr Gelegenheit
Kunnten ein Herz erweichen,
Han sie's gethan allzeit.

6. Allein eins thut mich schmerzen,
Welchs mich betrübt all Stund,
Daß ich in meinem Herzen
Nicht habe einen Mund,
Welcher da könnte zeigen an,
Wie es gesinnet wär,
Auch wie dasselb ohn Unterlan
Ausstünde groß Beschwer.
(S. 3-5)
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2. Liebesplage
Newes liebliches Musicalisches Lustgärtlein
Durch Melchior Francken (Coburg 1623) Nr. VIII.

1. Wenn ich des Nachts soll schlafen,
Gibstu mir viel zu schaffen,
Thu mich hin und her wenden:
So thut mich dLieb verblenden,
Also bei Nacht und Tage
Hab ich stets meine Plage.

2. Wenn ich soll früh aufstehen,
Thuts wieder daher gehen;
Was ich nur thu und bginne,
Stets liegstu mir im Sinne:
Also bei Nacht und Tage
Hab ich stets meine Plage.

3. Wenn ich soll meditieren,
Thustu mich perturbieren;
Beim Trinken und beim Essen
Kann ich dein nicht vergessen:
Also bei Nacht und Tage
Hab ich stets meine Plage.

4. Solchs, Schätzlein, wol bedenke.
Bei Zeit dich zu mir lenke,
Und solcher meiner Liebe
Ein gut Gratias giebe,
Damit bei Nacht und Tage
Aufhöre meine Plage.
(S. 5-6)
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3. Ständchen
Neue Teutsche Weltliche Lieder
Durch Valent. Haußmann (Nürmberg 1592. 4.) Nr. XVII.

1. Fröhlich will ich singen
Mit Lust zu dieser Zeit,
Leben guter Dinge,
Dieweil mein Herz erfreut
Ein zart edles Fräulein
Mit ihren braun Äugelein,
Die ich lieb von Herzen;
Sie sagt mir ohn Scherzen:
Sie wöll mein eigen sein.

2. Wie kann mir baß gschehen,
Weil ich solchs hör von ihr,
Wenn ich sie thu sehen,
Freut mich ihr adlich Zier,
Denn sie ist von Tugend reich,
Auf Erd lebt nit ihres Gleich,
Sie thut mir gefallen
Vor den Fräulein allen,
Drum ich nit von ihr weich.

3. Es wär aus der Maßen,
Wenn ich solchs Fräuelein
Gänzlich sollt verlassen,
Das brächt mir schwere Pein.
Zu euch und zu keiner sunst
Trag ich, Fräulein, Lieb und Gunst,
Euch ich lieb in Treuen,
Kein Dienst soll mich reuen,
Ich bitt euch löscht mein Brunst.

4. Dies hab ich gesungen
Eim zarten Fräuelein,
Darzu hat mich zwungen
Gen ihr der Wille mein.
Als ihr Tugend ich betracht,
Solch Gedanken sie mir macht.
Von ihr ich jetzt scheide:
Gott behüt uns beide!
Ade zu guter Nacht!
(S. 7-8)
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4. Entlaubet ist der Walde
(G. Forster) Ein außzug guter alter und newer Teutscher liedlein
(Nürnberg 1539). Nr. LXI. Ein sehr altes und viel verbreitetes Lied.
Der Text vom Jahre 1452. hat 6 Strophen und ist von den
späteren Texten auch sonst noch verschieden. Die Texte des 16.
Jahrhunderts stimmen ziemlich überein, s. die Zusammenstellung
in der Münchener allg. Musikzeitung 1827. Nr. 6. Sp. 85-87.
und Mone's Anzeiger 1838. Sp. 240. Vrgl. Uhland Nr. 68 und daselbst S. 1005.

1. Entlaubet ist der Walde
Gen diesem Winter kalt.
Beraubet wird ich balde,
Mein Lieb das macht mich alt.
Daß ich die Schön muß meiden,
Die mir gefallen thut,
Bringt mir mannigfältig Leiden,
Macht mir ein schweren Muth.

2. Was läßt du mir zur Letze,
Mein brauns schwarz Meidelein?
Das mich die Weil ergetze,
So ich von dir muß sein?
Hoffnung muß mich ernähren,
[ernähren=erhalten]
Nach dir so werd' ich krank,
Thu bald herwieder kehren,
Die Zeit wird mir zu lang.

3. Sei weis, laß dich nit affen,
Der Klaffer seind so viel.
Halt dich gen mir rechtgschaffen,
Treulich dich warnen will.
Hüt dich vor falschen Zungen,
Darauf sei wol bedacht.
Sei dir, schöns Lieb, gesungen
Zu tausend guter Nacht.
(S. 9-10)
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5. Darüber geht nichts
Newes liebliches Musicalisches Lustgärtlein
Durch Melchior Francken (Coburg 1623) Nr. VII.

1. Spatziern auf grüner Auen,
Die Blümlein schön anschauen,
Erquickt des Menschen Herz;
Aber zarte Jungfräuelein
Erfreuen mehr das Herze mein
Und wenden allen Schmerz.

2. Jagen in Berg und Thalen,
Reiten auf schön Cabalen,
[Cabal, ital cavallo, Pferd]
Erfreut des Menschen Herz;
Aber zarte Jungfräuelein
Erquicken mehr das Herze mein
Und wenden allen Schmerz.

3. Schön lieblich musicieren
Und Instrumenta hören,
Dem Herzen gibt viel Freud;
Aber zarte Jungfräuelein
Erfreuen mehr das Herze mein
Und wenden alles Leid.

4. Denn alle solche Freuden
Die hören auf bei Zeiten,
Wie man täglich erfährt;
Aber zarte Jungfräuelein
Erfreuen stets das Herze mein,
Drum halt ichs lieb und werth.
(S. 10-11)
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6. Schleuß auf das junge Herze dein!
OtthSiegfriden Harnisch, Newe Auserlesene Teutsche Lieder,
zu fünff und vier Stimmen (Helmstadt 1588) Nr. VII.

1. Mit Lieb bin ich umfangen hart
Gegn einem hübschen Jungfräulein zart;
Mit Lieb bin ich besessen;
Ihr Tugend gut,    Ihr adlich Muth,
Ich kann ihr nit vergessen.

2. Gott thu ich bitten Tag und Nacht,
In meinem Herzen stets betracht,
Wie ich sie möcht bekommen,
Wie ichs anfing,    Daß mirs geling,
Daß ich nit würd verdrungen.

3. Ach, du mein zartes Fräuelein,
Schleuß auf das junge Herze dein,
Nimm mich in deine Hülde,
Und gib mir Rath,    Wie ichs mit That
Weiter anfangen sölle.

4. Lieb mich, feins Mädlein, als ich dich,
Nicht mehr von dir begehre ich,
Und thu mich nit verachten!
Auf Geld und Gut    Setz nit dein Muth,
Darnach solltu nicht trachten.
(S. 12)
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7. Gott grüß mir die in lauter Grün!
Neue lustige Teutsche Lieder, nach art der Welschen Canzonen
Durch Leonardum Lechnerum (Nürmb. 1586) Nr. IX.

1. Gott grüß mir die im grünen Rock,
Die schön und aller freundlichst Dock!
So jetzt mag leben
Auf Erdenkreis,
Den Ruhm und Preis
Muß ich ihr geben.

2. Gott grüß mir die im grünen Kleid,
Mein Trost und Freud zu aller Zeit,
Mein Schatz im Herzen,
Du süße Seel,
Was ich erzähl
Gschicht ohne Scherzen.

3. Gott grüß mir die so grün anträgt,
Sie ist die mich zu Freud bewegt;
In tausend Tagen,
Ja noch viel mehr,
Könnt' ich ihr Ehr
Nicht gar aussagen.

4. Gott grüß mir die in lauter Grün,
Ist sie nit reich so ists doch schön;
Als mans möcht malen,
Mit allem Geld
So in der Welt
Könnt mans nit zahlen.
(S. 13-14)
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8. Der Traum
Der dritte Theil, Schöner kurzweiliger Teutscher Lieder
Durch Jacobum Regnart (Nürnberg 1579) Nr. VI.

1. Ein süßer Traum mich thät
In Nachtesruh umfangen,
Allda mich deucht ich hätt
Die mir macht ein Verlangen.
Ich scherzt mit ihr    Und sie mit mir,
Vermeint ich wär in Freuden.
Aber o Nacht,    Du hast mich bracht
In Angst mit deinem Scheiden!

2. Freundlich ich sie empfing,
Freundlich wir redten beide,
Freundlich sie mich umfing,
Erst wußt ich nichts von Leide.
Ich scherzt mit ihr    Und sie mit mir,
Vermeint ich wär in Freuden.
Aber o Nacht,    Du hast mich bracht
In Angst mit deinem Scheiden!

3. Ins Paradeis ich dacht
Wollust hätt uns umgeben,
Darzu hat uns gebracht
Das süß vermeinte Leben.
Ich scherzt mit ihr    Und sie mit mir,
Vermeint ich wär in Freuden.
Aber o Nacht,    Du hast mich bracht
In Angst mit deinem Scheiden!

4. Indem der Tag anbrach,
Die Sonn die kam geschlichen,
Und da ich nichts ersach,
Ward ich so gar erblichen.
Wollt Gott die Nacht    Währet mit Macht,
So blieb ich hie in Freuden.
Aber o Nacht,    Du hast mir bracht
Groß Angst mit deinem Scheiden!
(S. 14-15)
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9. Ein Brautkranz
Im Ton: Entlaubet ist der Walde
Aus einem fliegenden Liederzettel des 16. Jahrh.
in Idunna und Hermode 1812, S. 149

1. Ein Kränzlein ist gewunden
Dem liebsten Freunde mein
Von Kräutlein, die da stunden
In unserm Gärtelein,
Recht in dem schönen Maien,
Da alles grünen thut,
Da sich die Vöglein freuen
Und manches Thierlein gut.

2. Das will ich dir itzt senden,
Mein tausend schöner Bul,
Nimm es zu deinen Händen,
Besich es recht und wol,
Und laß es stets in Ehren
Für deinen Augen sein,
Thu dich des nicht beschweren:
Das bitt die Freundin dein.

3. Merk mir die Kräutlein eben,
Mein höchster Ehrenpreis!
Der du wol weißt zu leben
Auch ohn dies mein Geheiß,
Weil ich fortan soll wohnen
Bei dir, mein Herzgespan,
Ein wenig wollst verschonen
Was ich freundlich vernahm.

4. Je länger je lieber wirstu mir,
Sag ich aus Herzensgrund,
Je länger je lieber laß auch dir
Mich sein zu aller Stund.
Je länger je lieber haben
Wird Gott alsdann auch uns,
Dazu auch reichlich begaben,
Sein Lieb ist nicht umsunst.

5. Mein Augentrost der höchste
Der liebe Gott selber ist;
Mein Augentrost der nächste
Mein treuer Freund du bist.
Dein Augentrost ich bleibe,
Mein Trost gefalle dir;
Mein Äuglein sich erfreuen,
Wann sie dich sehn mein Zier.

6. Sei Wolgemuth von Herzen
Und bleib ein tapfer Held!
Sei Wolgemuth ohn Schmerzen,
Wenn schon ein Regen fällt!
Fein Wolgemuth laß über,
Duck dich ein kleine Zeit:
Die Sonn doch scheinet wieder
Und uns wie vor erfreut.

7. Bei Tag und Nacht ich denke,
Wie ich mag dienen dir.
Zu Tag und Nacht mich kränket,
Wann du nicht bist allhier.
Dich Tag und Nacht behüte
Der getreu und liebe Gott
Durch seine große Güte
Für Schanden und für Schad.

8. Vergiß mein nicht in Treuen,
Wie ich mich des versich,
Es wird dich nicht gereuen,
Das gläube sicherlich.
Dein will ich nicht vergessen
So lang ichs Leben hab;
Thu gleich herwieder messen:
Das ist die beste Gab.

9. Mannstreu thu mir erzeigen,
Mein holder werther Mann!
Mannstreu gebührt dir eigen,
Drum nimm dich meiner an!
Mannstreu beweis in Ehren,
Die bistu schuldig mir!
Ich will hinwieder kehren
Mein weiblich Treu zu dir.
(S. 16-19)
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10. Der gute Dienst
XXX Newer LIeblicher Galliardt Von Nicolao Rosthio
1. Th. (Erffurdt 1593. 4.) Nr. XXIII.

