Johann Christoph Friedrich Haug (1761-1829) - Liebesgedichte




Johann Christoph Friedrich Haug
(1761-1829)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte: (Teil 2)

 





Lob der Schönen

Allüberall, wohin wir schau'n,
Ein Sorgen und ein Sehnen!
Des Mannes Leben wäre traun!
Zu werthlos ohne Schönen.

Chor
Das Lob der Schönen
Ziemt Adams Söhnen.
Für uns erneut
Die goldne Zeit
Ein Gruss und Kuss der Schönen.

Wohl mag, wer nicht zu lieben weiss,
Dem eiteln Golddurst fröhnen,
Und für Gefahr, Gewerb und Schweiss
Bei seinem Mammon gähnen!

Chor. Das Lob der Schönen usw.

Gönnt's einer Hohen Facultät,
Mit Titeln zu belehnen!
Mag ein gepries'ner Musaget
Sich Gott Apollo wähnen!

Chor. Das Lob der Schönen usw.

Mag ein Erob'rer sich an Mord,
An Brand, an Greuelscenen,
Wie der Matrosenfeldherr dort
An Raub und Sturm gewöhnen!

Chor. Das Lob der Schönen usw.

Hochwohlgelahrte, die ihr's wagt,
Die Liebe zu verhöhnen,
War Salomo nicht weiser? - Sagt! -
Und liebte doch die Schönen.

Chor. Das Lob der Schönen usw.

O Laura! dein "Ich liebe dich"
Gehaucht mit Zaubertönen,
Ist lohnender, als wollte mich
Die Welt zum Kaiser krönen.

Chor. Das Lob der Schönen usw.

Zur Probe schuf Natur den Mann,
Und, mit der Wonne Thränen,
Ihr Meisterwerk, die Eva, dann,
Das Urbild alles Schönen.

Chor
Das Lob der Schönen
Ziemt Adams Söhnen.
Für uns erneut
Die goldne Zeit
Ein Gruss und Kuss der Schönen!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 249-251)

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Minnelied
Nach Werner von Tuifen (Th. I. S. 45)

Naht euch der süssen Minne Thron!
Sie beut ja süssen Sold.
Wisst, ihres treuen Dienstmanns Lohn
Ist köstlicher, denn Gold.
Heran! Seyd unterthänig, werthe Laien!
Sie kann mit hoher Lust euch benedeien,
Kann euer Herz von langem Kummer freien.

Die Minne theu'rt des Edeln Werth,
Und höht des Klagers Muth.
Ihn lohnt, was überschwänklich ehrt,
Was besser ist, als gut.
Sie schafft, was nie der Aerzte Kunst erschwänge.
O dass ich süssen Minnelohn erränge!
Verderben muss ich, so mein Wunsch mislänge.

Hilf, zauberische Minne, mir!
Ich bin vor Liebe krank.
Mein Trost, mein Leben liegt an dir.
O zwinge, die mich zwang!
Vor ihren Augen lass mich Gnade finden!
Von Herzeleide soll sie mich entbinden;
Sonst kann ich's ohne Tod nicht überwinden.

Mich dünken Schätz' und Kronen nichts,
Wird nur die Holde mein.
Wenn Sie mein Herz verschmäht, so bricht's.
Grabt meinen Leichnam ein!
Sie weinte doch, wenn ich im Sarge ruhte. - -
Lieb ist sie mir, o lieb vor allem Gute.
Sie wohnt geheim, und ewig mir im Muthe.

Der Bösen Hass, der Buhlen Neid
Ertrüg' ich gern um Sie.
Nur eines Lächelns Seligkeit!
Ach, Sie gewährt es nie.
Sie häuft durch meine Qualen ihre Schulden.
Ich zürne nicht - ich muss es stille dulden.
Ich rang, und ringe fortan, ihr zu hulden.

Nun steh' ich aller Sorgen baar.
Will Sie, so bin ich todt.
Reicht Sie den Mund zum Kusse dar,
So flüchten Gram und Noth.
Sie kann die Herzen heilen, wie verwunden.
An Sie muss ich gedenken alle Stunden.
O Minne! Lass mich Kranken bald gesunden.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 252-254)

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An Laura

Laura, die zum Quell der Wonne drang,
Deinem Blick war Sternenglanz gegeben!
O, du schufst in Ton und Rede Leben,
Und dein Schwärmer hört noch ihren Klang,
Sieht noch deines keuschen Busens Beben,
Sieht noch - wahrlich! keines Mädchens Gang!
Ueber Veilchen hin dich, Engel, schweben,
Ewig töne dir mein Preisgesang!
Deinem Schöpfer kamst du heim in Frieden;
Nur der schöne Schleier blieb hienieden,
Der vom hohen Schicksal dich umwand,
Ach! Geliebte! Liebe, Huld und Wonne
Flohn mit dir! Am Himmel starb die Sonne,
Und wir fassen gern des Todes Hand!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 258)

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Die Gewalt der Liebe

Hätt' über Julchen ich Gewalt,
Wie Julchen über mich -
Was längst sie meinem Herzen galt,
Gält' ihrem Herzen ich;
Und, eh' die Dämm'rung niederwallt,
Umschläng' ein Brautpaar sich.
Ach, aber Julchen ist so kalt,
Und liebekrank bin ich.
O hätt' ich über mich Gewalt,
Wie Julchen über sich -
Der überirdischen Gestalt
Vergässe pilgernd ich,
Erköhr' ein neues Liebchen bald,
Und grämte nimmer mich! - -
Vergieb, was meine Zunge prahlt!
Blieb meine Treue - sprich!
Seit jenem Schwur im Rosenwald
Nicht unveränderlich?
Ob tödtend mir dein Auge strahlt -
Dir unterthan bin ich;
Denn du hast über mich Gewalt,
Wie Gott nur über dich.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 259-260)

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Ich liebe wieder

Segnen und erfreu'n,
Martern, wie Tirannen,
Wechselnd Lust und Pein
Schaffen und verbannen,
Ist dem Liebesgott ein Scherz.
Er verwundet unser Herz,
Und fleucht von dannen.

Seit ein Pfeil mich traf,
Und zum Sklaven machte,
Floh mein gold'ner Schlaf,
Und die Sorg' erwachte.
Da verwünscht' ich kalt und kühn
Seine Zaubermacht und ihn;
Doch Amor lachte.

Weiser Spott! - Wie gern,
O wie schnell, ihr Brüder!
Warf vor seinem Herrn
Der Rebell sich nieder!
Besser Amors Tirannei,
Als der Freiheit Einerlei!
Ich liebe wieder!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 265-266)

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Rudolf an Ida

Soll ich in Verzweiflung sterben?
Ida! Graziengestalt!
Soll meine Wange sich entfärben,
Weil deine Wange röthlich strahlt? -
Sey du schön, wie Blumenauen,
Wie ein Lenztag anzuschauen!
Gewinn' ich nie zum Liebchen dich,
Was kümmert deine Schönheit mich!

Soll mich eig'ne Thorheit quälen?
Soll dein Zauberton, dein Blick,
Dein Lächeln mir den Schlummer stehlen?
Mich tödten ein geträumtes Glück? -
Sey du fromm, wie deine Täubchen!
Sanfter, als ein Turtelweibchen!
Gewinn' ich nie zum Liebchen dich,
Was kümmert deine Sanftheit mich!

Soll ich mit zerriss'nem Herzen
Im Gesange dich erhöh'n,
Und verschmäht, ein Raub der Schmerzen,
Trostlos mählig untergeh'n? -
Sey geschaffen ohne Mängel,
Paradiesischgut, wie Engel!
Gewinn' ich nie zum Liebchen dich,
Was kümmert deine Güte mich!

Soll ich mich zur Leiche wimmern?
Fluchen meinem Hirtenstab,
Weil dir, mein Glück zu überschimmern,
Das Ungefähr den Freibrief gab? -
Hülle, reich geschmückt, wie keine,
Dich in Gold und Edelsteine!
Gewinn' ich nie zum Liebchen dich,
Was kümmern deine Schätze mich!

Fleuch, Verzweiflung! - Still', ihr Klagen! -
Schöne, sanft, und gut, und reich!
O lass mich deine Huld erjagen!
Dann ist die Welt mein Himmelreich. -

Lachst du mein, so tönt kein Wehe!
Ich verachte dich, und gehe.
Gewinn' ich nie zum Liebchen dich,
Was kümmert deine Liebe mich?

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 269-271)

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Minnelied
Nach Kristan von Hamle

O Herr Anger! dass ihr reden könntet
Gleich dem Sittig oder Staar,
Und mir rechte Kunde dann vergönntet,
Wie so sanft euch heute war,
Als der Guten minnigliche Füsse
Drückten euer junges Gras,
Und von euch die Wundersüsse
Blumen aller Farben las.

Wohl, Herr Anger, war's ein Freudenstand,
Als mein Lieb zu euch sich bückte,
Und mit kleiner weisser Hand
Eure schönsten Blumen pflückte.
Ach, erlaubt, Herr grüner Plan,
Dass ihr Treuer sich allhier ergötze,
Und auf die von ihr geweihte Bahn
Seine Füsse setze.

Bittet, lockt, Herr Anger! mich zu küssen,
Dieses Weib, nach der mein Sehnen steht;
Es so wünsch' ich, dass mit nackten Füssen
Ueber euch die Holde sich ergeht.
Segensfülle wird euch dann entspriessen!
Nimmer dann euch schaden Reif und Schnee! -
Hasch' ich nur von ihr ein lieblich Grüssen,
O so grünt mein Herz, wie euer Klee.


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 272-273)

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Was ist Minne?
Nach Ulrich von Lichtenstein

Frau! Ja, Herrin meiner Sinne!
Achtet meinen Wunsch nicht klein!
Lernt von eurem Diener Minne!
Lernt, auf Erden selig seyn.
Würd' euch Minne sattsam kund,
Euer kleiner holder Mund
Schwüre heut den Minnebund.

"Herr, so sagt mir: Was ist Minne?
Ist es Fräulein oder Mann?
Nie beim Himmel! ward ich's inne.
Lehrt mich, was es will und kann.
Ist es trüglich, oder wahr?
Seine Lust und seine Fahr
Sollt ihr mir verkünden gar."

