Hans Sachs (1494-1576) - Liebesgedichte

Hans Sachs



Hans Sachs
(1494-1576)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte (Teil 1):
 


 




Historia. Die unglückhafft lieb Leandri mit fraw Ehron.

Hört zu gar ein kleglich geschicht,
Die uns Museus hat bericht!
Vor langer zeyt der fein poet
Nach der lenge erzelen thet
Von dem schön jüngling Leandro.
Gen dem die zart jungkfraw Ero
Inn heisser liebe wart verwund.
Doch keins zum andren kommen kund.
Sie wont auff einem thuren hoch,
Umbflossen mit dem meere noch,
Bey Abido, der mechting stat.
Endlich fund Leander ein rat.
Zu nacht er uberschwimmen wolt,
Ein liecht sie ihm auffstecken solt,
Das er sich richten möcht darnach.
Als nun die finster nacht anprach,
Ersach Leander das warzeichen,
Thet doch vor grosser forcht erbleichen
Ob dem grausamen meer ungstüm.
Sprang doch darein und wend sich ümb,
Dem liecht nach zu dem thuren schwam.
Ero ihn freudenreich auff namb.
Sie trücknet sein nasse gelider.
Da er sein krefft erholet wider,
Da pflagen sie der süssen lieb,
Die nacht in hoher freud vertrieb.
Vor der morgenröt urlaub numb.
Leander wider uber schwumb.
Nach dem er fast all nachte kam,
Zu seiner liebhaberin schwam
Von Seste, seinem vaterland,
Still, das es innen ward niemandt,
Biß ihn das untrew wanckel glück
Kürtzlich beweist sein neydisch dück.
Als sich begab nun winter-zeit,
Das meer mit ungestümigkeit
Durch kalte wind sich hoch aufbließ,
Leander doch nit underließ,
Zu schwimmen zu der liebsten sein,
Wagt sich fast alle nacht darein
Und schlug gantz alle forcht zu rück.
Doch kam endlich das falsch gelück.
Eins nachts ergriff ihn ein sturmwind.
Das liecht im thuren lasch geschwind.
Das meer war wütig alles sander.
Die wellen schlugen gen einander,
Hoch wie die berg mit lautem schal,
Mit schröcklich brausendem abfal.
Leander nicht meer schwimmen kund.
Erstarrt und müd sanck er zu grund
Und ertranck da elendigklich.
Ero wart sein gar hertzigklich.
Als ir lieb nit kam, wie ander zeit,
Umbgab sie grosses hertzenleyd.
Endlich warff ihn das meer zu land
Unden an thuren obgenandt.
Als nun die morgen-röt auff-prach,
Ero under dem thuren sach
Ihren liebhaber bleich ertruncken
An dem gestat tödlich versuncken.
Zu hand sie auß dem thuren sprung,
Umbfing ihren liebhaber jung,
Sprach: Hast du dein leib umb mich geben,
Mag ich an dich auch nit mehr leben.
Mit ihm sie auch zu grunde sanck
Und frey-willig mit ihm ertranck.

Beschluß.

Wo noch so fleischlich liebe brend,
Leßt sie nach ir ein trawrig end,
Wann sie wagt sich in groß gefar.
Drumb saget das alt sprichwort war,
Lieb sey ein anfang vil ungmachs
An leib und seel; so spricht Hans Sachs
1541, am 3 tag Junii.
(Band 2 S. 195-197)
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Historia. Der liebhabend könig Antiochus.

In Asia ein könig saß,
Selewcus der genennet was.
Der het ein weyb gar schön und zart,
Stratonices genennet wart.
Die war von leib gar uberschönet,
Dergleich mit tugendt uberkrönet.
Antiochus, des königs suhn,
Sein stieffmutter hertzlieb gewunn.
Haimlich sein lieb nam immer zu,
Het endtlich weder rast noch rhu.
Verborgen er vil seufftzer sencket.
Die lieb ihn lenger mehr bekrencket.
Doch het er scham und zucht so holt,
Das er nicht offenwaren wolt
Sein lieb, umb die königin zu werben,
Sonnder wolt eh vor liebe sterben
Und legt sich zu bett schwach und kranck,
Noß darnach weder speiß noch dranck
Und wolt also trostloß elend
Seiner lieb mit todt machn ein end.
Der alt könig ward hart betrübet,
Durch die ärtzt viel versuchens übet.
Doch war all artzney gar verloren.
Nun het er ein artzet erkoren,
Erasistratus war genandt,
Gar künstenreich mit sinn und hand
Tag und nacht bey dem jüngling blieb,
Merckt, das sein kranckheit käm auß lieb,
Die er im hertzen trug verborgen.
Der artzt berüffet auff ein morgen
Vom frawen-zimmer all jungkfrawen,
Eine nach der andren, zu schawen,
Inn sal, darinn der krancke lag.
Der artzt schawt auff und wol bewag,
Von welcher der kranck ob berürt
Die sein gestalt verwandlen würd.
Aber ob keiner da entgegen
Thet er sein farb, noch gmüt bewegen.
Zu letz als auch die köngin kam,
So bald der jüngling das vernam,
Auß seim angsicht brach ein notröten
Und schwitzt, das ihn die lieb thet nöten.
Sein puls und hertz gewaltig schlug,
Sein athen er mit seufftzen zug.
Nach dem im alle krefft entwichen,
Wart über all sein leib erblichen.
Alle liebzeichen sich begaben,
Die wir von Sapho bschriben haben.
Erst het der artzt ein gwisen grund
Seiner lieb, thet das noch niemand kund.
Weil es antraff die königein,
Wolt der artzt selb verschonen sein.
Doch thet ihn deß elenden armen
Jünglings von hertzen hart erbarmen
Und sich gegen dem könig neyget
Und ihm gar heymelich anzeyget:
Zu kranckheit ewren sun bewegt,
Das er haimliche liebe tregt.
Zu was weibsbild? der könig fragt.
Der arzt durch list hinwider sagt:
Sein lieb tregt er zu meiner frawen.
Der könig sprach: Auff all vertrawen
Ich bitt: hilff meim sun von dem todt!
Der artzet sprach: Ja; das walt Got!
Wo er ewer köngin lieb het,
Was gelts, wo ihr ein sollichs redt?
Der könig sprach: Wolt Got, das er
Die köngin lieb het mit beger!
Ich wolt im helffen auff den tag,
Weil mir nichts liebers werden mag,
Dieweil mein seel gantz henckt an ihm.
Als der artzt höret diese stim,
Sprach er: Die köngin ist die recht,
Darvon er die kranckheit empfecht.
Der könig sprach: Und ist das wahr?
Ließ versamlen des volckes schar,
Thet ein schöne oration
Und erwelet vor yedermon
Sein sun uber gantz Asia
Ein gewaltigen könig, da
Die köngin im zur gmahel gab.
Vom regiment so trat er ab,
Auff das sein sun nit gar verdürb,
In der brünstigen liebe stürb,
Wie Plutarchus die ding beschrieb.
Des schreibt Salomon von der lieb,
Wie sie sey starck, recht wie der todt,
Und bringt auch mannich mensch in not.
Derhalb sich yeder weisser hüt,
Beschließ sein seel, hertz und gemüt!
Das ihm kein solch lieb darinn wachs
Die ihn beschedig, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 20 tag Junii.
(Band 2 S. 198-200)
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Historia. König Peter inn Cicilia mit jungkfraw Lisa.

