Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Neugriechische Liebeslieder
(Teil 1)



Die Auserwählte

Die Bäume wollen blühen, der Frost läßt's nicht zu;
Ich will mein Lieb vergessen und finde keine Ruh'.

Mein herzliebes Mädchen, geh' hin zur Mutter dein,
Ihr Eidam möcht' ich werden, sie soll mir Mutter sein.

Ihre Tochter, die zweite, mit dunklem Augenpaar,
Mit feingebognen Brauen und schwarzbraunem Haar,

Granatrot die Lippen, so zierlich der Mund:
Dich, süßes Mädchen, lieb' ich aus tiefstem Herzensgrund.

Dein rundliches Händchen, so taufrisch und hell,
Gern hätt' ich's als Kissen fürs Haupt am kühlen Quell.

Möchte Küsse dir schenken auf Augen und Brau'n,
Du wunderlieblich Mädchen, du schönste der Frau'n!

Laß den Schleier hernieder, das Tuch senk' herab,
Daß niemand bemerke den Kuß, den ich dir gab.

Es säh'n dich die Vöglein, Frau Nachtigall mit Neid,
Und der König erführ' es, du wundersüße Maid!
(S. 3)
_____



Vergißmeinnicht

Und verbirgst du dich in dem Himmel
Und kehrst bei der Sonne ein,
Und eilest du mit den Wolken,
O Liebchen, gedenke mein!
Das ist bei Tag und Nacht mein Flehn,
Gott, laß es in Erfüllung gehn!
(S. 4)
_____



Gern möcht' ich dich vergessen,
Das Herz nicht willigt ein;
Bist meine erste Liebe,
Wirst auch die letzte sein.
(S. 4)
_____



Ich saß und sah von ungefähr
Dem Lauf der Dinge zu;
Da kam ein Teufelsmädchen her
Und raubte mir die Ruh'.
(S. 4)
_____



Zu einem dunklen Falter
Hat Liebe mich gemacht,
Und ein brünettes Mädchen
Mich um die Ruh' gebracht.
(S. 4)
_____



Ich schau' am blauen Himmelszelt
Dem Lauf der Sterne zu,
Doch auf der weiten, weiten Welt
Ist nichts so schön wie du!
(S. 4)
_____



Zum Himmel trug die Liebe mich;
Dort fand ich Gotteshallen,
Fand auch mein Lieb als Heiligenbild
Und bin aufs Knie gefallen.
(S. 4)
_____



Das Lied als Bote

Mädchen mit den dunklen Haaren,
Dunkeläugige Nachbarin,
Wie nur magst du's schnell erfahren,
Daß du tief mir liegst im Sinn?

Nicht durch Boten zu dir dringen
Soll's, gestehn mag's nicht mein Mund;
Aber singen will ich, singen,
Durch das Lied werd' es dir kund.

Und wenn dir ein Stündchen Schlummer
Raubt des Liedes Wiederhall,
O so denk' an meinen Kummer,
O so denk' an meine Qual!
(S. 5)
_____



Dunkle, mitleidlose Augen
Hast du, holdes Täubchen mein;
Ach, was ich um dich erlitten,
Weiß der liebe Gott allein!
(S. 5)
_____



O Liebchen, richtest du auf mich
Der dunklen Augen Strahlen,
So sprühen Funken um mich her,
Schmacht' ich in heißen Qualen.
(S. 5)
_____



Ob Liebe süß, ob bitter sei,
War drüber nicht im Klaren;
Daß sie ein göttlich Feuer sei,
Hab' ich durch dich erfahren.
(S. 5)
_____



Liebesklage

Ach, wüßtest, schlankes Mädchen, du,
Wie sehr ich leiden muß,
Wie aus den Augen sonder Ruh'
Mir rinnt der Thränen Fluß,

O sähst du, wie so bleich mein Mund,
Die Glieder matt und schwer,
Du wärest traurig wohl zur Stund'
Und schriebst ein Brieflein her.

Die Seele nahmst du, die war mein,
Das Herz so hoffnungsvoll.
Weiß nicht, was ohne Herz allein
Ich auf der Welt noch soll.

Es dörrt mich aus die Liebesglut,
Es brennt in mir dein Kuß,
Und Liebessehnsucht weh mir thut,
Daß ich drob sterben muß.

Hätt' ahnend ich's vorher bedacht,
Mir vorgestellt im Sinn,
Daß Gegenliebe mir versagt,
Und ich dir gar nichts bin,

Gezogen wär' ich nach dem Quell
Der Mitleidlosigkeit,
Drin badet sich das Herz, und schnell
Vergißt's sein Liebesleid.
(S. 6)
_____



O könnt' ich dir gestehen
Zwei Wörtlein inhaltsschwer!
Würd' ich dein Herz nicht rühren,
Die Zunge gäb' ich her.
(S. 6)
_____



Rösleins Nachtruh'

Röslein du, o weißes, zartes,
Wie nur schläfst du in der Nacht?
Ruhst du süß mit offnen Armen
Und hast nimmer mein gedacht?
Ahnst nicht, daß du meine Seele
Um den Frieden hast gebracht!
(S. 7)
_____



Du küßtest mich, da ward ich krank,
Küß' mich, daß ich gesunde,
Und küß' mich wieder, daß mir nie
Mag nahn die Todesstunde.
(S. 7)
_____



Ich bin eine weiße Rose,
Du bist ein Röslein fein.
Laß uns einander umschlingen
Und nie getrennt mehr sein.
(S. 7)
_____



Eine junge Rose lieb' ich,
Die am fernen Orte blüht;
Weht ihr Duft zu mir herüber,
Ganz mein Herz in Flammen glüht.
(S. 7)
_____



O aufgeblühtes Röslein,
Du Blümchen wunderhold,
Wie traurig würd' ich werden,
Wenn ich dich lassen sollt'!
(S. 7)
_____



Nichts macht den Sinn so trübe,
So krank und todeswund,
Als ungestandne Liebe
Im tiefsten Herzensgrund.
(S. 7)
_____



Sprich du zuerst

Ich scheue mich, o Mädchen, dir zu sagen,
Wie ich dich lieb' in meines Herzens Grund,
Und sollt' auch dein Herz liebend für mich schlagen,
Mag es doch frei gestehen nicht dein Mund.

Was soll geschehen? Wollt' ich mich erklären,
Dir offen meine Leidenschaft gestehn,
Du möchtest, fürcht' ich, nicht mein Flehn erhören
Und würdest mit Verachtung auf mich sehn.

Drum laß, o Wunderschöne, dich erbitten,
Sprich du zuerst das rechte Liebeswort,
Das wär' mir eine Urkund' unbestritten,
Ein Königsbrief, ein felsenfester Hort.

Daß ich dich liebe, wissen schon die Leute,
Man sagt, ich küßte dich, du wärest mein;
O sprich und gieb den ersten Kuß mir heute,
Thu', wie du willst, beende meine Pein!
(S. 8)
_____



Die Augen fließen zusammen,
Die Lippen bleiben sich fern;
Sie scheuen sich vor den Leuten
Und küßten sich doch so gern.
(S. 8)
_____



Und wenn du mir auch grollst, so kann
Ich doch von dir nicht lassen;
Was doch von Herzen einst geliebt,
Kann man's auf einmal hassen?
(S. 8)
_____



Sei wieder gut

Ein strahlend heller Flammenglanz
Hat meinen Sinn umfangen,
Ich brannt' und konnte nicht mehr fliehn,
Da ich zu nah gegangen.

Da ich zum ersten Mal dich sah,
Hast du mich ganz bezwungen
Und bist mir durch die offne Brust
Tief in das Herz gedrungen.

Dort barg ich dich und schloß dich ein
Und will dich nimmer lassen;
Das Schlüsselein zerbrach, so wird
Mein Herz dich ewig fassen.

Von deinem lieben Angesicht
Hab' ich ein Bild gemalet,
Ein treues Bild in meinem Geist,
Das alles überstrahlet.

Denn was mit seines Herzens Blut
Der Liebende vollendet,
Dem Bilde gleicht an Schönheit nichts,
Des Farbenglanz nie endet.

Es krankt mein Geist, bis ich dich seh',
Dein Anblick macht mich beben
Und lindert meine heiße Glut
Und giebt mir neues Leben.

Den Berggewässern gleicht mein Geist,
Die tosend dich umfließen.
Doch kalt und fühllos bleibt dein Herz
Und will von mir nichts wissen.

Der Schlange gleich eil' ich zum Quell,
Du bist die kühle Quelle.
Erlabe mich mit frischem Trank
Und letze meine Seele.

Du bist der edle Rosenstrauch,
Draus duft'ge Rosen treiben;
Von allen Jungfrau'n wirst du mir
Allzeit die Liebste bleiben.

Wie duftendes Basilicum
Dein Haupt so prangend thronet,
An deinem engelschönen Leib
Kein Fehl noch Flecken wohnet.

Es glänzt dein schwarzbraun Augenpaar
Wie Ölbaums dunkle Kerne,
In deinem Antlitz spiegeln sich
Der Himmel und sie Sterne.

Mich wundert's, daß nicht Blumen gleich
Auf deinem Pfad entspringen,
Daß du als Aar nicht steigst empor
Mit goldigbraunen Schwingen.

Was ist's, daß Hand und Fuß mir bebt,
Sobald ich dich nur sehe?
Ach, daß ich dir von Herzen gut,
Das bringt mir bittres Wehe!

O du mein Röslein blätterreich,
Du meine süße Liebe,
Bei deinem Anblick bebt mein Herz
Wie zarte Myrtentriebe.

Soll ich dir sagen, wie zuerst
Wir uns, o Holde, fanden?
An einem Sonntag war's, da du
In deiner Thür gestanden.

Dann hast du mich im süßen Schlaf
Als Traumbild lind umfangen
Und bist als ein Basilicum
Zur Seite mir gegangen.

Erhöre mich, du liebe Maid,
Du Harte, hab' Erbarmen,
Sieh, wie das Herz du mir entflammt
Zur hellen Glut, mir Armen.

O sieh mich an, bedaure mich,
Und kannst du's, weine Thränen;
Umarme mich, sei wieder gut,
Mein Sinnen und mein Sehnen!
(S. 9-11)
_____



Im Klosterschutz
Tanzlied

O du mein Röslein rosenrot,
Wo pflanz' ich dich nur ein?
Blühst du am Strande, wirst du leicht
Ein Raub der Schiffer sein.

Pflanz' ich dich ein auf Bergeshöh',
Wirst du vom Frost vergehn.
So magst du, prangend Röslein, denn
Im Klosterhofe stehn.

Inmitten zweier Apfelbäum',
Sollst du geborgen sein,
Daß süße Äpfel fallen dir
In deine Schürz' hinein.

Ein weißer Blütenregen deckt
Die roten Röslein zu,
Mir aber sei an deinem Fuß
Ein Platz zur süßen Ruh'.
(S. 11)
_____



Des Liebenden Wunsch

Lieber Gott, du schufst den Himmel,
Legtest zu der Welt den Grund,
Schufest auch das Meer, das weite,
Mit des Ufers sand'gem Rund.

Laß mich eine Wolke werden
In des Himmels luft'ger Höh',
Daß nach Galata ich ziehe
Und mich senk' aufs Feld als Schnee.

Will als frischer Schnee mich legen
Auch vor meiner Liebsten Haus;
Sieh, das Thor geht auf, und strahlend
Eine Perle kommt heraus.

Zierlich ballt sie mich zusammen,
Gott, o gieb mir den Genuß,
Daß ich auf die roten Lippen
Drücke einen süßen Kuß!
(S. 12)
_____



Sprach ich ein kühnes Wort zu dir,
So zürne nicht, mein Leben,
Die Liebe, die du selbst erweckt,
Hat es mir eingegeben.
(S. 12)
_____



Deine Freundschaft will ich haben,
Laß den Haß, so bitterschwer,
Grüß' mich freundlich, liebes Mädchen,
Und nichts andres will ich mehr.
(S. 12)
_____



Du bist ein Rosensträuchlein
Mit Dornen scharfgespitzt,
Und als ich dich umarmte,
Hast du mich wund geritzt.
(S. 12)
_____



Sehnsucht

Ich möchte dir so vieles sagen,
Doch schau' ich dir ins Angesicht,
Fühl' ich mein Herz im Busen schlagen,
Und meine Zunge regt sich nicht.

Wenn ich dich seh', so muß ich bangen
Und seh' mich doch an dir nicht satt;
Seh' ich dich nicht, quält mich Verlangen,
Und meine Seele Ruh' nicht hat.

Dein Anblick macht den Geist mir wanken,
Macht schwinden meines Leibes Kraft,
Und du bist's wieder, die dem Kranken
Durch deinen Blick Genesung schafft.

