Anonyme Barockdichter - Liebesgedichte

Neukirch-Sammlung



Anonyme Barockdichter
aus der Neukirch-Sammlung

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 



 



Er entsaget der liebe

1.
Wenn hörstu auff mein träger sinn
Der dienstbarkeit dich zu ergeben?
Ein edler geist muß in der Freyheit leben /
Drum lege diese knechtschafft hin /
Und diene nicht der eitelkeit
In der besten lebens zeit.

2.
Ein weibes-bild / in welche man
Sich offters pfleget zu vergaffen /
Ist vor den mann / zum dienen nur geschaffen /
Die also ja nicht herrschen kan /
Was ehrstu denn zu deinem spott
Dies schwache zeug als einen Gott.

3.
Was ist ein blick / ein wort / ein kuß
Darnach man sich so sehr bemühet?
Und welchen man / wenn ja das glücke blühet /
Mit müh' und gelde kauffen muß /
Was ists / als eine falsche pein /
Und angenehmes närrisch seyn.

4.
Ein freund vergnügt mich ja so wohl
Der mich aus treuem herzen liebet /
Der ohne falsch nicht schmeichelworte giebet /
Und redet / wie man glauben soll /
Als einer jungfer falscher blick /
Und ihrer glatten worte strick.

5.
Und wenn man schon das mäulgen kriegt /
Das mancher hat zuvor beflecket /
Und da man nur den frembden speichel lecket /
Der noch auff ihren lippen liegt /
Da hat man sich denn recht benetzt /
Und ein vortrefflich ding erhetzt.

6.
Wie solte mich ihr glatter leib
Und ihre brüste denn vergnügen /
Ich sehe bloß zwey stückgen fleisch da liegen /
Nur daß sie seyn von einem Weib' /
Als wären meine waden nicht
Von menschen-fleische zugericht.

7.
Drumb schwinge dich mein feiger muth /
Was höher auff / die eitelkeiten
Die können dir nichts guts bedeuten /
Die tugend gibt das höchste guth;
Komm tugend deine himmels-lust /
Soll stets vergnügen meine brust.
(Theil 4 S. 148-149)
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Auff zwey zusammen schlaffende

1.
Spiele Cupido du lüsternes kind!
Brauche die waffen /
Wo du zu schaffen /
Wo man dich kennet /
Und Söhnigen nennet /
Itzo beschlaffen wir unsere lust /
Decken mit federn die nackichte brust.

2.
Hätte gleich heute dein bogen verletzt
Unsere herzen /
Sind doch die schmerzen /
Wieder gedämpfet /
Du selber bekämpfet /
Weil uns vergnüget die finstere nacht /
Die uns vom springen zur ruhe gebracht.

3.
Andre bediene / wir achten es nicht /
Schiesse / verletze /
Wieder ergötze /
Brauche vergnügen /
Wo liebgen nun liegen /
Itzo besieget dein bogen uns nicht /
Weil es uns allen am besten gebricht.

4.
Flammen entzünden nur flammen und glut /
Wilstu bekriegen /
Wilstu besiegen /
Sollen wir brennen /
Gefangen uns nennen /
Müssen es feuer und brände nur thun /
Die uns entzünden und lassen nicht ruhn.

5.
Aber wir wissen: wir fühlen itzt nichts /
Unsre gedancken /
Bleiben im schrancken /
Unsere glieder /
Erquicken sich wieder /
Dieses gefieder ist unsere lust /
Wärmet uns weil uns nichts bessers bewust.

6.
Ruhet ihr täubgen / vertreibt euch die zeit /
Biß euch das herzet
Was euch ietzt schmerzet /
Biß euch ergötzet
Was itzo verletzet /
Biß ihr in armen was männliches drückt /
Das euch mit fließendem zucker erquickt.
(Theil 4 S. 150-151)
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1.
Nimmermehr soll mich die liebe verletzen
Denn ich bin fester als eisen und stahl
Will sie mir eines von hinten versetzen /
Glückt ihr doch solches kein einziges mahl
Tausendmahl hat sie frisch auff mich gebrandt
Aber ich bin ihr zu hurtig gewandt.

2.
Tindaris suchte mit freundlichen küssen /
Tindaris suchte zu rauben mein herz /
Hab' ich gleich damahls dergleichen thun müssen /
War es doch nichts als mein höfflicher scherz /
Keiner versag ich warum sie mich biett
Mein ichs gleich anders / so mach ich doch mit.

3.
Chloris ersuchte mich neulich mit schreiben /
Alle wort' hielten zwey centner und mehr /
Ihrem bedüncken nach must es bekleiben
Aber mir wog es kein esgen nicht schwer /
Weil die gesandte magd stunde dabey /
Küst‘ ich das briefgen / drauf riß ichs entzwey.

4.
Tindaris hatte den Damon erkohren /
Chloris die hatte den Daphnis bethört /
Beyderseits hatten sich euserst verschworen /
Beyderseits hattens die götter gehört /
Chloris und Tindaris kamen auff mich /
Daphnis und Damon verlohren den stich.

5.
Nein ich bin gar nicht im Hornung gebohren /
Hirschgeweih stünde mir warlich nicht an
Chloris hat bey mir den glauben verlohren /
Tindaris hat schon die probe gethan /
Geben sie andre vor meine gunst auff /
Halten sie warlich mir auch nicht den kauff.

6.
Denckt ihr / ihr jungfern / ihr wolt mich betriegen /
Daß ich ein stockfisch / wie mancher ist / sey /
Denckt ihr / ich soll mich viel biegen und schmiegen /
Ach! ich bin lieber der dienstbarkeit frey /
Warlich / ich kan so gelencke nicht seyn /
Eure gunst bringt mir die kosten nicht ein.

7.
Eure gewogenheit gehet spazieren /
Wer sie begehret / erlanget sein theil /
Wie man Mäußfallen von thüren zu thüren;
Tragt ihr auch eure gewogenheit feil /
Solte gleich nimmer kein kauff nicht geschehn
Last ihr doch gerne die wahren besehn.

8.
Wie der Scharwenzel die farben im spielen
Aendert / nach dem er Gesellschafft bekömmt;
Also gesellen sich jungfern zu vielen
Der ist der beste der neulich erst kömmt
Wenn sich nun eine zu einem gesellt /
Denck' er nur daß sie ihm farbe nicht hält.

9.
Soll mich ein mädgen alleine vergnügen /
Werd ich schon wissen / was meine pflicht sey /
Aber die muß in den windeln noch liegen /
Keine / die reden kan / halt ich vor treu /
Die auch die zunge kan heben empor /
Bringt schon gebrochne betrüglichkeit vor.

10.
Wolt ihr die falshen / ihr redlichen brüder /
Redlich bezahlen / so machts so wie ich /
Wie sie mich halten / so halt ich sie wieder /
Alles was fein ist / taugt alles vor mich /
Meine gunst wird in die rundte geweht /
Wie sich der wierbel vom winde verdreht.
(Theil 4 S. 153-155)
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Die traurende Celimene

1.
Was traurestu beflohrte Celimene /
Dein schmerz vergleicht sich meinem nicht /
Dein todten-lied kläglich leid-gethöne /
Ist meiner qval nur zugericht /
Was du zur trauer angethan /
Steht meiner noth am besten an.