Zu Palermo ein burger saß,
Bernhardus Bucini, der was
Ein apodecker weyt erkandt,
Ein tochter het, Lisa genand,
Tugentreich und hoher vernunfft.
Nun es begab sich in zukunfft
In kurtz: König Peter mit nam
Von Naragoni dahin kam
Und hielt gar ein köstling thurnier
In aller ritterlicher zier,
Mit seim adel, könig und fürsten,
Und wen nach ritterschafft was dürsten.
Lisa, die junckfraw, auch zu sach,
Wie man durnieret, rendt und stach.
Der könig aber in dem stechen
Thet manch ritterlich spär zerbrechen
Inn seym küriß und guldin schilt.
Sich allso ritterlichen hielt,
Das er der jungkfrawen ob allen
Inn ihrem hertzen thet wolgfallen,
Und wart gen ihm in lieb verwund,
Waint trawrig seufftzent zu der stund.
Sie west, das ir trew lieb und gunst
Zum könig gentzlich war umb sunst.
Derhalb sie von der liebe schmertzen
Sich niderleget, kranck von hertzen
An schlaff und speiß etliche tag.
Dem tod offt rüfft in schwerer klag,
Verbarg doch ihr brinnende lieb.
Kein artzney halff, was man ir trieb.
Nun war ein geiger in der stat.
Zu bringen den die junckfraw bat.
Derselb Minutzo hieß mit nam.
Bald der zu der junckfrawen kam,
Dem sie haimlichen offenbart
Ir lieb, der ir nach gsanges art
Darauß macht ein kleglich gedicht
Und künstlich inn sein geygen richt
Und vor deß königs tisch das sung
Inn die geygen, das sehnlich klung.
Der könig fragt nach diesem lied.
Der geiger haimlich ihn beschied,
Wie ihn het diese junckfraw holt,
Vor grosser lieb nur sterben wolt.
Der könig wurd erweicht von hertzen
Ihn dawret der junckfrawen schmertzen
Und bey Minutzo ihr entbud,
Sie solt frisch sein und wolgemut.
Eh undergieng der sunnen schein,
Wolt er persönlich bey ir sein,
Sie trösten inn ihr liebe glüt.
Deß wurd erfrewet ihr gemüt.
Nun am hauß dieser krancken zarten
Da het ihr vatter ein lustgarten.
Darein reyt der köng nach mittag,
Gieng auch, da die kranck junckfraw lag
Inn ihres vatters hauß zu bett,
Grüst sie und freundlich mit ir redt,
Tröst sie in ihrer liebe brunst,
Sagt ir zu sein trew, lieb und gunst,
Gab ir ein kuß und sie umbfieng.
Darnach ein edlen jüngeling
Er ihr allda vermaheln thet
Und schencket ihm darzu zwo stet.
Allso mit wissen beyder alten
Wardt ein herrlich hochzeit gehalten.
Nach dem die hochzeit het ein end,
Der könig sich ihrn riter nennt.
So offt er rendt, fürt er ein kleyd,
Das im die lieb het zu bereyt.
So wurd bezalt ir strenge lieb,
Johannes Boccatius schrieb.
Lieb ist ein bitter kranckheit schwer,
So sprichet Hans Sachs, schumacher.
Anno salutis 1544, am 18 tag Novembris.
(Band 2 S. 201-203)
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Historia. Ritter Gentile mit der todten frawen im grab.

Zu Boloni ein ritter saß,
Herr Gentile genennet was,
Reich, jung, schön und gerad von leyb.
Der het lieb eines burgers weib,
Die Katelnia ward genendt.
Von tag zu tag ye mehr er brend.
Die fraw war züchtig, weiß und klug,
Sein bitt und lieb im gar abschlug,
Als ein frumb weib getrewer art.
Nun sie eins kindes schwanger wart
Von Nicolutzo, irem herren.
Als er eins mals außreyt von ferren,
Die fraw inn grosser sunnen hitz
Hinnauß spaciert auff ihren sitz,
Da fiel sie inn ein schwer amacht,
Lag allso ein stund oder acht.
Ir lebend geist verschwunden gar.
Ir freund in hertzleyd kamen dar
Und klagten sie all samb für todt.
Ir arme seel befalhens Gott,
Legten inn ein capellen klein
Den leib inn einen holen stein.
Als der ritter erfüre, das
Sein hertzenlieb verschiden was,
Da wurd von hertzen er betrübet.
Die brinnend lieb ihn also übet,
Saß auff, reyt zu dem kirchlein nahen,
Das er möcht also todt umbfahen
Die, so doch vor sein lieb schlug ab.
Er machet auff das todten-grab,
Neigt sich nein, umbfing sie zu stund
Und küsset ihren blaichen mund.
Nach dem griff er nach hertzen lüst
Der liebsten an ihr beyde brüst,
Das im nie ward zu tayl im leben.
Inn dem entpfand der ritter eben,
Das ir noch klopfft ir schwaches hertz.
Fro war er und trug sie außwertz,
Fürt sie haim mit im auff seym roß
Bey Polonia auff sein schloß.
Sein mutter mit köstlichen würtzen
Der frawen wider bracht in kürtzen
All ir verschwunden geiste gar.
Nach dem die fraw ein sun gebar.
Der ritter ihr gevatter wurd.
Mit grosser freud nach der geburt
Pflag man ir heymlich auff der festen
In zucht und ehren nach dem besten.
Nach dem drey monat war vergangen,
Die fraw wart wider haym verlangen.
Der ritter richtet zu gar frey
Ein köstlich grose gasterey
Von wegen dieser wunderthat,
Lud auch viel burger auß der stat,
Der frawen ehman auch zu gast.
Als man nun aß in dem palast,
Ließ er kummen die frawen klug,
Die ir kindlein am arme trug.
Iederman sach sie fleissig an
Und sunderlichen ihr ehman.
Zu dem setzt sie der ritter nider,
Gab sie im mit viel wortten wider,
Erzelt end, mittel von anfangk.
Der sagt dem ritter lob und danck
Seiner ehrlichen trewen lieb,
Als Bocatius uns beschrieb,
Was seltzam weg die liebe sucht.
Doch wo sie bleibt in ehr und zucht,
Da endet sie viel ungemachs.
So spricht zu Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 26 tag Novembris.
(Band 2 S. 204-206)
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Historia. Der edel jung Cimon mit seiner lieben Ephigenia.

In Cipern saß ein edel man,
Hieß Arisippus wolgethan;
Der het ein sohn, Cimon genandt.
Den thet er hin nauß auff das land,
Zu bleiben in der bawren zunfft,
Weyl er war an sinn unnd vernunfft,
Gar nichtsen lernen kund und wolt.
Drumb ihm der vatter war abholt.
Eins tages Cimon auß spacieret,
Durch ein finstren walt refieret
Und fund in einer grünen wisen
Ein klares, küles prünlein fliesen,
Darbey ein schöne jungkfraw lag,
Ephigenia, umb mittag.
Cimon stund bey ir inn der grün,
Verwundert sich ob ihrer schün
Und wurd entzünd in liebe hitz.
Gescherpfft wurden sein sinn unnd witz
Und wurd geöffnet sein verstand
Und wolt nicht mehr sein auff dem land.
Kam haym und ward fleissig studirn,
Lerndt rennen, stechen und durniern
Und übt all ritterliche that
Für all junckherren inn der stat,
Warb darnach umb die jungkfraw zart,
Die doch vorhin versprochen wart,
Pasimundum, eym edlen jungen
Von Rodis; durch lieb wart bezwungen
Cimon, das er sich understan
Ein that, wie ein verwegen man.
Als man die braut gen Rodis sandt,
Da legt er an das schiff die hand
Und namb in die braut mit gewalt,
Wolt mit auff Creta faren bald.
Zu nacht erhub sich ein sturm-wind
Und schlug das schiff zu rück geschwind,
Die gantzen nacht; alls es wart tag,
Das schiff nicht ferr von Rodiß lag.
Die Rodiser auff sie außfuren.
Von den sie all gefangen wurn.
Inn ewig gfencknuß man sie schloß.
Darinn lag Cimon gar trostloß,
Sein hertzlieb nimmer mehr zu sehen.
Kürtzlich nach den tagen geschehen
Wolt Pasimundus hochzeit hon
Mit seiner braut gezieret schon;
Der-gleich sein bruder auff den tag
Wolt hochzeit haben mit anschlag.
Sein braut Casandra war genandt,
Die schönest in dem gantzen landt.
Die selb het auch der richter hold,
Sie ihm mit nichten lassen wolt.
Hielt mit dem gfangen Cimon rat.
Der war auch willig zu der that,
Und machten ein gwisen anschlag.
Zu abend auff den hochzeyt-tag,
Als man geleich aß das nachtmal,
Kamens gewappnet auff den saal
Und die hochzeit-lewt uberzugen.
Wer sich ir weret, sie erschlugen.
Bayd breutigam wurden gschlagen tod.
Der saal der floß mit blute rot.
Bayd brewt sie namen mit gewalt,
Kamen an die meerporten balt
Und sassen auff ein grosses schift,
Füren hin auff dem meere tieff
Und hetten darnach hochzeit bayd.
Verschwunden war ihr aller layd,
Wie das Bocatius beschreibt,
Darauß uns diese lehre bleibt,
Das die lieb etwan witzig macht,
Das man nach ehr und tugent tracht,
Doch wagen viel unglücks darneben,
Biß lieb mit lieb in lieb mag leben.
Das in bestendig freud erwachs,
Iedoch mit ehren, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1546, am 26 tag Januarii.
(Band 2 S. 207-209)
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Historia. Die geyl hertzogin Romilda.