Frau! die Minne herrscht gewaltig.
Alle Lande dienen ihr.
Ihre Macht ist mannigfaltig.
Ihre Sitte launt, wie wir.
Sie ist übel, sie ist gut,
Dass sie wohl und wehe thut.
Also merkt der Liebe Muth.

"Herr! und kann sie Schmerz entschmerzen?
Unterjochen bitt'res Leid?
Wonne senden in die Herzen?
Fügen Zucht und Würdigkeit?
Hat dess alles sie Gewalt,
Nun so preis' ich Jung und Alt,
Wem sie Hohes gilt und galt."

Frau! vernehmet gröss're Lehre:
Minnelohn ist segenreich.
Freude giebt sie, Heil und Ehre.
Knechte setzt sie Fürsten gleich.
Augen-Wonnen-Herzenspiel
Giebt sie, wem sie lohnen will,
Und noch sond'rer Gaben viel.

"Herr! und was soll mir erjagen
Ihren Habedank und Lohn?
Sehnen, Thränen, Seufzer, Klagen?
Der Gedanke schreckt mich schon.
Sagt, wie ihre Lust erjagt,
Wem ihr Wehe nicht behagt?
Lös't das Räthsel mir, und sagt!"

Fräulein! Da musst du mich meinen,
Herzlich meinen, wie ich dich,
Uns're Zweiheit so vereinen,
Dass wir beide sind Ein Ich.
Bist du mein, so bin ich dein!
"Herr! Fürwahr, das kann nicht seyn!
Seyd Ihr euer, ich bin mein."

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 279-281)

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Des Ammans Tochter von Islington

Ein liebenswürdiger Jüngling
Und reicher Grafensohn -
Der liebte die schöne Tochter
Des Ammans von Islington.

Sie glaubte dem feinen Gekose
Des stattlichen Erben nie,
Log Sprödigkeit, ach! und hehlte
Des Herzens Sympathie.

Bald ahndeten seine Freunde
Des Liebekranken Sinn:
Er soll in London genesen! -
Ihr Bild geleitet ihn.

Heilt siebenjährige Trennung
Die Schmerzen der Liebe? - Nein!
Oft rief er, und weinte heftig:
"Der Engel vergass wohl mein!"

Einst sangen und scherzten im Walde
Die Mädchen von Islington;
Da huschte des Ammans Tochter
Mit sehnendem Muthe davon.

"Hinweg, ihr zierlichen Kleider! -
Als Bettlerin will ich gehn.
Um mir im prächtigen London
Mein Treulieb auszuspähn!"

Sie pilgerte lang' - und rastet.
Die Hitze drückte schwer.
Da kömmt - o Wunder! - zu Rosse
Ihr Treulieb flugs daher.

Auf springt sie mit glühenden Wangen,
Erhascht den Zaum, und fleht:
"Nur einen Pfenning, Herr Ritter!
Ich schliess euch in mein Gebet." -

Mein Kind! Wo bist du geboren?
Sag' an! Ich gebe schon.
"Der Leiden traurige Heimath,
O Herr! ist Islington."

Mein Kind! Ich beschwöre dich. Sage:
Du kennst doch in Islington
Des Ammans reizende Tochter? -
"Ach Herr! die modert schon!"

O wehe! - Nimm Ross und Börse!
Der Hoffnung sag' ich ab,
Will pilgern in fernere Lande,
Und graben dort mein Grab.

"O bleib, du Treuer, du Guter!
Sie lebt - und lebt nur dir!
Dich sucht sie im Bettlergewande!
Den Pfenning gabst du ihr!" -

Willkommen, mein Liebchen, mein Engel!
Verschwunden ist Gram und Noth!
Zehntausendmal sey willkommen!
Uns scheide nur der Tod!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 282-284)

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Laura

Meine Begeisterung hub mich empor zum Dritten der Himmel!
Dort, dort war, die ich suche, und nimmer finde hienieden,
Laura, die Schwester der Engel! - Ich sah die Herrlichkeit strahlen
In verklärterer Schönheit, und o mitleidiger'n Herzens!
Wonnelächelnd ergriff Sie mich bei der Rechten und sagte:
"Einst, wenn Ahndungen nicht die Sehnsucht täuschen, bewohnst du
Diese Sphäre mit mir. Ich bin's, die zärtliche Qualen
Sonder Ende dir schuf, und im Morgen des Lebens verblühte!
Meiner Seligkeit Grössen erschwingt kein Menschengedanke!
Freund, ich harre nur dein, und meiner lieblichen Hülle,
(Sie bezauberte dich!) die nun im Staube verstäubet!"
Ach! warum entzogst du die Hand, und schwiegst? - Ach, Laura!
Hätt' ich deiner so keuschen, so mitleidathmenden Worte
Wenige noch vernommen - ich wär' im Himmel geblieben!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 286-287)

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Minnelied
Nach Ulrich von Lichtenstein

Wenn der Wald im süssen Maien
Seiner Blüthen Schmuck empfaht,
Sieht man rings umher sich zweien.
Wer ein holdes Liebchen hat,
Alles ist zusammen froh,
Recht! die Maizeit will es so.

Wo geheim sich Liebes zweiet,
Walten hoher Muth und Lust,
Walten Zauber, und es maiet
Segenvoll in beider Brust.
Traurens will die Minne nicht,
Wo sich Lieb' um Liebes flicht.

Ja, wo sich zwei Wesen finden,
Herzlich lieben ohne Wank,
Und auf Einigkeit verbünden,
Wird die Liebe niemals krank.
Gott, ihr Schutzherr, Gott, ihr Freund,
Hat zur Wonne sie vereint.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 303-304)

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An Lina

"Wenn Freundschaft sich in Liebe wandelt,
Dann ist des Lebens Ruh dahin!" -
Ich fasse deines Wahlspruchs Sinn,
O du, die weise denkt und handelt!
Allein gesteh' auch, Zauberin!
"Wenn Liebe sich in Freundschaft wandelt,
Dann ist des Lebens Reiz dahin."

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 310)

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Der Krieger und sein Liebchen
Altschottisch

Holdliebchen, o willst du das Missliche wagen,
Hart liegen im Zelte, mein Bündelchen tragen,
Frei sagen zu Vater und Mutter: "Ich scheide,"
Und folgen mir Kriegsmann' in Leid, wie in Freude?

"Herzjunge! Mit dir will ich Missliches wagen,
Hart liegen im Zelte, dein Bündelchen tragen,
Nicht sagen zu Vater und Mutter: Ich scheide,
Doch folgen dir Kriegsmann' in Leid, wie in Freude."

Holdliebchen! O willst du des Feldzugs nicht achten,
Des Hungers nicht, und der gefährlichen Schlachten,
Und blut' ich, und leid' ich nach Pflicht und Vermögen,
Mich liebevoll trösten, und hegen, und pflegen?

"Ich will mich der Trauergedanken entschlagen,
Dir folgen, mein Gustav, dein Bündelchen tragen,
Und, ob mich Gefahren bedräu'n und umfangen,
Mein Kriegsmann ist bei mir, wie sollte mir bangen?"

Holdliebchen! und wenn mich nun Schwerdter umblitzen,
Wenn Tod mir aus Röhren und Donnergeschützen -
"O stille! - doch sinkst du im rühmlichen Streite,
So stirbt die Geliebte dem Helden zur Seite!"

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 314-315)

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Percys Lied
- Curae leves loquuntur, ingentes stupent

Sänger, die ihr ras't vor Liebeswehen,
Und, der Auserkohr'nen Lob zu höhen,
Schwärmt von Rosen, Blitzen, Göttertönen -
Stammelt nur, wie ich, mit zartem Sehnen:
"O süsses holdes Wesen!"

Ach, wie mögt ihr von erstand'nen Musen,
Wie von Aetnas Gluth im Jünglingsbusen,
Wie von Pfeilen, die zum Herzen dringen,
Und von Amors Zaubereien singen? -
"O süsses holdes Wesen!"

Wenn für eure liebekranken Seelen
Heilungskräuter, Wundersalze fehlen,
Lasset ab, der Aerzte Kunst zu höhnen!
Lernt vom armen Percy, nur zu stöhnen:
"O süsses holdes Wesen!"

Die ihr träumt von Stricken, Fesseln, Ketten,
Und geheim verzweifelt, euch zu retten,
Gleich den Hänflingen im gold'nen Bauer!
Ihr Gefang'nen! Stimmt in meine Trauer:
"O süsses holdes Wesen!"

Ja, ihr Hirten, Weisen, Minnesänger!
Fröhnt der kalten Bilderjagd nicht länger!
Denn, was euch so sehr entzückt und peinigt,
Ist in Percys Melodie vereinigt:
"O süsses holdes Wesen!"

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 318-319)

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Ihr Tod

Wer mein Mädchen kannte, weine laut!
Lina starb, mein Liebchen ohne Mängel!
Siehe, Myriaden Engel
Staunten ob der Himmelsbraut.

"O willkommen, Schwester!" sangen sie.
Nie entschwang sich allen Gotteserden -
Seit der Geister frühem Werden
Eine schön're Seele nie!"

Lina staunte nicht. Sie fühlte ganz,
Dass Seraphen ihre Brüder waren,
Hatte, wie des Lichtthrons Schaaren,
Flug, Gedanken, Wonne, Glanz.

Aber plötzlich stumm, mit nassem Blick,
Treuverblieben über fremden Sonnen,
Ha! vergass sie Edens Wonnen,
Dachte mich, und sah zurück.

Heissen Dank, dass du noch Lina bist!
O der Lust, hinüber abzuscheiden,
Wo die Fülle meiner Freuden,
Gott und meine Göttin ist!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 320-321)

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Eduard's Klage

Frohe Hirten, frohe Mädchen,
Eilen gern an meine Quellen,
Weilen gern in meinen Lauben.
Treu geleitet sie die Freude,
Und in ihren stillen Thälern
Scheint die Liebe Hof zu halten.

Wundernd seh'n mich Alle trauern,
Taub für diese Murmelquellen,
Blind für diese schönen Thäler,
Mich in meinem Grame schleichen.

Ach, ihr Hirten! ach, ihr Mädchen!
Fremd ist Jammer euern Seelen,
Fremd der lange hohle Seufzer
Uebermannender Verzweiflung.