2.
Es trägt mein leib zwar blau und rothe seide /
Denn solche farbe liebestu /
Doch glaube daß ich mehr in solchem leide /
Als decke boy und flor mich zu /
Denn von Egyptens schwarzer nacht
Hatt sich mein herz' ein trauer-kleid gemacht.

3.
Du siehst kein grab es länger zu beweinen /
Die erde hat es zugedeckt /
Mir aber pflegt mein todter zu erscheinen /
Der mich zu neuen zehren weckt /
Wobey dies meine pein vermehrt /
Daß gar kein ohr auff meine klage hört.

4.
Wie gleicht sich nun dein kummer meinen schmerzen?
Dir stirbt / was dir nicht schaden kan /
Du aber bist ein theil von meinem herzen /
Verlier ich dich / was bleibt mir dann?
Kein leib kan ohne geist bestehn /
Und Lysis hat nur Celimen.
(Theil 4 S. 155-156)
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1.
Mach es aus / wie kanstu qvälen?
Mein himmel! ich bin lebenssatt /
Nur ein grab ist mein erwehlen /
Die freude findet keine statt /
In meinem herzen
Wohnt nichts als schmerzen /
Ach leid!
Wo ist meine schöne zeit?

2.
Biß in tod bin ich verliebet /
Ich schicke tausend seuffzer ab /
Auch mein schmerz der mich betrübet /
Bleibt bey mir und blüht biß ins grab /
Drum kan mein hoffen /
Nicht seyn getroffen /
Ach leid!
Wo ist meine schöne zeit?

3.
Was ist lust? was ist vergnügen?
Was ist der rosen wunderpracht?
Schatten sinds / die leicht verfliegen /
Und sich verschleichen in die nacht /
Die rosen stechen /
Die lüste schwächen /
Ach leid!
Wo ist meine schöne zeit?

4.
Phöbus küst den kühlen morgen /
Der abend macht die felder froh /
Mir ach! ist die lust verborgen /
Ich singe nur und klage so /
Komm mein verlangen /
Komm tod gegangen /
Ach leid!
Wo ist meine schöne zeit?

5.
Macht euch auff / seht an die sternen /
Ihr augen / und gesegnet sie /
Wo sie nicht mein leid entfernen /
Sagt / daß ich nach dem grabe zieh /
Drumb häufft ihr thränen /
Mein häuffig sehnen /
Ach leid!
Wo ist meine schöne zeit?
(Theil 4 S. 156-157)
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Sie gehet ins kloster

1.
Nun hab ich mich der eitelkeit entrissen /
Und meine seel dem himmel anvertraut /
Ich will hinfort von keiner wollust wissen /
GOtt ist mein schatz / und ich bin seine braut.

2.
Was helffen mich der schönheit edle gaben /
Wenn mich nicht ziert des himmels reiner glanz;
Ein andre mag an pracht beliebung haben /
Die tugend ist mein schönster ehren-kranz.

3.
Ich weiß es zwar / ich bin ein mensch gebohren /
Und bin verliebt in zucht und höfligkeit /
Doch bin ich nicht zu dieser welt erkohren /
Ich achte nicht die blumen dieser zeit.

4.
Hier kan ich nichts als meinen schöpfer lieben /
Und bin erfreut / daß ich ihn lieben mag /
Sein nahm' ist mir tieff in mein herz geschrieben /
Er liebet mich / hier ist mein hochzeit-tag.

5.
Das kloster hat mich dieser welt entnommen /
Ich lebe nun vergnügt in stiller ruh;
Und weil ich nicht kan aus der zelle kommen /
Bring' ich die zeit mit meinem psalter zu.

6.
Ich kan nunmehr mit rechter Andacht singen /
Und treibe nicht der liebe possen-spiel;
Ich bin bemüht die wollust zu bezwingen /
Und weg zu thun was muth und jugend will.

7.
Nun lebet wohl ihr meine liebe schwestern /
Und weil ihr liebt / so liebt / was löblich ist;
Ich will euch nicht in eurem stande lästern /
Ich weiß / ihr seyd zum lieben auserkiest.

8.
Ihr werdet zwar hinfüro bey den frauen /
Ich aber stets in meinem kloster seyn /
Und weil ich euch nicht weiter werde schauen /
So lebet wohl und lasset mich allein.
(Theil 4 S. 158-159)
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Geile küsse flecken

1.
Zarter wangen purpur-farbe
Wird durch einen kuß verletzt /
Wo zumahl gar eine narbe
Der entbrannte mund versetzt /
Siehe du nur ob dein kuß
Einer andern werden muß.

2.
Falscher buhler! aus den augen
Und der lippen schöner pracht
Laß ich keinen honig saugen /
Weil des stachels scharffe macht /
Der sich zum verwunden rüst /
Für mich allzuspitzig ist.

3.
Meinetwegen magstu küssen /
Wen dich deine Wollust heist /
Von mir soltu nichts geniessen /
Was die geilen lippen speist /
Denn mein eisenfester schluß
Achtet keinen geilen kuß.

4.
Darffstu wohl von dingen sagen /
Die dein eigner will erregt /
Darffstu wohl die last beklagen /
Die du dir selbst auffgelegt /
Deiner eignen sinnen-pracht
Hat dich selbst zum knecht gemacht.

5.
Ich verbleibe dem gewogen /
Der sich anders giebet kund /
Wer mich einmahl hat betrogen /
Dem verschließ ich meinen mund /
Weil / wornach ihn so gelüst /
Nicht vor ihn gewachsen ist.
(Theil 4 S. 159-160)
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1.
Wer leichtlich traut / wird leicht verführet /
Drumb nehme man sich wohl in acht /
Wer Sodom-äpfel nicht berühret /
Wird als betrogen nicht verlacht /
Auff erden ist ohn dies nichts schlimmer
Nichts ärger als ein frauenzimmer.
Es glänzet offt die schlechste wahre /
Und wirfft den schönsten strahl von sich /
Und unter einem goldnen haare /
Ist dennoch wohl ein falscher strich.

2.
Syrenen singen stündlich heller /
Wenn die verführung nützen kan /
Ein wohlerfahrner vogelsteller /
Lockt alles durch betrug heran /
Es scheint daß beyde zucker geben /
Verkürzen aber doch das leben.
Wie schlipfrig jener nun muß wandeln /
Der nach der stimmen anmuth läufft /
So thöricht wird auch dieser handeln /
Der sich in frauen gunst ersäufft.

3.
Sie sind ohndieß genung beschrieen /
Daß sie dem monden gleiche sind /
Der / die sich ihn zu sehn bemühen /
Und kennen wollen / machet blind /
Damit des wechsels eigenschafften /
An keinem zu geschwinde hafften.
Denn lieben / hassen / küssen / kratzen /
Ist Weibern alles einerley /
So wahr als Argus nicht kan schwatzen /
Daß er noch unbetrogen sey.
(Theil 4 S. 160-161)
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Die kuß-scheue Doris

1.
So glaubstu / Doris / denn / daß dich ein kuß verletzt /
Den ein erhitzter mund auff deine lippen setzt?
Die rosen welcken zwar / wenn man sie offt berührt /
Doch deine werden erst dadurch noch mehr geziert.

2.
Du weist's / dein auge hat in mir den zug erweckt /
Du hast in meiner brust das feuer angesteckt /
Itzt aber / da die glut mit lichten flammen spielt /
So wegerstu den trost / der diese sehnsucht kühlt.