Ein hertzog, Gisilphus genandt,
Regiert Fryaul im welschen landt.
Romilda sein gemahel war,
Vier sün und zwo töchter gebar.
Als sie sassen in höchstem glück,
Beweist es in sein falsche dück.
Cacanus, ein könig sehr mechtig
Der Hungern, kam gezogen prechtig
Mit eim grossem heer in Fryaul.
Der hertzog rüßt sich, war nit faul,
Kam in entgegen in den tagen,
Wurd doch sampt allem volck erschlagen.
Romilda nam ir schetze groß,
Entwich darmit auff ir haubtschloß.
Cacanus, in zoren beweget,
Mit seinem heer das schloß beleget.
Als er eins tags wolt than ein sturm,
Rüst er sich zu nach krieges furm,
Reitt umb das schloß eygner person
Im küriß und köngklicher kron,
Geschmucket gantz gerad von leib.
Bald ihn sach Romilda, das weib,
Geschmuckt und so schöner gestalt,
Wurd sie in lieb entzündet bald,
So ungestümigklich verstricket
Und gar bald ire kuppler schicket.
Wolt er sie nemen zu der eh,
So wolt sie ihm auffgeben meh
Schatz und schloß sambt dem herzogthum;
Das der trewloß tyrann an numb
Und bey dem eyd ir das verhieß.
Ins schloß die feind sie haimlich ließ,
Die erschlugen da alle man.
Die weibsbild namens gfencklich an
Inn dienstbarkeyt zu ewing jaren.
Darundter ir zwo töchter waren.
Diß als das thöricht weib, nicht acht,
Durch lieb so doll und blind gemacht,
Und in solch wütender begierd
Sich als ein köngin schmuckt und ziert
Und dratt hinnauß mit gaylem mut
Uber ir todtes volck im blut.
Irs todten fürsten gar vergaß,
Der dennoch kaum erkaltet was,
Und als spat in das leger gieng.
Cacanus sie freundlich entpfing,
Hielt hochzeit und das weib beschlieff,
Und eh ein kurtze zeit verlieff,
Auß untrew er von ir auffstan,
Schickt uber sie zwölff starcke man,
Zu schenden sie da unverborgen
Die nacht biß an den hellen morgen
Frü ließ ers gefencklich an nemen,
Ließ sie abziehen und beschemen
Vor dem gantzen heer uberal
Und ließ ein lang spitzigen pfal
Dem geschendten trawrigen weib
Schmertzlich stossen durch ihren leib
Und in dem leger sie auffricht
Vor aller menschen angesicht
Und ließ sie also kleglich hangen.
Wainend thet sie seufftzend anfangen
Und verflucht ihr brünstige lieb.
Also inn grosser schand sie blieb
Gespist am pfal, biß sie war sterben,
Inn schmertzen gar ellend verderben,
Beschreybet uns Bocatius.

Beschluß.

Zwey ding merckt man zu dem beschluß:
Erstlich, das die lieb bethört und blend
Und bringt offt ein klegliches end,
Zum andern, das die tyranney
Ein wurtzel der grausamkeyt sey,
Darauß entsteht viel ungemachs
Inn aller welt, so spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1545, am 13 tag May.
(Band 2 S. 210-212)
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Historia. Ein kleglich histori der liebe,
wie zwey liebhabende menschen vor lieb sturben.

In Cento Novella man list,
Da uns nach leng beschreiben ist
Der hoch poet Bocatius,
Wie ein jüngling Jeronimus,
Zu Florentz eines burgers sun,
Ein jungkfrawen hertz-lieb gewun,
Die eines schneiders tochter was,
Doch schön und züchtig ubermas.
Silvestra war ir nam genendt.
Inn gleicher lieb sie gehn im brendt.
Hertz-lieb eines das ander het.
Bald das sein mutter mercken thet.
Forcht sie, er näm sie zu der eh,
Schickt ihn gehn Paris in hertzweh,
Auff das sie sollich lieb abfreß;
Die im erst wuchs gar scharpff und räß,
Wann er kund ihr vergessen nicht,
Macht von der lieb etlich gedicht.
Nach zweyen jarn er wider kam,
Sein hertzlieb verheyrat vernam.
Unmutig für ihr hauß spacieret,
Zu lieb ir gieng, nachtes hofiret.
Doch det sie ihm dergleichen nye
Sam het sie ihn gesehen ye,
Wend all mal von im ir angsicht
Und wolt in auch ansehen nicht,
Wann Silvestra gegen ihm thet,
Wie eym frummen ehweib zusteht,
Die frembde lieb soll wenden ab,
Iren ehman allein lieb hab.
Der jüngling dacht willig zu sterben
Oder ihr hulde zu erwerben.
Eins nachts aß sie und ir mann auß.
Da stig der jüngling in ir hauß
Und inn ir kammer sich verstecket.
Als ir mann schlieff, er sie auffwecket,
Sprach zu ir mit niderer stimb:
Erschrick nit, mein hertzlieb! vernimb!
Ich bin Jeronimus, dein lieb.
Die fraw in ernstlich von ir trieb
Und sprach: Geh eylend von mir hin!
Eins andren lieb ich ietzund bin.
Weich! oder ich weck meinen mann.
Er fing wider zu bitten an,
Doch was an ir all bitt verlorn.
Er sprach: Ich bin so hart erfrorn;
Laß wermen mich ein vierteil-stund!
Diß wart im kaum von ir vergund,
So schmog er sich zu ihr hinein.
Betrübet ward das hertze sein
Unnd also unbeweget lag,
Bedacht in unmutiger klag
Seiner verlornen lieb hoffnung.
Der frawen hertigkeyt ihn zwung,
Das er zittert, verkert sein farb.
Stilschweigend an ihr seytten starb.
Als ihn darnach Silvestra wecket,
Lag er eyßkalt und todt gestrecket.
Da offenwart sies ihrem mann
Und sprach: Mein man, wie woltstu than,
Wann einer herein stig zu mir,
Zu erfüllen der lieb begir,
Wider mein willen bey-zuschlaffen,
Den ich mit worten hart thet straffen
Und im sein lieb gentzlich abschlüg,
Und sich vor layd bey im zu trüg,
Das er umbfiel und stürb darvon?
Mein man, was woltstu darzu thon?
Er sprach: ich wolt ihn bald verklagen
Und ihn nauß auff die gassen tragen.
Sie sprach: Mein mann, es ist geschehen,
Als, was ich dir hie hab verjehen.
Jeronimus, unser nachbeurin sun,
Der mich vor jaren lieb gewunn,
Der liget gleich da und ist tod.
Der armen seel genade Got!
Zuhand da stund auff ihr ehmon,
Trug den todten jüngling darvon,
Legt ihn für seiner mutter hauß.
Da man ihn fand, all freud war auß.
Als man in nun gen kirchen trug,
Silvestra inn sich selber schlug,
Das sie im war gewest so hart.
Ir hertz in lieb geöffnet wart,
Die sie von jugend ihm het tragen.
Fing an zu waynen und zu klagen
Und trang hin zu der todten par
Und neigt sich auff sein angsicht gar,
In grossem hertzleyd uberwunden,
Das all ir lebend geist verschwunden
Und auch tod alda ligend blieb.
War sagt Salomon von der lieb,
Sie sey starck wie des todtes schmertzen
Inn den recht liebhabenden hertzen,
Wo sie in rechter trew auffwachs.
Lieb macht lieb starck, so spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1544, am 27 tag Novembris.
(Band 2 S. 213-215)
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Historia. Ein kleglich geschichte von zweyen liebhabenden.
Der ermört Lorenz.