Weh, o Weh dem Ungeliebten!
Ihm blüht keine Rosenlaube,
Ihm ist Tanz und Sang ein Gräuel.
Liebe sonder Gegenliebe
Ist ein Fluch, der - ich empfind' es -
Unser kurzes Seyn verbittert.
Aber Heil dem nun Erhörten,
Dem sein Liebchen Liebe lächelt.
Kerker sind ihm nicht mehr schaurig,
Sonnenhell die Mitternächte,
Und die dürrsten Heiden Tempe.


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 322-323)

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Lied
Nach Markgraf Heinrich von Meissen (I, 6)

Was ist auf Erden euch bewusst,
Das Lohn und Frieden, Heil und Lust,
Der Minne gleich, vereine?
O! lächelt einen Biedermann
Sein holdes Liebchen traulich an,
Der Wonne naht sich keine.
Wohl ihm vor ihrem Angesicht,
Wenn Aug' und Mund verstohlen spricht,
Dass ihn sie herzlich meine.
Wer diesen beiden fährlich ist,
Und laur't und brütet Hinterlist,
Den wandle Gott zum Steine!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 343)

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Als sie ihren Geliebten erwartete

Amor! Amor! Ist's kein Wahn?
Will der Holde, Vielgetreue,
Dem ich Herz und Leben weihe,
Heute noch zu Gruss' und Kusse nahn?

Ja! dies Blättchen kündet mir:
"Zauberin! Nach Sylphenweise
Huscht Dein Guido, leicht und leise,
Liebevoll, in tiefer Nacht zu Dir!"

Ach! und stürmisch walten doch
Mir im liebekranken Herzen
Sorge, Hoffnung, Wonne, Schmerzen
Ebbend, fluthend - und ich zweifle noch.

O beflügle deinen Lauf,
Amor! - Oeffne klug die Pforte!
Kein Geräusch und keine Worte!
Schreckt die gute Mutter ja nicht auf!

Ringsum herrsche Todesruh!
Dass auf Erden niemand wache,
Als in meinem Brautgemache
Er und ich, und, lieber Amor, du!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 344-345)

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Minnelied
Nach Markgraf Otto von Brandenburg mit dem Pfeile

Räumt den Weg der Schönsten aller Frauen!
Lasst die Tugendreiche mich erblicken!
Meines Herzens Kaiserin zu schauen,
Fände wohl ein Kaiser Hochentzücken.
Ueber Sterne darf mein Loblied steigen;
Meinen Himmel kann ich nicht verschweigen;
Wo sie wohnt, dem Lande muss ich neigen.

O Frau Minne! Stille Botin! Sage
Meiner Hehren, dass ich sie nur minne,
Sie nur ewig in Gedanken trage,
Und auf neue Huldigungen sinne.
Wollt' ihr süsser Mund mir lieblich lachen,
Meine Trauer müsste flugs erschwachen,
Und zu besserm Leben ich erwachen.

Ach! die Blümlein falben auf der Heide,
Und die Reine duldet kein Umarmen.
Trost, Frau Minne! Trost im Doppelleide!
Lasst mein Lieb des Kranken sich erbarmen!
Wisset, dass ihr Lächeln schon mich heilte;
Wenn sie gar ein Küsschen mir ertheilte -
Frühling blieb's, und alle Sorg' enteilte!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 365-366)

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Andenken

Ich denke dein,
Wann durch den Hain
Der Nachtigallen
Akkorde schallen.
Wann denkst du mein?

Ich denke dein
Im Dämmerschein
Der Abendhelle
Am Schattenquelle.
Wo denkst du mein?

Ich denke dein
Mit süsser Pein,
Mit bangem Sehnen
Und heissen Thränen.
Wie denkst du mein?

Ich denke dein
Bis zum Verein
Auf besserm Sterne.
In jeder Ferne
Denk' ich nur dein.

Matthisson


Antwort

Im Sonnenschimmer,
In Lunas Flimmer,
Im Früh- und Abendschein,
Beim Lied der Grillen,
Wann Stürme brüllen,
Und wach und träumend
Gedenk' ich dein.

Im kühlen Schatten,
Auf heissen Matten,
In deinem Lieblingshain,
Im Zugedränge
Der lauten Menge,
Und wo ich wandle,
Gedenk' ich dein.

Mit Wonnebeben,
Mit hohem Streben,
Des Dulders werth zu seyn.
Mit festem Sehnen,
Der Wehmuth Thränen
Dir wegzuküssen,
Gedenk' ich dein.

Wann schlägt die Stunde
Zum schönsten Bunde? -
Dann ewig, ewig mein!
Und winkt mich, Lieber!
Der Tod hinüber -
Auf besser'm Sterne
Gedenk' ich dein!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 367-370)

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Ein Zauberschwank
Nach Burkart von Hohenvels

Holde! - Mich, der ohne Wank
Sklavisch hängt an deinen Blicken,
Mich, vor Lieb' und Sehnsucht krank,
Soll kein Minnesold beglücken? -
Nun, so helf' ein Zauberschwank!
Wünschen muss euch zu mir rücken!
(Wünsche sind ja frei und frank!)
Dann geniess' ich Stunden lang,
Wach und träumend, voll Entzücken
Eurer Liebe - sonder Dank!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 371)

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An einen Orangenbaum

Süss duftender Orangenbaum!
Worunter, wie ein schöner Traum,
Mein Jugendlenz entschwebte,
Und ich der Liebe lebte!
Dir sing' ich steten Preisgesang,
Und grabe künstlich meinen Dank
In deine junge Rinde,
Die Liebenden verkünde:
Längst müsste, wenn man stärbe vor Vergnügen,
Ich todt in deinen Schatten liegen.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 372)

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An die Schönen

Uns zu besiegen mit der Schönheit Waffen
Hat dich Natur so reizevoll geschaffen,
Du holdes liebendes Geschlecht!
Weh dem Beglückten, Unheil seinen Thaten,
Wenn deine höchste Gunst er zu verrathen,
Er deine Ruh zu stören sich erfrecht!
Nein! Keiner der beseligter'n Getreuer'n
Darf deine sorglichen Verirrungen entschleiern!
Durch weises Bergen deiner Huld
Lässt deine Schwäche sich verdienen.
Wir sollten der Entdeckung uns erkühnen,
Wir, Mitgenossen deiner Schuld,
Und uns für süsse Wohlthat rächen?
Vergüten jemals Eitelkeit,
Und grausamfrevle Lust, davon zu sprechen,
Die Wollust der Verschwiegenheit?

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 376)

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Minnelied
Nach Kristan von Hamle

Wonne! Seht das Mailicht scheinen,
Scheinen über alles Land!
Hört das Zwitschern in den Hainen,
Die man ehe traurig fand!
Lag nicht ringsum todt die Heide?
Nun ist ringsum Augenweide!
Heut ist mein liebster Maientag.

Heute kommt die Langentbehrte
Zu dem Murmelquell im Thal.
O! die holde Liebenswerthe
Ist, wie heit'rer Sonnenstrahl.
Der beflimmert alle Reiche;
Also thät die Engelgleiche:
Mein junges Herz durchstrahlte sie.

Wohl ihr, wohl dem hehren Weibe,
Das so frei von Falschheit lebt,
Züchtig, wie des Mondes Scheibe,
Unter Sternenchören schwebt.
Diesem wahrlich! gleicht die Reine;
Ewig wandeln im Vereine
Die Tugenden all all mit ihr.

O! Geböte die ich meine,
Hundert Sklavendienste mir,
Tausend - ich versagte keine,
Reichen Lohn weiss ich dafür.
Endlich darf ich von der Guten
Minnelohn und Gnade muthen;
Sie küsse dann den Brautkuss mir.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 384-385)

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Laura

Was sah ich? Himmlische Geberden,
Ein Engelbild! Kein Gleiches ward auf Erden.
Erinnerung, die mich entzückt und quält!
Phantome, Träume, Nebel scheinen
Mir alle nun die Freuden dieser Welt.
Ich sah die schönen Zwillingslichter weinen,
Zu tausendfachem Neid des Sonnenlichts erhellt.
Ich horchte klagenden Accenten,
Die selbst Barbaren Huldigung,
Dem Hochgebürge Näherung,
Und Strömen Halt gebieten könnten.
Geist, Liebe, Wehmuth, Sympathie
Zerflossen rührend schön in ihrer Klage.
O Welt! Seit deinem ersten Tage
Vernahmst du solche Töne nie.
Die Himmel lauschten dieser Harmonie.
Kein reges Blättchen durch Gebüsch' und Aeste -
So lagen süss gefangen alle Weste.


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 386)

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An Sie
Nach dem von Kürnberg (I, 38)

Länger darf ich hier nicht wohnen!
Schafft mein eisernes Gewand,
Und mein flinkes Ross zur Hand!
Einer holden Frau zu schonen,
Räum' ich dieses Land.
O! Mich halten feste süsse Schlingen
Und Sie will mich kosend zwingen,
Herz und Leben Ihr zu weih'n.
Ziemt da Wankelmuth? - O nein!
Meiner Minne muss Sie darbend seyn.

Sterne leuchten - doch sie hüllen
Oft in dunkle Wolken sich.
Also birg, ersäh'st du mich,
Birg um deiner Ruhe willen,
Stern der Frauen, dich!
Einen Ander'n, werth so hoher Minne,
Aus der Ritter Schaar gewinne,
Und dein Sehnen - ach! zu mir -
Ein Geheimniss
Bleib' es für und für!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 388-389)

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Das Wunder
Nach Reimar dem Alten

Ich stand entzückt, bezaubert, liebeselig,
Als ich zuerst die Minnigliche sah.
Dess bin ich heut', und immer besser fröhlich.
Hört, welch ein Minnewunder mir geschah!
Sie thät so sanft durch meine Augen schlüpfen,
Dass sie sich nirgend in der Enge stiess,
Und ganz in meinem Herzen niederliess.
Wohl magst du, Herz! vor Wonne hüpfen!
Du trägst in dir dein Paradies!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 402)

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Wahre Liebe

Wen der Wangen Rosenroth,
Wen Korallenlippen hoch entzücken,
Wer des Huldigens Gebot
Liest in sternehellen Zauberblicken,
Selig pries' ich ihn,
Wenn sein Eden bliebe;
Aber mit den Horen flieh'n
Reiz und Liebe.