3.
Vielleichte bildestu dir diese wörter ein:
Es sey ein wiederspiel / keusch und verliebet seyn:
Nein / wie Narcissen gern bey Tulipanen stehn /
So mag ein keuscher geist auch wol zur liebe gehn.

4.
Ein unbefleckter kuß ist auch bey göttern rein:
Und doch will deine brust von stahl und eysern seyn;
Ach! geh nur in dich selbst und ändre deinen sinn;
Ein kuß der nimmt ja nicht bald alle keuschheit hin.

5.
Ich habe / Doris / zwar nicht deine gunst verdient /
Doch wo die wehmuth noch in deinem herzen grünt /
So schau nicht meinen werth nur meine flammen an /
Und dencke / daß kein mensch / als du / sie heilen kan.

6.
O lieb / itzt merck' ichs schon / mein wünschen wird erhört:
Doch daß kein falscher dorn uns diese lust verstört /
So stelle dich verblümt / und sprich: ich kenn ihn nicht /
Biß einst die einsamkeit uns sicherheit verspricht.
(Theil 4 S. 170-171)
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Er will nicht heyrathen

1.
Mein junges herz' ist ungebunden /
Es denckt nur stets an fröligkeit /
Die traur'gen und betrübten stunden /
Die finden sich wol mit der zeit /
Solt' ich mich quählen
Um einen kuß /
Und darum zehlen
So viel verdruß /
Wenn ich nicht muß.

2.
Mir ist die goldne freyheit lieber
Als ein gefärbter zucker-mund /
Da mancher buhler stirbt darüber /
Ich aber lebe noch gesund /
Die liebes-schmerzen
Die gehn mit macht
Nach meinm herzen
Daß sie nichts acht /

3.
Ein muntres pferd / ein'n blancken degen /
Ein paar pistol'n / ein schönes kleid /
Laß ich mir mehr seyn angelegen /
Als eines mädgens freundligkeit /
Will sie mich grüssen /
So danck ich ihr /
Will sie zuschlüssen /
Die gnaden-thür /
Wer kan dafür?

4.
Doch bin ich nicht von stahl und eisen /
Die liebe qvählt mich eben wol /
Ich ess so gern verbotne speisen /
Als ein verliebter brauchen soll /
Wobey dies bleibet
Der unterscheid /
Wer sich beweibet /
Stürzt sich in leid
Und traurigkeit.
(Theil 4 S. 173-174)
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Er klaget der nacht sein leiden

1.
Du verborgne stille nacht!
Die den himmel schrecklich macht /
Und ihr wolcken-klüffte!
Höret meinen überdruß /
Den ich hier verbergen muß /
In die finstern lüffte;
Ziehrt gleich keiner sternen-licht
Eure dunckle decken;
Mein gemüte läst sich nicht
Durch die nacht erschrecken.

2.
Schwärzt sich gleich das wolcken-dach /
Stürmt der himmel tausendfach /
Nichts soll mich verstöhren /
Daß ich nicht der seelen quahl /
Meinen jammer allzumahl
Solte lassen hören;
Meine schmerzen haben schon
Alles überstiegen /
Auch des schärffsten donners-thon /
Können sie besiegen.

3.
Mein gemüte liegt verhüllt /
Und mein herz ist angefüllt
Mit verborgnen pfeilen;
Dieser wunden herbe noth
Weiß kein ander / als der tod /
Recht und wohl zu heilen;
Es verstört der sorgen nacht
Meine freuden-lieder /
Und der strengen liebe macht
Schlägt den geist darnieder.

4.
Weg betrübter lauten-klang /
Was bemüht sich dein gesang
Meinen schmerz zu mehren?
Mein gemüthe / das sich kränckt /
Liegt vorhin in schmerz gesenckt;
Laß dich nicht mehr hören /
Nichts wird meiner matten brust
Lieblich vorgesungen /
Denn die seiten meiner lust
Sind schon abgesprungen.

5.
Doch was füll' ich diese bahn /
Meinen mund / die wangen / an
Mit viel thränen-güssen;
Die verborgne liebes-pein
Heist mich zwar verliebet seyn /
Aber nicht genüssen:
Dieser schmerz will mir itzund
Alle krafft verderben /
Und befiehlet / daß mein mund
Schweigen muß und sterben.
(Theil 4 S. 174-175)
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Die verspottete Beständigkeit

1.
Deine beständigkeit hoffet umbsonst:
Ob dich die plagen
Grausam zunagen /
Ob du dich stündlich mit seuffzen must schlagen /
Kriegstu doch nicht die verlangete gunst;
Deine beständigkeit hoffet umsonst.

2.
Suche durch immer ersinnliche kunst /
Was dich entzücket /
Was dich entrücket /
Ob dich die treueste flamme gleich schmücket /
Ist es doch eine vergebliche brunst:
Deine beständigkeit hoffet umsonst.

3.
Brennstu gleich vor lieb und vor brunst /
Kommen die flammen
Doch nicht zusammen;
Ob sie gleich selbst von Cupido herstammen /
Kriegstu doch nicht die verlangete gunst:
Deine beständigkeit hoffet umsonst.

4.
Alle dein hoffen ist nebel und dunst /
So meine blicke
Treiben zurücke;
Ja wenn auch nebel zur sonnen sich schicke /
Kriegst doch nicht die verlangete gunst:
Deine beständigkeit hoffet umbsonst.

5.
Deine beständigkeit hoffet umsonst /
Wenn auch die minen
Himmlisch gleich schienen;
Und du mich woltest recht göttlich bedienen /
Kriegstu doch nicht die verlangete gunst:
Deine beständigkeit hoffet umsonst.

6.
Deine beständigkeit hoffet umsonst /
Ob mir die hände
Venus gleich bände /
Kriegstu doch / das ist das liedgen vom ende /
Nimmermehr nicht die verlangete gunst /
Deine beständigkeit hoffet umsonst.
(Theil 4 S. 179-180)
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1.
Was vor ein ernst blitzt aus den schönen augen /
Die sich mein herz zum sonnen-licht' erwehlt?
Soll nichts nicht mehr mein seuffzen vor dir taugen /
Daß dein Gesicht mit schelem blick mich qvält?
Was hab' ich denn so hart verbrochen?
Daß mir itzt durch dein stetig sauer-sehn
Mein urtheil wird gesprochen /
Was ist zu wieder dir mein licht geschehn?

2.
Wird mir dein mund / dein schöner mund / entzogen /
Worauff ich sonst die liebes-rosen brach?
Was hat zu solchem eifer dich bewogen?
Ich denck umsonst dem grossen fehler nach;
So du mein lieben schuld wilst nennen /
Und straffen das mein herze dich verehrt /
So muß ich meine schuld bekennen /
Und daß dein kalt seyn mich nicht recht verzehrt.

3.
Ach! aber ach! wer will das süsse lieben /
Dem fehler sonder fehler zehlen zu?
Der himmel heist es selbst uns menschen üben /
Und schafft dadurch der Welt die höchste ruh /
Will denn darum dein grimm mich hassen?
So mustu deinen allzuzarten neid
Den himmel selbst entgelten lassen /
Der doch mit dir als seinem engel streit.