1. Ich weiß ein Meidlein hübsch und fein,
Das wollt mein steter Buhle sein
In Züchten und in Ehren.
Dieweil ich hab das Leben mein,
Ihr Diener will ich sein.

2. Ihr Mündlein roth, wie ein Rubin,
Ihr Äuglein klar wie Sonnenschein,
Ihr Wänglein rosinfarb fein;
Darin trägt sie zwei Grübelein -
Wie könnt sie schöner sein!

3. Ihr Leib ist grad und wohlgestalt,
Ihr Herz verändert sich nicht bald,
Standhaft ist ihr Gemüthe,
Von edel Tugend hoch geziert,
Wie ihr ziemt und gebührt.
(S. 19-20)
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11. Mädchenrath
XXX Newer Lieblicher Galliardt Von Nicolao Rosthio
1. Th. (Erffurdt 1593. 4.) Nr. X.

1. Ich und du
Sind die allerschönsten zwu:
Drum haben wir so gar kein Ruh,
Ein Jeder will uns herzen,
In Ehren mit uns scherzen.

2. Den und den
Hält man für die schönsten zween:
Drum wollen wir zu ihnen gehn
Und freundlich mit ihn scherzen
In Ehren und von Herzen.

3. Das und das
Gfällt den jungen Leuten baß:
Denn wenn man nur ohn Unterlaß
Da sitzen soll und trauren,
Der Mensch kanns nicht ertauren.
[ertauren=aushalten]

4. So und so
Macht man junge Leute froh,
Wenn sie beiander sind gar nah,
Als daß sie sollen sein getrennt,
Bringt ihnen sonst ein traurig End.
(S. 20-21)
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12. Wer ist der Rechte?
Tenzone Tricinia nova Durch Melchior Francken
(Nürmberg 1611) Nr. XV.

1. Rath, Lieb, bericht mich eben,
Was jetzt mein Frag wird sein?
Zwen Jüngling thäten streben
Nach einem Jungfräulein.
Sie warn all beid dermaßen
Mit Lieb verwundet hart,
Daß keiner wollt nachlassen,
Keiner sein Fleiße spart.

2. Ob solcher Lieb sie schworen
Einander oft den Tod,
Drum ihr Freund den Rath koren
Zu wenden Gfahr und Noth;
Die Jungfrau sie anschreiten,
Daß sie aussprechen sollt,
Welchn unter diesen beiden
Sie lieber haben wollt.

3. Die Jungfrau zart von Jugend,
Mit Schönheit wol geziert,
Antwort in aller Tugend:
Ach, dies mir nicht gebührt.
Und thät sich darob schämen,
Solchs raus zu sagen rund,
Gabs aber zu vernehmen
Mit folgends Zeichens Fund.

4. Ganz unvermerkter Dingen
Beid Freier sie begehrt.
Der ein thät mit sich bringen
Ein Kränzlein ohn Gefährd.
Mit bloßem Haupt der ander
Zugleich kam zu der Fahrt.
Das Urtheil unbekannter
Weis da gefället ward.

5. Die Jungfrau mit Verleubte
Nahm ihr eign Kränzelein
Und setzt es auf das Häupte
Deß der bloß kam herein.
Dargegen sie sich wendet
Zum andern Freier dar
Und nahm sein Kranz behende
Und setzt ihn auf ihr Haar.

6. Nun rath, Lieb, und entscheide,
Welchs sei das rechte Pfand
Und Zeichen dieser beide,
Gewechselt zu der Hand?
Ein Kränzlein ward genommen,
Das ander ward verehrt:
Nur eins das hat gewonnen
Und die Jungfrau begehrt.
(S. 21-23)
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13. Ich kann nicht abelan
Fliegendes Blatt Magdeburg 1601. 8.
Danach in Eschenburg's Denkmälern 162-164.
Im Wunderhorn 1, 204. nur die 5. u. 6. Str.
mit der Ueberschrift "Pfauenart".

1. Wie wird mir denn geschehen,
Wenn ich dich meiden soll,
Und ich dich nimmer sehe?
Viel eh ich sterben wollt.
Schön, adelich und fromm,
Meins Herzens eine Kron,
Du hast mein Herz umfangen:
Ich kann nicht abelan.

2. Dein thu ich immer gedenken
All Augenblick und Stund,
Du thust mein Herze kränken.
Dein rosenfarbner Mund,
Wenn ich dich sehe an,
Groß Freud hab ich daran.
Du hast mein Herz umfangen:
Ich kann nicht abelan.

3. Wenn ich des Nachtes schlafe,
Deucht mir ich sei bei dir,
Und wenn ich dann erwache,
Find ich niemand bei mir.
Erst hebt sich Jammer an,
Wenn ich gedenk daran.
Du hast mein Herz umfangen:
Ich kann nicht abelan.

4. Ich lese, schreibe, dichte
Odr was ich hebe an,
Wenn dich sieht mein Angesichte,
Groß Freud hab ich daran;
Wenn ich dein schön Gestalt
Sehe so mannichfalt,
Kommt das Unglück zuhanden,
Mein Herz im Leib erkalt.

5. Leucht heller denn die Sonne
Ihr beiden Äugelein!
Bei dir ist Freud und Wonne,
Du zartes Jungfräulein,
Du bist mein Augenschein.
Wär ich bei dir allein,
Kein Leid sollt mich anfechten,
Wollt allzeit fröhlich sein.

6. Dein Gang ist aus der Maßen.
Gleich wie der Pfauen Art,
Wenn du gehst auf der Straßen
Gar oft ich deiner wart,
Ob ich gleich oft muß stehn
Im Regen und im Schnee:
Kein Müh soll mich verdrießen,
Wenn ich dich, Herzlieb, seh.

7. Ich seh auf breiter Heide
Gar manches Blümlein stan;
Sie sind gar wol bekleidet,
Groß Freud hab ich daran.
Du übertriffst sie weit
Mit all deiner Schönheit.
Kannst du mein eigen werden,
So wird mein Herz erfreut.

8. So sag ich doch fürwahre,
Du zartes Jungfräulein:
Wart mir doch nur ein Jahre,
Du sollst mein eigen sein.
Wills Gott kommt auch die Zeit,
Die mich und dich erfreut:
Kein Mensch auf dieser Erden
Uns von einander scheidt.

9. Wills haben der getreue Gott,
Muß es geschieden sein,
Und uns hinnehmn der bittre Tod,
Soll man uns alle beid
Mit aller unsrer Hab
Zusammen in ein Grab
Legen und lassen ruhen
Bis an den jüngsten Tag.

10. So bitt ich all die Freunde mein,
Herzlieb, und auch die dein,
Daß sie uns von Vergißnichtmein
Aufsetzn ein Kränzelein,
Und legen einen Stein:
Allhier liegen begraben
Zwei Herzn ohn falschen Schein.

11. Wer ist der uns dies Liedchen sang?
Dem Mägdlein ist er hold;
Von seinem Buln läßt er nicht ab,
Wenn er gleich sterben sollt.
Sein Herz im Leibe lacht,
Der dies Lied hat erdacht
Der Hübschen und der Zarten
Zu tausend guter Nacht.
(S. 24-27)
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14. Schön bin ich nicht
Der Ander Theil Newer Lieblicher Galliardt
von Nicolao Rosthio (Erffurdt 1593) Nr. XXIII.
Damit stimmt Frkf. Lb. 1582 Nr. CLXXI.

1. Schön bin ich nicht, mein höchster Hort,
Laß mich des nicht entgelten!
Lieb geht für Schön an manchem Ort,
Das thu ich jetzund melden.
Lieb überwindt
Manch schönes Kind,
Thut nach der Schön nicht fragen;
Lieb macht groß Freud,
Hör ich allzeit,
Drum darf ichs mit dir wagen.

2. Schön bin ich nicht, acht das gar klein:
Lieb thut all Ding bezwingen;
Wo Lieb nicht ist mit treuem Schein,
Da thut die Lieb mislingen.
Denn Lieb begehrt
Ein Herz bewährt:
Das magst du wol ermessen.
Lieb macht groß Gunst
Aus Herzensbrunst,
Hat mir mein Herz besessen.

3. Schön bin ich nicht, das hörst du viel,
Drum laß nicht unterwegen
Lieb freundlich sein, das ist recht Spiel.
Wer füglich Lieb kann pflegen
In dieser Welt
Es selten fehlt.
Nach Lieb thun ihr viel ringen,
Macht manchen Zag
Bei Nacht und Tag:
Also die Lieb thut zwingen.
(S. 28-29)
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15. Freude sonder gleichen bei der Unvergleichlichen
Lustgarten Neuer Teutscher Gesäng
durch Hanns Leo Haßler (Nürmberg 1601) Nr. XV.

1. All Lust und Freud    Die Lieb mir geit
Für Gut und Geld    Auf dieser Welt Fala la la!
Wann ich allein    Kann bei dir sein,
Sag ich ohn Scheu,    Mich dunkt ich sei,
Merk mich mit Fleiß,    Im Paradeis. Fala la la!

2. Dein goldgelbes Haar,    Dein Äuglein klar,
Dein Stirne rund,    Dein rother Mund, Fala la la!
Dein Zähnlein weiß,    Dein Wänglein heiß,
Dein Hälslein zart,    Dein Brüstlein hart,
Gebn mir groß Freud    Zu aller Zeit. Fala la la!

3. Mit Tugend fort    Du edler Hort
Bist du geziert,    Wie sichs gebührt, Fala la la!
Daß ich sag frei    Ohn allen Scheu,
Auf dieser Erd    Nicht gfunden werd
Bei Arm und Reich    Die dir sei gleich. Fala la la!
(S. 29-30)
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16. Liebe weiß Rath
XXX Newer Lieblicher Galliardt
von Nicolao Rosthio 1. Th.
(Erffurtdt 1593) Nr. XVI. Ebendaher bei Uhland Nr. 46

1. Ach Elslein, liebstes Elslein mein,
Wie gern wär ich bei dir!
So sind zwei tiefe Wasser
Zwischen mir und auch dir.

2. Willtu dich lan abwenden drum,
Weil der Wasser sind zwei?
Da doch so mancher stolzer Knab
Leidt noch so mancherlei.

3. Ach Lieb, das schrecket mich allein,
Daß ich nicht fahren kann;
Und wenn dann bräch das Schiffelein,
Müßt ich bald untergan.

4. Ach nein, das soll geschehen nicht,
Ich selb hilf rudern dir,
Damit du nur in kurzer Zeit,
Herzlieb, herkommst zu mir.

5. Weil dus, schöns Lieb, denn meinst so gut,
Will ichs gleich wagen frei,
Allein das bitt ich fleißig dich:
Steh mir ohn Falschheit bei!
(S. 30-31)
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17. Das liebste Elselein
Handschriftlich aus dem Ende des 16. Jahrhunderts
in der Gymnasial-Bibliothek zu Brieg.
Nach L. Erk's Mittheilung

1. Ach Elselein, du liebstes Elselein,
Du holder Bule mein!
Dein Äuglein thun mich kränken,
Denn ich bin dein, es kann anders nit gsein,
Ein schönes Kränzelein
Aus Lieb thu ich dir schenken.
Ich bin dir hold,    Du feines Elselein,
Für rothes Gold    Soll mir kein Liebre sein;
Freundlich sprichst du mir zu,
Laß uns in guter Ruh
Beisammen bleiben!

2. Wer wollt dir nicht in Ehren hold gesein,
Du feines Elselein?
Wem wolltst du nicht gefallen?
Lieb hab ich dich, sag ich ohn falschen Schein,
Du zartes Elselein,
Für andern Jungfraun allen.
Mein Augentrost,    Meins Herzen höchste Freud,
Mit Herzenlust    Vertreibst du mir viel Zeit.
Freundlich du mich anblick,
Mein junges Herz erquick
Zu dieser Stunden!
(S. 32)
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18. Je ärger Haß je stärker Liebe
Tricinia nova
Durch Melchior Francken (Nürmberg 1611) Nr. IV.