Ich will dich sehen, will dich sprechen,
Mich bebend deines Anblicks freun.
Fürwahr, es wird das Herz mir brechen,
Soll ich auf ewig fern dir sein!
(S. 13)
_____



Ich bringe dir zwei Nelken
An einem Stengel dar
Und hoff' in Gott, daß beide
Wir werden bald ein Paar.
(S. 13)
_____



Wär' ich ein Schwälbchen, wollt' ich mich
Auf deinen Lippen wiegen,
Sie herzlich küssen ein-, zweimal
Und schnell von dannen fliegen.
(S. 13)
_____



Der Jäger

Ermuntre dich, mein Vöglein
Mit goldigem Gefieder!
Schlag' auf die müden Lider
Und lausche meinem Sang:

Früh bin ich aufgestanden
Im Herzen tief beklommen,
Und hab' das Rohr genommen,
Zu jagen auf der Höh';

Ich wollte Hasen jagen,
Rebhühner auch in Schlingen
Und wollte sie dir bringen,
Mein süßes Engelsbild.

Da fällt mir in die Quere
Vom Himmel feiner Regen,
Ein Bett, mich drin zu legen
Zur Ruhe, find' ich nicht.

Dort einen Turm erblick' ich,
Der strahlet wie die Sonne,
Draus schallt voll Lust und Wonne
Wohl einer Jungfrau Lied:

"Ihr Jünglinge, ihr Mädchen,
Die Jugend froh genießet;
Denn schnell die Zeit verfließet;
Und kehrt nicht mehr zurück."
(S. 14)
_____



Ach tritt hervor ans Fenster,
Zeig' mir dein Köpfchen schön,
Und willst du mich nicht küssen,
Will ich doch satt mich sehn.
(S. 14)
_____



Was sich liebt, das neckt sich

Bin in den Garten gangen,
Sah einen Baum dort stehn
Mit Äpfeln reich behangen
Und drauf ein Mägdlein schön.

"Komm her zu Scherz und Spiele,
Sollst meine Freundin sein!" -
Da nahm sie mich zum Ziele
Mit goldnen Äpfelein.
(S. 15)
_____



Unsre Freundschaft war so herzlich,
Und so groß die Liebe mein;
Sollen wegen eines Wortes
Ewig wir geschieden sein?
(S. 15)
_____



Wär' ich ein Jäger, legt' ich
Wohl in den Busch mich hin,
Daß mir dein goldner Körper
Bald käme aus dem Sinn.
(S. 15)
_____



Das böse M, das A, das R,
Zwei Laute noch dazu,
Die machen mir das Herz so schwer
Und rauben mir die Ruh'.
(S. 15)
_____



Wach auf! schon harret Eros,
Zu spenden dir den Kranz.
Du übertriffst ja alle
Durch deiner Schönheit Glanz.
(S. 15)
_____



Liebesmüh'

Es altert manch trefflicher Bursch vor der Zeit,
Das macht nur die Liebe zur schwarzbraunen Maid.

Und die Liebe will Einsicht, daß man füge sich klug,
Will des Hasen Geschwindigkeit und des Vögleins schnellen Flug.

Und geht man mit vielen, keins merken es muß,
Und ist man zu zwei'n, ei, da raub' man einen Kuß.

Und fragt sie: "Wie geht's dir?" so sag' man der Maid,
"Allweil gut, wenn ich komme, allweil schlecht, wenn ich scheid'".
(S. 16)
_____



Süßes Auge, kleines Mündchen,
Wunderliebliche Gestalt,
Hast von goldigblonden Locken
Stirn und Nacken reich umwallt.
(S. 16)
_____



Der Himmel ist mein Lustquartier,
Errichtet auf der Erde Grund.
Als erste Liebe wählt' ich mir
Das schönste Mädel in der Rund'.
(S. 16)
_____



Am Rande des Bächleins,
Da fehlt nimmer Grün;
So hat auch die Liebe
Keinen Reiz ohne Müh'n.
(S. 16)
_____



Die Liebe bricht Marmor,
Bohrt ins Eisen ein Loch,
Und Pfaffen und Laien
Zwingt all' sie ins Joch.
(S. 16)
_____



Ohrenbeichte

Kam in Priesters Haus gegangen
Einst ein schönes Mägdelein;
Wollte gern durch Buß' und Beichte
Ihrer Sünden ledig sein.

Wie nun staunend solcher Schönheit
Ward gewahr der fromme Mann,
Sprach er: "Seid willkommen! Fräulein,
Sagt, womit ich dienen kann."

"Ach, mein Herr, ich wollte beichten
Zu der Seelen Seligkeit,
Und hab' ich die Schuld gestanden,
Möcht' ich, daß Ihr mir verzeiht."

"Sei getrost, du liebe Tochter,
Gott ist ohn' Erbarmen nicht,
Geht ja mit dem reuigen Sünder
Nicht gleich schrecklich ins Gericht."

"Würd'ger Herr, so soll Euch sagen
Lautre Wahrheit jetzt mein Mund:
Ach, ich liebe einen Jüngling,
Liebe ihn von Herzens Grund."

"Daß du liebst, mein Kind, ist menschlich;
Warum sollt's verboten sein?
Liebst du ihn in Zucht und Ehren,
Sprech' ich dich von Sünde rein."

"Aber - eines Tags, mein Priester,
Wie ich ganz allein mich glaubt', -
Kam mein Jüngling just vorüber,
Hat - mir einen Kuß geraubt."

"Hm - bloß einen, liebes Mädchen?
Sollten's denn nicht viele sein?"
"Einen, einen, würd'ger Priester,
Einen einz'gen ganz allein!"

"Nun, ein Kuß ist so natürlich,
Kann doch keine Sünde sein!
Will dich selbst recht herzlich küssen
Und darauf dir gern verzeihn."
(S. 17-18)
_____



Wahl macht Qual

Lieben mich, und lieb' ich wieder,
Zwei charmante Mägdelein.
Welche nehm' ich, welche laß ich,
Wüßt' ich's doch nur, von den zwei'n?

Wähl' ich mir die kleine Blonde,
Drall von Wuchs und zart und weiß,
Könnt' ich mich im Winter wärmen,
Giebt's da draußen Schnee und Eis.

Aber wähl' ich mir die andre,
Die brünett und groß und schlank,
Würde mir vor Sommers Schwüle,
Vor der Sonnenglut nicht bang.
(S. 18)
_____



Zwei Schätzel zu haben,
Das bringt große Freud';
Wird die eine dir untreu,
So bleibt dir die zweit'.
(S. 18)
_____



Gleich roten Kirschen glühet
Dein süßes Lippenpaar;
Und wer sie küßt, dem blühet
Die Jugend immerdar.
(S. 18)
_____



Kleine Ursach', große Wirkung

Es war nicht in Stambul, nicht war's in der Näh',
Es war nicht im griechischen Städtchen,
Im Frankenlande geschah's, daß ich küßt'
Einer Witwe herziges Mädchen.

Ich küßte die Lippen so frisch und so rot,
Die mit Karmoisin sie bemalet,
Und als ich den Mund mit dem Tuche gewischt,
Ganz karmoisinrot es strahlet.

Ich taucht's in sieben Ströme, sie schimmerten rot,
Sie färbten das Wasser im Meere,
Sie färbten die Fische, sie färbten den Strand
Und die Schiffer samt der Galeere.

Es rauschte ein Adler zum Klippengestad',
Vom Wasser des Meeres zu trinken;
Rot flog er empor, rot sah man alsbald
Den Mond und die Sonne blinken.
(S. 19)
_____



Mein Schnurrbart steht üppig
Und wuchert geschwind,
Denn es küßt ja und pflegt ihn
Ein reizendes Kind.
(S. 19)
_____



Sonne schlummert im Gebirge,
Vögelein auf eisiger Stätt',
Und mein herzgeliebtes Mädchen
Schlummert warm und weich im Bett.
(S. 19)
_____



Nachtgesang

In zuckersüßem Schlummer liege,
Von honigsüßem Traum umschwebt,
Dein Haupt auf seidnen Kissen wiege,
Von roten Rosen ganz durchwebt.

Dann weht' ich wohl zu deinem Pfühle
Als frischer Morgenhauch herein,
Daß ich dir deinen Busen kühle,
Der glänzt wie Schnee und Marmorstein.

Bildschönes Mädchen, Engel, höre
Nur einen Augenblick mir zu!
Zwei Wörtchen, und nicht länger störe
Ich deines Schlummers süße Ruh'.

Entscheidung über Tod und Leben
Sei, Schönste, dir anheimgestellt.
Mir Armen kann die Welt nichts geben,
Was meiner Seele Nacht erhellt.

Du schläfst - es kommt dir kein Gedanke
An meine Nächte bang und trüb;
Ich finde Schlaf nicht, weil ich kranke,
Und ach, ich kranke, weil ich lieb'!
(S. 20)
_____



An deinem Fensterlein beschließt
Die Sonne ihren Lauf,
Und strahlend geht das Nachtgestirn
In deinen Augen auf.
(S. 20)
_____



Du sitzest dort, ich stehe hier,
Ich blick' hinüber mit Verlangen.
O süßes Mädchen, komm zu mir,
Daß wir in Liebe uns umfangen.
(S. 20)
_____



Kuß und Ringlein
Tanzlied

Nun schimmert's rosenrot im Ost,
Es steigt empor der Morgenstern,
Bald dämmert's ungewiß im West,
Es steigt empor der Abendstern.

Die Vöglein bergen sich im Nest,
Zur Quelle zieht der Mägdlein Schar,
Der Jüngling führt sein Roß heraus,
Zu tränken es am Brünnlein klar,
Bevor erglänzt der Abendstern.

Begegnet ihm ein Mädchen hold,
Ein wunderschönes Mägdelein.
Er trifft sie an des Brunnens Rand,
Dort an der Stuf' von Marmorstein,
Bevor erglänzt der Abendstern.

Und einen Kuß er von ihr heischt,
Bevor erglänzt der Morgenstern,
Und sie ein Ringlein von ihm heischt,
Bevor erglänzt der Abendstern.

"Meinst wohl, daß ich ein Goldschmied sei,
Potzhimmel! liebes Mägdelein,
Daß ich mach' goldne Ringelein
Für zarte Mädchenfingerlein?"

"Meinst wohl, ich sei ein Waisenkind,
Daß ich dir schenkte Küsse süß,
Ohn' daß ich auf den Finger mir
Ein goldnes Ringlein streifen ließ?"
(S. 21)
_____



Wär' ich ein Goldschmied, formt' ich
Ein goldnes Ringelein,
Und für ein süßes Küßchen
Sollt' es dein eigen sein.
(S. 21)
_____



Ein ander Städtchen, ein ander Mädchen

Ei seht, welch' ein schmucker Geselle,
Wie schneidig ist Constantin!
Sitzt strahlend er hoch zu Rosse,
Alle Mädchen für ihn erglühn.

Und alle schenken ihm Küsse,
Klein Helenchen ist spröde nur;
"Ich kann dir nicht trau'n, du Windhund,
Machst ja allen Mädchen die Kur!"

"O mein liebes Fräulein, ich schwöre
Beim Degen und Amulett:
Dich allein ich innig verehre,
Fand nie eine andre nett!"

Drob schüttelt das Rößlein die Mähne,
Und gar vernehmlich es spricht:
"Ganz recht, mein Kätzchen Helene,
Den Windbeutel küsse nicht.

Zehn hat er in jedem Städtchen,
In jedem Dorf hat er neun,
Und in Stambul sitzt seine Gattin
Und wartet der Kinderlein."
(S. 22)
_____


Einst sagt' ich dir: "Ach, sei mir gut,
Zu eigen mir gehöre!"
Doch da du es mit vielen hältst,
Dich deiner Wege schere!
(S. 22)
_____



Scharfe Kritik

Bat ich's Mädchen um ein Küßchen;
Sprach sie: "Gieb mir heil'gen Eid."
Schwur ihr Treu' beim Himmel, sprach sie:
"Himmel ist zu hoch und weit."

Schwur ihr Treu' beim Meere, sprach sie:
"Meer ist viel zu tief und groß."
Schwur ihr Treu' beim Kirchlein, sprach sie:
"Steine sind's und Mörtel bloß."

Schwur ihr Treu' beim Heil'genbilde:
"Leinwand ist's und Farbenglanz."
Schwur ihr Treu' bei meiner Jugend:
"Geh', du bist ein Lügenhans!"
(S. 23)
_____



Dem Vermählten ein Küßchen
Und dem Ledigen einen Stein,
Daß er bitter sich schäme
Und ausgeh' zu frein!
(S. 23)
_____



Ach, was soll ich Ärmster machen!
Giebt's denn Mittel nicht dafür?
Alle Mädchen, die ich liebe,
Wollen wissen nichts von mir.
(S. 23)
_____



Wer deinen Worten schenkt Gehör
Und trauet deinen Eiden,
Fängt Hasen in dem tiefen Meer
Und Fischlein auf der Heiden.
(S. 23)
_____



Liebestollwut

In Liebeswut entflammet
Hat Eros, gottverdammet,
Mich küssend toll gemacht.
Wo ich nun geh' und stehe
Und schöne Mädchen sehe,
Gleich mach' ich auf sie Jagd.