In Cento Novella ich laß,
Wie das ein reicher kauffman saß
Inn Italia, dem welschland.
Misina war die stat genand.
Der selbig het erzogen schon
Drey sün höflich und wolgethon
Und auch ein tochter minigklich,
Schön, wol erzogen, adelich.
Die war Lisabetha genandt,
Inn zucht und tugent weit erkandt,
Derhalb manch jüngling umb sie warb.
Da nun der alte kauffman starb,
Darnach an einem abend spat
Die drey brüder hetten ein rat,
Sie wolten bey einander bleiben
Unnd ihren handel wider treiben
Inn aller maß gleich wie vorhin,
Auff gleichen verlust und gewin.
Das war der schwester wol zu mut.
Die drey gewunnen grosses gut.
All ihr handel gieng glücklich recht.
Sie hetten ein getrewen knecht.
Der selb war Lorentzo genandt,
War geboren aust teutschem landt.
Der selbig trieb in ihren handel.
Er was schön, jung, gerad, an wandel.
Dem selben ward sein hertz verwund
Inn strenger lieb in kurtzer stund
Gegen der jungkfrawen; ich sag:
Bey ir sein hertz war nacht und tag
Und kund das nit von ir ablencken.
Er thet viel tieffer seufftzer sencken
Und het gantz weder rhw noch rast.
Nun was die jungkfraw gleich so fast
Gehn im in strenger lieb versert.
Ir lieb von tag zu tag sich mert.
Allein thetens ir hertz erquicken
Mit viel freundlichen augenblicken,
Teylt eins dem andren haimlich mit.
Doch west eins von dem andren nit,
Biß doch eins dem andren bekennet,
Wie es in strenger liebe brennet.
Nach dem lebtens in freud und wunnen,
Als offt ihn das gelück was gunnen.
Doch ist es war, wie man offt spricht,
Die lieb laß sie verbergen nicht.
Sie triebens kaum ein vierteil-jar,
Da namens ihre brüder war.
Der ein sprach: Die sach steht nit recht.
Mich dunckt warlich, wie unser knecht
Bul Lisabetha, unser schwester.
Ich hab es wol gemercket gester.
Darumb so folget meinem rath!
So wil ich heint zu abend spat
Mich legn haimlich under ir bett.
Ist sach, das der knecht zu ir geht,
Sein lon er darumb nemen sol.
Der rath gefiel in allen wol.
Da nun der tag mit schein ab wich,
Der bruder in ir kamer schlich
Und kroch under ir bettstat ein.
Nach dem kam Lisabetha fein
Und legt sich an ir bett mit nam.
Nach dem Lorentzo zu ir kam,
Waren gantz frölich aller ding.
Frü der knecht wider von ir gieng.
Nach dem Lisabetha auff stund,
Ir bruder herfür kriechen gund,
Kam zu sein brüdern auff den sal
Und sagt in den grossen unfal
Und sprach: Ach waffen uber waffen!
Der knecht hat unser schwester bschlaffen.
Darumb muß er lassen das leben.
Ein guten rat wil ich euch geben:
Wir drey wöllen in walt spaciern,
So muß der knecht mit uns passirn.
Da wöl wir diese schmachheit rechen.
Nach dem frümal theten sie sprechen:
Wir wölln spacieren in den walt.
Wolauff, Lorentz! geh mit und bald!
Lisabetha, du bleib zu hauß!
Mit dem all drey sie giengen auß.
Lorentzo gieng sein herren nach.
Nach Lisabetha er umb sach,
Wann er sach ir fort nimmer mehr.
Mit ihm eylten sie also sehr
Hin in den finstren walt grausam.
Da sprach der eltst bruder mit nam:
Lorentzo, du untrewer knecht,
Du hast uns unser schwester gschmecht;
Darumb so must du sterben hie.
Der knecht fil nider auff sein knie
Und bat, das man in leben ließ.
Der ein sein schwerdt durch in außstieß,
Hieb ihm darnach viel wunden tieff.
Lorentzo gar kleglichen rieff:
Maria, kumb zu meinem end
Und für mein seel auß dem elend!
Mit dem er seinen geist auff gab.
Die drey machten ihm bald ein grab
Und den zerhawten leib eingruben
Und sich bald auß dem walde huben,
Funden ir schwester inn dem hauß.
Sie fragt: Ist Lorentz bliben dauß?
Der ein sprach: Nach im darffst nit fragen.
Er hat uns gar viel guts abtragen,
Ist darmit haimlich weg gezogen.
Sie sprach: Ich hoff, das sey erlogen.
Der bruder sprach: Ey laß darvon,
Eh dir auch wirt darumb dein lon!
Von der red ward ir hertz gar schwer,
Gieng inn ir kamer, waynet sehr,
Rüfft mit weinender stimb elentz:
O du mein hertzlieber Lorentz,
Wie magst du sein so lang von mir?
Solch klag fürt sie ein monat schier,
Eins nachts thet sie lang klagn und weinen.
Da sie endtschlieff, ward ir erscheinen
Inn eym gesicht trawrig, unmutig,
Erblichen tödlich und gantz blutig
Lorentzo, den sie sichtlich sach,
Der gar seufftzend da zu ihr sprach:
Ach wee uns, ach und immer wee!
Lisabet, du siehst mich nit meh.
Du darffst auch nit mehr nach mir fragen.
Dein brüder haben mich erschlagen
Mördlich; heut ist der dreissigst morgen.
Mein leib leyd in dem walt verborgen
Begraben under einer linden.
Mit meim blut ist besprengt die rinden.
Darumb darffst du nit rüffen mir,
Wann ich kumb nimmer mehr zu dir.
Du mehrest mir dardurch mein leyden.
Gesegn dich Got! ich muß mich scheiden.
Mit dem der geist also verschwand.
Lisabeth erwachet zu hand,
Stund auf und war gar schwach und mat.
Gar freundlich sie ihr brüder bat,
Soltens in garten lan spacieren.
Mit ihr nam sie ihr trewe dieren,
Die all ir haymligkeyt wol west,
Die ihr auch rieth allmal das best.
Sie giengen hin in schneller eyl
Inn den walt auff ein welsche meyl,
Suchten, biß das sie wurden finden
Ein grosse außgebreytte linden,
Die war besprenget mit seim blut.
Da das sach Lisabetha gut,
Da sanck sie nider zu der erd.
Ir hertz in amacht wart versert.
Ir meyd thet sie trösten und laben.
Nach dem sie da gesehen haben
New grabne erd, da grubens ein.
Da fund Lisabetha allein
Lorentzo, ihren höchsten hort,
Der lag elendigklich ermort.
Sie sanck darnider zu den stunden
Und kusset ihm sein tieffe wunden.
Die waren all von blut noch rot.
Da rüffet sie: O grimmer tod,
Kumb und beschleuß meins lebens end!
Sie raufft ir har und wund ir hend.
Nach dem das arm betrübte weib
Das haubt löset von seinem leyb,
Das selb sie mit ihr haimwartz trug.
Het sie den gantzen leyb mit fug
Mit ir künden bringen darvon,
Warlich sie het es geren thon.
Den andren leyb sie beyd eingruben
Und sich haimwertz gehn hause huben.
Da sie beschloß ihr kamer thür
Und zog das todte haubt herfür
Und thet da all ihr klag vernewen
Und wainet so in gantzen trewen
Und kust das tod haubt zu der stund
Wol tausentmal an seinen mund,
Palsamiert das für all gebruch,
Wund das inn ein grün seyden tuch,
Druckt das an ir brust wunnesam.
Nach dem sie ein wurtz-scherben nam,
Leget darein das haubet werd,
Thet darein und drauff frische erd
Und pflantzet auff das haubet zart
Ein schmecket kraut von guter art.
So lag das haubt im scherbn verborgn.
Darnach wenn sie auffstund all morgn,
Zu stund sie zu dem scherben gieng,
Darob zu wainen anefing,
Biß er wurd allenthalben nas
Und auch mit rosenwasser; das
Kraut wuchs und wudlet also sehr
Von tag zu tag ye lenger mehr.
Die fraw den scherben het so lieb,
Den gantzen tag sie bey im blieb.
Als nun ihr brüder merckten, das
Ir dieser scherb so liebe was,
Den scherben sie ihr haymlich stalen
Und den inn ein druhen verhalen.
Da nun Lisabetha auffstund
Und ihren scherben nicht mehr fund,
Sprach sie: O wee, nun muß ich sterben.
Hab ich verloren meinen scherben?
Vor layd sie zu der erden sanck
Unnd ward von gantzem hertzen kranck.
Die brüder sprachen all gemein:
Was mag nur in dem scherben sein?
Vielleicht hats ihren schatz darinnen.
Und mit gar ungetrewen sinnen
Thetens den wurtz-scherben außlern,
Schütten herauß kraut und die ern.
Da fundens das todt haubet zart.
Darob erschracken sie sehr hart,
Wann sie kendten es an dem har,
Das Lorentzen irs knechtes war.
Das haubet wurd von in verborgen.
Bald namens ir barschafft mit sorgen,
Flohen inn Neapolis und
Nach dem ein fraw den scherben fund
Unnd sagt Lisabetha die mär,
Wie ir scherben gefunden wer.
Lisabeth in dem bett auff saß,
Wolt sehen, wo ir scherbe was.
Doch war das haubt nit mehr darinnen
Da fiel sie mit betrübten sinnen
Umb und gab auff ihr trawrig seel.
Da loff zu alles volck gar schnell.
Zuhand ihr magd da anefing,
Erzelt den leuthen alle ding,
Wie sich all sach hette begeben
Inn lieb zwischen ir beyder leben
Und wie ermördet läg Lorentz.
Sein leib den holet man behentz.
Auch fund man das todt haubet klug.
Beyde leib man gen kirchen trug.
Da wainten die reichen und armen.
Ir beyder todt thet sie erbarmen.
Man legt sie inn ein grab zusamen.
Ir beyder seel, ob Gott will, kamen
Zusamb dort in ewigen frewden.
Da sind sie ewig ungescheyden.