4.
Suchstu dadurch von mir vielleicht zu wissen /
Ob meine glut zu dir beständig sey;
So wirstu doch von mir erfahren müssen /
Daß niemahls ich von deinen flammen frey /
Du hast sie selbst in mir entzündet /
Der anfang wird darum so hoch geschätzt /
Weil seine würckung nicht verschwindet /
Als biß der todt mein brennend herz verletzt.

5.
Warum hab ich bey dir genade funden /
Wenn mich dein blick so grausam tödten will /
Du fingst schon an zu heilen meine wunden /
Nun enderstu das höchstbeliebte ziel;
Den Nectar den ich schon geschmecket /
Auff deiner wangen süssen rosen-feld /
Hat bey mir solchen durst erwecket /
Der mich biß dato noch gefangen hält.

6.
Darum laß mich nicht solche fasten halten /
Vielmehr gieb zu / daß ich vergnüget sey;
Eh werd ich wohl in meiner asch' erkalten /
Eh daß ich breche die verschworne treu /
Mein herz / das sich stets nach dir sehnet /
Hat deiner glut schon tempel auffgebaut /
Und sich zum opfern angewehnet /
Wo man dein bild schon längst verewigt schaut.
(Theil 4 S. 180-182)
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1.
Wer in liebes-früchten wehlet /
Findt im schönsten apfel offt /
Wenn er ihn hat abgeschelet /
Auch ein würmgen unverhofft;
Aus dem besten helffen-bein /
Ist gemacht das frauen-zimmer /
Darum will's vom erdkloß immer
Frey und unbeherrchet seyn:
Denn die harten köpfe kommen /
Und sind her vom bein genommen.

2.
Will man schon was schwarzes bleichen /
Dennoch bleibts bey schwarzer art:
Dies läst sich nicht gern' erweichen /
Was schon von natur ist hart;
Alles frau-volck ist zu hauff /
Weich von aussen / hart von innen /
Schön von leib' und steiff von sinnen /
Wer nun wehlt / der dencke drauf:
Wie er täglich seine schöne
Vor der abendzeit versöhne.
(Theil 4 S. 182)
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Als sie ihn nicht küssen wolte

Der garten meiner lust fühlt itzt ein ungewitter /
Ein sturm des unglücks weht auff seine felder hin /
Die vor gehoffte frucht schmeckt Coloqvinten-bitter /
Ich fühle den verlust und hoffe doch gewinn.
Die rosen-knospen sind in ihrer blüth ersticket /
Kein zefyr nimmt sich mehr / wie vor / derselben an /
Die sonne / die vorher geneigt auff sie geblicket /
Weist / daß sie ihre gunst auch nun verhüllen kan.
Verdrüßliches geschickt! und unbelebtes leben!
Da man die seele fast nicht in dem leibe fühlt /
Da man der sehnsucht bleibt die ganze zeit ergeben /
Und doch durch selbige nicht eine frucht erziehlt.
Chlorinde macht mir itzt den liebes-himmel trübe /
Doch will ihr regen nicht auff meine lippen ziehn /
Sie saget zwar / daß sie mein wesen annoch liebe /
Doch aber soll ich mich um keinen kuß bemühn.
Wie reimt sich aber das: zwar lieben doch nicht küssen /
Wo soll ein leben seyn / wo doch die seele fehlt /
Ich weiß nicht was ich mich soll in der angst entschliessen /
Weil mich das ungemach zu seinem zweck erwehlt.
O daß ich mir doch ließ das garn der liebe legen /
O daß ich so geschwind darein gegangen bin /
Ich hätte dieses erst bedencklich solln erwegen /
So fiel auff einmahl nicht der freuden trost-gewinn.
Was aber ist zu thun / der fehler ist geschehen /
Wer kost den liebes safft und taumelt darnach nicht?
So gehts / wenn wir auff was mit vollen blicken sehen /
Nicht aber ob die lust auch das vergnügen bricht.
Die liebe leget ja zu kohlen weisse kreide /
Zum besten diamant den schlechsten kieselstein /
Zum allergröbsten garn die allerzärtste seide /
Das ist: vor freude / noth / vor licht den trauerschein.
Ein kuß ist mir versagt / wie wird es mit dem herzen /
Wie wird es mit der gunst und ihrem geiste stehn /
Mich deucht ich sehe schon von weitem größre schmerzen /
Und die mir allbereit noch mehr zu herzen gehn.
Erbarmt euch meiner doch ihr sternen und du glücke /
Die sterne red ich an / weils einer sonne gilt /
Und hellft / daß mich ja nicht ein ungemach bestricke /
Ihr seyd ja / die ihr sonst der menschen sehnsucht stillt.
Ich aber wil getrost auff beßre zeiten hoffen /
Die zeit verändert auch der menschen harten sinn /
Und hat mich itzund gleich ein harter sturm betroffen /
So hoff ich doch davor was grosses zum gewinn.
Die treue muß doch stets noch ihren zweck erhalten /
Ist gleich der anfang schwer / wird doch das ende gut /
Die liebe wil ichs nur indessen lassen walten /
Wer weiß? was heute noch ihr arm vor wunder thut.
(Theil 5 S. 21-22)
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Glückwuntsch / als Chlorinde sich mit
dem Citron versprochen

Der himmel lacht euch an / auch bey der winters zeit /
Er heisset euren fuß auff lili‘ und rose gehen /
Das zimmer / das euch hält / ist mit jeßmin durchstreut /
Ich sehe tausendschön / und was noch schöner / stehen.
Die sonne scheinet auch hier starck auff beyder brust /
Sie treibt die flammen ein und führt sie zu dem herzen /
Es macht euch diß zwar heiß / doch ists auch eure lust /
Denn itzund findet ihr selbst in dem schmerze schertzen.
Doch ist auch winter hier / ich sehe ja den schnee
Auff jenen wangen dort / und eiß auff deren höhen /
Doch wächst noch unter uns vierblätteriger klee /
Auff dem das glücke soll / man sagts / gebildet stehen.
Doch gebt ihr mir itzund wohl nicht gar gerne raum /
Ihr habt itzt sonsten was / und heimlich / zu verrichten /
Denn liebes-verse sind nur gegen dem ein traum /
Was ihr itzunder wolt in eurem herzen schlichten.
Ich weiche gerne weg / und laß euch hier allein /
Verknüpffet euch fein fest / ich werd es wohl erleben /
Daß ein verräther denn des ganzes thuns wird seyn;
Und eur verbündniß wird ans licht mit freuden geben.
Der winter sey euch warm / die liebe sey euch heiß /
Die blumen machen euch den sommer in dem bette /
Und weil ich euch sonst nichts itzt mehr zu sagen weiß /
So schließ ich: wenn ich doch auch so den winter hätte.
(Theil 5 S. 22-23)
_____


Traum

Mir kam im schlaffe vor / Dorindens angesicht /
Das zeigt in minen sich ganz gegen mich verpflicht /
Sie drückte mir die hand / und das gewüntschte küssen
Ließ sie sich dißmahl nicht / wie andersmahl / verdrüssen.
Ich spielte ganz vergnügt / mit dem / was die natur
Vor schätze eingelegt in ihre liebes-spur.
Doch ich besann mich bald daß diß ein traum nur sey
Hierauff so liessen mich des schlaffes fessel frey /
Ach wüntscht ich / da ich noch besah die leeren hände /
Ach warum hatte denn der traum so bald ein ende.
(Theil 5 S. 38-39)
_____


Die verborgene Wollust

1.
Oeffentlich züchtig
Und erbar von schein;
Heimlich lust-süchtig /
Voll brünstiger pein /
Ganz eingezogen
Und keusch sich gestellt /
Das hat in der welt
Manch klug-dünckend auge betrogen.