Hab' ich geküßt die Kleinen,
So lachen sie und weinen
Vor lauter Liebeswut,
Und jagen durch die Auen,
Und wo sie Männer schauen,
Sie küssen sie mit Glut.

Ihr lieben Ärzte, eilet,
Daß ihr mein Leiden heilet,
So lang es noch nicht voll!
Denn hat's erst zugenommen,
Und ist's zur Höh' gekommen,
So macht's euch selber toll.
(S. 24)
_____



Mit rotem Rebensafte hast
Die Lippen du genetzt;
Drum fürcht' ich, Mädchen, küß' ich dich,
Werd' ich in Rausch versetzt.
(S. 24)
_____



Den nenne man nicht einsichtsvoll,
Den Lieb' in Fesseln schlug;
Bei Gott, der arme Kerl ist toll,
Und sei er noch so klug.
(S. 24)
_____



Geständnis

Seitdem der Himmel erschaffen,
Und stolz das Weltall ragt,
Seitdem die Welle zum Strande
Die schäumende Welle jagt,
Seitdem lieb' ich dich, o Mädchen,
Und hab's dir noch nicht gesagt.
(S. 25)
_____



Liebe scheut kein Opfer

Tritt heraus das Priestermägdlein,
Kreuzt die Hände angsterfüllt,
Blickt mit aufgelösten Haaren
Auf das Meer so weit und wild.

Geht vorm Fenster auf und nieder,
Findet Rast und Ruhe nicht.
Schiffe kommen, Schiffe gehen,
Und das Mädchen flehend spricht:

"Schiffherr, laß den lieben Jüngling
Sorglich dir befohlen sein,
Meinen Liebsten, den ihr gestern
Mit euch nahmt im Mondenschein.

Tausend Gulden will ich geben
Und fünftausend Groschen dir,
Bringst du meinen Heißgeliebten
Unversehrt zurück zu mir.

Und genügt's nicht, meine Bänder,
Meine Schleifen biet' ich feil,
Schuh' und Kleider will ich opfern
Für des lieben Jünglings Heil."
(S. 25)
_____



Am Strande

Du trinkest alle Wässer,
Die Flüsse trinkest du;
So trink' auch meine Zähren,
O Meer, und mich dazu.

Und blicket einst mein Liebchen
In deinen dunklen Schoß,
Sag' ihr, von meinen Thränen
Ward deine Flut so groß.
(S. 26)
_____



Bei dem Himmel, bei den Sternen,
Bei des Mondes hellem Schein,
Bei der Erde Grabestiefen:
Du bist mein und wirst es sein!
(S. 26)
_____



Du bist der Himmel, mein Liebchen,
Und der Mond deine Äugelein,
Deine Brauen der Regenbogen,
Der schoß mir ins Herz hinein.
(S. 26)
_____



Ich wünsch' dir gute Nacht, mein Kind,
In süßem Schlaf dich wiege
Und träume, wie als niedrer Sklav'
Ich dir zu Füßen liege.
(S. 26)
_____



Ohne Wellen kann's Schiff
Auf dem Meere nicht gehn,
Und Lieb' kann ohn' Herzeleid
Nimmer bestehn.
(S. 26)
_____



Des Mädchens Wunsch

Ich wollt', ich könnt' als Morgenstern
Am hohen Himmel stehn.
Ich sähe dir beim Mahle zu,
Säh' dich zur Ruhe gehn.

Und säh' auch, ob das Mägdelein,
Das hält in Fesseln dich,
So frische rote Lippen hat
Und schöner ist als ich.
(S. 27)
_____



Inmitten auf dem weiten Meer,
Da rauschet eine Quelle;
Der Schiffer, der davon genießt,
Vergißt der Liebsten schnelle.
(S. 27)
_____


Ich wache auf um Mitternacht
Und frage all' die Sterne:
Was macht mein Freund, was spricht von mir
Er jetzt in weiter Ferne?
(S. 27)
_____



O du mein strahlend heller Mond,
Mit Neid muß ich es sehen,
Wie du auf mein Feinsliebchen schaust,
Und ich nur ferne stehen.
(S. 27)
_____



Inmitten auf dem weiten Meer
Will einen Turm ich bauen
Und will von hoher Zinne dir
In die Schwarzäuglein schauen.
(S. 27)
_____



Schneller Entschluß

Ein Jüngling sang wohl auf dem Meer,
Er sang wohl hin zum Lande,
Zwölf stolze Schlösser weckt' er auf,
Zehn Klöster hoch am Strande.

Stört' auch ein junges Nönnlein auf
In ihrer Zelle Mitte,
Das Kreuz zu machen, wandte sie
Nach Osten grad' die Schritte.

"Fahr' hin, du Kreuz, du Kutte zieh'
Zu Athos Klosterhallen!
Und du, mein Rosenkränzlein, magst
Zum heil'gen Grabe wallen.

Beschlossen ist's, daß ich zum Mann
Mir jenen Burschen wähle,
Der gar so süß die Laute spielt
Und singt aus voller Kehle."
(S. 28)
_____



Das schwarze Kleid, das du jetzt trägst,
Das will ich aus dir ziehen,
Und führ' ich dich als Weibchen heim,
Sollst du in Purpur glühen.
(S. 28)
_____



Schwingt euch, ihr Möwen,
Über die Wellen,
Sollt meinem Liebchen
Grüße bestellen!
(S. 28)
_____



Mägdleins Klage

Es stand ein engelholdes Kind
Verlassen an der See;
Der Welle klagt sie, klagt dem Wind
Verrat'ner Liebe Weh.

"Und seht ihr in der Ferne ihn,
Grüßt den Geliebten mein,
Sagt ihm, warum ich traurig bin,
Wenn ich gedenke sein."

Ein stolzes Schiff vorüberzieht,
Die Segel weit gespannt,
Und von dem süßen Klagelied
Die Schiffer stehn gebannt.

Sie staunten an die schöne Maid,
Vergaßen Dienst und Pflicht,
Still lag das Schiff gar lange Zeit,
Kam von der Stelle nicht.

"Ihr lieben Schiffer, weiter zieht,
Und sei die Fahrt euch leicht!
Nicht Schiff und Nachen gilt mein Lied,
Das euer Ohr erreicht.

Den flücht'gen Wind nur fleht' ich an,
Die Wellen allzumal,
Und sandte Grüße jenem Mann,
Der mir die Liebe stahl."
(S. 29)
_____



Einstmals war ich dein Engel,
Viel andre sind es jetzt;
Der Quell, draus ich getrunken,
Jetzt viele Durst'ge letzt.
(S. 29)
_____



Trost der Jugend

Ich streute Korn zur Erde
Und Reis wohl in den Sand,
Pflanzt' Küss' an Flusses Ufer,
Oliv' im Gartenland.

Ein andrer kam und erntet'
Die Halme kornbeschwert,
Des Ölbaums reife Früchte,
Den Kuß, der mir gehört.

Zum Henker schert euch, Küsse,
Verwünscht, o Liebe, sei!
Noch schön're Küsse blühn mir,
Bleibt mir die Jugend treu.
(S. 30)
_____



Hast du nicht Mitleid, hartes Herz,
Betrübt's dich nicht im Stillen,
Daß ich um meine Jugend kam
Um deiner Schönheit willen?
(S. 30)
_____



Zerspalte dich, mein armes Herz,
Laß' Vöglein draus entspringen,
Damit sie einen Liebesgruß
Dem fernen Schätzchen bringen.
(S. 30)
_____



Die Liebe hebt den Menschen
Und schlägt ihn in den Grund,
Macht lachen ihn und weinen
Wohl zu derselben Stund'.
(S. 30)
_____



Bitte an die Vöglein

Nicht bedroh' ich euer Leben,
Fürchtet nichts, ihr Vögelein.
Singet eure süßen Weisen
Wohlgemut in Feld und Hain.

Lehrt auch mich die holden Klänge,
Daß ich es wie ihr versteh',
Meinem Schatz im Lied zu klagen
All mein bittres Herzensweh.

Daß mein blondes, blondes Mädchen
Dann in Liebe mein gedenk'
Und zum Lohn dem wackren Sänger
Gar ein süßes Küßchen schenk'.

Bei den Küssen meines Mädchens
Fleh' ich euch, ihr Vöglein, an:
Zeiget mir, mit welchen Liedern
Ich die Göttin rühren kann.
(S. 31)
_____



Seit ich dich sah, mein schönes Kind,
Bin ich aus Rand und Band,
Und setz' ich mich zum Schreiben hin,
So bring' ich nichts zu stand.
(S. 31)
_____



Will ich was schreiben, und kommst du
Mir, Liebchen, in den Sinn,
Zerreiß' ich das Papier im Nu
Und werf' die Feder hin.
(S. 31)
_____



Deutlicher Wink

Es fühlt manch Herze manches Mal
Von ungestandner Liebe Qual.
So hat mein eigen Herz auch Pein
Von wegen Nachbars Töchterlein.

"Geh', Mutter, heimlich raun's ihr zu,
Daß sie mir nahm die Seelenruh'."
Die faßt die Spindel schnell und geht,
Trifft's Mägdlein, wie sie eben näht.

"Grüß Gott, du herzig Töchterlein!"
"Grüß Gott, Georgi's Mütterlein!" -
"Ach, Kind, mein Sohn liebt dich so sehr!
Nur dir's zu sagen, wird ihm schwer."

"Die Lieb', die wahrhaft ist und treu,
Kennt keine Blödigkeit noch Scheu;
Und mag er's selbst nicht sagen mir,
So giebt's ja Tinte und Papier."
(S. 32)
_____



Ach, man hat mich eingeschüchtert!
Kommst du jetzt an mir vorbei,
Wag' ich's nicht, dich anzusprechen,
Dir ins Aug' zu blicken frei.
(S. 32)
_____



Kastanien fordern süßen Wein,
Und Honig fordern Nüsse,
Und morgens und zur Mittagszeit
Die jungen Mädchen Küsse.
(S. 32)
_____



Der Schüchterne

Das war mein Pech! ich dummer Tropf
Griff günstige Fügung nicht beim Schopf.

Ich fand zu Haus allein dich vor
Und hab' dich nicht geküßt, ich Thor!

Ich sah dich an gar stillverzagt;
Dann setzt' ich linkisch mich und fragt':

"Wie geht's der lieben Frau Mama?
Was macht der strenge Herr Papa?"

Zur Kirche fort die Mutter war,
In Janina der Vater gar.

Du aber senktest deinen Blick
Erstaunt ob meinem Ungeschick.
(S. 33)
_____



Wie sollt' ich von dir scheiden,
Wie in die Ferne gehn,
Der ich nicht eine Stunde
Kann ohne dich bestehn!
(S. 33)
_____



Wer liebt, des Langmut und Geduld
Zu Ende nimmer geh',
Und schneiden Messer ihm das Herz,
Sag' er: "Es thut nicht weh."
(S. 33)
_____



Mag's ihr nicht sagen ins Gesicht,
Drum deut' ich's leis' ihr an,
Daß ich ein schöner Schätzchen fand,
Und sie nun gehen kann.
(S. 33)
_____



Minnedienst

Ich ging als junge Waise
Wohl in die Welt hinaus,
Und diente in der Fremde
In einer Witwe Haus.

Die Zeiten kamen, gingen,
Ich sah die Herrin nicht.
Erst nach zwölf langen Jahren
Schaut' ich ihr Angesicht.

Ich traf sie unterm Baume
Mit goldner Äpfel Zier;
Sie kam gerad' vom Bade,
Und ich kam vom Barbier.

"Gieb mir den Sold, o Herrin,
Gieb mir die Löhnung mein;
Man schrieb mir aus der Heimat,
Von dort ein Weib zu frein."

"Willst du ein Weib? ich habe
Drei Mägdlein ja im Haus;
Such' dir nur nach Gefallen
Die allerschönste aus.

Schwarzäugig ist die eine,
Die zweit' hat blondes Haar,
Und weiß wie Milch die dritte
Mit blauem Augenpaar."

"Was frag' ich nach der Blonden,
Nach Augen schwarz und blau!
Ich wünsche mir als Weibchen
Dich, wunderschöne Frau.

Hast ja von dunklen Locken
Den Schwanenhals umkränzt;
Aus schöngeschwungnen Brauen
Das Rebhuhnaug' dir glänzt.

Die schöne Herrin will ich,
Die lacht mich an so süß,
Die mich zum Sklaven machte
Und nimmer von sich ließ."
(S. 34-35)
_____



Neue Liebe

Einst liebt' ich innig dich und treu
In meines Herzens Grunde.
Als meiner Locken schlichtes Band
Verschmäht' ich dich zur Stunde.

All' meine Sehnsucht ist dahin,
Dahin mein Liebesschmachten;
Die Rose liebt' ich einst in dir,
Den Dorn muß ich verachten.

Seit ich nicht deinen Mund geküßt,
Schwand deiner Lippen Prangen,
Der Augen Glanz ward trüb und matt,
Deine Schönheit ist vergangen.