Doch ein sanfter fester Muth,
Stille Sehnsucht, liebende Gedanken,
Immerneue zarte Gluth,
Gleiche Herzen ohne Sorg' und Wanken
Gründen erst den Bund.
Ja, wo diese mangeln,
Können Auge, Wange, Mund
Nie mich angeln!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 403)

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Würdigkeit
Nach Walter von der Vogelweide

Hört! Wunderbares ist mir heut
Für Minnesang zu Lohn geschehen.
Den Sänger ihrer Würdigkeit,
Mich will mein Liebchen nimmer sehen.
Wie hoch ihr Müthlein steht!
Weiss sie denn nicht, wenn ich mein Singen lasse,
Dass ihre Würdigkeit zergeht.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 408)

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An Laura

Du Schönste, du Geliebteste der Schönen!
Lass Arm in Arm uns Licht und Lärmen flieh'n,
Und stiller Liebe Götterscenen,
Der Nacht Mysterien dem Späherblick' entzieh'n!
Wer glücklich liebt, verräth sich leicht. Ich scheue
Hier deines Oheims Eifersucht, mein Kind!
Dort seines schlauen Guido Treue,
Des Argus, den kein Gold gewinnt,
Sey nicht mein Liebchen mehr, wann heller Tag beginnt!
Und siehst du mich in deine Zirkel treten,
Enträthsle dich kein Seufzer, kein Erröthen!
Sey für den Hochbeglückten blind!
Sprich leise, dass ob deiner Zauberstimme
Des Busens Feuer nicht in meinen Augen glimme!
Verbirg's, dass wir nur Eine Seele sind!
O blicke ja nicht schmachtend, nicht verlegen!
Sey mehr zerstreut! Sey kaltgesinnt! -
Gott! Welch ein Rath! Wie thöricht und verwegen!
Ich ahnde schon mein selbsterschaff'nes Leid.
Bei meinem Heil! Bei meiner Zärtlichkeit!
Ach, Laura! Spiele nicht zu wahr die Kalte,
Gleichgültige! - Zwar ist es Spiel und Scherz;
Doch quälen dann Sorg' und Verdacht mein Herz,
Und ich, vom Spiel getäuscht, verhalte
Nicht meine Thränen, meinen Schmerz.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 409-410)

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Amor an Guido

Du, sonst der Glücklichste der Frohen,
Bist vor der Zürnerin geflohen,
Und jammerst laut! - Bethörter Mann!
So höre nun die weisen hohen
Mysterien des Liebesgottes an:
Der fühlt nicht wahre Gluth im Herzen,
Wer nicht der Schönen Zorn, die Schmerzen
Der Nichterhörung tragen kann!
Das älteste Gesetz in meinem Reiche
Ist: "Harret aus, wenn Liebchen dräut!"
Flugs wandelt im willkommenen Vergleiche
Sich Zorn in heisse Liebe, Leid
In gränzenlose Seligkeit.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 411)

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Liebesklage
Altschottisch

Schäfer, sagt: Erblicktet ihr
Nirgends meine Dora?
Sie, das Wunder und die Zier
Auf den Höh'n von Lora?

Ich verliess um Dora nur
Meine Heimathstelle,
Stab und Flöte, Hain und Flur,
Heerd' und Schattenquelle.

Mein Gedank' ist ewig Sie.
Thränen sind mein Erbe.
Ohne Dora kehr' ich nie,
Sondern klag', und sterbe.

Sagt, wo ist Sie? - Leitet mich! -
Wehe, Schäfer, wehe!
Oh! Vielleicht den Engel ich
Niemals wieder sehe!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 414)

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Die Schlittschuhe

Mit den Vögeln des Himmels, dem reissenden Strom,
Dem hastigen Pfeil, dem geschleuderten Blitz
Einen Wettflug zu wagen,
Den Gedanken denken, ist schön und gross!

Schöner und grösser, Unsterblichkeit werth,
Ist des Schwindelplanes sich'rer Vollzug;
Des Schlittschuhs Erfinder that's!

Heil, muthiger Jüngling, dem Liebe half!
Fern klagte sein Mädchen. Ihr Jammern (er wähnt's)
Tragen ihm ächzende Lüfte herüber!
Ihn erschüttert im Traum die händeringende Braut!

"Ich komme!" - Ha! der Sterbenden Antlitz
Verrammeln ihm Thäler und Kettengebirge,
Für zärtliche Pilger ein Schneckengang!
Rings starren die Reiche von Wintertrost.

Doch schwur er: "Ja, Mädchen, ich küsse dich bald,
Durchschleiche nicht Thäler, und klettre nicht Berge,
Bin auch Nebenbuhler des Dädalus nicht,
Und lache des Frostes! - Ich küsse dich bald!"

Er schwur's an einsamen Ufern, und sann -
Hieng still an des Länderstreifenden Stroms
Majestätischem Eiscristall,
Und sann - und fand's, und flog in die Stadt;

Bald kehrt er zum Strande, die Solen beflügelt
Mit Adlerfittichen schlüpfrigen Stahls,
Und steht, und nennt allfreudig sein Mädchen!
Ein Schwung! - O wie fleugt er die Schneebahn dahin!

Weit zittert, ein Herold verwegener Wunder,
Des Stürmenden Riesenschatten voraus!
Ihm gleiten im füsserudernden Tanz
Die Ebnen, die Höhen, wie Blitze, vorbei!

Nur selten rastet der Waller, und bald,
An den Busen der Liebekranken gestürzt,
Rief küssend der Jüngling den Engel in's Leben;
Süss lohnt ihn ihrer Umarmungen Lohn!

Mehr galt nun der Eistanz dem seligen Paar',
Als Königen Zepter! - Sie tanzten ihn oft,
Und starben zugleich! - Ihn Nahm' ist verhallt! -
Komm, Laura! Noch blieb, sie zu preisen, ihr Tanz!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 415-417)

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Frauenlob
Nach dem tugendhaften Schreiber (II, 102)

Gute Weiber! Lasst euch ehren!
Wollt ihr Güte hold gewähren,
Dann ist niemand gut, wie ihr!
Nur ist noth, dass eure Güte
Unser Herz vor Weh behüte,
Oder einsam trauern wir.
Leben ohne Liebeswonne
Ist ein Frühling ohne Sonne.
Wehrt, durch eure Güte wehrt,
Dass kein Leid uns widerfährt!

Wohl euch tugendreichen Frauen!
Lasst euch lieblich grüssend schauen!
Lächelt treuen Freunden so,
Dass sie danken, jubeln müssen!
Schafft beklomm'ne Herzen froh!
Seht, wie spielen Heid' und Aue
Flimmernd in des Maien Thaue!
Doch entzückter blickt ein Mann
Euer süsses Lächeln an.

Nur dem Muth- und Ehreschwachen
Sollt ihr Augengruss und Lachen
Ganz verbergen, ist mein Rath.
Frommt ein lichter Schein dem Blinden?
Frommt es Thoren, Gold zu finden?
Frommt dem Bösen gute That?
Forscht und sichtet, dass der Zage
Nimmer Liebesheil erjage!
Höher lohnt, als Rang und Gold,
Minnelohn, der Ehre Sold.

Schöne, mir im stolzen Muthe
Lieb und werth vor allem Gute,
Der ich diene für und für!
Ende, dass mein Glück gedeihe!
Mir verheissen Dienst und Treue
Lieber Dinge viel von dir.
Ueber deiner süssen Güte
Freut dein Knecht sich im Gemüthe,
Wie des Waldes Vögelein
Ueber Frühlingsmorgenschein.


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 418-419)

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An Sie
(1784)

Grazie, die mir im Traum' erscheinet!
Mädchen meiner Phantasie!
Ach, dein armer Schöpfer weinet.
Mein Geschöpf, du hörst mich nie!
Soll umsonst die heisse Thräne rollen?
Oder stürzest freudig du,
Offnen Arms, mir Ahnungsvollen
Einst aus Rosenlauben zu? - -
Oder schwebst du, wo Verklärte schweben?
Dann sey früher Tod gegrüsst;
Doch gesegnet langes Leben,
Wenn du mir gebohren bist.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 421)

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Lohn der Liebe

Was lohnt euch, ihr Schönen, ihr Guten, ihr Holden
Mit zartem Gefühl' und seraphischem Blick?
Die Stunden vertrauender Liebe sind golden.
Ihr zaubert uns Wonnen aus Eden zurück!
Ihr leichtet die Lasten, ihr adelt das Leben,
Ihr knüpfet so fest der Geselligkeit Band!
Was lohnt euch für bräutliches sanftes Ergeben,
Für's traute Geleit durch der Prüfungen Land?

Euch lohnt nicht des Flatterlings höfische Weihe,
Nicht eitle Bewund'rung, nicht Preis noch Gesang.
Euch lohnt nur die selt'ne, die heilige Treue,
Die warm aus dem Herzen des Herzens entsprang.
Dass immer die Edle den Edlen erränge,
Der wanklos den Tugenden huldigt, und ihr!
Dass Hymen den Amor als Bruder umschlänge! . . .
Vollend' es, o Treue! - Wir huldigen dir!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 422)

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Gustav an Lida

Verstummen? - Mich zur Leiche quälen? -
Nein, nein! Ich kann's nicht länger hehlen,
Was deinen Augen kein Geheimniss blieb.
Holdselige, vergieb!

Gestehen muss ich, eh sie fliehen,
Des Schwärmers goldne Phantasien,
Ach, eh du Roberts Gattin bist,
Und mein Geständniss Frevel ist;

Gestehen meiner Jugend erste Flammen,
Und solltest du mein Wagestück verdammen,
Und lachtest du Verachtung über mich -
Gesteh'n: Ich liebe dich.

Wärst auch in Schäferhütten du gebohren,
Und nur ein Lämmchen dein - und auserkohren
Zum Völkerherrscher ich,
Und Kronen mein - ich liebte dich.

Ja! könnten's Zauber mich vergessen lehren,
Dass Lida lebt - und zwischen Mädchenheeren
Ständ' Augenblicks ein Fremdling ich -
Mein Herz erköhre wieder dich.

Und doch kein Wörtchen, das mir lohnte?
Kein Mitleid, das der Schwermuth schonte?
Kein trauter Wink der Lind'rung? Wie?
Kein fernster Zug der Sympathie?

Ach, zürne nicht der kühnen Klage,
Und Heil, wenn auch die kühn're Frage
Sanftlächelnd Lida mir vergiebt,
Ob hoffnungslos ihr Gustav liebt?