2.
Liebe verachten /
Wo jemand zur hand /
Doch heimlich trachten
Zu leschen den brand.
Mit küssen / herzen /
(Offt folgt auch was mehr;)
Da läst sich die ehr /
Ach! leicht und geschwinde verschertzen.

3.
Recht keusch in warheit /
Da ruhet die lust /
In ehren-klarheit /
Und labet die brust.
Von keuschheit rühmen
Und keusch doch nicht seyn /
Trifft nimmer wohl ein /
Wie schön mans gleich denckt zu verblümen.

4.
Drum dencket daran /
Die ihr euch verliebt /
Wie diß schaden kan /
Und schmerzlich betrübt /
Hingegen lieben /
Und keusch doch auch seyn /
Das bringt zwar auch pein /
Doch ändert die lust das betrüben.
(Theil 5 S. 84-85)
_____



Auff ihre Härtigkeit

1.
Wie? zürnt Chlorinde nun um mich?
Wil mich ihr blitz ertödten?
Dreut ihre hand mir selbst den stich?
So bin ich voller nöthen /
Ey so reisse mir der lebens-drat entzwey /
Denn tod und leben sind mir nun einerley.

2.
Die sonne scheint zur lust der welt /
Sie mahlt derselben auen;
Doch / was von jener auff mich fällt /
Das macht mir noth und grauen /
Ja / sie macht daß feur und donner auf mich schlägt /
Wenn sie gegen mir ihr blitzend auge regt.

3.
Ach aber! schönste grausamkeit /
Laß nach den sturm und wellen /
Und nach viel ausgestandnem leid
Mir wieder gnade qvellen /
Schaue doch / wie vor / mein kind mich wieder an /
Und verlaß den strengen und doch falschen wahn.

4.
Kanstu den / der dich treulich liebt /
Mit recht wohl untreu nennen?
Hastu / was dir ein feind eingiebt
Mit fug wohl glauben können /
Ach verlasse diß / allerschönstes kind /
Von den angst- und kummer-ketten mich entbind.

5.
Schau / hier ligt der / den du veracht /
In demuth vor dir nieder /
Und giebt / o schönste / dir die macht /
Zu tödten herz und glieder /
Findestu da einen tropffen falsches blut /
Ey so straffe mich mit eisen und mit gluth.

6.
Ja ich wüntsch / daß in allem stück /
Mein glücke sich verzehre /
Und hingegen alles unglück
Sich tausendfach vermehre /
Alles werde mir zu gifft und auch zu stein /
Wo ich Chlorinde / dir wo werde untreu seyn.
(Theil 5 S. 85-86)
_____



Amarellens-Lobspruch

1.
Bistu von der erden
Amarella oder nicht?
Kan denn die gebehrden
Und so schöner augen licht
Uns die sterbligkeit auch reichen /
Gläub ich / was man sagt
Daß den Jupiter ingleichen
Menschen-liebe plagt.

2.
Wer nur urtheil fällen /
Und von schönheit richten kan /
Schaue Amarellen
Himmelswerthen zierath an /
Lebte Paris noch / er würde
Nicht nach Sparthen ziehn /
Sonder hie mit dieser bürde
Auff sein Troja fliehn.

3.
Venus / wilst du wissen /
Ob ein tadel sey an dir?
Dieses kanstu schliessen
Aus der Amarellen zier:
Zeuxes hätt aus ihren gaben
Ganz dein bild gemacht /
Und von zehn nicht dürffen haben
Deines leibes pracht.

4.
Wer Dianen schauen /
Und erkennen lernen will /
Die durch pusch und auen
Hetzt ihr flüchtig windes-spiel:
Stelle Amarellen bogen
Pfeil und köcher zu /
Nachmals sag er unbetrogen:
Göttin / das bistu.

5.
Sieht man Juno stehen
Bey dem grossen Jupiter /
Oder Pallas gehen
Euch zum schutz / ihr Danaer /
Nichts nicht wird an ihren leibern
Köstlichers gespürt /
Weder / was vor allen weibern
Amarella führt.

6.
Was die purpur schnecke
In den rothen muscheln hält /
Ist die haut und decke
Amarellen. Wie die zelt /
Und die sieges-zeichen prangen /
Weiß und roth gemahlt;
Also glänzet ihrer wangen
Anmuth und gestalt.

7.
Wie / daß ihr gesichte
Jupiter hie lassen kan /
Steckt es nicht zum lichte
Nebenst andern sternen an!
Oder / läst um Amarellen
Seines himmels-bau /
Wird / zu ihr sich zugesellen /
Noch zum goldes thau.

8.
Ja die theuren sachen
Und der edlen gaben wehrt /
Amarella / machen /
Daß mein herz dein nicht begehrt;
Sonsten solt ich auch geniessen
Was dein glanz dir giebt /
Möcht' es Jupiter verdriessen /
Der allein dich liebt.
(Theil 5 S. 87-89)
_____



1.
Mein herze hat der freyheit gold verlohren /
Ich muß / wie vor / der liebe dienstbahr seyn /
Kaum daß mein mund die dienstbarkeit verschworen /
So reist ein blick den schwachen vorsatz ein;
Verhängnüß / glück und zeit / ihr meister aller sachen /
Sagt / was wird endlich doch aus mir die liebe machen?

2.
Ein fisch / der sich von angel loßgerißen /
Eilt nicht so bald dem falschen köder nach /
Ein schiffmann wird dem ort zu meiden wissen /
Allwo er mast und seegel nechst zerbrach /
Ich aber bleibe noch stets an Charybdis hangen /
Obgleich mein liebes-schiff den Scyllen ist entgangen.

3.
Jedoch wer kan die hand zurücke ziehen /
Wenn schönheit uns beut ihren Nectar an?
Vor menschen-krafft ist es ein bloß bemühen /
Weil niemand hier / als engel / leben kan /
Der mund mag noch so viel von zucht und keuschheit sprechen /
Ein schönes auge kan ihm bald den hochmuth brechen.

4.
Ließ Davids hand nicht harff und psalter liegen /
Als Bathseba sein herz gesetzt in brand;
Und Simsons faust verlernete zu siegen /
Als ihn ein weib mit ihren stricken band;
Selbst Salomonis witz und klugheit gieng verlohren /
Der weiber liebe schrieb ihn in die zahl der thoren.

5.
Kan schönheit nun so süssen Nectar schencken /
Der Fürsten blendt und helden taumeln lehrt /
Was wunder? wenn sie uns mit zauber-träncken /
Den geist auffs neu mit liebe hat bethört /
Ich wag es noch einmahl / und fehl ich gleich auch heute /
So ist mein fehler doch ein fehler grosser leute.
(Theil 5 S. 94-95)
_____



Die unglückliche Liebe

1.
Meine liebe gleicht den blättern /
Die den rosen-stock geziert /
Und von vielen unglücks-wettern
Nun demselben sind entführt /
Die / von stürmen ganz zerrissen /
Nun den staub der erde küssen.

2.
Vor was alles zum vergnügen
Und zur wollust angelegt /
Da es nun sehr hoch gestiegen /
Was in mir das glück erregt /
Fällt der bau / und mein vergnügen
Muß vor dessen fall erliegen.