Sei mir verwünscht viel tausendmal,
Im Sturmgebraus zerstiebe!
Ich hab' ein Röslein jung und zart,
Fand eine neue Liebe.
(S. 35)
_____



O sei mir gut, so wie ich dir,
Mein Liebesflehn erhöre,
Bald kommt die Zeit, daß du mich willst,
Und ich mich von dir kehre.
(S. 35)
_____



Mädchengunst

In heißer Lieb' bin ich entbrannt
Zu einem blonden Kinde.
Sie mag mich nicht, wie fang' ich's an,
Daß ich Erhörung finde?

"Geh' nur recht häufig hin zum Tanz,
Nimm teil am frohen Reigen
Und tanze zierlich und gewandt,
So wird ihr Herz dein eigen."
(S. 36)
_____



Heiß hab' ich dich bis jetzt geliebt,
Will nun nichts wissen mehr von dir,
Will dich vergessen ganz und gar
Und eine andre nehmen mir.
(S. 36)
_____



Das Tüchlein schwenkt man,
Den Apfel schenkt man,
Auf Sprüchlein denkt man,
Und Herzen fängt man.
(S. 36)
_____



Die Cypresse, die schlanke
Vor dem Winde sich neigt,
Und das trotzige Mädel
Vor dem Jüngling sich beugt.
(S. 36)
_____



Cypresse, die du duftest
Und blühst in Herrlichkeit,
Wirst du auch nie die meine,
Lieb' ich dich doch allzeit.
(S. 36)
_____



Des Jünglings Wunsch

Christus, möchtest du doch machen
Einen breiten Baum aus mir,
Einen Baum mit dichtem Schatten
Und mit süßer Früchte Zier.

Schüfest du an meiner Wurzel
Doch ein Bächlein kühl und klar,
Daß zur Gartenaue stiege
Dann die schöne Mädchenschar,

Sich am frischen Trank zu letzen,
Gütlich an der Frucht zu thun
Und im Schutze meines Schattens
Sich ein wenig auszuruhn.
(S. 37)
_____



O du Cypresse, neige
Dein hohes Haupt herab;
Will dir zwei Wörtlein sagen
Und sinken dann ins Grab.
(S. 37)
_____



Da ich auf das Gebirge blickt',
Sah ich's von Glanz umzogen,
Dort hat man schöne Mägdelein
Mit Perlen aufgewogen.
(S. 37)
_____



In deinem schwarzen Kleidchen
Gleichst du der Schwalbe gar,
Dein holder Reiz verschönert
Der Nachbarinnen Schar.
(S. 37)
_____



Die jungen Nonnen

Hielt ein schmucker junger Bursche
Einen Apfel in den Händen,
Beugt sich nieder, küßt den Apfel,
Fragt die duftende Limone,
Die er in der Schürze trug:
"Will vermählen mich, Limone,
Weißt du keine Frau für mich?" -

"Willst ein Weibchen du, mein Bursche,
Eine liebe Eh'genossin,
Geh' den Berg hinauf zum Kloster
Mit dem hohen, weiten Söller.
Dort haust eine alte Nonne
Mit drei schönen Pflegetöchtern.

Panago heißt man die eine,
Despo nennet man die andre,
Und die dritte, allerkleinste,
Thanasio mit schwarzen Augen
Siebet Gold und edle Perlen;
Auf den Körper fällt die Spreu ihr,
Und ihr Leibchen duftet lieblich
Sommers nach dem kühlen Taue,
Winters nach der milden Wärme,
Und im holden Lenz nach Blumen."
(S. 38)
_____



Was gut ist, weiß die Nachtigall,
Sie haßt die Einsamkeit
Und mag nicht ruhn, als bis sie hat
Ein Schätzchen an der Seit'.
(S. 38)
_____



Treuliebchen

"Mein liebes goldnes Vöglein,
Wo weiltest du so lang?
Derweil du in der Fremde,
War mir das Herz so bang.

Welch schönes Bäumchen reichte
Dir Schutz und Obdach dar,
Wo sangst du deine Lieder,
So süß und wunderbar?"

"Ich wohnt' auf grüner Wiese
Am Bächlein kühl und rein,
Ich wiegte mich auf Blumen
Im duft'gen Rosenhain;

Den Lenz hab' ich erwartet,
Der Sommerlust geharrt,
Daß ich mit dir, mein Herzchen,
In Liebe sei gepaart.

Laß denn auf schwankem Aste
Uns jetzt ein Nestlein baun
Und unsre Lieder schmettern
Ins süße Morgengraun."
(S. 39)
_____



Ist die Nachtigall auch weit,
Kehret sie doch wieder,
Singt in holder Frühlingszeit
Alte, süße Lieder.
(S. 39)
_____



Der Mühe Lohn

"Ei, du mein Baum am Felsenhang,
Dran goldne Äpfel prangen,
Du siehst mich so verlockend an,
Doch macht die Kluft mich bangen." -

"Scheust du den Abgrund, komm zu mir
Auf engem Pfad behende,
Damit du einen Kuß erhältst
Und reiche Apfelspende.

Die Äpfel für die Mutter dein,
Der Kuß, er soll dein eigen sein."
(S. 40)
_____



Ich schelte meine Augen aus,
Daß stets sie nach dir spähn;
Die Schelme sind ganz liebestoll
Und wollen's nicht verstehn.
(S. 40)
_____



Ich schau' auf deine Lippen,
Den kirschenroten Mund.
Könnt' ich ihn einmal küssen,
Ging auch die Welt zu Grund!
(S. 40)
_____



Ich schweifte durch die weite Welt
Bis tief ins Frankenland;
Doch nirgendwo mein Augenpaar
Solch schöne Mädchen fand.
(S. 40)
_____



Und will es auch die ganze Welt,
Und sollt's der König heißen,
Es soll hinfort kein Machtgebot
Uns auseinanderreißen.
(S. 40)
_____



Gefunden

Ich wandelte von Stein zu Stein,
Ich sucht' auf Höh'n und Gründen,
Ein Lieb, das für mich passend wär',
Mein zweites Selbst zu finden,

Gefährtin mir im Glück zu sein,
Und Trösterin im Leide,
So treu wie meiner Büchse Wehr,
Wie meines Schwertes Schneide. -

Endlich fand ich dich, mein Weibchen,
Dich mein herz'ges, süßes Täubchen.
(S. 41)
_____




Mädchenherz
Tanzlied

Ei, mein Onkel Chrysantakis,
Was du für ein Sünder bist!
Hast ja in der Kirch' ein Mädchen
Umgefaßt und dreist geküßt.

"War ein Dutzend Königstöchter
Grade dort beim Gotteshaus;
Gaben Küsse, nahmen Küsse,
Teilten würz'ge Minze aus.

Sah dem Spiele zu ein Weilchen,
Alle haben da gelacht
Und auch mich mit einem Teilchen,
Einem hübschen Kind bedacht."
(S. 42)
_____



So hoch ist dein Fenster
Wie der Mast auf der See;
Laß die Zöpflein herunter,
Daß ich klimm' in die Höh'.
(S. 42)
_____



Dem Nachbarstöchterlein hab' ich
Ein ernstes Wort zu sagen,
Denn sie hat einen Mann gewählt,
Ohn' mich danach zu fragen.
(S. 42)
_____



Das goldene Gefängnis

"Hänschen, warum, kleiner Wicht,
Nimmst du dir ein Weibchen nicht?" -
"Ach, ich darf mich nicht vermählen,
Darf mir nicht ein Weibchen wählen.
Mütterchen hat meiner acht,
Vater sorglich mich bewacht.
Schlossen mich aus lauter Liebe
Gar in goldnen Käfig ein,
Daß ich immer fern dir bliebe,
Du mein herzig Vögelein."
(S. 43)
_____



Giebt's denn kein Schifflein auf dem Meer,
Kein Segel windgebauscht?
Giebt's denn kein Mägdlein in der Näh',
Das mit mir Küsse tauscht?
(S. 43)
_____



O liebe mich, mein Vögelein,
Gleichwie am ersten Tage;
Nicht höre auf der Leute Mund,
Das Herz allein befrage.
(S. 43)
_____



Die Augen sprechen zum Herzen:
"O Herz, was fehlet dir?"
"Seid ihr mit Blindheit geschlagen?
Was euch fehlt, fehlt auch mir."
(S. 43)
_____



Abendstimmung

O sieh, wie wunderhell der Mond
Führt seine lichte Herde;
Wie ist so wonnigweich die Luft,
Wie schlummerstill die Erde.

Ein einz'ger süßer Blick von dir
Kann meine Thränen stillen,
Besänftigen des Herzens Sturm,
Mit Ruh' es wieder füllen.

Mein trautes Liebchen, komm' zu mir,
Laß ruhn uns Arm in Arme,
Und füge nicht noch größres Leid
Zu meinem bittren Harme.
(S. 44)
_____



Seh' ich dich, liebe Seele,
Wird mir so heiß, so kalt;
Und bin ich nah dem Tode,
Gesund' ich doch alsbald.
(S. 44)
_____



Am Brunnen

Durstgequält steh' ich am Brunnen,
Mag doch Wasser trinken nicht;
Nach den hübschen blonden Mädchen
Wende ich mein Angesicht.

Kamen all die losen Kleinen
Zu der Quelle hergerannt,
Haben mir den Krug von Holze
Draus ich Wasser schöpft', entwandt.

Wär' ich, Krug, an deiner Stelle!
O wie wär' ich hochbeglückt,
Wenn ein Mädchenarm mich wiegte
Und mich an die Lippen drückt'!
(S. 46)
_____



Dunkle Augen, süße Brauen,
Langer Flechten holde Zier,
Wie mit anderen ihr scherztet,
Spielt ein wenig auch mit mir.
(S. 46)
_____



Bin nun mal ein garst'ger Bursche,
Blonde Mädchen lieb' ich nicht,
Aber die brünetten Kleinen
Mit dem reizenden Gesicht.
(S. 46)
_____



Vöglein lebt nicht ohne Luft,
Fisch ohn' Wasser stirbt,
Und der Bursche und die Maid
Ohne Lieb' verdirbt.
(S. 46)
_____



Warmes Blut

Es herrschte grimme Kälte
Wohl um die Abendzeit,
Die Vöglein alle froren
Im leichten Federkleid.

Ich stand im dünnen Kittel
Am offnen Meeresstrand
Und spürte nicht die Kälte,
Vom Frost ich nichts empfand.

Wie kam's, daß ich nicht zittert',
Daß mir so wohl und warm?
Ich küßt' mein liebes Mädchen
Und hielt es fest im Arm.
(S. 47)
_____



Hübsch, jung sein, gesund sein,
Und im Beutel stets Geld,
Und ein Mädel im Arme,
Solch ein Glück mir gefällt.
(S. 47)
_____



Mein unerbeutet Vögelein,
Wer wird dich einst erjagen,
Dich in den Käfig schließen ein
Und küssen mit Behagen?
(S. 47)
_____



Mach' auf dein rotes Schnäblein,
Mein süßes Vögelein,
Und gieb mir das Versprechen,
Daß du willst mein einst sein.
(S. 47)
_____



Entflogen

Mit Zucker nährt' ich mein Vöglein
Im goldenen Vogelhaus;
Das fiel einst klirrend zu Boden;
Da flog's in die Welt hinaus.

Und weinend sucht' ich auf Höhen,
Und klagend forscht' ich im Thal:
"Ihr Berge, ihr Rosenfelder,
Wo weilt meine Nachtigall?"

"Noch gestern sahn wir sie baden
Im Bächlein so kühl und klar,
Und mit dem Schleier sich trocknen
Das blonde, goldige Haar."
(S. 48)
_____



Allein

Ich hatt' es der Liebsten versprochen,
Allabendlich bei ihr zu sein.
Einst konnt' ich nicht kommen, es dämmert',
Die dunkle Nacht brach herein.

Da war das Gebirge mit Seufzern,
Das Thal mit Thränen gefüllt;
Es flatterten in der Bergschlucht
Schwarze Locken, so wirr und wild.

Bang' rief es in Feld und Hain,
Ich aber war ganz allein.
(S. 48)
_____



Enttäuschung

Ein Bäumlein stand auf meinem Hof,
Mein Trost und mein Behagen;
Ich wässert' es, ich pflegte sein,
Bald sollt' es Früchte tragen.

Von Goldesglanz sein Laub erstrahlt,
Von Silber die Äste prangen,
Und Blüten trieb es rosigweiß
Und Äpfel mit roten Wangen.

Die süßen Äpfel sind für dich,
Glaubt' ich, von Wahn betöret;
Doch ach, man gab in fremde Hand
Die Frucht, die mir gehöret.
(S. 49)
_____



Schon bricht das Dämmerlicht herein,
Bald ist der Tag entschwunden,
Und hast zum Kuß, weiß Täubchen mein,
Dich noch nicht eingefunden.
(S. 49)
_____



Die Sonne ging zu Rüste,
Der Tau die Flur erquickt;
Wie glücklich sind die Herzen,
Die Liebesqual nicht drückt!
(S. 49)
_____



Am Alltag und am Feiertag
Begoß ich dich, mein Apfelbaum,
Du wurdest groß und breitest jetzt
Die Äst' in fremden Gartens Raum.
(S. 49)
_____



Des Liebenden Rückkehr

Zwei Jahr' ging ich am Strande,
Zwei Jahr' zog ich auf Höhn,
Dann kehrt ich aus der Fremde,
Mein erstes Lieb zu sehn.