Bei deiner Tugenden erhab'nem Bunde!
Bei deines Frühlingslebens erster Stunde!
Heut, heut beschwör' ich dich:
Ist je mein Wunsch erfüllbar - o so sprich!

Wenn aber, dich durch's Leben zu geleiten,
Die seligste geträumter Seligkeiten
Nie, nie zu Wahrheit reifen soll,
Ach, so verstumme mitleidsvoll!

Umschlingen dann dich des Geliebter'n Arme,
Sey mir's ein süsser Trost im Harme,
Wenn Robert nie sein Götterloos vergisst,
Und Lida nur, nur Lida glücklich ist.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 426-427)

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Minnelied
Nach dem "tugendhaften Schreiber" (I, 101)

Ein höheres Wesen, voll weiblicher Güte,
So wundersam zart, ach! so lieblich und hehr -
Zur Holdin erwählt' ich's im stolzen Gemüthe.
Treu dien' ich wie lange! Treu lieb' ich wie sehr!
Nur Wehe - neuer Sold für Lieb' und Treue -
Nur Wehe fühlt mein Herz, doch keine Reue.

Bekennen nicht will Sie den Frevel, den schweren,
Nicht wissen, dass Sie mich der Sinne beraubt.
Sie könnte mir Reichthum und Wonne bescheren,
Verhüllte Sie nimmer das heilige Haupt!
Da frommt ein Blick, ein Lächeln oder Grüssen,
Drei Jahre Liebeskummer abzubüssen.

Soll ich nun die Herzeneroberin lassen? -
Ach nein! Mir gebietet die Minne zu sehr.
Und wenn Sie mir lohnte mit Quälen und Hassen,
Ich müsste Sie minnen je länger, je mehr.
Mir bleibt die Zauberin, mein Quell der Schmerzen,
In meinen Augen sanft, und lieb im Herzen.

Für alle Genüsse des fröhlichen Maien,
Für seine Verklärung und üppige Pracht,
Genügt mit der Lieben ein liebliches Zweien,
Was Erdenaturen zu göttlichen macht.
O was für Freudeblumen dürft ich pflücken!
Nie kann so süss der Wonnemond entzücken!

So trunkenes Wünschen erhabener Dinge,
So himmlische Bilder begeistern mich oft,
Dass ich in der Träume Geburtsland mich schwinge,
Erbeute, was drunten mein Schwachmuth kaum hofft,
Und selbst des Kaisers Lust kein Haar breit wiche
Bei Lustgedanken an die Minnigliche.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 436-437)

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An die Liebe

O wie fremd, wie räthselhaft
Meines Busens Flammen,
Wenn sie nicht von deiner Kraft,
Göttin Liebe, stammen!

Aber, Liebe, bist es du,
Welche Zaubereien? -
Welche Wunder, die im Nu
Altern und erneuen?

Herzerfreuerin! Woher
Seufzer, Thränenquellen?
Zahlenlos, wie Sand am Meer,
Leiden, Foltern, Höllen?

Qualenschöpferin! Woher
Scherze, Wonnen, Küsse?
Zahlenlos, wie Sand am Meer,
Himmelsvorgenüsse?

Will ich lieben, o warum
Doch am Borne lechzen?
Muss ich lieben, so verstumm',
Hoffnungsloses Aechzen!

O der Qualentzückungen!
O der Wonneschmerzen!
So gebeut, o Liebe, denn
Ewig meinem Herzen!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 438-439)

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Unvergesslich

Sie sprach mit eines Engels Blick:
"O Lieber, kehre bald zurück!"
Die Rosen sind nun zwanzigmal verdorrt,
Und ein tirannisches Geschick
Verbeut des Wiedersehens Glück;
Noch aber tönt das liebe letzte Wort
In meinem Herzen fort!
Noch fesselt mich ihr Blick!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 440)

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Bitte

Warum, Cythere, hauchet für Julie'n
Umsonst dein Jünger zärtliche Seufzer aus?
Warum sind kalt, bewölkt die Augen,
Die mir zuvor, zwei Sterne, glänzten?

Ach! wo die Zeiten, da mit Erhörung du
Mich immer kühner'n Bitter begnadigtest,
Da meinen Küssen ungefordert
Julie'ns Mund entgegen küsste?

Ach! wo die Zeiten, da mein geheimer Gram
Ihr sympathetisch herzlichen Kummer schuf,
Doch sie, den Sturm in Ruhe lullend,
Glücklich mein Weh von hinnen kos'te?

Sie hasst mich, Göttin! Aber ich flehe dir:
Geuss alle deine Segen auf Julie'n!
Wer stirbt in mir? - Der Hirten Einer! -
Stärben mit ihr nicht tausend Leben?

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 443)

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An die Eifersucht

Nichts lohnt fürwahr mit höh'rer Lust,
Als Gegenlieb' in treuer Brust.
Zwei Seelen Eins! Ein Herz! Ein Streben,
Nur Glück zu nehmen, und zu geben!
Ach, diesen Himmel wandelst du
In Hölle, Feindin edler Ruh!
Tirannin Eifersucht!

Der Liebe süsser Bund gedeiht,
Erstarkt in Widerwärtigkeit.
Ist Liebchens ferne, krank, erbosst,
So lächelt uns die Hoffnung Trost.
Doch nur im Tode weichest du!
Den Tod mir, Feindin edler Ruh!
Tirannin Eifersucht!

Du füllst den Geist mit bösem Wahn,
Mit Irrsalträumereien an!
Du bist das Feu'r der Unterwelt,
Das ewig brennt, und nicht erhellt!
Mehr, als Verdammniss, marterst du
Dein Opfer, Feindin edler Ruh!
Tirannin Eifersucht!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 444-445)

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Minnelied
Nach Jakob von Warte

Welch ein Eifer, süss zu singen,
Auf den Höhen, und im Thal!
Sonders lobenswerth erklingen
Deine Töne, Nachtigall!
Herrlich prangst du, grüner Plan!
Und du, lichtbeströmte Heide,
Bist mit deinem schönsten Kleide
Für den Maien angethan!

Blümchen! Aus des Maien Thaue
Lachet ihr im Sonnenschein!
Zeit! Du bist in werther Schaue!
Reife, Segensfüll' ist dein!
Doch was tröstet mir den Muth,
Seit mein Sehnen, wie mein Klagen,
Nichts erringt, und Ihr Versagen
Meinem Herzen wehe thut?

Ach! du Wunderholde! Liebe!
Hilf! Entbinde mich der Noth!
Wenn mir deine Huth nicht bliebe,
Wär' ich allen Freuden todt!
Ach, Erhörung, Frieden mir!
Lass mein Herz in deinen Pflichten!
Nichts vermag mich aufzurichten,
Als ein mildes Wort von dir!

"Trotz der Schönheit kalten Blicken
Können uns" (die Sage lehrt's)
"Liebeszauber doch bestricken" -
Und dein hoher Reiz bewährt's.
Deine Gnade mangelt mir;
Stetem Kummer muss ich leben;
Dennoch bleib' ich Dir ergeben,
Bis zur Todesstunde Dir!

Uns vereinen soll die Minne,
Dass ich deiner Augen Gruss,
Deines Herzens Huld gewinne,
Deines Purpurmundes Kuss.
Wie sie waltet über mich,
Als Regentin meiner Sinne,
Soll zu meinem Heil die Minne
Herrisch walten über dich!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 449-451)

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Sie

Die schönste der Bescheidenheiten
Und seltenste, die - Tugenden verhehlt,
Ein Blick, so sanft, doch wunderbar beseelt,
Der alle Liebenswürdigkeiten
Der Hehlerin verrätherisch erzählt,
Ein Herz - ihm mangelt nur der erste Thron der Welt,
Um Völkerwonne zu verbreiten,
Ein Geist, dem einzig Männerruhmsucht fehlt,
Auch Männerlorbeer'n zu erstreiten -
O schönes Ideal! O Traumbild gold'ner Zeiten! -
Nein, nein! Sie lebt! Sie liebt! - Verkündet's, Feyersaiten!
Ich bin der Holden anvermählt!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 465)

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An Louisen

Amarant und Bürger priesen
Ihre Liebchen im Gesang.
Meine Leier tönt Louisen,
Ihr, nur Ihr mein Lebenlang.
Dichterischer sind erhoben
Nantchens Reize, Mollys Werth;
Aber - dich gerecht zu loben,
Ward mir Glücklichen bescheert.
Deines Herzens Engelgüte,
Müssten Feindinnen gestehn,
Hättest du. - Wohl nirgends blühte
Blümchen Wunderhold so schön.
Weibchen! sang ich Schmeicheleien?
Log getäuschte Phantasie? -
Tugenden der Tugend leihen,
Kann's die Muse? - Sympathie,
Gegenhuld erschöpfend mahlen,
Mahlen, wie den Himmel wir
Liebend uns herunterstahlen,
Mahlen unser Glutbegier,
Der beseligenden Freuden
Immer werther uns zu freu'n,
Mahlen ach! der Trennung Leiden -
Kann's die Muse? - Weibchen! Nein!
Fühlend sing' ich's, und erschwinge
Der Gefühle Hoheit nicht;
Aber, dass ich Wahrheit singe,
Hebt und adelt mein Gedicht.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 466-467)

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An Louisen
(1789)

Thränen stürzten! - denn wir mussten scheiden!
Aber, Weib! des Wiedersehens Freuden
Lohnen miriadenfältig beiden
Der gebot'nen Trennung stilles Leiden -
O! - dann könnten Engel uns beneiden!

Dennoch stürzen neue helle Thränen
Deinem Gatten jezt, da volles Sehnen
Nach den häuslichen geliebten Scenen,
Ach! und Seufzer meinen Busen dehnen!
Deines Anblicks soll ich mich entwöhnen!

Mich entwöhnen zwanzig schwere Tage,
Fühlen des Gefang'nen bittre Lage,
Aengstlich bergen jeden Laut der Klage,
Und zufrieden lächeln auf die Frage:
Ob das öde Tempe mir behage?

Kalte Schranzen zählen mich zu Thoren,
Wähnen all' die süssen gold'nen Horen,
Die zu Gegenbriefchen wir erkohren,
Lächerlich vertändelt, ja! verloren;
Zwar ich predige - doch tauben Ohren!