Der beschluß.

So nemet diß geschicht zu hertzen,
Wie lieb offt bringet grossen schmertzen,
Schad, schand und ander ungelück
Und bringet viel der bösen stück!
Derhalben frawen und junckfrawen
Sollen sich mit fleiß wol fürschawen,
Das solche lieb sie nit betrieg
Und in im hertzen angesieg,
Dardurch ihn als unglück zusteh,
Sonnder sollen biß inn die eh
Sparen ihr lieb, die ist mit ehren.
Auß ehlicher lieb thut sich mehren
Heyl und gelück alhie auff erd,
Ist bey Gott und dem menschen werd.
Auff das ehliche lieb auffwachs
Inn rechter trew, das wünscht Hans Sachs.

Der spruch der ist mein erst gedicht,
Des ich sprüchweiß hab zu gericht.
Anno salutis 1515, am 7 tag Aprilis.
(Band 2 S. 216-222)
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Historia, wie zwey liebhabende von einem salvenblat sturben.

Hört zu ein klegliche histori,
Wol zu behalten in memori!
Dieselbig sich begeben hat
In Florentz, der mechtigen stat,
Ein reich mechtiger burger saß,
Der het ein jungen sun, der was,
Wie das Bocatius beschrieb,
Hieß Paßquino, der selb het lieb
Ein junckfraw, hieß Simonia,
Eins armen mannes tochter da,
Welche umb lon must wollen spinnen.
Die wart in gleicher lieb auch brinnen.
Eins tags sie einander bekendten,
Wie sie in gleicher liebe brendten.
Er gab ir ein loß inn sein gartten,
Darinn er frölich ir thet warten.
Auff den sontag thet sie auffstan
Und thet, sam wolt sie wallen gan.
Heimlich sie inn den garten gieng.
Mit freuden groß er sie entpfieng,
Machten ihr lieb ein anefang,
Wiewol ir freud nicht weret lang.
Als sie spacierten hin und wider
In dem baumgarten auff und nider,
Beyde vol wunn und freude wasen.
Zu eym salvenstock nider sasen.
Pasquino brach ein salven-blat
Und riebe darmit an der stat
Sein zanfleisch, zeen und auch den mund,
Sprach: Salvey ist den zenen gsund.
Das ist erfaren offt unnd dick.
Als er das redt, im augenblick
Der jüngeling da uberal
Erzittert und groß auffgeschwal.
Sie erschrack ob dem unfal groß
Und zucket ihn bald auff ir schoß.
Zuhand verkeret er sein farb,
Der frauen in den armen starb.
Die fing an zu weinen und klagen,
Ir hend ob dem haupt zam zu schlagen.
Auß dem sein todt wurd offenbar.
Viel volckes kam geloffen dar,
Funden sein leib groß wie ein zeck,
Geschwollen und vol schwartzer fleck.
Das volck maint, sie het ihm vergeben,
Mit gifft genummen im sein leben.
Gefencklich fürt mans für gericht.
Kein wort sie mocht antworten nicht
Und stund in hertzenlayd erstarret.
Der richter ob der that ernarret.
Endtlich erfundt er einen sin,
Ließ sie inn gartten füren hin,
Zu erforschen durch all umbstend,
Wie er genommen het sein end.
Als er kam zu dem todten leib,
Sprach er zu dem betrübten weib:
Sag! wie und was hat er gethon,
Das er gestorben ist darvon?
Sie sprach: Da sey wir beyde sander
Im graß gesessen bey einander,
Ein blat vom salvenstock er zupffet.
Mit dem sie auch ein bletlein rupffet,
Rieb auch ir zenfleysch, zen und mund,
Zeigt im, wie er het thon; zu stund
Geschwal die fraw, verkert ihr farb,
Sanck nider, vor in allen starb.
Inn alles volck so kam ein grauß.
Sie hetten rath und gruben auß
Den salven-stock in diesem gartten.
Nach dem thetens alle gewartten.
Ein krot lag an des salven wurtzel,
Die het vergifft des salven sturtzel
Mit irem arg vergifften saugen,
Die sach mit fewerglasting augen
Die leut herumb so dückisch an,
Das von ir flohe yederman.
Doch warff man darauff dürres reiß
Sambt dürrem holtz geleicher weiß,
Wurd sambt der salven-stock verbrend.
Also hat die geschieht ein end.

Der beschluß.

Auß dem ein mensch sol lernen wol
Das er sich fleissig hüten sol
Vor der lieb ausserhalb ee,
Die alzeit bringet ach und wee.
Es steh geleich kurtz oder lang,
So ist lieb laydes anefang,
Wie uns das alt sprichwort bericht
Und man es denn auch täglich sicht,
Was hertzen-laids auß lieb erwachs
Ausserhalb der eh, spricht Haus Sachs.
Anno salutis 1540, am 23 tag Junii.
(Band 2 S. 223-225)
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Historia, wie der jung edelman Anastasius
ein jungkfraw erwarb
durch ein erschröcklich gesicht zweyer geist.