1. Herzlieb, je mehr ich liebe dich,
Je minder willt mein achten,
Und wie sehr dein Lieb peinigt mich,
Thust mich doch nur verachten.
Das aber alles irrt mich nit:
Je grimmer du dich thust erzeigen,
Je mehr will ich mich zu dir neigen
Mit Dienst und Bitt.

2. Wie kommts, Herzlieb, daß über mich
Du zürnest ohne Maßen?
Wie oft hab ich gebeten dich,
Du wollst mich sterben lassen,
So ich nicht haben könn dein Huld.
O weh der großen Pein und Schmerzen,
So du zufügest meinem Herzen,
Alls um Unschuld!

3. Du unfreundliches Jungfräulein!
Von dir werd ich nicht lassen,
Ob du schon in dem Herzen dein
Mich feinden thust und hassen.
Das Wasser soll eh nicht sein naß,
Das Feuer kein Hitz von sich geben
Und in der Luft kein Vogel schweben,
Eh ich dich laß.
(S. 33-34)
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19. Frau Nachtigall, mach dich bereit!
Der Ander Theil Newer Lieblicher Galliardt
von Nicolao Rosthio (Erffurdt 1593) Nr. II.
Daraus bei Eschenburg Denkm. 456,
Büsching u. v. d. Hagen 96, vgl. 390

1. Frau Nachtigall, mach dich bereit!
Der Tag bricht an, es ist hoch Zeit.
Du sollt mein treuer Bote sein
Wol zu der Allerliebsten mein,

2. Die dein in ihrm Würzgärtelein
Thut warten mit groß Angst und Pein,
Manch heißen Seufzer ihr raus dringst,
Bis ihr von mir gut Botschaft bringst.

3. So mach dich auf, säum dich nicht lang,
Fahr hin mit schön und fröhlichm Gsang,
Sprich ihr mein Gruß ins Herz hinein,
Sag, ich wöll selbst bald bei ihr sein!

4. Sie wird dich heißn zu tausendmal
Willkommen sein, Frau Nachtigall;
Wird dir auch zeign zur selben Stund
Ihr treues Herz mit Lieb verwundt.

5. Durch Venus Pfeil ist es verletzt,
Drum du sie alles Leids ergetz,
Sag, daß sie ihrn Unmuth laß fall,
Richts nur recht aus, Frau Nachtigall!
(S. 34-35)
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20. Nächten und heute
XXX Newer Lieblicher Galliardt Von Nicolao Rosthio 1. Th.
(Erffurdt 1593) Nr. III.
Daraus bei Eschenburg Denkm. 455, 456,
wiederh. im Wunderhorn 1, 298, 299

1. Nächten da ich bei ihr was,
[nächten=gestern abend]
Schwatzten wir dann dies dann das;
Auch sehr freundlich zu mir saß,
Sagt sie lieb mich ohn all Maß.

2. Nächten da ich von ihr scheid,
Freundlich wir uns herzten beid,
Verhieß mir bei ihrem Eid,
Mein zu sein in Lieb und Leid.

3. Nächten da ich von ihr ging,
Sie mich ganz freundlich umfing,
Darzu sehr ferr mit mir ging,
Und war gar sehr gut all Ding.

4. Heute da ich zu ihr kam,
War ihr alles widerzam,
[widerzam=zuwider]
Bösen Bscheid ich da bekam,
Mußt abziehn mit Spott und Scham.
(S. 36)
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21. Das liebste Döckelein
Fasciculus Chorodiarum Durch Christophorum Demantium
(Nürmberg 1613) Nr. XXII.

1. Gott schütz mir die im braunen Rock,
Weil sie mir ist die liebste Dock,
Denn sie ist gezieret gar wol
Mit Schön und Tugend wie sie sein soll.
Wem sollt solches Döckelein
Nicht auf Erden die Liebste sein?

2. Sie hat ja recht goldfarbes Haar
Und wie Kristallen Äuglein klar,
Zart und schöne Wängelein fein
Und ein rosenrothes Mündelein.
Wem sollt solches Döckelein
Nicht auf Erden die Liebste sein?

3. Schneeweiß sind ihre Händelein,
Am ganzen Leib geschlank und fein.
Von achtzehn Jahren ist sie nun,
Gott wolle sie mir behüten thun.
Wem sollt solches Döckelein
Nicht auf Erden die Liebste sein?
(S. 37)
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22. Sehnsucht
Neue Teutsche weltliche Canzonette
Durch Valentinum Haußmann (Nürmberg 1596) Nr. VII.
Auch im Franckf. Lb. 1582, nur die Schlußstr. etwas anders.

1. Ich weiß ein Fräulein hübsch und fein,
Wollt Gott ich sollt heint bei ihr sein,
Sollt freundlich mit ihr scherzen
In Zucht und Ehr,    Begehr nicht mehr,
Denn ich sie lieb von Herzen.

2. Ihr Mündlein roth, ihr Brüstlein weiß,
Ihr Leib geziert mit ganzem Fleiß,
Nichts ist an ihr vergessen;
Ihr adlich Gmüth    Macht daß ich wüth
Und kann ihr nicht vergessen.

3. O edler Schatz, mein höchster Hort,
Tröst mich mit einem freundlichn Wort,
So wird mein Herz erquicket;
Thust du das nicht,    Für wahr sag ich,
Mein Herz in Leid ersticket.

4. Tröst mich, tröst mich, o edler Schatz,
Gib mir zu Letz ein lieblichn Schmatz,
Obs gleich thut manchem Zoren.
Denk du an mich,    Wie ich an dich,
Ich hab dich auserkoren.
(S. 38-39)

heint = diese bevorstehende Nacht; thut Zoren = ist ärgerlich

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23. Nun grüß dich Gott im Herzen!
Handschriftlich aus dem Ende des 16. Jahrhunderts,
in der Brieger Bibliothek. Minder gut in: Groß Liederbuch.
Gedruckt zu Frankfurt am Mayn, Bey Wolff Richter
in verlegung Petri Kopffij. 1599. Nr. 273

1. Nun grüß dich Gott im Herzen,
Du Auserwählte mein!
Du wendst mir viel der Schmerzen
Darzu manch schwere Pein.
Wann ich denk an die Treue dein,
So kann ich nichts als fröhlich sein
Und leben wolgemuth.
Dein freu ich mich aus Herzengrund:
Der lieb Gott spar dich lang gesund,
Halt dich in seiner Hut.
Allein gut Achtung auf dich gib,
Daß dich der Kläffer nicht betrüb;
Trau nicht den Worten sein,
Denn sein Wort sind mit Gall vermischt,
Sein Herz steckt voll Neid, Haß und List -
Drum folg der Warnung mein.

2. Treu hab ich dir geschworen,
Das weißt, Herzliebelein,
Für andern dich erkoren,
In mein Herz gschlossen ein,
Nimmermehr zu verlassen dich,
Bei dir verharrn beständiglich,
Bis kommt die liebe Zeit,
Darinnen ich mag für und für
Aufschließen dir der Liebe Thür,
Leben bei dir in Freud.
Ich gläub nicht daß deins Gleichen lebt,
Die so rechtschaffen Liebe pflegt,
Denn du Herzlieb allein.
Du bist meins Lebens Aufenthalt
Dir gib ich mich in dein Gewalt
Bis an die Hinfahrt mein.

3. Kein Untreu solltu spüren,
Dieweil ich leb auf Erd;
Ich will dich nicht verführen,
Dich halten lieb und werth.
Versprich dir hiemit bei der Hand
Mein Treu und Ehr zu einem Pfand
Aus wolbedachtem Sinn.
Von dir will ich nicht weichen ab,
Bis man mich hinträgt in das Grab:
Des solltu werden inn.
Daß ich so selten komm zu dir,
Gschicht niemand wirscher nur denn mir,
Wie du weißt selber wol.
In deinem Dienst trag ich Geduld,
Weil ich erworben hab dein Huld,
Nichts mehr mich kränken soll.

4. Nachtgall, thu dich herschwingen,
Du mußt mein Bote sein,
Dies Liedlein solltu bringen
Der Auserwählten mein!
Und schwing dich eilends für ihr Haus,
Richt mir die Sach fein fleißig aus,
Sag niemand nichts darvon;
Wann du kommst für Liebs Fensterlein,
Mit deinem gülden Schnäbelein
Klopf gar fein leis daran,
Und grüß mir sie meins Herzn ein Kron,
Gib ihr das Liedlein, fleug davon,
Und bring mir Antwort bald!
Wann du dann wiedrum kommst zu mir,
Gar treulich will ich lohnen dir
Dort in dem grünen Wald.
(S. 39-41)
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24. Wie du mir so ich dir
Neue Teutsche gesang nach art der welschen Madrigalien
und Canzonetten Durch Hanns Leo Hasler
(Augspurg 1596) Nr. VII. und VIII.

1. Ich brinn und bin entzündt gen dir,
Doch nit aus Lieb, magst glauben mir,
Weil du bist aller Falschheit voll,
Nicht werth, daß ich dich lieben soll:
Dein falsch bös ungetreues Herz
Hat mir verjagt all Liebesscherz,
Brinn drum nit mehr aus Lieb gen dir,
Sonder aus Zoren für und für.

Antwort
2. Brinn und zürne nur immerfort,
Mich han betrogen dein falsche Wort,
Als du begehrst mein treues Herz
Und triebst doch nur aus mir dein Scherz.
Achtstu dann nicht mein Lieb und Gunst,
Acht ich viel minder dein Zorn und Brunst.
Drum brinn und zürne so lang du willt,
Denn mir eins wie das ander gilt.
(S. 42)
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25. Liebesleid
(G. Forster) Ein außzug guter alter und newer
Teutscher liedlein (Nürnberg 1539) Nr. XV.

1. Vergangen ist mir Glück und Heil
Und alle Freud auf Erden,
Ellend bin ich, verlassen gar,
Mir mag nit besser werden,
Bis in den Tod    Leid ich groß Noth,
So ich dich Lieb muß meiden,
Geschicht mir Ach,    O weh der Sach!
Muß ich mich dein verjehen,
[verjehen=entsagen]
Groß Leid wird mir geschehen.

2. Erbarmen thu ich mich so hart,
Das kommt aus Buhlers Hulde,
Die mich in Angst und Noth hat bracht,
Und williglich das dulde.
Um dich allein,    Herzliebste mein,
Ist mir kein Bürd so schwere;
Wärs noch so viel,    Ich dennoch will
In deinem Dienst ersterben,
Nach fremder Lieb nit werben.

3. Um Hülf ich ruf, mein höchster Hort,
Erhör mein sehnlich Klagen!
Schaff mir, Herzlieb, dein Botschaft schier,
Muß sonst vor Leid verzagen.
Mein traurigs Herz    Leidt großen Schmerz,
Wie soll ichs überwinden?
Ich sorg, daß schier    Der Tod mit mir
Will ringen um das Leben,
Thu mir dein Troste geben!
(S. 43-44)
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26. Scheidegruß
Newe Ausserlesene Weltliche Lieder
Durch Thomam Elsbethum (Frckf. an der Oder 1599) Nr. VI.

1. Ade, ich muß mich scheiden
Aus frischem freiem Muth
Gar fern über die Heiden,
Gott woll dich haben in Hut!
Ob ich gleich jetzt von dannen
Muß ziehn in fremden Landen,
So denk ich dein, So denk ich dein in Freuden fein.

2. Frisch auf! laß lieblich klingen
Die edle Music fein,
Nach Lust auch fröhlich singen,
Von Herzen fröhlich sein.
Sei dir dies Liedlein gemacht,
In Fröhlichkeit ist's vollbracht,
Ade, ade! Ade zu tausend guter Nacht!
(S. 45)
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27. Die galante Korbflechterin
Ander Theil, Deutscher Lieder mit drey Stimmen
Durch Nicolaum Zangium (Wienn 1611) Nr. XII.

1. Ein Dama schön    In Garten gehn
Thät früh an einem Morgen,
Und hielte Rath,    Wie früh und spat
Sie könnte sein ohn Sorgen,
Weil ihr Galan gar emsiglich
Zu dienen ihr bemühet sich,
Dem sie doch nicht    Mit Liebespflicht
Sich möchte obligieren.