In einem Rosengarten
Ich mein Herzliebchen fand,
Ein Kännchen kühlen Wassers
Hielt sie in ihrer Hand.

Ich warf mit einem Apfel,
Und sie bemerkt' es nicht;
Ich warf mit Gold, sie wandte
Mir zu ihr Angesicht.

Mit ihren schwarzen Augen
Sah sie mich finster an,
Dann öffnet' sie die Lippen
Und hub zu reden an:

"Wo weiltest du so lange,
Du treulos schlechter Wicht?
Zwei Winter sind vergangen
Und kamst zum Schätzlein nicht!"

"Ich war in weiter Ferne,
In Diensten schwer und hart
Und leg' dir nun zu Füßen,
Was ich mir dort erspart.

Ein Spieglein auch, ein Kämmchen,
Ein Silbermesserlein,
Daß du im Spiegel sähest
Die süße Schönheit dein.

Daß mit dem Kamm du kämmtest
Dein Haar so goldigfein,
Und mit dem Messer schältest
Die roten Äpfelein."
(S. 50-51)
_____



Süßes Erwachen

Es freuten sich Knab' und Mädchen
Im Garten am frohen Spiel,
Und von dem Scherzen und Lachen
Der Knab' in Schlummer fiel.

In seines Mädchens Armen
Schlief er in süßer Ruh,
Bis sie ihn leise weckte:
"Wach auf, mein Täubchen du!"
(S. 51)
_____



O wie schad', ich verschmachte,
Und ein Bach vor mir fließt,
Und ich kann nicht draus trinken,
Weil ich sterben sonst müßt'.
(S. 51)
_____



Du lachst, - es lachet Berg und Thal,
Die Bäum' in Blüte prangen,
Und deiner Schönheit Zauberstrahl
Macht selbst die Geister bangen.
(S. 51)
_____



Liebesträumen

Wieg' ich auf deinem weichen Knie
Mein Haupt so schwer und müde,
So schwindet alles Herzeleid,
Kehrt in die Seele Friede.

Will drücken deine kleine Hand,
Will deinen Lippen lauschen,
Und mich am wonnigsüßen Klang,
Daß du mich liebst, berauschen.

Dann möcht' ich sterben! wird mir doch
Der Tod gar süß erscheinen,
Wenn mein erlöschend Augenpaar
Sich spiegelt in dem deinen.
(S. 52)
_____



Ein süßer Schlummer senke sich
Auf deine müden Lider,
Und wachst du auf, so denk' an mich
Und kehre recht bald wieder.
(S. 52)
_____



Vögleins Klage

Im schönen Blumengarten,
Im duft'gen Rosenhain,
Sang seine süßen Weisen
Ein kleines Vögelein.

Es sang wohl von der Liebe,
Die in dem Aug' entspringt,
Sich auf die Lippen senket
Und tief ins Herze dringt.

Es lauschet vom Altane
Die holde Königsmaid:
"Hätt' ich doch, liebes Vöglein,
Dein schönes Federkleid!

Ach, glänzte doch so herrlich,
So goldigblond mein Haar,
Könnt' ich wie du doch singen,
So süß und wunderbar!"

"Was nützte meine Schönheit,
Mein süßes Singen dir,
Was meine gold'gen Schwingen
Als deines Hauptes Zier?

Du trinkst aus goldnem Becher,
Kredenzt von lieber Hand;
Ich schöpfe mühsam Wasser
Von niedren Baches Rand.

Du schläfst auf weißen Linnen,
Auf Kissen zart und weich;
Ich berge mich mit Zittern
Im dichten Dorngezweig.

Dich wecket in der Frühe
Des Jünglings süßer Kuß;
Mich armes Vöglein tötet
Des bösen Jägers Schuß.
(S. 53-54)
_____



Der arme König

Ringsum ein Klingen und Singen,
Ein heller Jubel im Thal,
Auf silbernen Tischen schimmern
Die Decken in goldigem Strahl.

Die Becher glitzern von Liebe;
Berauscht ist, wer sie erblickt.
Ein König hat sie gesehen,
Und Liebe sein Herz bestrickt.

"Wie klingt die Musik so freudig,
Wie dreht sich's lustig im Tanz!
Gott! wäre ich nicht ein König,
Trüg' ich nicht der Krone Glanz,

Ich stiege vom Pferd und tanzte
Mit dem Priestertöchterlein,
Und traun! ihrem dunklen Scheitel
Mein Schnurrbart sollt' nahe sein."
(S. 54)
_____



So viele Sternlein leuchten
Des Nachts mit hellem Schein,
So oft such' ich am Tage
Dich, süßes Vögelein.
(S. 54)
_____



Die Augen der Liebe

Seitdem ich deiner Schönheit Reiz empfunden,
Dein lieblich Köpfchen sah, dein schön Gesichte,
Zwingt mich mein reger Geist, zu allen Stunden
Zu feiern, Holdeste, dich im Gedichte.

Wie Marmor strahlt dein Hals, und dunkle Brauen
Der Augen schöne Wölbung sanft umziehen.
Rubinrot sind die Lippen dein zu schauen,
Gleich roten Äpfeln deine Wangen glühen.

Schön wie gemalt ist mir dein Aug' erschienen,
Drin wogt's und glüht's, daß schier ich muß verschmachten,
Dein Wuchs so herrlich, königlich die Mienen,
Des Himmels Englein dir die Schönheit brachten.
(S. 55)
_____



Gleich einem Engel seh ich dich
Im Tanz vorüberschweben,
Berührst den Boden kaum im Flug,
Und nimmst mir Seel' und Leben.
(S. 55)
_____



O wär' ich eine Schwalbe,
Ich flög' hinein zu dir,
Und baut' auf deinem Kissen
Ein kleines Nestchen mir.
(S. 55)
_____



O Engel, kommt vom Himmel
Und löscht den Brand geschwind,
Die Glut, die mir entfachte
Einer fremden Mutter Kind.
(S. 55)
_____



Selbstgespräch

Traf die Liebste auf dem Kreuzweg,
Wie sie just vom Bade heimkehrt',
Und ich sprach bei mir im Stillen:
"Augen, seht sie, Lippen, küßt sie,
Hände, drückt sie, Herz, begehr' sie."
Doch dann sprach ich: "Laß sie gehen,
Denn das Jahr hat seine Zeiten,
Und die Zeiten haben Tage,
Wo die Feinde Frieden schließen,
Und dann wollen wir uns lieben."
(S. 56)
_____



Im weißen Schleier gehst du,
Weiß sind die Kleider dein,
Und wo du wandelst, sprießen
Die weißen Blümelein.
(S. 56)
_____


Von zarter Lilie hat dein Leib
Die weiße Farb' empfangen,
Und von den süßen Äpfelein
Hast du die roten Wangen.
(S. 56)
_____



Darfst das Mädchen, das ich liebe,
Nicht mit deinen Augen sehn,
Sieh es an mit meinen Augen,
Und du wirst in Stücke gehn.
(S. 56)
_____



Mit zweiundzwanzig Rudern
Rüst' ich ein Schiff geschwind
Und will dich drauf entführen,
Marie, mein süßes Kind.
(S. 56)
_____




Rühr' mich nicht an

"Dunkeläugig, blondes Mädchen,
Geh' nicht auf die Gass' hinaus,
Sitzt mein Sohn doch in der Schenke,
Kehrt bald weinberauscht nach Haus.

Wird dich greifen, wird dich packen,
Rauben dir der Locken Zier
Und auf deine schwarzen Augen
Küsse drücken voll Begier."

"Sollt' er mir die Augen küssen,
Schänden mir mein Lockenhaar,
Mir, der Tochter eines Priesters,
Enkelin des Bischofs gar?

Hab' als Bruder wackre Bursche,
Kapitäne noch dazu;
Glaube mir, ein solches Mädchen
Läßt ein trunkner Mensch in Ruh."
(S. 57)
_____



Jetzt ziemt's mir zu tragen
Ein rabenschwarz Kleid,
Denn ich hab' mich mit dem Mädchen,
Das ich liebte, entzweit.
(S. 57)
_____



Zürne nicht, mein holdes Mädchen,
Schenk' mir wieder deine Huld;
Daß ich dich von Herzen liebe,
Das ist meine einz'ge Schuld.
(S. 57)
_____



Kein Entkommen
Tanzlied

Unten in Rhodos, drüben im Städtchen
Liebte ein Türke ein griechisches Mädchen.

Griechin verschmäht ihn, kann ihn nicht leiden,
Thut sie die Mutter gar klüglich bescheiden:

"Sollst dich dem Muselmann, Tochter, vermählen."
"Nimmermehr werd' ich einen Türken mir wählen!"

"Kind, er ist reich, kannst freun dich am Putze."
"Nein, er hat Läuse, starret von Schmutze."

"Hat einen schnellen Segler zu eigen,
Wird Saloniki und Stambul dir zeigen." -

"Schelte mich, schlage mich, Türkenbraut werd' ich nicht!
Will ins Gebirg' als Rebhuhn entweichen,"
"Werd' ich ein Jäger, will dich erreichen."

"Schelte mich, schlage mich, Türkenbraut werd' ich nicht!
Werd' ich ein Gräschen, wachs' auf der Heiden,"
"Werd' ich ein Lämmlein, werde dich weiden."

"Schelte mich, schlage mich, Türkenbraut werd' ich nicht!
Werd' eine Traube, will mich verstecken,"
"Werd' ich ein Winzer, will dich entdecken."

"Schelte mich, schlage mich, Türkenbraut werd' ich nicht!
Werd' ich im Fasse mich bergen als Wein,"
"Werd' ich ein Zecher und schenke dich ein."
(S. 58)
_____



Flitterwochen
Tanzlied

Mit Staunen seh' ich's Bächlein an, -
Süßer Orangenkuß.
Wo mag wohl seine Quelle sein? -
Ach, du junges Weibchen mein!

Das Wasser stürzt vom Bergeshang, -
Süßer Orangenkuß.
Es fließt in eine Gartenau, -
Glück und Heil dir, junge Frau!

Es tränket Bäume und Gezweig, -
Süßer Orangenkuß.
Es netzet die Citronenbäum' -
Seid gegrüßt, ihr Mägdelein!

Mein eigener Citronenbaum, -
Süßer Orangenkuß.
Er steht auf dürrer Heide -
Süß Weibchen, meine Freude!

Wird nicht genetzt und bleibt doch frisch, -
Süßer Orangenkuß.
Und steht in Blütenprangen -
Süß Weibchen, mein Verlangen!

Von Silberfäden ist sein Laub, -
Süßer Orangenkuß.
Die Frucht ist ganz von Golde. -
Erbarme dich, du Holde!

Und wer sie bricht, dem bricht die Kraft, -
Süßer Orangenkuß.
Und wer sie kostet, schwindet hin. -
Weibchen, du liegst mir im Sinn!

Ich breche sie, bricht auch mein Herz; -
Süßer Orangenkuß.
Will Küsse naschend sterben. -
Süß Weibchen, mein Verderben!
(S. 59-60)
_____



Der Liebende

Ein grünes Tuch, ein Schürzlein rot,
Die brachten mein Herz in schwere Not.
Limonenbäumchen wundersam,
Könnt' ich doch ruhn an deinem Stamm,
An deinen Früchten letzen mich
Und herzen dich und küssen dich!
(S. 60)
_____



Von deinen Augen, schönes Kind,
Ich ganz bezaubert bin,
Denn sie sind schwarz und wunderschön
Und Eros sitzt darin.
(S. 60)
_____



Schnell lief ich, sie zu küssen;
Sie floh und schloß sich ein
Und ließ mir in den Händen
Als Pfand zwei Ringelein.
(S. 60)
_____



In der Früh' stieg ich vom Lager,
Weil mein Herz von Liebe schwer;
Schlenderte durch stille Gassen
Auf den Markt von ungefähr.

Halbgeöffnet stand ein Pförtchen,
Voll Entzücken blieb ich stehn,
Denn ich sah ein schönes Mädchen,
Ach! sie war zum Malen schön.

Hut ab, grüße, grüße nochmals,
Frage sie, ob's recht ihr sei,
Daß ich unterthänigst sage
Ihr ein Wörtlein oder zwei.

Was erlebt' ich! vor der Nase
Schloß die Böse mir die Thür
Ließ mir durch die Magd nur sagen,
Viel zu wenig sei ich ihr.

Halbentseelt brach ich zusammen;
Nachbarn kamen hergerannt.
Ach, da hat die Unbarmherz'ge
Nicht einmal zum Arzt gesandt.
(S. 61)
_____



Man bietet auf dem Markte
Mich heut' als Sklaven aus;
Zwei Küsse sind der Kaufpreis,
O nimm mich in dein Haus.
(S. 61)
_____



Die Tänzerin
Tanzlied

Nun Ostern ist kommen mit wonnigem Glanz,
Alle Mädchen sich schmücken und eilen zum Tanz.