3.
Dornen bleiben mir zum besten /
Das gedächtniß jener lust
Lagert sich mit andern gästen
Jener noth in meine brust /
Alles wird nach jener liebe
Nun bey mir verwirrt und trübe.

4.
Doch ich will es gerne leiden /
Was das schicksal mir bestimmt /
Mesolan an statt der seiden /
Rauch / wo vor die gluth geglimmt /
Die wie weyrauch flammen spreite /
Und die man den herzen weihte.

5.
Tröste dich demnach mein herze /
Nun auff dieser dornen-bahn /
Dencke / daß es nach dem schmerze
Wieder besser werden kan;
Wechseln herrscht ohndem im lieben.
Noth auff lust / lust auff betrüben.
(Theil 5 S. 97-98)
_____



1.
Mag ein seuffzer mich begleiten /
Wenn ich sterb an deiner seiten
Ist mir auch im grabe wohl;
Laß mir deinen mund versprechen /
Wenn die matten augen brechen /
Daß ich dein auch sterben soll.

2.
Laß auff deinen schwanen-klippen /
Auff dem scharlach deiner lippen
Nicht mein schiff zu grunde gehn;
Laß mich mit verliebten winde
Seegeln / so kan ich geschwinde
Den verlangten hafen sehn.

3.
Will dein herze mich verlassen /
So will ich mit lust erblassen /
Und verschmachten in der brunst;
Deinen mund einmahl zu küssen /
Soll mir meinen tod versüssen /
Sterb ich nur in deiner gunst.
(Theil 5 S. 99)
_____



An Callisten, als sie ihm ein sauer gesichte machte

1.
Ich bin als wie ein schiffer-nachen,
An den der sturm die wilden fluthen schmeißt.
Der liebe macht bemeistert meinen geist,
Und will mich ihr zum sclaven machen.
Ich schiff' in einer see,
Die wollust und begierd aufschwellen;
Was wunder, wenn ich in den wellen,
Eh ichs vermein', in tausend drümmer geh.

2.
Die klugheit läßt das ruder fallen,
Mein ancker sinckt, mein mast zersplittert sich,
Des himmels grimm geht einzig über mich,
Ich höre seine donner knallen.
Im herzen trag ich tag;
Von aussen seh ich schwarze nächte.
Ach! daß Calliste doch gedächte,
Daß tag und nacht sich nicht verschwistern mag.

3.
Verzeih, wo ich zu unbescheiden!
Dein antlitz ists, so diese nacht gebiehrt.
Wer sonnen in den augen führt,
Muß keinen nebel um sich leiden.
Verschleuß dich länger nicht!
Gesetzt, daß ich vor dich nicht tauge,
Lehnt doch des adlers stumpffes auge
Selbst seine krafft vom grossen sonnen-licht.

4.
Wiewohl, ich wünsche keine sonne.
Soll meine fahrt bey trüb- und tunckler nacht
Durch deinen schluß, Calliste! seyn vollbracht,
So gönne mir zum minsten diese wonne:
Daß deiner brüste schein,
Die wie zwey stern' auf deinen anmuths-höhen
Bald in die höh, bald wieder abwarts gehen,
Mir mein compaß, mein leitstern möge seyn!
(Theil 6 S. 61-62)
_____


Aria

1.
Mein verhängniß! soll ich brennen,
Und doch ohne flammen seyn?
Wird man nicht die asche kennen,
Wo man herzen äschert ein?
Ich bin kranck am liebes-fieber,
So ich doch verschweigen soll;
Geht der mund nicht dessen über,
Wessen unser herze voll?

2.
Was ich liebe, kan ich sehen,
Und muß thun, als säh ichs nicht.
Mein gemüth darff nicht gestehen,
Was aus meinen augen bricht.
Uber kälte muß ich klagen,
Wenn mich quälet feuers-gluth;
Doch ein bloser blick wird sagen,
Ich besteh aus fleisch und blut.

3.
Aber wie wird meine liebe
Durch was sträfliches versucht!
Ich bin Adams kind und riebe,
Greiffe nach verbotner frucht.
Wer ist starck zu widerstreben,
Wenn die schönheit auf uns dringt?
Der die liebligkeit gegeben,
Weiß auch, daß dieselbe zwingt.

4.
Darff ich öffentlich nicht brennen?
Soll mein herz ein Hecla seyn,
Der mit eiß, kein feur zu kennen,
Decket seiner flammen schein.
Ich will mich zur gluth verfügen,
Gleich als wär' ich noch so kalt.
Mein verhängniß lehrt mich lügen,
Darum lern' ichs auch so bald.

5.
Aber wie soll die es mercken,
Welcher die verstellung gilt?
Bin ich todt in meinen wercken;
Lebt doch noch in mir ihr bild.
Darff kein wort es ihr vertrauen;
Machts die stumme liebe kund:
Sie kan sonder augen schauen,
Und redt auch wohl sonder mund.
(Theil 6 S. 62-63)
_____



Als sie sich nicht wolte bewegen lassen

Brauche, fürstin meiner seelen!
Nicht so strenge deine macht.
Laß mein herze nicht so quälen,
Das du selbst verliebt gemacht!
Sey nicht stets unüberwindlich!
Lindre meine liebes-pein!
Seynd die götter doch empfindlich,
Solt' es nicht ein engel seyn?
(Theil 6 S. 73)
_____



An den Celadon

1.
Mein Celadon sol meine glut /
Die mir durchwandert marck und blut /
Nicht rauch und flammen von sich treiben /
Soll Aetna in dem herzen stehn /
Und Phlegeton in adern gehn /
Und ihre kraft verborgen bleiben.

2.
Ich mameluckin der natur
Darf keine rechte liebes-spur
Vor meines liebsten augen lassen /
Mein herze soll entzündet seyn /
Mein herze fühlt die süsse pein /
Und mit den lippen muß ich hassen.

3.
Ich weiß nicht / wie die kluge welt
Die thorheit zum gesetze stellt /
Und netze macht sich selbst zu plagen.
Wie kan man / wenn die starcke hand
Uns trifft mit feuer / glut und brand
Von wasser und von kälte sagen.

4.
Ich zwinge mich / so viel ich kan /
Und nehme was verstelltes an /
Beherrsche lippen und gesichte /
Weil doch die gar zu kluge welt
Zu keiner zeit vor schwestern hält /
Bekante brunst und gut gerüchte.

5.
Mein Celadon bleibt doch geliebt /
Ob schon die glut nicht funcken gibt /
Und er mich nicht kan sehen brennen.
Zeigt mein beseeltes helffenbein
Gleich nicht der hellen flammen schein /
So wird man doch die asche kennen.

6.
Macht gleich mein unverdienter mund
Nicht meiner seele regung kund /
Schwebt brunst und gunst nicht auf der stirne;
So kan ich doch bey stiller nacht /
Wenn nichts als meine liebe wacht /
Dein bildniß küssen im gehirne.

7.
Hört gleich mein Celadon itzt nicht /
Was mein verliebtes herze spricht
Und meine treue seele bringet /
Weiß schon die meisterin der zucht /
Daß meine brunst die maße sucht /
Und sich mein reines auge zwinget.

8.
So hoff ich dennoch auf die zeit /
Da sich der glieder zanck und streit
In fried und freyheit wird verkehren;
Und daß des herzens süsser brand /
Des willens unbequemes band
Durch seine flammen wird verzehren.