2. Bald ihr einfiel    Ein Korb subtil
Zu flechten ohn Unwillen,
Auch ward der Rath    Bald mit der That
Vollzogen in der Stille;
Sie flochte selbst zierlich zusamm
Die Stück zum Korb mit ihrem Nam,
Erstlich Schab ab    Zu der Handhab
Thät sie fein applicieren.

3. Von Liebsstückl zwar    Der Korbe war
Zierlich zusamm getrungen,
Von Ungenad    Als von eim Drath
Die Reif abr drum geschlungen,
Und daß mans ja nicht merken sollt,
Mit eim Faden subtil von Gold
Den Boden neu    Von Leid und Reu
Thät sie daran fugieren.

4. Solchn Korb alsbald    Gar schön gemalt
Ließ sie ihm praesentieren,
Er sollte drein    Sich setzen fein
Und drin galanisieren.
Der Galan solches willig thät,
Und meint, er wär der best am Bret:
Da riß entzwei    Der Boden neu,
Daß er mußt hindurch springen.

5. Er sprach im Grimm:    Wie ich vernimm,
So werd ich ausgeschlossen.
Die Dama lacht: Ha, ha, ha, ha!
Merkst du nun erst den Possen?
Ein ander Mal lieb wer dich liebt,
So wirstu nicht also betrübt;
Jetzt fahr nur hin    Und andern dien,
Da dirs mag baß gelingen!
(S. 46-47)
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28. Wasser löscht nicht jedes Feuer
OtthSiegfrieden Harnisch, Newe Auserlesene Teutsche Lieder
(Helmst. 1588) Nr. XVI.
Steht auch in Jac. Regnart Tricinia 1593. Nr. XXIX.
Umgearbeitet im Wunderhorn 3, 4.

1. Ich bin gen Baden zogen
Zu löschen ab mein Brunst.
So find ich mich betrogen,
Denn es ist gar umsunst.
Ich thu mich vielmal wäschen
Mit Wasser kalt und heiß,
Und kann doch nichts erlöschen,
Ja mein kein Rath nicht weiß;
Ich kann das Feur nicht kennen,
Welchs mir mein Herz thut brennen.

2. An solchem meinem Schaden
Kein Lindrung ich empfind;
Je öfter ich thu baden,
Je mehr ich mich entzünd.
Weil denn gegn diesem Feure
Des Wassers Eigenschaft
Nicht kommen mag zu Steure
Und hat so gar kein Kraft,
Werdt ihr mich nicht entheben,
So komm ich gwiß ums Leben.
(S. 48)
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29. Wenn's weiter nichts ist!
(G. Forster) Der ander theil, Kurtzweiliger guter frischer
Teutscher Liedlein (Nürnb. 1540) Nr. XXXIV.
Newe Teutsche Liedlein mit fünff Stimmen
Von Orlando di Lassus (München 1569) Nr. XVI.

1. Tritt auf, tritt auf den Riegel von der Thür!
Wie gern säch ich, daß ihr mich hätt eingelassen. -
"Ich laß dich nit, ich laß dich nit herein,
Du könntst dann heimlich schleichen auf deinen Füßen." -
Frau, ich kann schleichen recht wie der Moneschein,
Stand auf und laß mich ein!
Das will ich von dir haben,
Zart schönes Fräuelein!
(S. 49)
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30. Abgemacht, sela!
Neue Teutsche Weltliche Lieder
Durch Christophorum Demantium (Nürnb. 1595) Nr. XX.

1. Lieb haben steht eim jedern frei,
Mag lieben wer da will;
Lieb haben will ich sie auch wol,
Daß ich sie aber nehmen soll,
Dasselb ist mir zu viel.

2. Schöns Lieb, du bist jetzt gebunden
Stark an das Narrenseil.
Spann du den Kloben besser auf
Und fang ein andern Narren drauf;
Ich werd dir nicht zu Theil.

3. Darum laß nur dein Liebe
Und sieh dich besser für:
Von mir da bist du abgetrennt
Gleichwie ein Kind der Milch entwehnt,
Dein Stuhl steht für der Thür.

4. Hast du keinen der dich liebet,
Bei mir findst keinen nicht:
Ich bin kein Narr und nimm kein Weib
Und schaff Unruh an meinem Leib,
Fürwahr, das thu ich nicht.

5. Ade, Mägdlein zu guter Nacht!
Hab Dank der Liebe dein,
Deinr Lieb hast du ein schlechten Gwinn,
Ich bin froh daß ich ledig bin -
Ade, ich fahr dahin.
(S. 50-51)
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31. Behüt dich Gott und - schweig!
(G. Forster) Ein außzug guter alter und newer
Teutscher liedlein (Nürnb. 1539) Nr. XXXII.
Auch im Frkf. Lb. 1582 Nr. XLVII.

1. Ein Wächter gut    In seiner Hut
Ruft an den lieben Morgen:
Wo Lieb bei Lieb    In Venus Üb
Beiliegen ohne Sorgen,
Die sehen auf,    Verlaßt den Schlauf,
[Schlauf=Schlaf]
Daß ihr nicht kommt in Leiden.
Die Nacht die weicht,    Der Tag herleucht,
Will Lieb von Liebe scheiden.

2. Ein Buhl erhort    Des Wächters Wort,
Erschrack fast sehr von Herzen,
Daß er nicht mehr    Nach seim Begehr
Künnt mit seim Buhlen scherzen.
Er weckt sie leis    Mit allem Fleiß,
Daß ers nit thät erschrecken:
Mein Aufenthalt,    Mach dich auch bald,
Der Wächter thut uns wecken!

3. Das Fräulein fein    Vom Buhlen sein
Mußt sich alsbald thun scheiden,
Der helle Tag    Bracht Leid und Klag
Viel Jammers ihnen beiden.
Das Weiblin schön    Zum Gsellen köhn
Sprach tugendlich mit Züchten:
Behüt dich Gott,    Mein Mündlein roth,
Vermähr mein Ehr mit nichten!
(S. 52-53)

vermähr = plaudre aus

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32. Der Liebe ist kein Zaun zu hoch
Neuer Teutscher Lieder Erster Theil
Durch Danieln Lagkhner (Nürnb. 1601) Nr. XIX.
Dem älteren Liede bei Uhland Nr. 52 nachgebildet.

1. Jungfräulein, soll ich mit euch gan
In euren Rosengarten?
Und da die rothen Röslein stan,
Die schönen und die zarten,
Und auch ein Baum der blühet,
Von Ästen ist er breit,
Sowol ein kühler Brunnen,
Der auch darunter leit.

2. In meinen Garten kommst du nit,
Das thu ich dir rund sagen,
Darum, gut Gsell, hilft dich kein Bitt,
Magsts nun darüber wagen.
Mein Garten ist verwahret
Mit einem Zaun so hoch,
Darfür mancher lang harret,
Ist nit drein kommen noch.

3. Den Zaun kann ich besteigen wol
Das solltu von mir wissen,
Der Blümlein eins mir werden soll,
Will solches sein geflissen:
Vergißnichtmein mit Namen
Heißt dieses Kräutlein gut;
Gott helf uns bald zusammen,
Halt uns in seiner Hut!
(S. 53-54)
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33. Liebe bringt Leid
Jac. Regnart, Kurtzweilige Teutsche Liedlein (Wien 1574) Nr. VIII.
Jacobi Regnardi Deutsche Lieder (München 1611) Nr. VIII.
Anderwoher in Mone's Anzeiger 1838, Sp. 77

1. Venus du und dein Kind
Seid alle beide blind,
Und pflegt auch zu verblenden
Wer sich zu euch thut wenden,
Wie ichs wol hab erfahren
In meinen jungen Jahren.

2. Amor du Kindlein bloß,
Wem dein vergiftes Gschoß
Das Herz einmal berühret,
Der wird alsbald verführet,
Wie ich wol hab erfahren
In meinen jungen Jahren.

3. Für nur ein Freud allein
Gibst du viel tausend Pein,
Für nur ein freundlichs Scherzen,
Gibst du viel tausend Schmerzen,
Wie ich wol hab erfahren
In meinen jungen Jahren.

4. Drum rath ich jedermann,
Von Lieb bald abzustan,
Denn nichts ist zu erjagen
In Lieb dann Weh und Klagen:
Das hab ich alls erfahren
In meinen jungen Jahren.
(S. 55-56)
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34. Einverstanden
Newe Lieder Mit fünff und vier Stimmen
Durch Iohannem Eccardum (Königsperg 1589) Nr. XXII.
Erweitert im Wunderhorn 1, 46. 47.

1. Nun schürz dich, Gretlein, schürz dich,
Du mußt mit mir davon!
Das Korn ist abgeschnitten,
Der Wein ist eingethon.

2. Sich, Hänslein, liebes Hänslein,
[sich=sieh]
So laß mich bei dir sein,
Die Wochen auf dem Felde,
Den Feirtag bei dem Wein.
(S. 56)
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35. Wer anders als die im grünen Röckelein?
(G. Forster) Ein außzug guter alter und newer Teutscher liedlein
(Nürnb. 1539) Nr. II.

1. Die mich erfreut ist lobenswerth
Für alles so ich je gesach.
Kein Stund vergeht, ihr wird begehrt
Zu meinem Lust in aller Sach.
Wann sie ist schön, getreuer Art,
So lieblich, lüstig und so zart,
Freundlichers nie geboren ward.
Ich grüß die Fein    Von wegen mein
In ihrem grünen Röckelein.

2. Red selber, Herz, was dunket dich?
Ist sie nit hoch zu rühmen mir?
Ja wahrlichen, es dunket mich,
Sie ist begabt mit aller Zier.
Ihr glatter Leib weiß als der Schnee,
Umgreiflich rein und lustig sehr,
Ihr Lieb ich aller Treu gesteh,
Von Berd und Schein:    Gott grüß die Fein
[Berd=Gebärde]
In ihrem grünen Röckelein!

3. Ich schlaf, ich wach, so ist sie die
So znächst mir an mein Herzen leit.
Wie oft im Traum umsach ich sie,
Schmuck sie und drucks zu jeder Zeit;
So wähn ich dann, ich schweb empor.
Will sie, so ist mein Glück zuvor.
Als ich verhoff, in diesem Jahr
Freu ich mich dein,    Schöns Döckelein
In deinem grünen Röckelein!
(S. 57-58)

schmuck sie = schmiege mich an sie

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36. Abendandacht
Außzug Auß Lucae Marentii vier Theilen
seiner Italienischen drey-stimmigen Villanellen
und Napolitanen von Valentino Haussmanno (Nürmberg 1606) Nr. XLI.

1. Ihr seid mein lieblicher Steren,
Der mein Augen thut klären,
Der in mein junges Herze mir thut dringen
Und in der btrübten Nacht den Schein herbringen.

2. Wenn mir dies Licht verschwunden,
Hab ich finstere Stunden,
Darinnen ich nichts thu denn Traur und Klage
Und nach dem hellen Schein des Tages frage.

3. Ihr seid mein liebe Sonne,
Des Tages Freud und Wonne,
Die mich belüstign thut und fein erquicken
Mit ihren Strahlen, wenn sie auf mich blicken.

4. Wenn mir die Sonn entwichen
Und in Wolken thut kriechen,
Sprech ich: geb Gott der gütig und der fromme,
Daß mir die liebe Sonn bald wiederkomme!
(S. 59)
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37. Morgenunterhaltung
Ebendaher Nr. XLIII.

1. Wo ist der Tag hinkommen,
Der mir das Licht genommen!
Möcht der Tag hersprießen,
Ich wollt aufstehn, mein Bulen freundlich grüßen.

2. Jetzt thun die Blümlein blühen,
Viel schöne Röck anziehen.
Komm, lieber Tag, und scheine,
Daß ich meim Schatz ein Kränzlein bind alleine!

3. Die Frühstund für der Hitzen
Kann mich gar fein beschützen.
Drum geh ich hin von Herzen,
Und such mein allerliebsten Freund mit Schmerzen.

4. Wenn ich ihn denn gefunden
Früh zu der Morgenstunden,
Will ich für Freuden singen,
Daß es in Thal und Bergen soll erklingen.
(S. 60)
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38. Ernstliche Mahnung
Valentini Haußmans Neue fünffstimmige Paduane
und Galliarde (Nürmberg 1604) Nr. IX. der Galliarden

1. Damit umsunst    Nicht sei mein Brunst,
Herzlieb, bitt ich um eure Gunst.
Erzeigt euch baß,    Gedenket daß
Ihr mein Lieb ja nicht schlagt ins Gras,
Denn sie ist nicht    Eins leichten Gwicht,
Sondern gar schwer auf euch gericht.