Nun bringt mir mein Spieglein, mein festliches Kleid,
Daß ich gleiche dem Rebhuhn, dem strahlenden, heut.

Daß zum Tanze ich schwebe, zum zierlichen Reihn
Und die Augen erhebe mit blitzendem Schein.

Und wenn mich die Griechen, die Türken dann sehn,
Dann ist's um ihren Glauben, ihr Leben geschehn.
(S. 62)
_____



Deine Liebe, süße Herrin,
Tröpfelte wie eine Kerze.
Auf die Brust fiel mir ein Tropfen
Und verbrannte ach, mein Herze.
(S. 62)
_____



Nun sage mir niemand,
Daß Lieb' kann vergehn;
Denn sie wuchert wie Unkraut,
So oft wir uns sehn.
(S. 62)
_____



Von der Quelle kommt's Bächlein,
Vom Bächlein der Bach,
So rufen alte Küsse
Stets neue Lieb' wach.
(S. 62)
_____



Ein Gott hat beide uns gemacht,
Du süße Turteltaube,
Komm her und reich' mir deine Hand,
Daß ich dir Küsse raube.
(S. 62)
_____



Gefährlicher Entschluß
Tanzlied

Hielt mein Herz bis jetzt versiegelt,
Hielt's verschlossen und verriegelt.
Will's nun öffnen, will es letzen
Und mit Zuckerwasser netzen.

Bursche sollen all' vergehen,
Männer mich mit Qualen sehen
Und mit Seufzen und mit Stöhnen
Küssen ihre welken Schönen.
(S. 63)
_____



Zierlich wie ein Rebhuhn schreitet
Lenchen auf der Straß' einher;
Alle andern freu'n sich drüber,
Mir nur macht das Herz sie schwer.
(S. 63)
_____



Und willst du mich nicht haben,
So sag' es rund heraus;
Dann nehm' ich eine andre
Zur Kurzweil mir ins Haus.
(S. 63)
_____



Du bist ein Arzt, mein Mädchen,
Ich bin ein kranker Mann;
Gieb mir ein süßes Küßchen,
Daß ich gesunden kann.
(S. 63)
_____



Mein Spiegelein, so oft mein Mädchen
Sich an dich wendet, sei so gut
Und zeig' ihr nur die halbe Schönheit,
Sonst wird sie toll vor Übermut.
(S. 63)
_____



Edles Wild

Auf stiller Heid' geht pirschen
Der Sultan ganz allein,
Nach Hasen nicht und Hirschen,
Nach schwarzbraun' Äugelein. -
Rosenmund, Schwärzäuglein schön,
Lasset euch am Fenster sehn!
(S. 64)
_____



Du nähtest, Mädchen, mir den Mund
Mit einem Faden zu,
Und sterb' ich den Erstickungstod,
So trägst die Schuld nur du.
(S. 64)
_____



O, wären meine Hände
Zwei goldne Schlüsselein!
Dein Herz würd' ich mir öffnen
Und schlüpfen selbst hinein.
(S. 64)
_____



Freudiger Trost

Du perlengleiche, goldne Maid,
Bringst alt und jung ums Leben,
Bist schuld auch, daß aus Herzeleid
Ich mir den Tod will geben.

"O zieh' den Dolch zurück geschwind
Und fasse Trost im Herzen!
Wo es auch sei, das schöne Kind,
Wir bringen's dir zum Scherzen.

Und jedes Jahr einmal, im Mai,
Wenn alle Blüten prangen,
Dann darfst du deine Holde frei
In sel'ger Lust umfangen."
(S. 65)
_____



Verleiht, o Engel, Flügel mir,
Gebt Kraft mir in die Sehnen,
Daß ich aufs edle Waidwerk geh'
Auf braun' und blonde Schönen.
(S. 65)
_____




Hast ein Mündchen wie ein Ringlein,
Stimmchen wie die Nachtigall;
Sprachst zu mir von deinem Fenster,
Und ich fühlte Liebesqual.
(S. 65)
_____



Liebe in Nöten
Tanzlied

Ach hätt' ich einen Herzensfreund,
Der was von Lieb' verstände!
Ich sagt' ihm meine Seelenpein,
Vielleicht daß Trost ich fände.
Jung, ja jung schon mußt du frein
Oder jung ein Mönch schon sein.

Ich geh' herum und dreh' mich um,
Ob ich dich möcht' erblicken.
Ein frei Geständnis würd' in mir
Die heiße Glut ersticken.
Bald wird nah die Stunde sein,
Daß dich ziert ein Ringelein.

In meines Herzens Kämmerlein,
Da sollst du sicher wohnen,
In meines Herzens Grunde soll
Dein liebes Bildnis thronen.
Hast mir Zauber beigebracht
Und nach dir mich toll gemacht.
(S. 66)
_____



Ich lebte einst und liebte
Und bin dem Tode nah,
Und sterb' ich, Mädchen, wisse,
Daß es durch dich geschah.
(S. 66)
_____



Die Lieder, die ich machte, all'
Mit einem Ach! beginnen;
Und hört ein schönes Mädchen sie,
Flieht sie erschreckt von hinnen.
(S. 66)
_____



Die Züchtige

Schwarze Augen sah ich, mocht' nicht fröhlich sein;
Schweres Weh ergriff mich, bittre Liebespein.
Zu den schwarzen Augen zog's mich hin mit Macht -
Doch die Maid war züchtig und auf Ehr' bedacht.

"Geh zurück! Die Hände strecke nach mir nicht!
Daß mein Leib nicht welke, noch mein hold Gesicht!
Fluchen wird die Mutter ihrer Tochter dann,
Geh zurück, o Jüngling, rühre mich nicht an!"
(S. 67)
_____



Schwarzäuglein
Tanzlied

Wir tranken aus hölzernem Kruge
Den klaren, funkelnden Wein;
Vom glitzernden Fenster schauten
Schwarzäuglein sinnend darein.

"Schwarzäuglein, euch zu entführen,
Ein Räuber ich werden wollt';
Würd' auf dem Markt euch verkaufen
Für lauter Silber und Gold."

"Schwarzäuglein sind keine Ware,
Die man erhandelt für Lohn;
Doch wer ein schmucker Geselle,
Der trägt sie umsonst davon."
(S. 67)
_____



Schwarzes Aug' bringt mir Verderben,
Blaues macht mich totenbleich;
Seh' ich schöngeschwungne Brauen,
Sink' ich in die Erde gleich.
(S. 67)
_____



Seltene Mitgift
Tanzlied

Ich pflanzt' eine schlanke Cypresse,
Am marmorgefaßten Quell,
Daß kämen die Blonden zum Waschen,
Die Braunen zum Bleichen schnell.

Ein Mädchen kam, arm an Golde,
An Schönheit wonnig zu sehn,
Davon Brunnen und Strand erglänzten:
"Wie wardst du, Mägdlein, so schön?"

"Mein Vater war Räuberhauptmann,
Meiner Mutter Ahn ein Brigant.
Die haben der Sonn' ihre Schönheit,
Dem Mond seinen Schimmer entwandt;

Und was sie der Sonn' und dem Monde
Geraubt an strahlendem Schein,
Das teilten sie wohl und gaben
Das Schönste dem Töchterlein."
(S. 68)
_____



Schwarz leuchten deine Äugelein,
Schwarz sind die feinen Brauen,
Und rosig sind die Wangen dein,
Mein holdes Kind, zu schauen.
(S. 68)
_____



Wie Sonnenglanz, wie Mondenstrahl
Ist sie vorbeigezogen
Und hat mit einem trocknen Schwamm
Mein Herzblut aufgesogen.
(S. 68)
_____



Entwischt

Rühmt ein Rebhuhn im Osten,
Und es prahlet im West:
"Einen Jäger giebt's nirgends,
Der's Rebhuhn hält fest!"

Und den Jäger verdroß es,
Legte Ruten ins Feld,
Hat am Bächlein, dem kühlen,
Seidne Netze gestellt.

"Ei du Vöglein, du prahlest
Im Ost und im West,
Und jetzt halten meine Schlingen
Dein Schnäbelchen fest."

"Ach, dein Netz mich erwürget,
Laß, o Jäger, mich frei,
Daß ein Liedchen ich singe
Und zu eigen dir sei."

Gar sanft löst's der Jäger -
Auf den Baum fliegt's im Nu,
Und vom wiegenden Aste
Trillert's spöttisch ihm zu:

"Ei, was warst du für ein Dummkopf!
Hast die Freiheit geschenkt
Einem zierlichen Rebhuhn,
Das ein andrer jetzt fängt."
(S. 69)
_____



Mein Seelchen, mit der Sonne hast
Du Brüderschaft geschlossen,
Hast Strahlen dir von ihr geliehn
Und sie auf mich geschossen.
(S. 69)
_____



Auf der Alm

"Die Zeit ist da, die Frühlingszeit,
Daß wir zu Berg uns wenden;
Am Marmorberg ein hohler Baum
Wird Schutz und Obdach spenden.

Mein Wlachenmädchen, quält uns Durst,
Was wird uns dann erquicken?"
"Die Flasche mein, die Flasche mein
Wird dich und mich erquicken."

"Mein Wlachenmädchen, hungert uns,
Was wird uns dann ernähren?"
"Die Brote mein, die Brote mein
Wirst du und ich verzehren."

"Mein Wlachenmädchen, frieret uns,
Was wird uns dann bedecken?"
"Der Mantel mein, der Mantel mein
Wird dich und mich bedecken."
(S. 70)
_____



Zu dir zu kommen, sehnen sich
Die Rosen mit Verlangen,
Damit du ihnen Farbe leihst
Von deinen süßen Wangen.
(S. 70)
_____



Mein Herz ist so dunkel,
Wie Kaminruß geschwärzt,
Weil ich seh', daß mein Mädchen
Ein anderer herzt.
(S. 70)
_____



Abend am Meer

Es schimmert am Felsenhange
Des Mondes silberner Strahl.
Wie schlummert die See so ruhig,
Wie liegt so friedlich das Thal!

Dort sitzet ein schönes Mädchen;
Ein Hündchen wiegt's auf den Knien
Und singet zum Lautenspiele
Entzückende Melodien.

Das klinget so süß und wonnig,
So himmlisch und engelrein.
Ach könnt' ich die Zither, das Hündchen,
Dein Freund, dein Geliebter sein!
(S. 71)
_____



Traun, solchen Jäger hab' ich noch
Mein Lebtag nicht gesehen,
Der abends pflegt bei Mondenschein
Auf Rebhuhnjagd zu gehen.
(S. 71)
_____



Ein kleines Hirtenmädchen will
Ich mir zum Weibchen wählen,
Und giebt sie mir der Vater nicht,
So will ich sie mir stehlen.
(S. 71)
_____



Verbiet's der Mühle, sich zu drehn,
Dem Bächlein, daß es rinne;
Dem Jüngling, daß er sich ergiebt
Dem Spiel der süßen Minne.
(S. 71)
_____



Liebesharm

Ihr Schwalben unterm Himmelszelt,
Ihr Täubchen, rührt die Schwingen,
Erspäht mein liebes Vögelein,
Ihm einen Gruß zu bringen.

Sagt ihm, wie meiner Schönheit Glanz,
Mein Stolz dahingeschwunden,
Wie ihr in Thränen aufgelöst
Und elend mich gefunden;

Daß Herzeleid und Ach und Weh
Und Kummer mich verzehren,
Und daß man bald ins Grab mich senkt,
Muß ich doch sein entbehren.
(S. 72)
_____



Die Sonne sank, es glänzte
Der Mond in mildem Schein;
Da schlich sich, eh' ich's ahnte,
Die Liebe ins Herz mir ein.
(S. 72)
_____



Vieltausend Grüße send' ich dir
Des Tags, mein süßes Leben,
Mit all' den kleinen Vögelein,
Die durch den Äther schweben.
(S. 72)
_____



Ein Kranker schrieb noch diesen Trost
Mit seiner allerletzten Kraft:
Wen Liebesleid hinweg gerafft,
Der hat das Paradies erlost.
(S. 72)
_____



Der Liebe Ursprung
Tanzlied

Nach Arabien will ich wandern,
Will zu den Zigeunern gehn,
Will die Leute dort befragen,
Wie die Liebe mag entstehn.

"Liebe dringet durch die Augen,
Senket sich zum roten Mund
Und schlägt Wurzeln ewig haftend
In des Herzens tiefstem Grund."
(S. 73)
_____



Kunde von der Geliebten

"Jenes Tüchlein, dran du stickst, o Mädchen,
Das du jetzt mit goldnem Rande säumest,
Schick' es deinem Liebsten zum Geschenke,
Schick' es nicht allein, schick's mit der Liebe."