Inn der alten statt Ravenna,
Welche ligt inn Romania,
Da wondt ein junger edelman,
Sehr reich, höflich und wolgethan,
War Anastasius genennet,
Welcher in strenger liebe brennet
Gen einer jungkfraw von edlem stamen
Deß gschlechts Traversini mit namen,
Schön, züchtig, wirdiger geberd,
Der er zu rechter eh begerd.
Sie aber wolt sein gentzlich nit,
Schlug ab all sein werbung und bitt,
Veracht sein stechen und durnieren,
Sein dienen, bulen und hofieren,
Wann sie war stoltz und ubermütig.
Deß wurd der jung schier doll und wütig,
Gedacht sich selber offt zu tödten,
Fürnamb im auch in diesen nöten,
Vonn ir zu wenden all sein gunst.
Sein anschleg waren all umb sunst.
Wie sein hoffnung wurd kalt und enger,
So wurd sein lieb hitzig und strenger.
Derhalb sein freundschafft ihn erpat,
Ein weil zu ziehen auß der stat,
Auff sein sitz sein zeit zu verzern,
Ob sich sein glück auch wolt verkern
Und end nemb sein grosser unkost.
Also der jung on allen trost
Ritt auff sein herren-sitz hinnauß
Drey meyl; da er hielt ehrlich hauß
Mit jagen, paißn und gastereyen.
Eins freytags im angeenden mayen
Gieng er eynig allein spacieren,
Inn einen grünen walt refieren,
Nur fuß für fuß, in viel gedencken.
Der lieb thet er sich hart bekrencken.
Sein senend hertz war hart verwund.
Als es war nach der fünfften stund,
Hört er gar ein kleglichen gal,
Das es im finstren walt erhal,
Der ihn auß sein gedancken schrecket,
Sein angsicht ab gen walde strecket.
Herlauffen sach er inn der wild
Ein muter-nackat frawen-bild
Mit goldfarbem zerstrewtem har.
Ir leib aller zerrissen war
Von dörnern, uberal verwund.
Neben ir loffen zwen jaghund,
Die ihr stäts lagen in den seyten.
Nach ir sach er ein ritter reyten
Auff einem gantz kolschwartzen pferd
Grimigklich mit gezucktem schwerdt,
Der ir zu nemen gert den leib.
Waynend so schrier das ellend weib
Umb hilff und rettung; also fast
Der edelman erwischt ein ast,
Fürloff den weg und redt ihn an:
Diß steet nicht zu eym edlen man,
Ein nackat weibes-bild zu hetzen,
An ehren noch an leib zu letzen.
Der antwort: Anastasii,
Geh deiner rettung müssig hie!
Laß Gottes urtheil mich verbringen!
Er sprach: Bericht mich in den dingen!
Wer bist du, das du mich thust nennen?
Er antwort: Solt ich dich nit kennen?
Ich bin auß deiner stat geboren
Und herr Quido genennet woren,
Ein ritter, weil du warst ein kind.
Aber ich fiel in lieb erblind
Gen dieser aller-hertsten frawen,
Die gar verachtet mein vertrawen.
Sie war hochtragend alle frist,
Wie du denn auch verachtet bist
Von der, die du gerst zu der eh.
Das thet mir also hertzlich weh,
Weil gar kein hoffnung ich mehr sach,
Als ein verzagter mich erstach
Mit diesem schwerdt und wurd verdampt.
Inn freuden wurd das weib erflampt,
Das ich allso ellend verdarb.
Inn kurtzer zeit das weib auch starb,
Wurd verurtheilt inn die vorhell,
Da wir denn beyde leiden quel
Inn gleichem jamer, angst und plag.
Iedoch biß auff den jüngsten tag
Von Gott uns geben ist zu buß
Das sie mich also fliehen muß
Mit sollichem wainen und klagen
Und ich muß ir also nach jagen.
Wenn ichs ergreiff, muß ich mich rechen
Und sie mit diesem schwerdt durchstechen.
Dann schneid ich auf irn leib mit schmertz
Und reiß ir kalt liebloses hertz
Herauß und gib es diesen hunden.
Da wirdts zerfressen und verschlunden.
Als denn fert das weib wider auff
Und fleucht weiter mit schwindem lauff,
Wie du es wirdst mit augen sehen.
Das muß all freytag hie geschehen
Inn dieser stund, an diesem ort.
Als der geist redet diese wort,
Der jüngling wich, erschluchset gar,
Gen berg im stunden alle har,
Die erschröcklichen that zu schawen
Inn dem fielen beyd hund der frawen
Inn ihre diech, hieltens mit grim.
Sie waynt und begert gnad von ihm.
Er aber durchstachs mit dem schwerdt,
Das sie sanck nider zu der erd.
Darnach auff schnit er dieses weib
Und reiß herauß von ihrem leib
Ir hertz sampt allem ingewayd.
Das warff er für die hund allbayd.
Die frassens als die grimmen löwen.
Nach dem thet sich das weib aufheben
Und loff widerumb ein gehn holtz.
Ir henget nach der ritter stoltz
Mit sein hunden und kam gericht
Anastasio auß dem gsicht,
Der gar in grossen forchten stund
Und dem gesicht nachtrachten gund,
Merckt eben die zeit und das ort,
Kam haym, sagt darvon gar kein wort,
Schrieb sein freunden gehn Ravenna,
Das sie im solten laden da
Herren Paulus Traversiner,
Sein haußfraw sampt ihrer tochter,
Welcher er gar nit kund vergessen,
Mit ihm auff seinem sitz zu essen,
Auff den künfftigen freytag fru.
Darauff da ließ er richten zu
Ein köstlich mal auffs aller-best.
Als nun kamen sein edle gest
Sampt seiner freundschafft, glaid ers bald
Vom sitz in diesen grünen walt,
Da er drey tisch bereytet het
Gleich an die vorgemelten stet,
Darumb gesteckt vil grüner wedel.
Da setzet er sein geste edel
Sambt der aller-liebsten zu tisch.
Auff trug man köstlich tracht von visch.
An getränck war kein mangel nicht.
Als man aß an der letzten richt,
Hörtens das erschröcklich waidwerck
Im walt herauff schallen den berck.
Auf furens diese ding zu schawen
Und sahen die nackaten frawen
Lauffen und waynen also pitter,
Nachfolgen bayd hund und den ritter.
Etlich mann woltn ir halten schutz.
Der ritter mit hefftigem drutz
Zeygt alle ding ihn eben an,
Wie er Anastasi het than.
Da zugens alle hindersich.
Inn dem der ritter grimmigklich
Das weib mit seinem schwerd durchstach,
Schnit ir herauß ir hertz zu rach,
Gab es zu essen seinen hunden.
Nach dem die geist im wald verschwunden.
Die edlen gest stunden in wunder.
Es waren etlich alt darunder,
Die sie hetten kendt alle beydt
Und wol westen, das er vor layd
Der frawen halb sich het erstochen
Und Gott ir leben het ab brochen.
Ir bayder unfal thet sie dawren
Deß stundens erschluchtzet in trawren
Und sunderlich die jung und zart
Jungkfraw, die in lieb ward so hart
Dem edlen Anastasio,
Forcht, er wurd hetzen sie also
Umb ihr hert und versagte lieb.
Groß forcht und schreck sie darzu trieb,
Das sie ihm günstig wurd und hold,
Zu rechter eh ihn haben wolt.
Also mit ihrer eltren willen
Gab man zusamen in der stillen
Die jungen und all sach abretten.
Den nechsten sontag hochzeit hetten
Und lebten darnach lange zeit
Inn frewden, lieb und aynigkeyt
Und alles wollust uberfluß,
Schreibt Johannes Bocatius.

Beschluß.

Auß dem drey lehr man nemen mag:
Erstlich, wer züchtig liebe trag,
Ob man sich gleich stelt rauch dermassen,
Sol man nicht liederlich ablassen:
Zum andren, wo in gleichem nam
Jugend, adel, reichthumb und stam
Eins des andren zu ehren gert,
So ist ein mensch des andren wert,
Sol mans nicht hochmütig abschlagen;
Zum dritten, wie die alten sagen,
Ein schad sey des anderen glück,
Das find sich auch in diesem stück,
Deß herr Quido ellend verdarb.
Anastasius im erwarb
Ein endung seines ungemachs
Im ehling stand, so spricht Hans Sachs.
Anno salutis 1540, am 6 tag Septembris.
(Band 2 S. 245-250)
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Historia der schönen Magelona,
eins königs tochter zu Neapolis.