Lass die Menschlein staunen, spotten, schreien! -
Ein Getreuer will ich der Getreuen
Ferne Liederchen und Briefchen weihen,
Ihre Zärtlichkeit mich innig freuen,
Und mein Fest der Heimkehr benedeien!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 468-469)

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An Louisen
(1791)

Zwar predigt Klamer Schmidt, der sonst so liebewarm,
So feurig sang, "Wird Liebes uns entrissen,
So wird's noch lieber durch den Harm:
Es sein zu nennen, und zu missen!
Ach, leises Sehnen nach den Küssen
Ist mehr, als Küssen selbst! - Verdank' es deinen Reisen,
Dass du den Liebesgott so lieblich fesseln lernst!
Um desto näher seyn wirst du dem kleinen Weisen,
Je weiter du von ihm dem Scheine nach dich fernst!" -
Zwar, Weibchen, bin nach dieser Skizze
Auch ich ein hochbeglückter Mann,
Der oft sein stilles Kanaan
Vertauschen muss mit einem Fürstensitze,
Und da bequem hinauf zur alten Hitze
Der Liebe Flämmchen schüren kann;
Doch wehe mir, und jedem Gatten wehe,
Wann Trennung uns ein Kniffchen ist,
Damit ob angewohnter Nähe
Die Zärtlichkeit nicht untergehe.
O traurige verdammungswerthe List,
Ihr Pilger! - Nur der Gattin Blick' entsagen,
Wenn nach durchschwelgten Flittertagen
Ihr das gesuchte Heil vermisst!
Pfui, wer zu kleinen Streifereien,
Der Ehe Wonnen sich zu neuen,
Sein Herz zu sichern, flüchten muss!
Er liebte nie! - Sein erster Kuss
War Selbstbetrug! das, oder Lüge!
Ihn spornte thierischer Genuss,
Geld, Sattheit seiner Ritterzüge,
Der Aeltern kalter Machtentschluss.
Rang, oder eine feiste Pfründe,
Als Dos zum angefeilschten Kinde,
Und nicht der Liebe Genius.
Ihm blieb's verborgen, was Empfindung
Des Edeln, geistige Verbindung,
Ein Biederherz, dem Einzigen getreu,
Was sanfte Weiblichkeit und Tugend sey!

Er liebte nie - wird niemals Liebe lernen -
Verdient es nicht! - Romanempfindelei
Gelingt's ihm etwa nachzuäffen;
Doch blüht dem schaalen Amadis
Nie, nie das schön're Paradies,
Worin nur Liebende sich treffen!
Sie sind zufrieden, gern allein,
Sind alles sich, in Seligkeit und Pein
Nur Ein Gefühl, und dort in besser'n Welten,
Wo Freuden ohne Zahl vergelten,
Was Himmelwerthes hier geschieht,
Kann ihre Zärtlichkeit, die rein und ewig glüht,
Vergrössert nicht, belohnt nur werden! -
So lieben wir, Louise! - Wenn die Erden
Und Himmel auch vergingen, stark und treu,
So lieben wir! - Lass Scheidestunden schlagen!
Zur reizendsten Einsiedelei
Lass Rosse mich von hinnen tragen;
Zwar kann die junge Phantasei
(Sie zaubert dich, Entrissene, herbei)
Mir süsse Tröstungen gewähren,
Nicht aber meine Liebe mehren!
Doch sie, die Göttin uns'rer Brust,
Die Liebe mehrt schon hier, mehrt in beglückter'n Sphären
Zehntausendfältig uns're Lust!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 470-473)

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Louisen
Am 5ten November 1793

L'estine a commence nos feux,
L'amitie l'a suivie,
L'amour a couronne nos voeux;
J'aime et c'est pour la vie

Vor allen Mädchen hat nur dich
Mein Blick, mein Herz, mein Geist erkohren,
Bescheid'nes Weib! - O wie jugendlich
Und heilbescherend entschwangen sich
Ob meinem Haupte die Horen,
Seit ich, ein stillbeglückter Mann,
Louisen, und Lieb' um Liebe gewann.
Heut drückten, beglänzt von Auroren,
Die Aeltern, in Wonne verloren,
Zum erstenmal dich an die Brust.
Auch mir - ich drücke mit Lust
Dich küssend an meine Brust -
Mir wurdest du heute geboren.
Die festliche Wiederkehr
Des festlichen Tages, des frohen,
Gilt meinem Gefühle mehr,
Als neuer Triumph dem Heroen,
Der Aegyptus im Fluge bezwang.
Du lebst! - O lebe noch lang! -
Die Quelle von Seligkeiten
Die nimmerversiegend quillt,
Hat deinem Gebenedeiten
Das Räthsel von goldenen Zeiten
In deinen Armen enthüllt.
Wie könnte, gestürmt in die Saiten
Mit Klopstocks Begeisterung,
Ein Hymnus der Huldigung
Erschöpfendes Lob dir bereiten!
Doch stummberedsam zu deuten,
Wovon mein Busen schwillt,
Sieh der Seele lebendigstes Bild,
Die Augen, mir Hocherfreuten
Von süssen Thränen erfüllt.
O sieh, wie die Kinderchen streiten,
Wer deine Zärtlichkeiten
Am zärtlichsten heute vergilt!
Ueber die Kindheit erhaben,
Stürzen sie, dich zu begaben,
Mit Jubel ihr Kässchen um,
Und ihr gesehntester Ruhm
Ist, freundlichen Dank für's Beginnen,
Und Mutterkuss zu gewinnen.
Ein Blick in Elisium! -
Du wähntest: "ich stehe sinnig."
O nein, ich empfinde so innig
Des häuslichen Schauspiels Werth,
Und kann es so würdig nicht singen,
Wie die trunkene Seele begehrt,
Und wage nicht, dich zu umschlingen.
Louise! du scheinst mir verklärt! -
Gefühlteste Stunde der Weihe! - -
Doch, besseres Wesen! verzeihe,
Des Sterblichen Zärtlichkeit siegt,
Und seelig verstummend fliegt
In der Treuen Arme der Treue!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 478-480)

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Louisen
Am 5ten November 1797

Mein Herz ist eine Muse, die heut
Mir ein Hochlied der Wonne gebeut,
Und du, mein Freund und Gefährte.
In weiblicher Bildung! O du,
Die wahres Lieben mich lehrte!
Du bist die Gesangeswerthe!
Dir pulset mein Busen zu!
Dich singt dein Froher, dein Treuer
Begeisterungsvoll in die Leier!
Dir sey die gerechte Feier
Des heiligen Tages geweiht!
Willkommen! - Begann nicht heut
Dein stilles bescheid'nes Leben,
O du - - (dein Engel nur kann
Erschöpfende Namen dir geben)
Durch die mein schöneres Leben,
Das häusliche, stille, begann?
Preis! Dank! - O wie himmelan
Herz, Augen und Hände sich heben! -
Dein Vater und meiner umschweben
Vielleicht dich unsichtbar,
Und es neigen mit freudigem Beben
Die Gute, die heut dich gebar,
Und dein zweiter Genius sich,
Dein Söhnchen, herab auf dich.
Und wenn ihr uns sehet, und höret,
Ihr lieben Verklärten! fürwahr,
Ihr sehet ein glückliches Paar!
Ihr hört's: Ein Beseligter schwöret:
Er liebt Louisen so wahr
Noch jetzt in der festlichen Stunde,
Als im Moment' am Altar,
Da von des Bräutigams Munde
Erscholl, zum Herrn der Natur,
Der ewigen Treue Schwur,
Der Jüngling mit zärtlichen Blicken
An seiner Erwählten hieng,
Und sie, sein Heil und Entzücken,
Sein Eines und Alles, umfieng;
Ja! theures geliebtes Wesen!
Du musst es in meinem Gesicht,
Dem Spiegel der Seele, lesen:
"Ich täusche die Gattin nicht.
Mir ward sie nur lieber und theurer
Im Kreise der Kinder." - O sprich
Holdbräutlich: "Du liebest mich"
Und traun! der glücklichste Fei'rer
Des heiligen Tages bin ich!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 481-483)

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Louisen
Am 5ten November 1798

He, only he, can tell, who match'd like me,
(If such another happy man there be)
Has, by his own experience, tried,
How much the wife is dearer, than the Bride.
Littleton

Willkommen, theures liederwerthes Weib!
Hier bin ich, liebevoll und freudigstolz!
Sieh, Henriettchen hüpft auf meinem Arm;
Louischen singt in eigner Melodie
Zu meiner Linken; Lotte fliegt voran,
Kann nicht verkünden, was so herzlich doch
Aus ihren grossen schwarzen Augen spricht,
Und reicht, der Ambassade froh,
Dies Blättchen dir, ein kleines Opfer, hin.
Sie jubeln alle; denn aus meinem Antlitz
Strahlt Wonne; denn aus meinem Blick' erräth's,
Aus meines Mundes Freudentönen ahndet's
Der kluge Säugling, dass ein schöner Tag
Dem Vater, den Geschwistern heute kam.
Willkommen, Gute, die vor dreissig Herbsten
Zum erstenmal dem Sonnengolde heut
Entgegenlächelte! - Wohl kam ein schöner Tag!
Erhab'nere Gefühle können nicht
In der Begeist'rung wahrster Weihestunde
Den Dichter je beseligen, als mich
An deinem Tag', in deinen Armen heut.
Bescheid'ne, lass mich reden! Schmeichelei
Veracht' ich. Wahrheit lieb' ich, liebe sie
Nur feuriger, wenn deinen Werth sie kund thut,
Wenn ihre schlichten Worte mehr dich preisen,
Als ein gedung'ner Lober preisen kann.
Du siehst vier Glückliche. Durch wen, Geliebte!
So unaussprechlich glücklich? - O durch dich,
Der Mütter zärtlichste, der Gattinnen
Vortrefflichste! Durch dich, durch dich allein!
Vergebe mir's die Menschheit, aber ich
Muss, so gerecht ich gegen fremde
Verdienste bin, doch unerschütterlich
Treu meinem Lieblingssatze bleiben:
Nie wäre, nie mit einer andern Braut
Ein so beneidenswerthes himmlisches
Gewünschtes Loos mir je gefallen! Nie,
Hätt' ich aus allen Mädchen Eines mir
Zu kühren auch vermocht, o Kinder! nie,
Nie würde das Gepriesenste so ganz,
So froh die grosse Mutterpflicht erfüllt,
So gern den inner'n Lohn errungen haben,
Das fröhliche Bewusstsein: "Mehr, als ich,
Kann auch die beste Gattin, beste Mutter
Nicht für den Gatten, für die Kinder thun!"
Ja! So, Louise, kenn' ich dich!
So fühl' ich heut mein gränzenloses Glück,
So werd' ich's fühlen, preisen, bis der Tod
Mich von der Lieben trennt - auf Augenblicke -
(Denn Augenblicke nur sind uns're Jahre)
So fühlen, preisen über Gräbern noch,
Und deine Palme dir entgegen bringen! -
Sey mir gesegnet, die du Segen mir
Und meinen Kindern bist! - Mit langem Leben,
Und Kraft, und Heil, und seiner Gabe Fülle,
Louise! segne dich der Allbelohner,
Und lehre mich, mein schönes Loos verdienen!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 484-486)

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Louisen
Am 5ten November 1799

To hail the dawe of this auspicious day,
The muse resumes the long abandon'd lyre.
Vouchsafe with cardom to approve the lay,
Which only faith and gratitude inspire.
Accept the lines devoted to your praise,
And smile indulgent on this ardent lays.