2. Drum ich euch noch    Ermahne hoch,
Weil ihr müßt einem werden doch:
Laßt mich nicht ebn    Die Schüpp erlebn,
Sonst will ichs euch zurkennen gebn,
In was für Noth    Mich brächt der Spott,
So mir wär härter denn der Tod.
(S. 61)

die Schüpp, mhd. diu schupfe, eine entehrende Strafe:
man wurde für mancherlei Vergehen geschupft, d. h.
von einem eigenen Gerüst, die Schupfe genannt,
ins Wasser geschleudert. S. Schmeller 3, 379. Oberlin 1452. Grimm R. A, 726

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39. Es ist so schlimm noch nicht
Neue Teutsche Weltliche Lieder
Durch Valent. Haußmann (Nürmberg 1592) Nr. XXII.
Dasselbe etwas abweichend und mit 2 Strophen mehr
im Frkf. Lb. 1582. Nr. 82; dagegen mit unserm Text
übereinstimmend (ohne die letzte Str.) bei Uhland Nr. 73;
vgl. daselbst S. 1006

1. So wünsch ich ihr ein gute Nacht,
Bei der ich was alleine.
Ein freundlich Wort sie zu mir sprach,
Da wir sollten uns scheiden.
Ich scheid mit Leid,    Gott weiß die Zeit:
Wiederkommen bringt Freuden.

2. Und nächten da ich bei ihr was,
Ihr Angesicht voller Röthen.
Sie sah den Knaben freundlich an,
Sprach: Gott thu dich behüten,
Mein Schimpf, mein Scherz,    Scheiden bringt Schmerz,
Des werd ich jetzund innen.

3. Das Meidlein an der Zinnen stund,
Hub kläglich an zu weinen:
Daran gedenk, du junger Knab,
Laß mich nicht längr alleine!
Kehr wieder bald,    Mein Aufenthalt,
Lös mich von schweren Träumen!

In Ambrosius Metzger's Venusblümlein
(Nürnberg 1612) lautet die 3. Strophe also:

Gut Reiter über dHeiden ritt,
Er schwang sein Rößlein umme:
Gesegn dich Gott, du schöns mein Lieb!
Und kehr dein Red nicht umme!
Beschaffnes Glück    Geht nimmer zrück:
Du bist meins Herzen Krone.
(S. 62-63)

beschaffen, vorausbestimmt. Ein altes Sprichwort lautet:
Beschaffen Glück ist unversaumt.

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40. Die Liebesbotschaft
Neue Teutsche Weltliche Lieder
Durch Valent. Haußmann (Nürmberg 1592) Nr. XVIII.

1. Auf, mein Gesang, und mach dich ring,
Über Berg und Thal dich schwing,
Füg dich für ihr Fensterlein,
Grüß sie freundlich ingeheim,
Sag ihr daß ich sei bereit
Ihr zu dienen allezeit.

2. Sing von deines Herzen Grund:
Ach, schöns Lieb, wärt ihr gesund!
Das brächt Freud dem Herzen mein;
Sollt ich nur heint bei euch sein,
Wenns geschäh in Zucht und Ehr,
Was möcht mich erfreuen mehr?

3. Gegen euch bin ich entzündt,
Das macht Venus und ihr Kind,
Die mich in solch Lieb mit Macht
Ohn Erbarmen haben bracht.
Ach, werdt ihr nicht Hülfe than,
Vor Leid muß in Tod ich gan.

4. Bhüt euch Gott, mein Tausendfreud,
Sag mein Gsang und von ihr scheid,
Sprich: ich wöll in kurzer Zeit
Von der Lieben sein nicht weit,
Gib mich ihr hiemit allein
In ihr junges Herz hinein.
(S. 64-65)
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41. Gott weiß wol wen ich meine
(G. Forster) Der ander theil, Kurtzweiliger
guter frischer Teutscher Liedlein (Nürnb. 1540) Nr. XIV.
In den Bergkreyen. Etliche Schöne gesenge Nr. 27
noch 3 Strophen mehr so wie auch im Frkf. Lb. 1582 Nr. XIX.

Lieblich hat sich gesellet
Mein Herz in kurzer Frist
Zu einr die mir gefället,
Gott weiß wol, wer sie ist.
Sie liebet mir ganz inniglich
Die Auserwählt und Rein,
Gott weiß wol wen ich mein.
(S. 65)

Sie liebet mir = sie ist mir lieb.

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42. Fröhlich in Ehren
Die erste Claß Der vierstimmigen Canzonetten Horatii Vechi
Durch Valentinum Haußmann (Nürnberg 1610) Nr. XXXIV.

1. Fröhlich in Ehren
Kann niemand wehren:
So hab ich hören sagen,
Drum will ichs auch in Ehren fröhlich wagen,
Und will vertreibn mein Schmerzen
Mit Schimpf und Scherzen
In meinem Herzen.

2. Für allen Dingen
Mit Freud thut bringen
Ein holdseliges Bilde,
Sie ist von Zucht und guten Sitten milde.
Wie oft ich sie thu schauen,
Kein schöner Frauen
Weiß ich bei Trauen.

3. An ihrer Güte
Hangt mein Gemüthe,
Ich kann von ihr nicht bleiben,
Muß meine Zeit fröhlich mit ihr vertreiben,
Und ob mich viel drum neiden,
Sie müssens leiden,
Ich kanns nicht meiden.
(S. 66)

bei Trauen = bei meiner Treu, traun!

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43. Ein Liebessträußchen
Fliegendes Blatt "Straubing Anno 1616"
in der Frankf. Stadtbibliothek

1. Ach mein liebes Blümichen
Und mein liebe Rose,
Mein Hühnichen und mein Hennichen,
Möcht ich mit euch kosen,
Und mein Gebrechen
Freundlich besprechen:
Das wär meins Herzen Lust.
Ihr seid das allerschönste Kind,
Das man hie auf Erden findt,
Darzu sich auch mein Herz verbindt,
Ihr seid mein Augentrost.

2. Ihr seid auch diejenige,
Die mich kann erfreuen,
Eine Kron und Königin
Über alle Jungfrauen;
Ihr seid mein Augensaft
Und meines Herzen Kraft,
Darzu mein Schimpf und Freud,
Mein allerhübschstes Liebichen,
Eurs gleichen wächst kein Blümichen,
Darzu kein edles Bäumichen
Auf jener grünen Heid.

3. Ach mein Rosenstengelchen,
Ach mein Rautensträulichen,
Allerhübschstes Engelchen,
Allerhübschstes Keuchelchen,
Allerschönste Königin,
Rothes Zuckermündelein
Und Carfunkelstein!
Ich sag aus meines Herzen Grund,
Euer rother Mund zu aller Stund
Ist wie ein rother Apfel rund
Und leuchtet hübsch und fein.

4. Ach mein Lilgenstengelchen,
Herzenlust und Tausendschöne,
Mein Schäfchen und mein Lämmichen,
Meines Herzen Freud und Wonn,
Und Violblümichen
Und Cypressenbäumichen,
Ihr seid gar hübsch und fein!
Also sehr bin ich euch hold,
Daß ich für euch sterben wollt,
Gleich wie das reine klare Gold
Sind eure gelben Haar.

5. Schneeweiße Perlenknöppe,
Tröst mein junges Herze!
Auserwählte Tocke,
Wendet meinen Schmerzen,
Heilet meine Wunden groß,
Die mir Frau Venus schoß
Mit der Liebe Pfeil!
Ihr seid meines Herzen Brecherin,
Und Freudenlust-Aussprecherin,
Darzu ein verguldtes Becherchen
Voll Freudenlust und Heil!

6. Ach ihr Augen säuberlich,
Meines Herzen Tugendreich!
Ach ihr edler Ehrenreich,
Ihr seid hübsch und säuberlich!
Allerschönstes Thierichen,
Ein scheeweißes Perlenschnürichen
Das zieret euren Kranz.
An mich sollt ihr gedenken,
Mit nichten von mir wenken,
Dies Lied will ich euch schenken
Zu einem Abendtanz.

7. Dies Lied sei euch gesungen
Meinem allerliebsten Schatz,
Allen falschen Zungen
Zu Verdruß und großem Tratz.
Allerschönstes Täubichen,
Allerhübschstes Weibichen,
Ich sing euch nun nicht mehr:
Der falschen Neider sind zu viel.
Laß neiden wers nicht lassen will!
Mein edles Perlenstengelchen,
Gott behüt euch und eurer Ehr!
(S. 67-70)
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44. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Newe kurtzweilige Teutsche Lieder
Durch Jacobum Regnart (Nürnberg 1580) Nr. I.
Die erste Str. noch im Munde des Volks,
s. Wunderhorn 1, 373 u. Erk, Volksl. 2. Bd. 2. Heft Nr. 46. Str. 2.

1. "Du hast mich sollen nehmen,
Ja wann der Sommer käm.
Nun ist der Sommer kommen,
Du hast mich nit genommen:
Ach Lieber, nimm mich noch,
Ach Lieber, nimm mich noch!"

2. Ach Meidlein jung von Jahren,
Verzeuch nur noch ein Zeit!
Es kann dir widerfahren,
Kein Fleiß will ich nit sparen,
Auf daß du werdst erfreut
Zu dieser Sommerzeit.

3. Ach wöll uns Gott bescheren,
Da wölln wir bitten um,
Daß wir in Zucht und Ehren
Uns mögen zsammen kehren.
Das hab ich ihr gemacht,
Da ich ritt auf der Jagd.
(S. 70-71)
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45. Glücklich wem's gelingt!
Valentin Haußmann, Eine fast liebliche art
derer noch mehr Teutschen weltlichen Lieder sc.
(Nürmberg 1594) Nr. XXV.

1. Ach weh, mir ist durchschossen
Das junge Herze mein,
Und liegt darin verschlossen
Ein zartes Fräuelein,
Das mir sehr wohl gefällt.

2. Sie gfällt mir aus der Maßen
Das schöne Fräuelein,
Ich kanns nicht unterlassen,
Ich muß ihr Diener sein,
Denn sie mein Herz erfreut.

3. Es gliebet mir ihr Tugend,
[gliebet=gefällt]
Ihr Zucht so mannigfalt,
Darzu ihr blühend Jugend
Und adelich Gestalt,
Auch ihr Holdseligkeit.

4. Wolan, mir ist gelungen,
Danach ich hab getracht,
All Freier sind verdrungen,
Hab sie in Lieb gebracht,
Das schöne Fräuelein.
(S. 71-72)
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46. Überschwengliche Liebe
Das Erste Buch, Schöner Newer weltlichen Lieder,
deren Text am meisten von ansehnlichen Frawen unnd Frewlein selbst gemacht,
Componirt Durch Ioachimum Langeum (Prag 1606) Nr. XI.

1. Sag mir, schöns Lieb, ob du nicht seist das Weibe,
Von der ich Tag und Nacht sag, sing und schreibe?
O ja mein Lieb, die eur ich allzeit bleibe.

2. Sag mir, schöns Lieb, wolltu zu mir dich neigen
Und mir dein Lieb und Freundlichkeit erzeigen?
O ja mein Lieb, ich gib mich euch zu eigen.

3. Sag mir, schöns Lieb, wirstu auch mein gedenken,
Und dich allzeit in Treuen zu mir lenken?
O ja mein Lieb, ich thu mich euch selbst schenken.

4. Sag mir, schöns Lieb, willt mich ewig nicht lassen
Und mich auch ganz und gar in dein Herz fassen?
O ja mein Lieb, dörft euch darauf verlassen.

5. Sag mir, schöns Lieb, willstu auf Meer und Lande
Nachfolgen mir, was gibstu mir zum Pfande?
O ja mein Lieb, dörft ich es thun ohn Schande.

6. Sag mir, schöns Lieb, willstu mich nicht aufgeben,
In Lieb und Leid dich nichts lassen bewegen?
O ja, mein Lieb, bin eur in Tod und Leben.
(S. 73)
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47.
Ebendaher Nr. XIV.