Doch die Maid vergaß es, schickt's alleine.
Jüngling wiegt es fragend auf den Knieen:
"Sag', o Tuch, wie mich mein Mädchen liebet."
"Wenn sie an dich denkt, vergießt sie Thränen,
Kaum noch bleibt sie ihrer Sinne mächtig.
Sieht sie dich vorbeigehn, hört dich sprechen,
Springt sie holderrötend von dem Sitze.
Währt es lang, daß sie dich nicht gesehen,
Steht sie schmerzgebeugt und weint und seufzet."
(S. 73)
_____



Mein Liebchen ist ferne,
Und ich weile allhie;
Ich weine des Mittags,
Und sie weint in der Früh'.
(S. 73)
_____



Schnelle Entfaltung

Unten am Strande, drunten am Meere
Lieb' ich ein Mädchen schon lang lange Zeit.
Konnt's ihr noch nicht mit zwei Worten gestehen,
Giebt mir ein Bruder gar klugen Bescheid:

"Geh ins Gebirg' zu dem Marmorgehänge,
Sammle weißen Kalk dir und rotes Gestein;
Bau' dir ein Kirchlein, ein heiliges Kloster,
Stell' dich als Beicht'ger, als Priester darein.

Glöcklein erschallet, Mägdlein, es wallet,
Schüchterne Rosenknosp' halb erst erblüht;
Zieht aus der Klause dann sie nach Hause,
Gleich der entfalteten Rose sie glüht."
(S. 74)
_____



Freude macht's mir, dich zu sehen,
Wenn du an dem Rahmen stickst,
Und ihn an den Busen lehnend
Schelmisch lächelnd niederblickst.
(S. 74)
_____



Und baust du tausend Kirchen auch,
Der sünd'gen Seel' zum Frommen,
Du tilgst die Schuld doch nimmermehr,
Willst du nicht mit mir kommen.
(S. 74)
_____



Uns beiden gegenüber will
Ein Kirchlein ich errichten,
Und will als Priester drinnen stehn,
Das Meßamt zu verrichten.
(S. 74)
_____



Heimgeleuchtet
Tanzlied

"Bringe mich ans andre Ufer,
Setz' mich über, Frankensohn,
Will dir auch mein Händchen reichen,
Und dies Armband sei dein Lohn."
"Mag's nicht haben, Mägdelein,
Nein, mein Lohn muß schöner sein!"

"Bringe mich ans andre Ufer,
Setz' mich über, Frankensohn,
Und das Ringlein an dem Finger
Sei des Ritterdienstes Lohn."
"Mag's nicht haben, Mägdelein,
Nein, mein Lohn muß schöner sein!"

"Bringe mich ans andre Ufer,
Setz' mich über, Frankensohn,
Und die goldnen Ohrgehänge
Biet' ich dir als reichen Lohn."
"Mag's nicht haben, Mägdelein,
Nein, mein Lohn muß schöner sein!"

"Bringe mich ans andre Ufer,
Setz' mich über, Frankensohn,
Und die Strümpf', die kleinen Strümpfe
Nimm als kleiner Mühe Lohn."
"Mag's nicht haben, Mägdelein,
Nein, mein Lohn muß schöner sein!"

"Setz' mich über! Mit Umarmung
Sei's gelohnt und süßem Kuß." -
Flugs ergreift er sie beim Händchen,
Trägt sie sorglich durch den Fluß.
"Nun umarme mich geschwind,
Gieb mir einen Kuß, mein Kind."

"Will dich herzen, will dich küssen,
Wenn wir in dem Garten sind."
Er ergreift sie bei dem Händchen,
Führt zum Garten sie geschwind.
"Nun umarme mich geschwind,
Gieb mir einen Kuß, mein Kind."

"Will dich herzen, will dich küssen,
Weiter hinten an dem Quell."
Er ergreift sie bei dem Händchen,
Führt in Eile sie zur Stell'.
"Nun umarme mich geschwind,
Gieb mir einen Kuß, mein Kind."

"Will dich herzen, will dich küssen,
Weiter hin am Fenster dort."
Er ergreift sie bei dem Händchen,
Führt sie zum erwünschten Ort.
"Nun umarme mich geschwind,
Gieb mir einen Kuß, mein Kind."

"Mutter komm' und sieh den Esel,
Der mir nachläuft, lach' ihn aus;
Ohne Stroh und ohne Hafer
Bracht' er sicher mich nach Haus."
(S. 75-76)
_____



Die Liebe ist ein Rosenstock,
Das Auge zu erfreuen;
Sie ist ein wilder Brombeerstrauch,
Und weh, fällst du hinein!
(S. 76)
_____



Wer sah schon Fisch' auf Bergeshöh',
Wer Saaten in dem Meere?
Wer sah ein Kind in dieser Zeit,
Das treu in Liebe wäre?
(S. 76)
_____



Paradiesesblum' und Rosen
Eros hat zu Hauf' gebracht
Und hat kunstvoll draus gebildet
Deines süßen Körpers Pracht.
(S. 77)
_____



Mit roten Rosen, Mägdelein,
Hast du das Haar umkränzt;
Doch wie die süßen Wangen dein
Kein einzig Röslein glänzt.
(S. 78)
_____



Schönheitsrausch

"Sie schlugen mich, sie zankten,
Verboten's streng und schwer,
Zur Gass' hinabzugehen,
Bevor vermählt ich wär'.

Warum sollt' ich nicht wagen
Mich auf die Gass' hinaus?
Meine Mutter schickt mich selber
Nach frischen Rosen aus." -

Sie schritt die Trepp' hinunter,
Sie schwebt' zum Gartenthor,
Und unterm Röckchen schimmert
Ein weißer Fuß hervor.

Wie da das süße Füßchen
Ein junger Bursch erblickt,
Da war er ganz von Sinnen,
Da war er ganz verzückt.

Nicht trank er Wein noch Branntwein
Und rast doch gar so sehr;
Kalt Wasser eimerweise,
Daß zur Vernunft er kehr'!
(S. 79)
_____



Die Liebe war von Leiden
Befreit zu keiner Zeit,
Von Prüfungen und Seufzern
Und schwerem Herzeleid.
(S. 79)
_____



Der Gärtner

Es trieb schon seit der Kindheit Tagen
Mich mein geschäftig ernster Sinn
Hinunter zu dem schönen Garten,
Wo Bäum' und zarte Blumen blühn.

Und von den duft'gen Blumen allen
Lag keine so am Herzen mir
Als eine dunkle Hyazinthe,
Die netzt' und küßt' ich für und für.

Ich sah sie wachsen und gedeihen,
In wundervoller Blüte stehn
Und dachte nicht, vom Duft beseligt,
Daß je ich könnte von ihr gehn.

Jetzt treibt mich ach, ein hart Geschicke
Hinaus, es naht der Trennung Pein;
Ich wünscht', ich könnte eher sterben,
Als ewig von dir fern zu sein.

Laß nicht das Köpfchen welkend hangen,
Blüh' weiter, bleibe frisch und schön,
Kann ich dich auch nicht länger herzen,
Nicht pflegend dir zur Seite stehn;

Und führt mich Gott aus weiter Ferne,
Mein Hyazinthchen, bald zurück,
Will ich in meinem Haus dich pflegen,
Als meines Lebens schönstes Glück.
(S. 80)
_____



Verlörst du doch, steigst du treppauf,
Die zierlichen Sandalen!
Dann bückt' ich mich galant und säh'
Dein zartes Füßchen strahlen.
(S. 80)
_____



Der Traum

Ich lag in süßem Schlummer
Beim frühen Morgenstrahl,
Da war es mir, als weilt' ich
In schönem Wiesenthal.

Im Kreise der Gespielen
Hab' ich mein Lieb erschaut;
Sie pflückte Myrthenzweige
Und Rosen frisch betaut.

Da setzt' ich mich ein wenig
An kühlen Brunnens Rand,
Mit frischem Trank zu löschen
Des Durstes heißen Brand.

Und sieh, mit weichen Armen
Mein Liebchen mich umfing;
Fast schon zum Kuß ihr Mündchen
An meinen Lippen hing.

Schon spitzte sie die Lippen
Zum allerschönsten Kuß;
Doch Eros wollt's nicht leiden -
Aufwacht' ich mit Verdruß.

Was that ich, Eros, Böses,
Daß ich so jäh erwacht',
Und daß du mich so tückisch
Um Liebchens Kuß gebracht?
(S. 81)
_____



Du stiegst treppauf, ich küßte dich;
Da hast du es gewehrt,
Und meintest schmollend, daß ich dir
Die Haarfrisur zerstört.
(S. 81)
_____



Verlassen

Nun vergingen drei Jahre,
Vier Jahr' sind's heut' her,
Ich fand nicht mehr Ruhe,
Mein Herz ist so schwer.

Mich küßte ein Fremdling
Und ließ mich, ach allein;
Sprach: "Im März mit den Schwalben
Werd' ich wieder bei dir sein."

Der März ist gekommen,
Der April wird vergehn;
Die Schwalben kehrten wieder,
Ihn werd' ich nimmer sehn!
(S. 82)
_____



Die Lilie stell' ins Wasserglas,
Sie zeitigt frische Triebe;
So keimt, seit ich dich wiedersah,
Aufs neue meine Liebe.
(S. 82)
_____



O meine Nelke purpurrot,
Mit Golde ganz gefüllt,
Hätt' ich dich doch in meiner Hand!
Mein Leiden wär' gestillt.
(S. 82)
_____



Mir schien's im Traume heute Nacht,
Ich spräch' mit mir allein,
Und auf den Knien vor deiner Thür
Küßt' ich den Marmorstein.
(S. 82)
_____



Das Opfer unglücklicher Liebe

Bevor ich, liebes Mädchen muß
in bittrem Tod erbleichen,
Komm in mein Haus, daß ich dir kann
die Hand zum Abschied reichen.
Geh durch die Hofthür und alsbald
in meine Kammer eile,
Scheu' meine Mutter, Schwester nicht
und lange bei mir weile.

Nimm dir den Schemel und zu mir
ganz nahe, nahe rücke
Und einen letzten süßen Kuß
auf Aug' und Mund mir drücke.
Dann aber, Liebchen, bitt' ich dich,
das Haupt mir sanft zu heben
Und fest zu halten mich im Arm,
will meine Seel' entschweben.

Schließ du allein die Augen mir,
hüll' mich ins Tuch alleine
Und zieh mir an ein schön Gewand,
daß ich geschmückt erscheine.
Das feine bunte Festgewand
zum Totenkleid mir werde,
Der Prachtrock, den die Mutter oft
wünscht' in den Grund der Erde.

Auch einen Fez mit blauer Quast'
will auf dem Haupt ich tragen;
Und hast du mir's zu Lieb gethan,
stimmt' an zwei Totenklagen,
Und singe sie recht innig schön,
daß Herrn und feine Frauen
Nicht mit Verachtung und mit Spott
auf deine Klagen schauen.

Und trägt man dann an deinem Haus
vorbei mich auf der Bahre,
Dann, Mädchen, folge weinend mir
mit aufgelöstem Haare,
Und bringt man dir das Totenmahl,
so iß und sprich betrübet:
"Mög' Gott dem Jüngling gnädig sein,
der mich so sehr geliebet!"
(S. 83-84)
_____



Eros hat mich eingeladen,
Sollt' bei ihm im Hüttchen sein
Und mit Rosen reich bekränzet
Süßen Schlummers mich erfreun.
(S. 84)
_____



O hoher Himmel, komm herab,
Gerechten Spruch zu sprechen;
Mein Lieb, das ich zwölf Jahr gehegt,
Das will jetzt mit mir brechen.
(S. 84)
_____



Und die Liebe sprengt Felsen,
Zwingt's wilde Getier,
Und ich hab' sie im Herzen,
Und den Tod bringt sie mir.
(S. 85)
_____



Nach süßen Trauben sucht' ich ab
Die Weinberg' all' zu Land,
Doch süßere ich nirgendwo
Als deine Lippen fand.
(S. 85)
_____



Glühende Liebe

Nun willst du scheiden, teurer Mann;
Geb' Gott dir das Geleite!
Umhauche süßer Balsam dich,
Wohin dein Fuß auch schreite!

Blüh' duftendes Basilicum,
Wohin dein Weg dich führet,
Und sei mit Rosen immerdar
Dein Lockenhaar gezieret!

Bald wirst du einer andern Maid
Da draußen Küsse schenken,
Und küssend wirst mit Seufzern du
Doch meiner noch gedenken.

Und ist sie klug, und wird sie dich
Nach deinem Kummer fragen,
Spräch' ich: "Ach, hätt'st du nicht gefragt!
Doch jetzt will ich's dir sagen:

Mein Lieb, das ich auf Rhodos ließ,
Das sitzt beim Licht der Sterne
Und schimmert in dem Mondenstrahl
Und sinnet in die Ferne.

Und forscht und fragt: Mein Vögelein,
Weilt es denn fern noch immer?
Was macht die süße Nachtigall?
Gedenkt sie meiner nimmer?"