Ach! näher, furchtbar näher wälzt,
Mit tausend Uebeln sich
Der schreckliche Vertilgungskrieg!
O Württemberg! du Paradies!
Von deinen Rebenhöhen, wo
Des Winzers Jubel sonst erklang,
Rollt, unheilkündend, bald vielleicht,
Der Feuerschlünde Donnerhall
Die friedlich stillen Thale durch.
Tiefsinnig schwieg die Muse lang,
Schwieg, oder goss den bangen Schmerz
In laute Klagelieder aus.
Doch heute, liebevolles Weib!
An Deines Lebens erstem Tag',
An meiner Wonnen Schöpfungstag',
Entreisst sie der Melancholei
Auf Augenblicke sich, vergisst
Des nahen Krieges-Trauerspiels,
Verstummt nicht mehr, und jammert nicht. -
Dich, Holde, Gute, der mein Herz
Bei'm ersten Blick' entgegenschlug,
Und noch, und ewig Liebe schlägt,
Dich Hymnenwürdige, die mich
Zum froher'n, besser'n Menschen schuf,
Dich nennt sie freudig, dich erhebt
Ihr Preisgesang, Dich segnet sie.
Dir weissagt die Begeisterte:
In Silberhaaren liebe noch,
Wie heute, dein Getreuer dich
Mit reiner jugendlicher Gluth!
Dir weissagt die Begeisterte
Den schönsten Sold der Zärtlichkeit,
Das reichste wahrste Mutterglück:
Gedeihen deiner Sprösslinge,
Ihr Streben, der Erzieherin
An Geist und Herzen gleich zu seyn,
Und aller gränzenlosen Dank,
Für ihrer Bildung grosses Werk.
Recht weissagt die Begeisterte;
Doch sie vermag das selt'ne Loos
Der häuslichen Genügsamkeit,
Das stille Glück der kleinen Welt,
Die du verherrlichst und beseelst,
Wo, trotz der Völker Mordlust, Heil
Und Friede wohnt, und Fröhlichkeit,
Nach Würde nicht zu mahlen, weiss
Nicht ganz es auszusingen, was
Sechs Herzen fühlen, die an Dir
Voll Liebe hängen, treffliches,
Bescheid'nes, hochverehrtes Weib!
Der grosse Herzenkenner weiss,
Dass mir und meinen Kindern Du
Ein Engel warst, und bist, und bleibst!
Er lohn Dich! Wir können's nie!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 487-489)

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Louisen
Am 5ten November 1800

Mag ein Minnelied erkünsteln,
Oder die Begeistrungsweihe
Sehnsuchtsvoll erharren,
Wer nicht liebt!

Doch ätherischrein und ewig
Glüh'n dem hochgebenedeiten
Liebenden Geliebten
Herz und Geist.

Seiner Holden Werth zu preisen,
Ist sein heiligster Gedanke,
Und sein Wonneleben -
Poesie.

Bei der süsserrung'nen Theuern,
Seiner zweiten besser'n Seele,
Flüchten Jahre, schönen
Träumen gleich.

Wer das Eden dieser Liebe
Glücklich fand, und ihr Entzücken
Noch geneusst - Louise!
Der bin ich!

Heil mir! - Zweimal sieben Jahre
Floh'n, wie Paradiesmomente,
Stillen Herzvereines,
Mir dahin!

Heut' an meinem hehrsten Feste,
Deinem Wiegenfest' (O Kinder!
Seht den Vater weinen!)
Dank' ich dir.

Freudenthränen, Blicke, Küsse,
Wie des Bräutigams, Vertrauen,
Gränzenloses Lieben
Sind mein Dank.

Armer Dank! - - Ich fühl's - verstumme -
Mein Gefühl wird zum Gebete;
Flammenwünsche lodern
Himmelan,

Und ein Engel - ach! der deine -
Lispelt ungeseh'n: "Erhörung!
Segen! Heil! Gesundheit!
Jubelfest!" -


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 490-492)

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Louisen
Am 5ten November 1801

- L'amour seul peut adoucir
Le poids de la reconnaissance.

Als jüngst die Schlachtendonner plötzlich schwiegen,
Der Friedensgöttin Augenstrahl
Den Kriegs-Erynnen Flucht befahl,
Und himmelan Gebete sonder Zahl
In allen Sprachen, Gott ein Opfer, stiegen,
Wie dankte, tiefbewegt,
Wie jauchzte, wer ein Herz im Busen trägt!

Ein gleiches heiliges Entzücken,
Ein gleicher gränzenloser Dank
Glüht, holdes Weib! in meinen Blicken,
Und tönt in meiner Harfe Klang;
Denn heute strahlt ein Tag der Weihe,
Ein Maitag im Novembermonde mir,
Ein Fest, was Licht und Leben dir,
Was mir dein Herz voll Lieb' und Treue,
Dich zur Gefährtin bis zum Grab',
Und meinem Herzen immerneue
Beneidenswerthe Wonnen gab.

Dem Schöpfer Dank, und dir, Louise!
Du meine Freudenschöpferin!
So gern' ich deinen Engelsinn,
Dein Mutterbeispiel würdig priese -
Nur Engel-Dichtkunst reichte hin!
Gott lohnet deiner Lieb' und Treue.
Ja, glaube, was ich prophezeihe,
Von süssen Ahnungen beseelt:
"Das anmuthvolle gute Wesen,
Dein Schmeichler Gustav, wird genesen,
Und sein Gedeih'n vom Grame dich erlösen,
Der tödtlicher, als Krankheit, quält."
O Heil mir, Heil, wenn keine Stunde
Mit Wölkchen deine Stirn umzieht,
Wenn rosicht deine Zukunft blüht,
Und segenvoll im stillen Bunde
Ein halbes Sekulum entflieht!
Dann feiern ich und meine Kinder, Beste!
Noch oft das höchste meiner Feste,
Und Matthisson, der Edle, mit.

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 493-495)

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Louisen
Am 5ten November 1802

Domestic happiness, thou only bliss
Of paradise, that has surviv'd the fall!
Thou art the nurse of virtue.
Cowper

Wie plötzlich ein stiller Strom,
Die künstlichen Ufer verlassend,
Sich neue Bahnen bricht,
Und monarchisch daherrollt;
So entströmt, regellos feierlich,
Heute meinem Herzen
Jubelgesang,
Höherer Liebe Gesang;
Denn vom Olympus entschwebte,
Mit freudigem Zittern begrüsst,
Hochwillkommen, hochgesegnet,
Meiner Erdentage schönster,
Der heute Dich,
Die mir Geschaff'ne,
Mir aus blühender Mädchen Reih'n
Glücklich Ausgefund'ne,
Mein holdes treffliches Weib,
Louise, dich gebahr!
Deine Mutter
(O dass ich die Edle nicht kannte!)
Sah mit Entzücken schon damals
In des Kindes gefälligem Antlitz
Jenes Lächeln sich bilden,
Was achtzeh'n Frühlinge später
Den Jüngling bezauberte.
Dein Vater
(O dass ich den Edeln nicht kannte!)
Hieng mit Entzücken schon damals
An des Kindes hellem grossen Blicke,
In dem vor achtzeh'n Lenzen
(O dass ich nicht früher dich kannte!)
Prophetisch Güte, Biedersinn
Geist, und sein Glück
Dein Bräutigam las.
O du mit Portias denkendem Ernste,
Und Cidlis Zartgefühle!
Mein weiblicher Freund!

Geliebte! Seele meiner Seele!
Mein, meiner Kinder Alles!
Ich brenne, dein Lob
Heut' in die Harfe zu singen,
Mein Heil, und meinen Dank,
Und, Bescheid'ne, du müsstest
Vergeben dem Wonnetrunk'nen!
Doch in die Harfe würdig zu singen,
Was meinen Kindern und mir
Du warst, du bist, du seyn wirst,
Vermöchte dein Schutzgeist kaum,
Der Sprache des Himmels spricht.
Aber dich preist dein Leben,
Dich meine verstummende Seligkeit.
Dich lohne dein Bewusstseyn,
Mit langen Freuden
Lohne dich hier,
Mit unendlichen dort,
Louise, der Herzenkenner!

Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 500-502)

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Louisen
5ten November 1803

Domestic happiness, thou only bliss
Of paradise, that has surviv'd the fall!
Thou art the nurse of virtue.
Cowper

Wann, bis in ihre tiefsten Tiefen
Freudigerschüttert, die Seele
Ihr Göttliches inniger fühlt,
Durch Thränen der Rührung
Flimmt erhab'nere Gluth,
Wie durch heit'res Gewölke der Lichtstrahl,
Der weilende Handdruck elektrischer wirkt,
Den heiligen Kuss der Liebe
Der Mund itzt brennender küsst,
Und der sonst beredten Zunge
Der leiseste Wonnelaut versagt ist -
O dieser Empfindungen
Seeligen Zusammenstrom
In Tönen der Harf' und des Gesanges
Nur anzudeuten, vermöchte kaum
In der Unsterblichkeit Regionen
Seraph Klopstock;
Wie vermöcht' es ich?
Aber in jugendlicher Umarmung
Kann ich's, du Holde, du Gute!
Freundin! Gefährtin! Beglückerin!
Dir, ein Begeisterter, künden
Dass heute, heute,
Da deines weisen stiller'n Lebens
Erste willkommene Stunde
Festlich wiederkehrt,
Jene seliger'n Empfindungen
Im lustergriffenen Herzen
Mir zusammenströmen!
Doch, wenn die Kinder schon jubeln,
Und ihr kleines Weihegeschenk
Mit Engelfreundlichkeit dir bieten,
Muss ihres Vaters,
Des glücklichen Gatten Wonne
Nicht überschwänklich, paradiesisch seyn?