In der Frantzosen cronica
List man, wie inn Provincia
Ein mechtig reicher grave saß,
Johan Ceriso genendt was.
Der het ein sohn mit seinem weib,
Hieß Petrus, schön, gerad von leib,
Höflicher art und ehrenfest.
Mit ritterspil war er der best.
Wo man kempffet, stach oder rendt,
Man ihn für all ander erkendt.
Eines tages er hören thet,
Wie das inn Neapolis het
Der mechtig könig Magelon
Ein adeliche tochter schon,
Die Magelona war genendt.
Sein hertz unerkandt gen ir brendt,
Weil er hört, das die tugent-milt
Wer auff erdt das schönst weibes-bild,
So von frawenleib wer geborn.
Darumb het er die zart erkorn
Und ein urlaub begeren thet,
Das er die königreich und stet
Beschawen möcht in weyter welt.
Sein vatter gab ihm gut und gelt,
Das er sich bey jungen und alten
Möcht adelich und dapfer halten.
Sein muter im vor allem ding
Zu letz gab drey köstlicher ring,
Der edel gstain het grosse krafft.
Darmit schied ab der tugenthafft,
Auffs haimlichst die raiß für sich nam.
Inn die stat Neapolis kam.
Zu einem wirte zug er ein
Gantz unerkant, das er allein
Möcht schawen der jungkfrawen zier.
Nun solt gleich werden ein thurnier
Vom künigklichen hofgesind.
Petrus rüst sich darzu geschwind
Mit helme, schildt, harnisch und sper.
Zwen silbrin schlüssel füret er
Auff dem helm und der renn-deck sein,
Zug unerkandt in dschrancken ein.
Der könig und sein tochter schon
Sahen vor der verschranckten pon
Auff eym geheuß dem thurnier zu.
Petrus übt sich on alle rhu
Für ander all in seinem stechen,
Thet ritterlich viel sper zerbrechen
Und stieß offt roß und mann ernider,
Wart bald zum treffen bhreytet wider.
Iederman auff den ritter sach
Mit den silbren schlüsseln und sprach,
Im stechen het er thun das best;
Doch wer er war, gar nyemand west.
Die schön jungkfraw Magelona
Preyset auch diesen ritter da.
Ir hertz inn lieb auch gen ihm brendt
Haymlich, wiewol sie ihn nit kendt.
Als er von dem thurnier zog ab,
Das glaid ihm inn die herberg gab.
Alles hofgsind gab ihm die ehr,
Auch alle andre herren mehr.
Nach dem der könig auff den sal
Petrum ließ laden zu dem mal
Und ihn an seinen tisch hin setzt,
Das er mit ehren wurd ergetzt.
Magelona zu tisch auch saß,
Die gantz englisch gebildet was.
Erst wurd entzünd ir bayder hertz
Inn wütig flammender lieb schmertz.
Als nun das mal ein ende het,
Magelona freundlich anredt
Den ritter und in lieb sich ayget,
Sich holdselig gen ihm erzeyget.
Nach dem Petrus die gantzen nacht
Lag und der jungkfraw nach gedacht,
Ir freundlich wort und augenblicken,
Darmit sie ihn het thun erquicken;
Dergleich die jungkfraw gantz und gar
Inn süsser lieb erflammet war.
Nun het sie ein getrewe ammen,
Der öffnet sie ir liebe flammen.
Die amb ir solch lieb wider-rieth;
Solt sich in lieb lon mercken nit
Gen eynem unerkandten ritter,
Es möcht zu endt ir werden pitter.
Magelona kert sich nit dran,
Batt ir ammen, zu ihm zu gan
Und ire lieb an in zu werben;
Wo nit, sie müst vor liebe sterben.
Als die amb diesen ernste sach,
Inn einer kirchen sie ansprach
Petrum, ir junckfraw het mit im zreden
Etwas haymlichs zwischen ihn beden.
Der ritter die botschaft entpfing,
Schickt Magelona die zwen ring
Inn rechter lieb und auff den tag
Kam er haymlich auff ihr ansag,
Da eins dem andern frey bekennet,
Wie es in strenger liebe brennet.
Erst bekendt er auff ir beger,
Wie er hiese und wer er wer.
Doch thet er, sam wolt er haym raysen.
Magelona pat in mit haisen
Zehern, das er doch bey ir blieb.
Schied er von ir, in strenger lieb
Müst sie auch iren gaist aufgeben,
Wan on in mocht sie gar nit leben.
Mit armen in die zart umbfieng,
Ein ketten an sein hals im hieng,
Sprach: Damit ich in steter lieb
Mich dir zu aim gemahel gieb.
Petrus sie da vermeheln thet
Mit seinem ring, den er noch het,
Und mit ir einen anschlag macht,
Wie sie haimlich die ander nacht
Mit einander wolten darvon
Stil und haimlich vor yedermon,
Eh wann ir lieb wurd offenbar,
Dardurch sie kemen in gefar.
Auch wolt ir vatter Magelon
Ir geben einen andren mon.
Deß namen sie zu nacht die flucht.
Frü ward die zart jungkfraw gesucht.
Der könig aber ließ nach eylen
Auff etlich straß in etlich meylen.
Da man sie aber niergend fund,
Der königin vor layd geschwund
Und auch dem könig; bayde-samen
Inn grosses hertzenlayde kamen.
Petrus mit seiner Magelon
Rietten die gantz nacht schnell darvon
Im holtz, abwegs, kein rechte straß.
Als es aber frü tagen was,
Ward Magelona müd und mat.
Petrum ein weil zu ruhen bat.
Vom pferd er sie abheben was
Und setzt sich zu ir in das graß.
Ir haubet neigt sie in sein schoß.
Der schlaff ir zart augen beschloß
Und schlieff dahin gar senfft und leiß.
Der ritter beschawet mit fleiß
Ir schön, darob verwundert sich.
In dem erblickt er haymelich
Ein zendel rot zwischen ihrn brüsten.
Da begert er zu sein wol-lüsten
Zu schawen, was darinnen wer.
Sein drey ring fund darinnen er.
Darbey merckt er ihr lieb nit klein,
Legt den zendel auff einen stein
Und schawt weiter der schönen zu,
Wie sie da lag in süser rhu.
Inn dem ein falck im lufft war schweben.
Der sach den rothen zendel eben,
Maint, es wer fleisch; mit ungstüm groß
Herab er auß dem luffte schoß,
Zuckt auf den zendel mit den ringen,
Thet sich hoch auf ein baumen schwingen.
Petrus erschrack des unfals scharff,
Fur auff, mit stein zum falcken warff,
Ihn von eym baum zum andren trieb,
Ließ schlaffen liegen sein hertzlieb.
Zu letzt der falck im walt auffstund,
Auff ein fels im meer fliegen gund.
Petrus aus meers gestatte lieff,
Fund endtlich ein zerbrochen schieff,
Auff dem fur er hinnein das meer,
Warff zum falcken mit staynen sehr,
Der die ring ins meer fallen ließ.
Ein sturme-wind das schiff hin stieß
Ins meer, da es fing an zu sincken.
Petrus verwag sich zu ertrincken
Und befalch Gott sein arme seel.
Sich erhub noch mehr ungefel.
Ein raubschiff kam mit Moren gangen,
Welche namen Petrum gefangen.
Als er wol gfiel dem schiff-patran,
Wolt er in schencken dem Soldan.
Auff Alexandria zufur.
Dem Soldan er geschencket wur.
Bey dem ward Petrus wol gehalten
Zu hof von jungen und von alten,
Wann er war adelich gestalt.
Gar höflich er dem soldan alt
All tag zu tische dienen war.
Das weret auff sechs gantzer jar.
Iedoch er bayde tag und nacht
An sein Magelona gedacht,
Die er im walt verlassen het.
Eins mals urlaub begeren thet,
Zu sein eltern er haym begert.
Der Soldan in gnedig gewert.
Da rüst er sich auff die haimfart.
Hört furbas von der jungkfraw zart!
Als die jungkfraw im walt erwachet,
Mit seufftzen sie weynet und achet.
Als Petrus nit mehr bey ir war,
Sie wund ir hend und raufft ir har,
Rüfft ihn und sucht ihn uberal
Im walt hin und her berg und thal,
Maint, wilde thier, beren und löben
Die hetten ihn zerrissen eben.
Inn layd den tag ungessen blieb.
Die nacht mit wayn im walt vertrieb.
Frü kams ungfer an die landstraß.
Da ir ein fraw begegen was,
Die gen Rom kirchfarten gehn wolt.