1. Berg und Thal, all Hügel und Wald
Sollen in Lüften fliehen bald,
Ehe daß ich unterlassen wollt,
Euch nit sein von Herzen hold.

2. Die Erde soll ehe sein der Himmel klar,
Die Fels und Stein werden Wasser gar,
Sein Glanz verlieren muß das Gold,
Wenn ich euch nicht lieben sollt.

3. Die Hölle muß auch sein das Paradeis,
Der Schnee wird nimmer werden weiß,
Das Meer verbrinnen zu eim Kohl,
Wenn ich euch nicht lieben soll.

4. Die Fische im Meere leben auf Erd,
Das grüne Gras zu Heu nit werd,
All Stein werden in Bergen hohl,
Wenn ich euch nicht lieben soll.

5. Und wenn ihr mich auch gleich tödten wollt,
Müßt ich euch sein von Herzen hold.
Drum wie ihr wollt, so gfällt mirs wol,
Daß ich euch nur lieben soll.
(S. 74)
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48.
Ebendaher Nr. XV.

1. Mein Schatz, wie könnt ihr mich verlassen
So lang allein in Sorg ohn Maßen?
Weil ich ohn euch doch nit wollt sein
Im Himmel und auf Erd allein.

2. Mein Schatz, wie könnt ihr mich berauben
Des Anblicks euer schönen Augen?
Weil ich ohn euch nicht sehen kann,
Gleich wie die Welt ohn Sonn und Mon.

3. Mein Schatz, wie könnt ihr mir versagen,
Daß ihr mich auch nit lieb sollt haben?
Weil ich ohn eur Lieb ganz bin todt,
Wie Himmel und Erd ist ohn Gott.

4. Mein Schatz, sollt ich kein Lieb erwerben
Von euch, so müßt ich gwißlich sterben;
In Forcht, in Hoffnung, Hitz und Frost
Leb ich und hab ohn euch kein Trost.

5. Ach wann ich werd anhören eben,
Daß ihr mir eure Treu wollt geben,
Ich glaub daß ich solch Freud bekäm,
Daß ich darfür die Welt nit nähm.
(S. 75)
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49.
Ebendaher Nr. XVII.

1. Gern wollt ich sterben,
Könnt ich zuvor erwerben
Trost, Hilf und Rath in meinem Leid und Schmerzen
Die ich von wegen Lieb muß tragn im Herzen.

2. Doch wird mich reuen,
Daß ich in Lieb und Treuen
Und nit länger soll auf Erden gnug anschauen
Das lieblich Angsicht, drum mir so weh thut gschehen.

3. Werd ich gleich scheiden
Ins Paradeis mit Freuden,
Nichts schöners kann ich sehen drin ob allen
Das mir so wol als mein Lieb thut gefallen.

4. Drum will von Herzen
Ich lieber leiden Schmerzen,
Daß ich euch doch nur sehen kann zu Zeiten,
Als daß ich durch mein Tod euch gar soll meiden.

5. Denn mir auf Erden
Kein größer Glück kann werden
Als wenn ich durch mein Lieb und stete Treue
Dein Lieb gegn mir erhalten möcht stets neue.
(S. 76)
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50. Hüt du dich!
Newe Teutsche Liedlein mit fünff Stimmen
Durch Johannem Knofelium (Nürnberg 1581) Nr. XI.
Vgl. Feyner Almanach 1777 S. 112-115.
mit Mel. von J. F. Reichardt.

1. Ich weiß ein Mägdlein hübsch und fein,    Hüt du dich!
Sie kann gar falsch und freundlich sein,    Hüt du dich!
Hüt du dich, hüt du dich!
Vertrau ihr nicht, sie narret dich!

2. Sie hat zwei Äuglein die sind braun,    Hüt du dich!
Sie säh dich nicht an durch ein Zaun,    Hüt du dich!
Hüt du dich, hüt du dich!
Vertrau ihr nicht, sie narret dich!

3. Sie gibt dir ein Kränzlein wolgemacht,    Hüt du dich!
Für einen Narrn wirst du geacht,    Hüt du dich!
Hüt du dich, hüt du dich!
Vertrau ihr nicht, sie narret dich!
(S. 77)
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51. Wär' ich bei ihr!
XXX Newer Lieblicher Galliardt
Von Nicolao Rosthio 1. Th. (Erffurdt 1593) Nr. XX.
Ebendaher bei Uhland Nr. 39.
Als mündlich im Wunderhorn 3, 147. 148.

1. Der Sommer und der Sonnenschein
Ganz lieblich mir das Herze mein
Erquicken und erfreuen,
Daß ich mit Lust im grünen Gras
Mag springen an den Reigen.

2. Des lacht die Allerliebste mein,
Wollt Gott, ich sollt heint bei ihr sein
In Züchten und in Ehren!
Das wär meins Herzen größte Freud,
Darauf darf ich wol schwören.

3. Demselben wacker Meidelein
Schickt ich neulich ein Kränzelein
Mit rothem Gold bewunden,
Dabei sie mein gedenken soll
Zu hundert tausend Stunden.

4. Ich ritt durch einen grünen Wald,
Da sungn die Vöglein wolgestalt,
Frau Nachtigall mit ihnen.
Nun singt ihr klein Waldvögelein
Um meines Buhlen willen!
(S. 78)
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52. Stilles Vergnügen
Die erste Claß Der vierstimmigen Canzonetten Horatii Vecchi
Durch Valentinum Haußmann (Nürnberg 1610) Nr. XVI.

1. Die Sommerlust für allen
Thut mir von Herzen gfallen:
Da hört man die Waldvögelein
Auf grüner Heid sein lustig singn und fröhlich sein.

2. Dieselbe Zeit ich meine
Bringt mir auch Freud nicht kleine,
Wenn ich zu meinem Liebelein
Nach Kurzweil geh spazieren in ihr Gärtelein.

3. Wenn ich denn bei der Zarten
Bin in demselben Garten,
So macht sie mir ein Kränzelein
Und setzt mirs auf von wolriechenden Blümelein.
(S. 79)
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53. Das Viertelherz
Fasciculus Chorodiarum
Durch Christophorum Demantium (Nürmb. 1613) Nr. X.

1. Diese Nacht hätt ich ein Traum
Schön in meinem Bette,
Wie ich ein schönes Jungfräulein
An meiner Seiten hätte.

2. Da ich nun erwachen thät,
War sie nicht vorhanden.
Ich lag allein in meinem Bett,
Ist das nicht groß Elende?

3. Das Jungfräulein muß ich han
Eilends und geschwinde.
Ich hab ein Botn aussenden than,
Ob er sie möchte finden.

4. Kommt der Bote wiederum
Und hat sie nicht gefunden,
So muß ich sie doch gleichwol han
Und kost michs tausend Gulden.

5. Sie gefiel mir heftig wol,
Muß sie wahrlich haben,
Und wenn ich gleich neun Ellen soll
Sie aus der Erden graben.
(S. 80)

Nachtanz*

6. Sie war schön und säuberlich,
Hübsch und wolerzogen.
Sie hat mich wol in einer Nacht
Um drei Viertl Herz betrogen.

7. Was soll ich doch machen nun?
Drei Viertl Herz ist hinne.
Was soll ich mit dem übrigen
Viertheilchen noch beginnen?

8. Müglich kanns ja nicht wol sein,
Daß ich sollt längr leben,
Es müßt mir denn das Jungfräulein
Drei Viertl Herz wiedergeben.

9. Drum bitt ich Gott ohne Scherz
Thu mir sie doch geben,
Auf daß doch nicht mein junges Herz
Zertheilet möge bleiben.

10. Sonst muß ich gar jämmerlich
In der Lieb verderben,
Und mein Herz wird elendiglich
Zertheilet gar ersterben.
(S. 81)

* Zwölf Lieder sind von einem solchen Nachtanz begleitet.
Dieser Nachtanz führt entweder den Hauptgedanken
des Vorhergehenden weiter fort, oder enthält eine Antwort darauf.

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54. Ich bin dein, du bist mein
Neue Teutsche gesang nach art der welschen Madrigalien und Canzonetten
Durch Hanns Hasler (Augspurg 1596) Nr. III.

Jungfrau, dein schöne Gstalt
Erfreut mich sehr    Je länger je mehr,
Ohn dich kann ich nit leben,
Dein eigen will ich sein,
Hab dir zu Pfand die Treue mein!
Ich bitt, nit von mir weich,
Dein Mündelein zu mir reich,
Ergib dich mir,    Wie ich mich dir
Zu eigen hab ergeben,
Damit wir beid    Mögen in Freud
Ohn alles Trauren leben.
Ich bin dein,    Du bist mein,
Nichts soll uns widerstreben
Im Leben,    Merk eben!
(S. 82)
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55. Bartjammer
Schöne Newe Außerlesene Geistliche und Weltliche Lieder
mit drey Stimmen Durch Nicolaum Zangium
(Frankf. a. d. O. [1594]) Nr. XVI.

1. Pfui, daß mir der Bart gewachsen ist!
Die Jungfrau spricht,    Mein Haar das sticht.
Pfui, daß mir der Bart gewachsen ist!

2. Pfui, daß mir der Bart nicht wachsen will!
Die Jungfrau spricht:    Kein Bart hast nicht.
Pfui, daß mir der Bart nicht wachsen will!

3. Pfuil daß mir der Bart grau worden ist!
Die Jungfrau spricht:    Gar alt du bist.
Pfui, daß mir der Bart grau worden ist!
(S. 83)
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56. Liebesleid
Tricinia. Kurtzweilige teutsche Lieder, zu dreyen Stimmen,
nach art der Neapolitanen oder Welschen Villanellen
Durch Jacobum Regnart Nürnberg 1588. (Der Bassus hat die Jahreszahl 1584)
Nr. XXXVII. Aus der Aufl. von 1593. bei Wackelnagel, Leseb. 2, 148.
- Kunst 54., dann in Herder's Volksliedern 1, 215.
und danach bei Büsching u. v. d. Hagen 164.
Im Wunderhorn 3, 6. ist daraus die Liebesklage eines Mädchens gemacht,
die 4. Str. ganz weggelassen und die 2. also geändert:
Kein Speis, kein Trank mir Lust und Nahrung giebt,
Kein Kurzweil mehr mein traurig Herze liebt,
Das schafft allein der so mein Herz betrübt.

1. Der süße Schlaf, der sonst stillt Alles wol,
Kann stillen nicht mein Herz mit Trauern voll:
Das schafft allein die mich erfreuen soll.

2. Kein Speis, kein Trank mir Lust noch Nahrung geit,
[geit=gibt]
Kein Kurzweil ist die mir mein Herz erfreut:
Das schafft allein die mir im Herzen leit.
[leit=liegt]

3. Kein Gsellschaft ich nicht mehr besuchen mag,
Ganz einig sitz in Unmuth Nacht und Tag:
[einig=allein]
Das schafft allein die ich im Herzen trag.

4. In Zuversicht allein gen ihr ich hang
Und hoff, sie soll mich nicht verlassen lang:
Sonst fiel ich gwiß ins bittern Todes Zwang.
(S. 84-85)
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57. Kein Geld ich hab, bin drum Schabab
Neue Teutsche Weltliche Lieder
Durch Christophorum Demantium (Nürnb. 1595) Nr. II.

1. Ein Jungfrau liebt im Herzen ich,
Vermeint, sie liebt dergleichen mich,
So läßt sie mich jetzt fahren.
Kein Geld ich hab,    Bin drum Schabab,
Kann die Lieb nicht bewahren.

2. Ich sieh wol, wo kein Geld nicht ist,
Kein Liebe da zu hoffen ist;
Ohn Geld laß Gsell dein Buhlen.
Kein Geld ich hab,    Bin drum Schabab,
Drum geh zu mir in dSchulen.

3. Ein altes Weib mancher bekömmt,
Die er aus kleiner Liebe nimmt,
Würd Lieb halbn sie wol lassen.
Kein Geld ich hab,    Bin drum Schabab,
Weich aus der Buhler Straßen.