9.
Und solte meiner jugend pracht /
Und dieses / was mich lieblich macht /
Das grab mit aller hofnung haben;
So weiß ich doch / daß jederman
Von meinem herzen sagen kan:
Alhier liegt Celadon begraben.
(Theil 2 S. 79-81)
_____



Arie eines Herzogs auff seine Gemahlin

Ach zürne nicht / erlauchte Sylvia /
Daß dich ein mund / der irrdisch ist / will küssen /
Mein eigner trieb selbst trieb mich nicht so nah /
Des himmels schluß legt mich zu deinen füssen /
Der mich verblendt aus dem gewichte reist /
Und lieben heist.

Ich habe gnug dir diese noth verhehlt /
Wie aber kan das herze länger schweigen?
Was das gesicht in der gestalt erzehlt /
Muß auch der mund mit blassen lippen zeigen /
Ach Sylvia! laß dir das müde flehn
Zu herzen gehn.

Kan ich davor / daß ich entzündet bin?
Dein heißer blick hat diesen brand erwecket;
Mit einem blick war auch mein herze hin /
Wer weiß daß feur in schnee und marmel stecket?
Ich hatte kaum ein aug auff dich gewandt /
Und war entbrandt.

Ach Sylvia! erwege was es sey /
Zu seiner lust / unschuld’ge seelen brennen /
Ich war vorhin von diesen zügen frey /
Mit dir hab ich sie erstlich lernen kennen /
So hasse denn nicht / was du hast gemacht /
Und auffgebracht.

Der himmel weiß von keiner härtigkeit /
Er schlägt zwar ein / doch löscht er auch mit regen /
Du bist ihm gleich / du ausbund dieser zeit /
Laß dich doch auch zu gleicher lust bewegen /
Die hölle lehrt was wütet und zerbricht /
Der himmel nicht.

Die sonne selbst mischt sich den thälern ein /
Ihr wesen wird berühmter auff der erden /
Die kohle giebt dem spiegel glanz und schein /
Durch mich kan nicht dein werth gemindert werden /
Die seele / die den irrdschen cörper speist /
Bleibt doch ein geist.

Zwar ists zu viel ein blosser mensch zu seyn /
Und sich an dem / was göttlich ist / verlieben.
Ach aber ach! Gott giebt das lieben ein /
Wer widersteht den überirrdschen trieben?
Ein armer mensch hat nur von fleisch ein herz /
Und nicht von erz.

Die liebe sieht auch keine gleichheit an /
Sie mischet greiß und perlen-schmuck zusammen /
Die Emma küst hier ihren unterthan /
Ein sclave brennt in königlichen flammen;
Und Veneri ist Adon / nur ein knecht /
Doch nicht zu schlecht.

Und weist du nicht / wem du gewalt gethan?
Gib acht auff den / der dir wird seuffzer schicken /
Der ists / der dich unendlich siehet an /
Verzeihe doch den allzu-kühnen blicken /
Die sonnen-blum dreht nach der sonne sich /
Ich nach dir mich.
(Theil 1 S. 432-433)
_____



An Mademoiselle S. Margar
Madrigal

Du bist an licht, und aller schönheit reich,
Was an dir ist, kömmt reinen perlen gleich.
Du bist ein nettes meisterstück,
Woran die engel selbst gebauet:
So offt ich dich, holdseligs kind, beschauet,
Entgienge mir ein tropffen warmes blut,
Indem du mich an deine brust gedrücket.
Drum halt ich dich alleine vor das gut,
So mir der himmel zugeschicket.
Du bist des lobes werth,
Denn eh ich noch den ersten kuß begehrt,
So flossen dir schon perlen aus den augen.
Ich durffte fast nur halbe seuffzer brauchen,
So wiesest du, mit ausgestreckter hand,
Den kürztsten weg zu dem gelobten land.
(Theil 4 S. 391)
_____




An eben dieselbe
[An eine Freundin]

1.
Fliege du betrübte schrifft,
Durch die unbewohnten klüffte,
Laß dich die geschwinden lüffte
Vor der liebsten füsse tragen
Um den scharffen schmerz zu sagen,
Der die matte seele trifft.

2.
Wüste sie die strenge pein,
So mein feiges herze schläget,
Und die fessel, die es träget,
Würden ihre kalte blicke
Mir ein neu geschaffnes glücke
Und nicht gifft und schwerdter seyn.

3.
Schmiege dich an ihre brust,
Gieb ihr heimlich stille küsse,
Daß sie mein verlangen wisse,
Einen freyen kuß in ehren
Kan die welt nicht ganz verwehren,
Sie vergönnet solche lust.

4.
Zittre nicht, denn frisch gewagt,
Hat gar offt den kranz genommen,
Und die palmen überkommen.
Nun die schickung wird es fügen,
Daß man künfftig von vergnügen
Und erwünschter freude sagt.
(Theil 4 S. 399-400)
_____



Nach überstandener kranckheit an dieselbe

1.
Hyblens honig, Lotos früchte,
Flösten mir nichts süsses ein;
Aber dein verliebtes küssen
War das kräfftige gerüchte,
So mich wieder starck gemacht,
Und dem grabe selbst entrissen.

2.
Was kein balsam zugeheilet,
Hat der lippen safft gethan,
Götter haben deinem munde,
Doch die kräffte mitgetheilet,
Daß er durch den blossen hauch
Meinen schmerz verzuckern kunte.

3.
Hat der odem solche stärcke,
Ey was muß vor öl und wein
In der brust verborgen liegen.
Thust du mehr dergleichen wercke,
Wärest du ja billig werth,
Daß wir dich auf händen trügen.
(Theil 4 S. 400)
_____



1.
So geht es allemahl,
Bey reiner lieb ist unerhörte qvaal,
Und in treuen flammen brennen,
Heist der kummer-freyen brust,
Statt der lust,
Pein und marter zu erkennen.

2.
Deine treu und redlichkeit
Verschwistert sich mit jammer, angst und leyd,
Öffters wird das licht der liebe
Wie der sonnen helle pracht,
Durch die nacht
Und durch dampff und nebel trübe.

3.
Drum auf bekränckter muth,
Bey allem schmerz, bey aller feinde wuth,
Laß dich zu keinem anfall bringen,
Geh und kämpffe unverzagt,
Nur gewagt,
Endlich muß es doch gelingen.

4.
Es soll der feinde list,
Und was uns ietzt mit macht zuwider ist
Dennoch nicht unsre seelen trennen,
Alles gielt uns einerley,
Unsre treu
Soll man auch im grab erkennen.
(Theil 4 S. 401)
_____



1.
Schmeichle dir Lisette nicht,
Wenn mein mund von liebe spricht,
Daß ich redlich dir gewogen;
Weil du selber nicht getreu,
So wird deine heucheley
Auch mit recht von mir betrogen.

2.
Weil es dir unmöglich ist,
Daß dein mund mich redlich küst,
Und mit ungefärbter liebe,
Müst ich toll und thöricht seyn,
Wenn ich bey dem blossen schein
Deiner flammen ehrlich bliebe.

3.
Nein, ich kenne schon den gast,
Den du dir erwehlet hast,
Den du mir zur seite setzest,
Ohngeachtet aller kunst,
Weiß ich, daß du seine gunst
Deiner liebe würdig schätzest.