Von meiner Schönheit sprich ihr dann,
Von meiner Herzensgüte,
Doch meinen Fehltritt, hör' mein Flehn!
Ihr zu gestehn dich hüte.

Wie ich geschwelgt in sel'ger Lust
Und Küsse mit dir tauschte,
Wie ich gefehlt, ich Thörin, ach!
Weil Liebe mich berauschte.
(S. 88-89)
_____



Guter Fang

Es fuhr wohl auf der hohen See
ein Königstöchterlein,
Drei Schifflein führt' der junge Prinz,
der segelt' hinterdrein.

"Prinzeßchen, gieb mir einen Kuß,
ein Schifflein nimm dafür,
Das grüne, schwarze, wenn du willst,
mein rotes biet' ich dir."

"Ich danke dir, mein teurer Prinz,
dein Antrag war nicht fein." -
Sie zog ihm an ein Lederwams,
er mußt' ihr Sklave sein.

"Nun rudre, Bursch mit schönen Brau'n,
nun rudre mich geschwind,
Und müh' dich ab in meinem Dienst,
bis wir im Hafen sind.

Matrosen dann nach Wasser gehn,
nach Holz die Köche ziehn,
Wir aber wollen küssen uns
bis früh ins Morgenglühn."
(S. 89)
_____



Der zerbrochene Krug
Tanzlied

Alle Mädchen sind schon hier,
Nur mein Schätzchen fehlet mir.

Ging zu schöpfen nach der Quelle,
Folg' ich meinem Mädchen schnelle.

Will das Krüglein ihr zerschlagen,
Wird die Mutter danach fragen. -

"Mütterchen, ich trat vorbei,
Fiel und brach den Krug entzwei."

"Nichts vom Straucheln! Das Zerspringen
Kam vom herzigen Umschlingen."
(S. 90)
_____



Die Lieb', hat sie Grund gefaßt,
Kann man nicht mehr verstecken;
Denn aus Geberde, Blick und Wort
Läßt sie sich leicht entdecken.
(S. 90)
_____



Der Schalk

Unten in dem weißen Marmorbruche,
Hat ein Jüngling einen Stein behauen,
Hat behauen ihn mit seiner Rechten.

Geht ein blondes Mägdelein vorüber,
Fragt ihn grüßend: "Was ist dir geschehen,
Schöner Jüngling, daß mit einer Hand nur
Du am weißen Marmorsteine schaffest?"

"Ach, weil ich ein blondes Mädchen küßte,
Hat man mir die Linke abgehauen,
Aber gern verlör' ich auch die Rechte,
Dürft' ich sie noch einmal herzlich küssen,
Sollt' man auch zu meiner Mutter sagen:
"Sieh, das ist dein Sohn, den man verstümmelt,
Weil er allzukühn ein Mädchen küßte."
(S. 91)
_____



Verliebte Leut' erkennt man
Auf vierzig Meilen gleich;
Ihr Aug' sieht scheu zu Boden,
Die Lipp' ist matt und bleich.
(S. 91)
_____



Die Augen führen bittren Krieg,
Wie's nimmer ward gefunden;
Kein Messer sticht, es schlägt kein Schwert,
Und dennoch giebt es Wunden.
(S. 91)
_____



Geh' ich am Meeresstrande,
Zähl' ich die Wogen all'
Und denk' an mein Mariechen,
Dem ich ein Küßchen stahl.
(S. 91)
_____



Der verratene Kuß

Gehe schweigend meines Wegs,
Grüßt die Maid in Eile:
"Küsseräuber, Herzensdieb,
Wohin gehst du? Weile!"

"Küsseräuber, Herzensdieb?
Hast ja selbst geboten
Mir zum Kuß dein Lippenpaar,
Deinen Mund, den roten."

"Als ich meine Lippen dir
Bot zu süßen Küssen,
War es Nacht, war's Morgengraun,
Niemand konnt' es wissen."

"Als ich deine Lippen küßt',
Färbten sie die meinen;
Mit dem Tüchlein wischt' ich's ab -
Rot begann's zu scheinen.

Wusch das Tuch im schönen Fluß;
Fluß zum Garten fließet,
Wo Cypress' und Apfelbaum
Üppig grünt und sprießet.

Von Cypress' und Apfelbaum
Niemand hat's erlauschet,
Aber weiter trug's der Fluß,
Der zum Meere rauschet.

Und dem Schiffer hat's das Meer
Plätschernd zugeraunet;
Schiffersmann hat es dann laut
In die Welt posaunet."
(S. 92)
_____



Mein Herzensmädchen, sei so gut
Und folg' mir nach Athen;
Da sollst du schmuck wie eine Gans
Und wie ein Entchen gehn.
(S. 93)
_____



Unsre Liebe war heimlich,
Verborgen im Gras,
Und jetzt singen die Kinder
Davon auf der Straß'.
(S. 93)
_____



Mädchen und Sonne
Tanzlied

Nicht scheinen soll hier in der Näh'
Des Mondes hell Gefunkel;
In Wolken sei er ganz gehüllt,
In tiefes, schwarzes Dunkel.

Es wohnt ja mein Feinsliebchen hier,
Die selbst dem Monde gleichet;
Läßt sie sich an dem Fenster sehn,
Die Finsternis entweichet.

Selbst mit der Sonne stritt sie schon,
Hat vor der Sonn' geprahlet:
"Heraus, o Sonne! her zum Kampf!
Laß sehn, wer heller strahlet.

Die Sonne glüht schon in der Früh',
Läßt grüne Gräser sterben,
Doch vor des Mädchens Schönheitsglanz
Die Burschen all' verderben." -

Auch mir hat sie das Herz entflammt,
Muß sterben und verderben.
(S. 94)
_____



Nun leuchte mir, mein lieber Mond,
Zeig' mir den Pfad in stiller Nacht;
Hier in der Näh' ein Mädchen wohnt,
Das mich um den Verstand gebracht.
(S. 94)
_____



Zeigst du und deine Freundin
An einem Fenster euch,
Bist du die süße Blume,
Ist sie das Blattgezweig.
(S. 94)
_____



Liebesseufzer

Zephyr, siehst den zarten Busen
Meiner holden Göttin du,
Fächle ihr nicht frische Kühlung,
Weh' ihr heißen Gluthauch zu.

Fragt sie: "Warum sengst du, Zephyr,
Giebst nicht Kühlung leis' und lind?"
Sag' ihr, daß es heiße Seufzer
Eines treuen Herzens sind.
(S. 95)
_____



Mein Lüftchen, wer hat dich gesandt,
Mich kosend zu umschweben?
War es mein Liebchen, möge sie
Recht lange, lange leben.
(S. 95)
_____



Mein Lieb will heut' spazieren gehn,
O Gott im Himmel, sei so gut,
Laß eine Wolke schnell entstehn,
Daß sie nicht seng' die Sonnenglut.
(S. 95)
_____



Und solltest du mit tausend auch
Und abertausend gehn,
Ich fände dich sogleich heraus,
Denn du bist wunderschön.
(S. 95)
_____



Die kleinen Mädchen alle
Kann man jetzt herrschen sehn;
Viel besser als die großen
Das Tanzen sie verstehn.
(S. 95)
_____



Hahn im Korb
Tanzlied

Alle Mädchen blink und blank,
Schwarz von Augen voll Verlangen
Und mit Grübchen in den Wangen,
Küßten all' mich frei und frank;
Aber eine wollt' nicht küssen,
Ach, drum hab' ich weinen müssen!

Geh' nun ins Gebirge fort;
Schaffe dort mir einen Garten,
Will als Gärtner drinnen warten.
Einen Weinberg pflanz' ich dort,
Will mit Hecken ihn umfassen,
Und das Pförtchen offen lassen.

Kommen schöne Mädchen dann,
Küsse auf den Rosenlippen,
Von dem süßen Wein zu nippen,
Sehn mich schwarze Augen an,
Augen, die wie Feuer flammen:
Sei'n verwünscht sie allzusammen!

"Gärtner", sagen sie zu mir,
"Bitte, gieb uns süße Trauben,
Darfst dafür dir Küsse rauben."
"Ei, so laßt nur vor der Thür
Die Pantoffel und zur Mitte
Tänzelt her mit leichtem Schritte.

Willst du, schwarzbraun Mägdelein,
Äpfel? Nimm sie; zarte Quitten,
Sie auch sind dir unbestritten;
Doch Korinthen süß und fein
Und die Muskatellerbeere,
Nur für Lieb' ich die gewähre."
(S. 96)
_____



Erhörung

"Rebhuhn mein, ich fleh' dich an,
Süßes Mägdelein,
Willst du nicht den Schlüssel mir
Zu dem Garten leihn?

Daß ich dunkle Nelken mir
Und Citronen pflück'
Und ein Demantringelein
Zum Geschenk dir schick'.

Echt venezisch ist das Stück,
Arbeit feinster Art;
Für ihr Schwiegertöchterlein
Mutter hat's bewahrt."

"Deiner Mutter bin ich gut,
Küß die Hand ihr fein,
Will ihr Schwiegertöchterchen,
Will dein Weibchen sein!"
(S. 97)
_____



Mädchen mit den Wangengrübchen,
Mit der zarten weißen Hand,
Wundervolles kleines Rebhuhn,
Hast mein Herz gesteckt in Brand.
(S. 97)
_____



Die junge Witwe

Tief betrübt ging eine junge Witwe -
Erst zwölf Jahre zählt' sie - zu der Mutter.
Legt' die frischen Kränze ihr zu Füßen
Und beweinte ihren lieben Gatten. -
"Trockne deine Thränen, liebe Tochter,
Weine nicht und fasse Trost im Herzen!
Bist ja jung und schön, wirst wieder freien."
"Mutter, Mutter, sprich nicht solche Worte!
Ach, wie sollt' ich mich aufs neu' vermählen!
Da der Tod das Liebste mir genommen,
Meinen Gatten, meine rechte Seite!"
(S. 98)
_____



Wenn wir zu engem Liebesbund
Die Händ' uns geben beide,
Trennt uns hinfort kein böser Feind
Und keines Schwertes Schneide.
(S. 98)
_____



O Seele meiner Seele,
Du süßes Liebchen mein,
Mein Sinnen und mein Denken
Wird immer bei dir sein.
(S. 98)
_____



Warum nur ordnest du mit Fleiß
Dein goldnes Lockenhaar?
Mit Silberkamme kämmt es ja
Ein holdes Engelpaar.
(S. 98)
_____



Trennungsschmerz

Es härmet sich die blonde Maid,
der Kadi will nun scheiden;
Er rüstet sich zu langer Fahrt,
zu einer weiten Reise.
Und sieh, das Mägdlein, das ihn liebt,
in Schmerz den Monden fluchet:
"Verdorr' in Glut, du Februar,
wie du mir Fieber bringest,
O März, du machst das Herz mir schwer,
April mit Frühlingsprangen,
Du böser Mai, der magisch du
die Welt mit Rosen füllest,
Mein eigen Herz hast du erfüllt
mit Sorgen und mit Thränen."
(S. 99)
_____



Dein Kuß verleiht mir Seligkeit,
Er trägt zum Himmel mich empor;
Da tausch' ich süße Worte aus
Und juble mit der Engel Chor.
(S. 101)
_____



Helenchen

Gehst du herab vom Bergeshang,
Helenchen, mein Helenchen!
Und wandelst du den Fluß entlang,
Geküßtes liebes Lenchen!

Mit deinem Hemdlein weiß und rein,
Helenchen, mein Helenchen!
Mit deinen Füßchen zart und fein,
Gezwicktes liebes Lenchen!

So drück' dein Mützchen ins Gesicht,
Helenchen, mein Helenchen!
Und zeige deine Brauen nicht,
Gebissenes liebes Lenchen!

Daß niemand dort die Spur erblickt,
Helenchen, mein Helenchen!
Wo ich dir Küsse aufgedrückt,
Umarmtes liebes Lenchen!
(S. 102)
_____


Ach Lehrerin, ach Lehrerein,
Gieb doch mein Lenchen los!
Es ist ja Samstag Abend schon,
Und meine Qual ist groß.

Ach Lehrerin, ach Lehrerin,
Laß doch das Ännchen gehn!
Daß morgen sie zum Sonntag früh
Sich mache fein und schön.

Ach Lehrerin, ach Lehrerin,
Mach' du nur selber Schluß,
Und geh', daß du nach Hause kommst,
Dort harret dein ein Kuß.
(S. 102)
_____



Goldorange

Ein junges Mädchen liebt' ich,
Sie war mein Augenstern,
Ich bot ihr guten Morgen,
Wüßt' ihren Namen gern.

Man nannte Goldorange
Das Kind, das mir gefällt;
Eine schönere Orange
Giebt's nirgends auf der Welt.
(S. 103)
_____


übersetzt von Hermann Lübke (1861-?)

Aus: Neugriechische Volks- und Liebeslieder
in deutscher Nachdichtung
von Hermann Lübke
Berlin NW Verlag von S. Calvary 1895


siehe auch Teil 2



 


zurück zum Verzeichnis

zurück zur Startseite