4. Ich wollt, du müßt, zart Jungfrau schön,
Desgleichen han ein alten Mann,
Der nur mit Geld könnt klingen.
Kein Geld ich hab,    Bin drum Schabab,
Noch will ich fröhlich singen.
(S. 85-86)
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58. Das Herzblümchen
Fasciculus Chorodiarum
Durch Christoporum Demantium (Nürmberg 1613) Nr. XXI.

1. In meines Herzen Gärtlein
Wächset auf ein Blümelein fein,
Welches ist gar schön formiert
Und mit Farben wol geziert;
Es ist aller Tugend voll,
Drum es mir ganz lieb sein soll.

2. Tausendschön ist sein Nam,
Welchen es gar balde bekam,
Wie es war gepflanzet fein
In meines Herzen Gärtelein.
Ach was könnt doch liebers sein
Denn ein solches Blümelein?

3. Gott woll mir für Unfall
Dies Blümlein schützen überall,
Für dem Ungestüm und Wind,
Daß ich Freud an ihm empfind,
Und wenn es erwachsen ist,
Daß es stets mein Labsal ist.
(S. 87)
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59. Es lebe die Freiheit!
Tricinia nova
Durch Melchior Francken (Nürmberg 1611) Nr. II.

1. Der Stund mir wol gedenkt,
Da ich war gefangen,
In Lieb gar tief versenkt,
In Schmerzen gehangen.
Damals konnt ich nicht springen,
Kein fröhlich Liedlein singen,
Die Lieb mich trutzt.

2. Nun aber bin ich frei
Von der Liebe Stricken,
Kein Sorge wohnt mir bei,
Mir wird noch gelücken.
Drum thu ich jetzund springen,
Mit Lust dies Liedlein singen
Der Lieb zu Trutz.

3. Alls Trauren von mir hin
Ist nun weggefahren,
So ledig ich jetzt bin
Als vor vielen Jahren:
Drum thu ich jetzund springen,
Mit Lust dies Liedlein singen
Der Lieb zu Trutz.

4. Drum folge meiner Lehr,
Rath ich dir in Treuen:
Der Lieb trau nimmermehr,
Sonst möchts dich gereuen.
Thu vielmehr fröhlich springen,
Mit Lust ein Liedlein singen
Der Lieb zu Trutz!
(S. 88-89)

trutzen einen = zum Zorne reizen, beleidigen

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60. Jetzt liegt's nur an dir
Prima vox. Newer Teutscher Weltlicher Lieder
Durch Joannem Staricium (Franckf. 1609) Nr. XVIII.

1. Das junge Herze mein
Dir muß gefangen sein
Und leidet schwere Pein:
Das schafft allein
Die große Liebe mein,
Die ich in Ehren trage
Zu dir, Herzliebste mein.

2. Ich hab erwählet dich
Zur Allerliebsten mein:
Es soll kein andre sein,
Solchs trau du mir,
Mein allerschönste Zier;
Ich hab dir Treu geschworen,
Das will ich halten dir.

3. Wenn dann mein junges Blut
So heftig nach dir thut
Und macht mir schwer Unmuth:
Das weiß ich nicht,
Wie mir immer geschicht,
Wenn ich nur thu anschauen
Dein freundlichs Angesicht.

4. Laß dich bewegen nun,
Meins Herzen Freud und Wonn,
Du bist mein einig Kron!
Ich hab mein Sinn
Zu dir gesetzet hin:
Laß dir solchs gehn ins Herz hinein,
Hilf mir aus dieser Pein!

5. Hat Gott es ausersehn,
So muß es je geschehn,
Trotz dies nicht gerne sehn.
Halt feins Lieb bei mir
Gleich wie ich thu an dir!
So wird sich alles schicken fein
Nach Wunsch und Willen mein.

6. Hiermit, schöns Liebelein,
Schließ ich dies Liedelein,
Laß dirs befohlen sein!
Wünsch dir aus Herzengrund
Viel tausend guter Stund.
Hüt dich für falschen Kläffers Macht!
Ade zu guter Nacht!
(S. 90-91)
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61. Alles nach Wunsch
Newe und lustige Weltliche Deudsche Liedlein
Mit Vier Stimmen Durch Antonium Scandellum (Dreßden 1578) Nr. I.

1. So will ich frisch und fröhlich sein,
Ich hoff mir soll gelingen,
Zu Dienst der Allerliebsten mein
Will ich itzt fröhlich singen.
Mein Herz das ist in Freuden ganz,
Wenn ich sie an thu blicken,
Sie leuchtet wie der Sonnenglanz,
Thut mir mein Herz erquicken.

2. Ewig ich dein    Herzlieb will sein
Die Weil ich hab das Leben:
Das gläub du mir,    Mein höchste Zier,
Und denk darauf gar eben;
Denn ich bin dir von Herzen hold,
Du bist mein Schatz auf Erden,
Für Silber und für rothes Gold
Soll mir kein Liebre werden.
(S. 92)

Die Weil = so lange

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62. Wolgemuth und Vergißmeinnicht
Convivalium concentuum farrago
In welcher Deutsche Madrigalia sc.
Durch Christophorum Demantium (Jehna 1609) Nr. XI.

1. Herzlich thut mich erfreuen
Der wolgezierte Mai,
All mein Geblüt verneuen
Mit Kurzweil mancherlei;
Die Vöglein sich erschwingen
In Lüften überall,
Es macht sich guter Dinge
Die lustig Nachtigall.

2. Es wächst ein Kraut im Garten,
Das heißt Vergißnichtmein,
Dasselbe muß man warten
Mit gutem Augenschein.
Dies Kraut das thun erbauen
Mit sonderlichen Fleiß
Die adelichen Frauen
Auf wolbewußte Weis.

3. Dies Gwächs, als ich vernommen,
Ein heimlich Fieber bringt,
Doch könnt man ihm vorkommen,
Wo man nicht müßig ging.
Wo du nicht willst erkalten,
Nicht liegn in dem Spital,
Im Zaum halt deine Gedanken,
Du bleibst wol ohne Qual.

4. Doch wo dich hat betroffen
Cupid mit ihrem Pfeil,
Und wärst in Lieb ersoffen,
Ein Rath ich dir mittheil:
Wolgmuth sollstu ergreifen
Mit beiden Händen dein,
Darunter wol vermischen
Das edl Vergißnichtmein!
(S. 93-94)
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63. Wenn das Scheiden nicht wär'!
Newe Deutsche Gesänge, nach art der Welschen Madrigalien
Durch Balthas. Fritsch (Leipzig 1608) Nr. IV.

Das eilend Scheiden schwer
Mich machet trauriglich,
Weil ich so soll von der,
Die oft erfreuet mich.
Aus Lieb mit gwünschtem Scherzen
Hat sie mein Gmüth bewahrt.
Nun macht mich krank im Herzen
Die schnelle Hinnefahrt.
(S. 95)
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64. Will Gott mir wol, so geht mir's wol
Schöner außerlesener lieder Gedruckt zu Nürnberg
Durch Kunegund Hergotin (1528-37) Nr. 5.
Darnach im Weimar. Jahrb. 4. B. S. 228. -
(G. Forster) Ein außzug guter alter und newer Teutscher liedlein
(Nürnb. 1539) Nr. LXVI.

1. Wol kommt der Mai    Mit mancherlei
Der Blümlein zart    Nach ihrer Art,
Erquicket das    Verdorben was
Durch Winters Gwalt,
Das freuet sich ganz mannigfalt.

2. Alls was da lebt,    Sich jetzt erhebt;
Der Vöglein Gsang,    Welcher vor lang
Geschwigen was,    Auch Laub und Gras
Das grünet schon:
Derhalb ich auch nicht trauren kann.

3. Ganz sonderlich    Erfreu ich mich
Heimlichen des,    Ich weiß wol wes,
Darvon man nicht    Viel sonders spricht
Noch sagen soll:
Will Gott mir wol, so gehts mir wol.
(S. 96)
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65. Freu dich, mein Herze!
Prima vox. Newer Teutscher Weltlicher Lieder
Durch Joannem Staricium (Frankf. 1609) Nr. VII.

1. Freu dich, mein Herze,
Leg ab dein Schmerze
Jetzt in dem grünen Maien!
Die Vöglein all
Thun allzumal :|:
Sich inniglich erfreuen.
Jubiliere und springe,
Traur nicht, nach Freuden ringe,
Mit Lust ein Füglein singe, :|:
Daß in dem Wald lieblich erklinge.
Freu dich, mein Herze,
Sei fröhlich und vergiß dein Schmerze!

2. In der Naturen
All Creaturen
Sich wiederum ergetzen,
Die mannigfalt    Beid Jung und Alt
Der Winter kalt
Thät trauriglich verletzen.
Die Lerch mit hellem Schalle
Erfüllet Berg und Thale,
All Welt sucht Freud und Wonne
Jetzt in dem Maien schone
Mit Lust :|: und süßem Tone.
Freu dich, mein Herze,
Sei fröhlich und vergiß dein Schmerze!

3. Jungfräulein schone,
Meins Herzen Krone,
Komm laß uns freundlich scherzen,
Und sitzen gan    Auf einen Plan,
Da Blümlein stan,
In Ehren und von Herzen.
Die Wiesen sind gezieret,
Von aller Farb formieret:
Drum komm und laß uns hören
Die Vöglein musicieren
Und wie sie lieblich modulieren.
Freu dich, mein Herze,
Sei fröhlich und vergiß dein Schmerze!
(S. 97-98)
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66. Das betrübte Turteltäubelein
Newes Teutsches Musicalisches Fröliches Convivium
Durch Melchior Francken (Coburgk 1621) Nr. XXI.

1. Ein Turteltäubelein
Vergleicht das Herze mein,
Weil es so gar allein
Von seinem Lieb muß sein;
Nicht fröhlich kann es werden,
Weil es verlassen ist.
O schönes Lieb, kehr wieder bald,
Eh denn mein junges Herz erkalt,
Bei Leben mich erhalt!

2. Auf einem dürren Ast
Einsam ich traure fast,
[fast= sehr]
Hab weder Ruh noch Rast,
Unträglich ist die Last,
Ich muß melancholieren
All Augenblick und Stund:
O auserwählte schönste Zier,
Gesell dich wieder bald zu mir,
Nach dir steht mein Begier!

3. Kein klares Wässerlein
Trinkt ein solch Täubelein,
Mit seinem Füßelein
Muß zvor getrübet sein;
Thut mir auch nicht mehr schmecken
Wedr Essn odr Trinken wol,
Durchs Wasser in den Augen mein
Muß auch zuvor getrübet sein,
O weh der großen Pein!

4. Solch meine Einsamkeit
Erweck, Herzlieb, bei Zeit,
Begib dich nicht zu weit,
Damit ich werd erfreut,
Thu mich ganz nicht verlassen,
Ich wart dein alle Stund,
Wünsch dir viel tausend guter Nacht;
Dies Liedlein dir zu Ehrn erdacht
Laß ja nicht aus der Acht!
(S. 99-100)
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67. Wie kann ich fröhlich werden?
Schöne, außerlesene, newe Teutsche Lieder
durch Iuonem de Vento (München 1572) Nr. XIII.
Anderswo mit noch 2 Strophen, vgl. Uhland Nr. 71.

Ich armes Meidlein klag mich sehr,
Wie soll mir nun geschehen,
Daß ich den Allerliebsten mein
So lang nit hab gesehen,
Der mir die Zeit und Weil vertreibt,
Sonst keinr auf dieser Erden.
Wann ich gedenk, wie es ihm geht,
Mein Herz in großen Trauren steht,
Wie kann ich fröhlich werden?
(S. 101)
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68. Es geht mir wie den andern
Newe Deutsche Gesänge, nach der Art der Welschen Madrigalien
Durch Balthas. Fritsch (Leipzig 1608) Nr. XI.

Bei meiner Mutter bin ich gewesen,
Ich mein, sie hab mir den Text gelesen:
Daheimen soll ich bleiben,
Das schläfrig Spinnen treiben.
Ich werd es aber wol bleiben lassen
Und mich vielmehr auf allen Gassen
Behelfen mit den Schreibern:
Gschicht mir wie andern Weibern.
(S. 102)
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69. Ohne dich nur Leid
Newe Deutzsche Lieder
Durch Johannem Eccardum (Mühlhausen 1578) Nr. XV.
Auch im Frkf. Lb. 1582. Nr. XXII.