Auch das Entzücken des Edeln,
Der, nicht achtend der Jahre Flucht,
Auf himmelwerthe Thaten
Ruhig hinschaut,
Ruhiger vorwärts -
Auch das Entzücken des Edeln
Ist unaussprechlich;
Aber ich weiss es, dass heute dir
Dies Unaussprechliche ward,
Und nenne dich stolzer die Meine.

Auch der gefühlteste wahrste Dank
Für sanftes Vertrauen,
Für unwandelbaren Treusinn,
Für himmlische Güte,
Für ewiggleiche Liebe
Ist unaussprechlich;
Darum - vergieb!
Ich verstumme.

Aber die Seele
Fleht, ohne Worte,
Leben dir fröhliches, langes!
Segen dir, lohnenden, reichen!
Vom Thatenvergelter herab,
Und wenn er die Flehende hört,
(Ja, sie weissagt Erhörung)
Dann, meine Kinder!
Heil uns! -


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 503-506)

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Louisen am neuen Jahr
1804

Mit frühem Grusse - Die du mein Alles bist! -
Mit ernstem Kusse, Treffliche! sey gegrüsst!
Dir schlägt, ob Monde flieh'n, ob Jahre,
Feurig mein Herz, das Unwandelbare.
Mein Jünglingsleben hast du verschönt, versüsst,
Hast mir gegeben, was unbelohnbar ist,
Dein Herz voll Güte, Lieb' und Treue,
Ach! und der Kinder geliebte Reihe!
Von dir umschlungen lächl' ich dem Alter zu -
Wie? - Huldigungen, Hymnen verurtheilst du?
Längst preisen dich mein Glück, mein Ringen,
Dich zu verdienen - o lass mich singen!


Aus: Epigrammen und vermischte Gedichte
von Johann Christoph Friedrich Haug
Zweiter Band
Berlin Bei Johann Friedrich Unger 1805 (S. 508)

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An die Geliebte

Laß, mein süßestes Licht, an Küssen mich stehlen so viele,
Als einst Sänger Catull Lesbias Munde geraubt.
Nein! Ich verlange zu wenig. O gib an Küssen so viele,
Als wohl Bienen des Wald's Honig bereiten und Wachs;
Ja, so viel, als Stern' am Himmel und Sand am Gestade,
Laub an den Bäumen und Gras auf den gesegnetsten Au'n,
Ja, so viel als Fisch' im Meer und Vögel in Lüften,
Noch unzähliger, als meine Gedanken an dich.
Wenn du mir solches vergönnst, o Geliebte,
so will ich der Götter
Gastmahl und Ganymed's Nektar mit Freude verschmäh'n.

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840
(S. 266)
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Wallfahrt zu ihrem Grabe

Oft werd' ich zu der Stätte wallen,
Wo sich ihr Leichenhügel hebt,
Und, stürzen auch der Wehmuth Zähren,
Mir süßen Trost, Ermannung lehren,
Hinschauend, wo sie lebt.

Oft werd' ich zu der Stätte wallen,
Wenn auch ihr Hügel mählig sinkt,
Und sie mit heiligem Entzücken
In frommen Phantasie'n erblicken,
Wie sie mir freundlich winkt.

Oft werd' ich zu der Stätte wallen,
Wenn auch ihr Hügel nicht mehr ist,
Die Aufschrift lesend ohne Schmerzen:
"Gott, selig sind die reinen Herzen;
Sie schau'n dich, wie du bist." -

Und bricht des Wallers Kraft zusammen,
Und naht der Todesengel sich -
Gern lass' ich eine Welt wie diese,
Und stammle, hoffend, noch: "Louise!
Ich schaue Gott und dich."

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840
(S. 275-276)
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Romantisches Waldliedlein

O wie so grün!
O wie so warm!
Geh, Schäferin,
An meinem Arm!

O wie so still!
O wie so frey!
Horch, was ich will,
Und stimme bey!

O wie so licht!
O wie so blau!
Ach säume nicht!
Sey meine Frau!

O wie so schön!
O wie so mild!
Laß es gescheh'n,
Du süßes Bild.

O wie so reich!
So wonniglich!
Das Gras ist weich.
Komm, lag're dich!

Wie lockt's hier an!
Wie schattet's hier!
Kühn stehlen kann
Ich Küsse dir.

O wie so zart,
O wie so heiß
Geliebet ward! -
O Lust des Mays!

O wie so roth!
O wie so klein!
Dein Mündlein bot
Mir Spezerey'n.

O wie so weiß
Dein Busen ist.
Der wird - ich weiß -
Nicht satt geküßt.

Doch - wie so grau
Der Wolkenzug!
Komm, süße Frau!
Nun ist's genug.

Wie ungemein
Glückselig ist,
Wen gern im Hain
Feinsliebchen küßt!

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840
(S. 278-280)
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An Molly

Nur ein Knäbchen ist Amor? O nein, der verwegenste Frevler;
Seine Pfeile sind all vergiftet; kaukasischer Felsen
Schooß entsproßt' er, ein Welttyrann; er nährt sich von Thränen,
Stört die friedliche Ruh, an Leiden sich labend und Aufruhr -
Glaub', o Molly, der Lästerung nicht! Gott Amor ist schuldlos.
Wenn er die Erd' im Zorn verließe, dann wehe der Menschheit!
Rings entflöhen die Freuden und schwänden die Reize der Schöpfung.
Uns bekriegten nur Frost und Eis und Winterorkane.
Ist nicht Amor der Gott des segensschwangeren Frühlings?
Seine Fackel beseelt die Natur, befruchtet und zeitigt,
Schmückt die Auen mit Grün, mit bunter Farbe die Blumen,
Läßt die Herden vor Lust auf dem Weidgang brüllen und hüpfen;
Seiner Fittige Schwung gibt kühlenden Zephyrn ihr Daseyn.
Nur dem Liebesgotte verdankt noch die Schönheit Verschönung.
Wangen leiht er das zarte Roth, dem Auge die Gluten;
Wallende Locken gebraucht er als Netze, zu Fahung der Herzen.
Dieses bezaubernde Lächeln, o diese harmonischen Töne,
Diesen unsäglichen Reiz, der anspornt, Küsse zu stehlen,
Schenkte dir Amor, der erste Gott. Ja, seit ihn Kabale
Vom Olympos verbannt', entschweben Zeus und die Götter
Alle der himmlischen Burg, ihm zu huldigen. Trotze nicht, Molly,
Huldig' Amorn, wie sie! Laß Myrten uns brechen zum Kranze,
Knie'n an seinem Altar, dort Ring' und Küsse zu wechseln,
Und zum Priesterthume geweiht, ein Leben beginnen,
Das ein Spiegel der gold'nen Zeit, ein unendliches Lieben
Und ein Vorschmack sey von Elysiums künftigen Wonnen!

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840
(S. 283-284)
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An Louisen

Voll Sehnsucht wall' ich oft aus der Städter Schwarm
An deinen Ruhort, grüße dich liebevoll
Und frage: "Hörst du mich, Louise?"
Frag' es, und harre, bethört, der Antwort.

Ein Röschen mit kaum sichtbarer Knösplein zwey,
Reseda pflück' ich froh vom gesunkenen
Grabhügel ab und frage zärtlich:
"Reichtest die Blumen mir du, Louise?"

Du schweigst - und nun quillt wieder ein Thränenborn;
Erst heute starbst du mir - Ach! mit schwanken Knie'n
Sink' auf die Bank ich, nun dein Schweben
Hörend im Wahn, und dein süßes Flüstern;

Doch ob's zur einsam längeren Pilgerfahrt
Einsegnung, Engel, ob's Prophezeyung ist
Vom nahen Wiederseh'n? ich weiß nicht -
Aber mich stimmt es für Ernst und Ruhe.

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840 (S. 292-293)

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An Louisen

Louise, der wackersten Frauen Zier!
Ach! seit der Tod mich trennte von dir,
Wie anders klingen die Glocken mir!

Seit deiner himmlischen Augen Strahl
Verlöschte, du meines Herzens Wahl,
Wie anders erscheinen mir Höh' und Thal!

Seit ich die Ruhe nur auf der Bahn
Zu deinem Grabe gewinnen kann,
Wie starrt und widert die Welt mich an!

Seit ich bis zu Edens Morgenroth
Dein harren muß, nach des Schicksals Gebot,
O, wie sehnsüchtig erwart' ich den Tod!

Einst, wenn im ewigen Lichtrevier
Das Wiedersehn ich fei're mit dir,
Wie beseligend klingen die Sphären mir!

Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840 (S. 321-322)

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An Louisen

Wie lehrten deine Morgenstunden
Geduld und Sanftmuth mir!
Nun ist die Prüfungszeit geschwunden;
Reich lohnt Jehova dir.

Wie schwanden deine froher'n Stunden
So hold, so himmlisch mir!
Im tiefsten Herzen, unverschwunden,
Feyr' ich sie noch mit dir.

Wie ist mir deiner Arbeitstunden
Erinnerung so lieb!
Du, Thätigste, du bist verschwunden,
Jedoch dein Vorbild blieb.

Wie ist mir deiner Andachtstunden
Erinnerung so lieb!
Du Beterin, bist nun entschwunden;
Jedoch dein Segen blieb.


Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840 (S. 330)

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An Theoda

Sprich, Schönste, mich zu trösten, nimmer:
"Mein Freund, ich liebe dich wie immer."
Du brächst mir Glücklichen den Stab.
Willst du von Sorge mich befrey'n, so schwöre,
Daß ewig deiner Liebe Glut sich mehre:
Wächst sie nicht mehr, so nimmt sie ab.


Aus: Gedichte von Friedrich Haug
Mit dem Bildnis des Verfassers
Stuttgart Verlag von Ebner & Seubert 1840 (S. 338)

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siehe auch Teil 1



 

 


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