4.
Lieb ihn immer wie du wilt,
Lügenvolles Engelbild,
Ich muß dich mit recht verlassen,
Und bey deiner heucheley,
Wär ich vormahls noch so treu,
Dein verfluchtes lieben hassen.
(Theil 4 S. 401-402)
_____



An S. M.

1.
So schliesset sich dein gnaden-himmel zu?
O grausame! Und droht mit donner-schlägen;
Halt göttin an! beschütze meine ruh!
Was wilst du mich mit höllen angst belegen?
Es kan fürwahr des feuers pein
Nicht heisser noch so mächtig seyn,
Als wenn ein paar vertraute seelen,
Einander selbst mit untreu qvälen.

2.
Die unschuld rufft, du aber schweigest still,
Und läßt mein herz in tieffer fluth versincken;
Nun, wenn dein ohr mich nicht erhören will,
So gieb mir jetzt den stärcksten gifft zu trincken.
Damit sich nur mein schwacher geist,
Noch heut aus seinem kercker reißt.
Mein herze kan fast alle plagen,
Nur nicht die eifersucht ertragen.

3.
Drum sieh zurück! schau schmerz und thränen an!
Und laß auf blitz den himmel heiter sehen!
Wenn schwur und treu dich nicht bewegen kan,
So wird dir doch mein todt zu herzen gehen.
Gewiß es kömmt wol keiner mehr,
Er sey denn aus der hölle her,
Der feuer, eiß und stahl verlachet,
Und deinen leib zum abgott machet.

Kind von zarter Lieblichkeit,
Deiner augen holde blicke
Bleiben ietzt und allezeit,
Mir die angenehmsten stücke.
Es gereichet mir die last,
Und die so beliebten bande,
Die du selbst geknüpffet hast,
Nur zum lob und nicht zur schande.
Denn du bist von solcher art,
Welche bey dem sauer sehen
Keine glatten küsse spahrt,
Die durch marck und adern gehen.
Drum soll Schönste, dir allein,
Auch das herz in meinem leibe,
Ewig aufgeopffert seyn,
Wenn ich nur dein eigen bleibe.
(Theil 4 S. 403-404)
_____



Auf Climenens kleine brüste

Climene zeiget mir den angenehmsten garten,
Doch dieses klaget sie, daß ihre äpffel nicht
Ein wenig groß gerathen seyn.
Doch stelle diesen kummer ein,
Und laß mich sie, mein licht,
Als deinen gärtner fleißig warten.
Der handgriff, den ich weiß, schlägt ohne zweiffel an,
Und macht, daß man sie bald was grösser schauen kan.
(Theil 4 S. 441)
_____



Auf die unbeständigkeit der liebenden

1.
Unbestand ich bin dir feind,
Ich verwerffe falsche herzen,
Und erhebe solche kerzen,
Deren feuer ewig scheint,
Unbestand ich bin dir feind.
Soll dir die welt geneigt und günstig seyn,
So mische nicht verfluchte schmeicheleyen
Als einen gifft bey glatten worten ein,
Man wird sich sonst vor deinem schatten scheuen.
Der ist allein der zarten liebe werth,
Der sich den sinn ein felß zu seyn, gefasset.
Wer sich an wind betrübter fälle kehrt,
Wird als ein feind von iedermann gehasset.

2.
Weg mit einem wetter-hahn,
Den ein kleiner sturm beweget.
Wer auf beyden achseln träget,
Trifft bey mir kein lager an.
Weg mit einem wetter-hahn.
Ein edles blut verwandelt sich nicht leicht,
Wie memmen thun, so bald den muth verliehren.
Wer aus dem feld im ersten angriff weicht,
Den wird man nicht auf sieges-wagen führen.
Wer lieben will, der liebe mit bestand,
Sonst wird er sich die lust zu galle machen;
Zerreissest du dein selbst geknüpfftes band,
So wird ein blitz dich zu verbrennen wachen.
(Theil 4 S. 466)
_____



Das verliebte Mädgen

Es bleibt dabey /
Daß jeder mensch verliebet sey:
Will diß das frauen-volck gleich offters nicht gestehn /
Und schweret stein und bein /
Es treffe diß bey ihnen doch nicht ein /
So zeigt sichs doch denn in der that /
Ob diß ihr wort viel auff sich hat /
Wenn ihre zehen sich um einen mann offt schlagen /
Der noch dazu sich muß mit einer krücke tragen.
Drum bleibt es bibel-wahr /
Daß uns die mädgen trefflich lieben /
Und wenn wir stürben / uns wohl gar
Mit ihren nadeln bald aus unsern gräbern grüben.
(Theil 5 S. 327)
_____




Auf Eromenens abreise

Endlich haben sich die stunden,
Da ich dich verlassen muß,
Mir zum schrecken, eingefunden,
O entsetzlicher verdruß!
Da mein herze nicht mehr mein,
Soll es erst getrennet seyn.

Ach! ihr unglückselgen tage,
Eilet doch nicht allzusehr!
Daß ich so empfindlich klage,
Rührt von meiner schickung her;
Meiner hoffnung freuden-schein
Soll durch euch verfinstert seyn.

O ihr allzustrengen sternen,
Warum seyd ihr so erbooßt?
Soll mein leben sich entfernen?
Ach so sterb ich ohne trost:
Sonder das, was ich geliebt,
Bin ich auf den tod betrübt.

Andre mögen alles haben,
Ehr und glück zum eigenthum:
Deiner anmuth wunder-gaben
Sind mein allerschönster ruhm.
Dieses höchstgeschätzte gut
Kaufft ich gern mit meinem blut.

Aber ach! ich soll dich missen,
Du wirst der beklemmten brust
Leider allzufrüh entrissen,
Unaussprechlicher verlust!
Zeit und stunde sind schon da,
Und mein unglück allzunah.

Drum so fließt ihr nasse zeugen
Meiner ungefärbten treu;
Ich will ferner nicht verschweigen,
Daß mein herz gebunden sey;
Meiner fessel werthes band
Kam von allzuschöner hand.

Wenn ich jenen ort betrachte,
Da dein süsses saiten-spiel
Mich offt in entzückung brachte,
Wenn dir mein ergebner kiel
Das in reimen dargethan,
Was der mund nicht sagen kan.

Ach so klag ich das geschicke
Wegen seiner falschheit an,
Weil es mir, durch deine blicke,
Vormahls wohl, itzt weh gethan.
Denn mein kummer sagt mir wohl,
Daß ich lebend sterben soll.

Doch du helffte meines lebens,
Werthes kind, vergiß mich nicht!
Alle seuffzer sind vergebens,
Weil der himmel widerspricht;
Was mich noch zu trösten scheint,
Ist, daß mich dein aug beweint.

Köntest du mein herze sehen,
Das nur noch vor schmerzen lebt,
O du würdest selbst gestehen,
Daß dein bild darinnen schwebt,
Und daß deine gunst und treu
Mir ein ewig denckmahl sey.

Drum nimm diese hand voll thränen
Noch zur letzten guten nacht!
Itzt verkehret sie in sehnen,
Was uns vormahls angelacht:
Doch bleibt gleich der leib allhier,
Reist mein herze doch mit dir.
(Theil 7 S. 68-70)
_____


aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)


 

siehe auch Teil 1 Teil 2 und Teil 3






 


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