1. Schwer, langweilig ist mir mein Zeit,
Seit ich mich hab gescheiden
Von dir mein Schatz und höchste Freud,
Erst merk daß ich muß leiden,
Was Leiden ist,    Ach, weh der Frist,
Wird mir zu lang mit Schmerzen,
Daß ich oft klag.
Es scheint kein Tag,
Dein wird gedacht im Herzen.

2. Dann mich itzund dein lange Fahrt
In Traurens Pein thu setzen.
Gedenk der Wort, mein edler Hort,
Damit ich mich thät letzen,
Mit was Gestalt    In dein Gewalt
Ich mich dir hab ergeben,
Darum ich sprich,
Daß ich ohn dich
Kein Stund mag fröhlich leben.

3. Und daß ich dein edle Freundschaft
Die Zeit in Leid muß meiden.
Ich bitt dich, nit acht was man klafft,
Ich will der dein beleiben.
Damit will ich    Befehlen mich
Stets deinem treuen Herzen:
Ohn Zweifel frei,
Sei wo ich sei,
Trag ich nach dir groß Schmerzen.
(S. 103-104)
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70. Je öfter je besser
Newe kurtzweilige Teutsche Lieder mit fünff stimmen
Durch Jacobum Regnart (Nürmberg 1580) Nr. IV.

In dieser weiten Welt
Mir anders nicht gefällt
Dann dich nur anzuschauen.
Je öfter das geschicht,
Mein Herz zu mir das spricht:
Man findt kein schöner Frauen.
(S. 104)
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71. Du überall
Newe kurtzweilige Teutsche Lieder
Durch Jacobum Regnart (Nürmberg 1580) Nr. XIII.
und: Ettliche Schöne Teutsche Geistliche unnd Weltliche Lieder
mitt Fünff Stimmen Componirt.
Durch Nicolaum Zangium (Cölln 1597) Nr. VIII.

Ich schlaf, ich wach, ich geh, ich steh,
Ich kann dein nit vergessen;
Mich deucht, daß ich dich allzeit seh,
Du hast mein Herz besessen.
Ach edles Bild, wie schön bist du!
Wie schön sind dein Geberden!
Für dir hab ich doch gar kein Ruh,
Bist mir die Liebst auf Erden.
(S. 105)
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72. Es ist nicht immer Sonnenschein
Rest von Polnischen und andern Täntzen
Durch Valentin Haußmann (Nürmberg 1603) Nr. XIV.

1. Kein süßer Leben    Ward uns gegeben,
Als da wir beisammen stets mochten schweben;
Da war nur Freud und Wonn,
Uns schien die liebe Sonn.

2. In unserm Herzen    Ohn alle Schmerzen
Thät sich nichts ereigen denn freundlichs Scherzen;
Da war Glück über Glück:
Nun geht es alls zurück.

3. Zwischen uns beiden    Kein größer Leiden
Niemals ist erfunden als durch dies Scheiden;
Da ist nun finstre Nacht,
Die uns hat Trauren bracht.

4. Herz, Sinn und Gdanken    In Sorgen wanken
Und sind ganz verirret in Liebesschranken;
Da ist uns diese Zeit
Nichts denn Unglück bereitt.

5. Wer kann aussagen    Das Sehnen, Zagen,
So uns widerfahren, ist zu beklagen.
O herzigs Mündlein roth,
Wie bringt uns Scheiden in Noth!
(S. 106)
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73. Bleib bei deines Gleichen!
Kurtzweilige Neue Teutsche Liedlein,
nach der art der Welschen Canzonetten
Durch Franz Joachim Brechtel (Nürmberg 1594) Nr. III.

1. Nach schwarzen Kirschen steigt man hoch:
Derselben Steiger findt man noch.
Ich stieg auch hoch, konnt aber doch
Kein schwarze Kirsch erlangen noch erreichen.

2. Mein Sinn war nur auf dschwarzen gricht,
Der grün und rothen mocht ich nicht.
Indem des Baums Ast mit mir bricht,
Ich fiel herab, erschrak und thät erbleichen.

3. Also hat sich mein Glück verdreht:
Ich war der beste Stein im Bret,
Ein Windsbraut hat mich weggeweht,
Ich hab mit Schand eim andern müssen weichen.

4. Jetzund ichs Sprichwort wahrhaft find:
Wer gähling steigt und sich nit bsinnt,
Der fällt gemeiniglich auf den Grind;
Ich will forthin mich halten zu meins Gleichen.
(S. 107)

gricht = gerichtet; gähling = plötzlich, voreilig
Grind (verächtlich) der Schädel, Kopf

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74. Wer andern eine Grube gräbt -
Studentengärtleins Erster Theil
Durch Johannem Jeep (Nürnberg 1613) Nr. VII.

1. Ich weiß ein Jungfrau stolz von Art,
Die war vermessen gar zu hart,
Sie hatt ein Herz floh hin und her,
Und höret gerne neue Mähr,
War wankelmüthig, nie nicht stet,
Spielt mit der Lieb als wie im Bret.

2. Ihr Netz führt sie im Augenschein,
Weil sie gedaucht gar schön zu sein,
Daher sie kunnt bethören bald
Ein jungen Gsellen mit der Gstalt,
Trug einen Korn in ihrer Hand,
Der sie hernach macht selbst zu Schand.

3. Als sie vermeint in ihrem Sinn,
Sie hätt nun einen Bulen drin,
Den sie herdurch wollt fallen lan,
Wich ihr der Fuß auf freiem Plan;
Da wischt ein jung Gesell herfür
Und thät den Korb bald nehmen ihr.

4. Die Jungfrau selbst steckt er hinein,
Das deucht sie gar seltsam sein;
Darnach riß er den Boden aus,
Da fiel sie gar mit Spott heraus:
Sie mußt herdurch widr ihren Dank,
Gott geb sie war gsund oder krank.
(S. 108-109)
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75. Ich bleibe dein eigen
Newe Lieder
Durch Iohannem Eccardum (Königsperg 1589) Nr. XX.

Kein Freud ohn dich ich haben mag,
Mein Trost auf dieser Erden!
Denn nur bei dir sein Tag und Nacht,
Kann mir nichts Liebers werden.
Du thust allein    Das Herze mein
Freundlich in Lieb erfreuen.
Dein und mein Treu    Sind täglich neu:
Herzlieb, ich bleib dein eigen!
(S. 109)
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76. Ade zu guter Nacht!
Fasciculus Chorodiarum
Durch Christophorum Demantium (Nürmberg 1613) Nr. L.

1. O Lieb, du süßes Leben,
Ich hab mich dir doch ganz und gar ergeben.
Laß mich dein Gnad erwerben,
Laß mich nicht hülflos sterben!
Was könnt auf dieser Welt mir lieber werden
Als du mein Schatz auf Erden?

2. O Lieb, mein Freud und Wonne,
Du bist und bleibst meins Herzen Schmuck und Krone.
Thu auch gegn mir desgleichen,
Und thu von mir nicht weichen!
Für andern allen hab ich dich erkoren,
Laß solchs nicht sein verloren!

3. O Lieb, dies ich dir schenke:
Ich bitt, in Lieb und Treu stets mein gedenke!
Mein Lieb und Treu betrachte,
Der Kläffer Neid verachte!
Dies Liedlein ich zu Lieb und Dienst dir machte,
Ade zu guter Nachte!
(S. 110)
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77. Nach dem Regen Sonnenschein
Fasciculus Neuer Hochzeit und Braut Lieder
Von Valentin Haußmann (Nürnberg 1602) Nr. IX.

1. Mein Freud hatt ich verloren
Mit kümmerlichem Schmerz;
Die wird jetzt neu geboren,
Lieb tröst mein btrübtes Herz,
Weil mir Gott wiedergiebet
Ein gtreue weiblich Zier,
Tugend und Zucht sie liebet,
Welchs ich gnug spür an ihr.

2. Ich hör ein Sprichwort melden,
Auch triffts gewöhnlich ein:
Nach einem Regen selten
Bleibt aus der Sonnenschein.
Ob sich unlängst häuft zsammen
Ein Schwärk für meiner Thür,
Schön klar mit lieblichn Flammen
Tritt nun die Sonn herfür.

3. Wie es Gott hat behaget,
Gleich also ers auch fügt.
Ich habs aufs neu gewaget,
Es gschicht das mir genügt.
Nach seinem göttlichn Willen
Nicht ich gegn sie mein Herz,
Der wird hinfürder stillen
Durch sie mein ghabten Schmerz.

4. Will mich zu ihr nun kehren:
O Gott, wollst bei uns stehn,
Segn uns, daß wir mir Ehren
Kindskinder mögen sehn.
Auch so wir christlich leben
In Fried und Einigkeit,
Hoff ich werd uns gegeben
Nach dem die ewig Freud.
(S. 111-112)

Schwärk niederd. schwarzes Gewitter- oder Regengewölk

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78. Wagen gewinnt
Kurtzweilige Neue Teutsche Liedlein
nach art der Welschen Canzonetten
Durch Franz Joachim Brechtel (Nürmberg 1594) Nr. V.

1. Freud über Freud hab ich jetzund empfangen:
Denn was ich vor nicht konnt erlangen,
Das ist mir jetzt durchs Glück von statten gangen.

2. Bei der ich war verachtet und vernichtet,
Die hat jetzund ihr Lieb auf mich gerichtet,
Gott sei gedankt! mein Sach ist nunmehr gschlichtet.

3. Denn sie hat sich ausdrücklich thun erklären,
Daß wenn ich ihr zum Ehstand werd begehren,
Woll sie mich des unweigerlich gewähren.

4. Drum soll durchaus ein Buler nicht verzagen;
Es liegt am Glück: wems wol will, thut man sagen,
Der zeucht die Schanz, das heißt, man muß es wagen.
(S. 113)

zeucht die Schanz, zieht den Vortheil. Schanz, Wurf mit Würfeln, fr. la chance

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79. Sie bedarf nicht Bogen und Pfeil
Convivalium concentuum farrago
In welcher Deutsche Madrigalia sc.
Durch Christophorum Demantium (Jehna 1609) Nr. II.

1. Einsmals Cupido lag und schlief,
Als heimlich mein feins Lieb zulief,
Nahm ihm den Bogen säuberlich,
Auf welchen er verließe sich.
Darob das Knäblein bald erwacht,
Sehr weint und seiner Mutter klagt.

2. Jetzt traure nicht, mein liebster Sohn,
Sprach Venus, dies Jungfräulein schon
Wird dir wol wiederstellen zu
Dein Bogen, gib dich nur zur Ruh,
Sie darf nicht Köcher oder Pfeil,
Auf andre Weis versucht ihr Heil.

3. Sie kann mit ihrem rothen Mund
Verwunden tief ins Herzen Grund,
Mit ihren Äuglein brennet sie,
Mit ihren Wänglein quälet sie,
Mit ihren Worten kränket sie,
Drum darf sie deiner Waffen nie.

4. Ach höchster Hort, weil denn mein Herz
Allein durch dich leidt großen Schmerz,
Schau wie der Scorpion sein Wund
Durch sich selbst wieder macht gesund:
Also du mich in Ängsten lab,
Hoff wirst mir solchs nicht schlagen ab.
(S. 114-115)
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80. Hoffnung läßt nicht zu Schanden werden
Newe Lieder Durch Iohannem Eccardum (Königsperg 1589) Nr. XXI.
Prima vox. Newer Teutscher Weltlicher Lieder
Durch J. Staricium (Frkf. 1609) Nr. XV.

Der Winter kalt ist vor dem Haus:
Wo soll ich Armer aus?
In diesem Strauß
Thu ich doch nicht erschrecken.
Es kommt die liebe Zeit,
Darauf ich harr und beit
Gar mit fröhlichem Muth:
Es ist ein hübsches Fräuelein,
Das mich erfreuen thut.
(S. 116)

Strauß - Streit, Widerwärtigkeit; beiten - warten

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Aus: A. H. Hoffmann von Fallersleben
Die deutschen Gesellschaftslieder des 16. und 17. Jahrhunderts
Aus gleichzeitigen Quellen gesammelt
Reprografischer Nachdruck der 2. Auflage Leipzig 1860
Georg Olms Verlagsbuchhandlung Hildesheim 1966


siehe auch Teil 2


 


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