Magelona bat die, sie solt
Mit ihr tauschen ihr kirchfart-kleyd.
Bald wurdens des tauschs einig bayd.
Magelona die tugentreich
Klaydt sich einer wellerin gleich,
Zug mit dieser frawen gen Rom.
Nach dem in Provincia kom
Sam bilgrams-weiß gar unerkandt,
Kam inn ein spital in dem land,
Darinn sie spital-meistrin war,
Und fragt auch haimlich immerdar
Nach Petro dieses graven sohn,
Wo der war; do west nyemand von.
Nun lag der spital nit sehr weyt
Von des graven hof zu der zeit.
Derhalb die grävin oft dar kam,
Kundschafft mit Magelona nam,
Deß ritters mutter, und ihr sagt,
Von Petro, ihrem son, ir klagt,
Wie er nun aussen wer fürwar,
Verloren biß ins sibend jar,
Forcht, ir sun wer nit mehr bey leben;
Sie het drey köstlich ring im geben,
Welche man het gefunden frisch
Vor langer zeit in eym meerfisch;
Derhalb forcht sie, er wer verdorben,
Im meer eins grewling todts gestorben.
Magelona die ring wol kendt,
Iedoch dorfft sie sich an dem endt
Gegen der grävin gar nit melden;
Forcht, sie wurd sehr zürnen und schelten,
Sam sie ihrs sohns tod ursach wer.
Ir hertz das wurdt ihr haymlich schwer,
Tröst doch die grävin an den ortten
Mit holdseligen süssen wortten.
Sie aber war inn todt betrübet,
Inn klag und layd sich haimlich ubet
Tag unde nacht und dacht:O Got,
Ist mein hertzliebes lieb denn todt?
Von des wegen ich gar haimleich
Verließ Neapolis, das reich,
Hab meiner eltern huld verlorn
Und Got beweget auch in zorn,
Auch meine eltern alle bayde
Bracht inn das höchste hertzenlayde.
Solliches hab ich billich müssen
Mit diesem grossen ellend büssen.
Ir hoffnung war gar tod und ab,
Ins ellend sich gleich gar ergab
Und wartet im spital der armen
Und krancken, thet sich ir erbarmen.
Das trieb sie fast auff siben jar,
Biß Gott ihr elend wenden war.
Hört weytter wunderliche ding,
Wie es dort ritter Peter gieng!
Als er nun abgefertigt wur
Vom Soldan und frölich abfur
Und wolt haym in sein vatterland,
Inn Provincia obgenandt,
Mit grosser schenck von dem Soldon
So schied er ab von Babilon.
Inn die insel Sagena kam.
Da stund man auß in Gottes nam.
Darinn man süsses wasser fund.
Das trug man ihn das schiff zu stund.
Petrus der gieng ein weil spaciern,
Inn der öden insel refirn
Und kam auff einen acker schön;
Da fund er rot, gäl, braun und grön
Blumen, darein er sich bald setzt,
Sich seins unmuts ein klein ergetzt
Unnd dacht gar innigklichen da
An sein schöne Magelona.
Vor sehnen vnd trawrigem schmertzen
Fieng er an zu wainen von hertzen,
Die er so ellend het verlorn.
Inn dem ist er gantz schläffrig worn
Und uberweltigt ihn der schlaff,
Da ein lieblicher traum ihn traff,
Wie Magelona, das schön pild,
Ihm brecht ein krantz in dieser wild.
Inn dem stund auff ein guter wind;
Der patron wolt abfaren gschwind,
Iederman eylet zu dem schiff.
Petrus solliches als verschliff.
Inn dem da stieß das schiff von land.
Nach dem erwacht Petrus zu hand,
Loff an den port, das schiff nit fund.
Deß erschrack er von hertzen-grund
Und sanck gleich dahin in amacht.
Inn dem zwen fischer gen der nacht
Lendten in dieser insel ein,
Da fundens den ritter allein
Halb todt liegen, den sie umgaben,
Und theten in trösten und laben,
Fürten ihn gehn Trapana dar,
Da ein herrlicher spital war.
Darinn lag er neun monat kranck.
Eins tags thet er ans meer ein ganck.
Da fund er ein schiff, das zuhand
Wolt faren in sein vaterland.
Er saß kranck auff und mit abfur
Inn Provinci und gleich wur
Gethan in diesen spital da.
Die schön jungkfraw Magelona
War spitalmaisterin benent.
Iedoch gar keins das ander kendt.
Das ellend het sie gemachet hager,
Ungstalt, hellich, thür und mager.
Petrus sich aber seufftzendt klagt
Ob dem unglück, das ihn het plagt,
Lang zeyt sein freud im het zerstört.
Als sollichs Magelona hört,
Da erkendt sie warhafftig, das
Er ir hertzlieber Peter was.
Doch schied sie unerkennet ab.
Hört weytter, wie es sich begab!
Magelona die thet sich kleyden
Inn purpur, sammet und inn seyden,
Inn allem furme und gestalt,
Wie er sie dort het in dem walt
Verlassen, und kam zu im gangen
Und thet also ir red anfangen:
Hertzlieb, sey frölich, wie gebürt!
Ich bin, die du hast hin gefürt
Auß meym köngkreich inn das ellend,
Die du verliest an wildem end.
Ich bin Magelona, dein gmahel,
In lieb und trew fest, wie der stahel.
Ritter Peter frölich auffsprang,
Mit eym freundlichen umbefang
Gab er ir ein kuß an den mund.
Vor freud ir keins mehr reden kund
Kein wort ein zeit, nach dem sie zam
Sassen gar frölich baydesam,
Nach leng an einander beschieden,
Was ihr ieglichs het erlieden
Inn dem ellend auff siben jar.
Nach dem wurden sie frölich gar.
Magelona klaid sich zuhand
Wider inn ir spital-gewandt
Und gen hof zu dem graven gieng
Und der grävin, frölich anfing:
Leget all ewer trawren hin!
Gut botschafft ich euch bringen bin.
Ewer sun Petrus der ist gfunden.
Kumbt bald mit mir! schawt in zu stunden!
Der graf gar hoch erfrewet war,
Gieng mit der frawen eylend dar.
Da funden sie in dem spital
Petrum, ihren sohn, auff dem sal,
Schön bekleydet, der mit verlangen
Von vatter, muter wurd umbfangen.
Nach dem die schön Magelona
Warff hin ir spital-kleydung da,
Kam als eins königs tochter schon.
Nach dem fing ritter Peter on,
Erzelet da von stück zu stück
Ir bayder glück und ungelück,
Das sie hetten erlidten beyde
Inn liebe unnd darzu inn leyde.
Der alt graf fürt sie alle dar
Ind kirchen, für den hoch-altar
Knietens und danckten alle Got,
Der ihn geholffen het auß not,
Unnd gabe sie in Gottes namen
Mit grosser freud ehlich zusamen.
Die freud die ward verkündet da
Im gantzen land Provincia,
Das der jung graf gefunden wer.
Nach dem hielt man in wirden her
Vierzehn tag ein fürstlich hochzeit
Mit grossem pracht und herrligkeyt,
Mit rennen, stechen und thurnieren,
Mit dantzen, singen und hofieren.
Als die hochzeit ein ende numb,
Abzog der adel widerumb.
Petrus der thet inn freuden schweben
Mit seiner Magelona leben,
Die im ein jungen sohn gebar,
Welcher darnach ein könig war
In Neapolis groß in glori.
So end sich die lieblich histori.

Beschluß.

Auß dem man hie drey stück sol lern:
Erstlich, das man auff zucht zu ehrn
Die eltern ziehen ihre kind
Und haben acht auff ihr gesind,
Auff das ir töchter behüt seyen
Vor cuplerey und bulereyen;
Zum andren, das jungkfrawen fliehen
Sollen manßbilder, sich ein ziehen,
Hüten, das nicht die wütend lieb
Sie hinderschleich gleich wie ein dieb,
Die sie verwegen durch vil dück
Stürtz inn schand, schad und ungelück;
Zum dritten, wenn auch der unfal
Mit gwalt ist reyten uberal,
Das er darundter nit verzag,
Wann Gott als unglück wenden mag.
Wer ihn anrüfft und ihm vertrawt,
Derselb auff einen felsen bawt.
Das glück wider grün, blü und wachs,
Das wünschet zu Nürnberg Hans Sachs.
Anno salutis 1554, am 28 tag Februarii.
(Band 2 S. 251-261)
_____



Historia. König Artus mit der ehbrecher-brugk.

Vor jarn ein mechtig könig saß,
Der selb Artus genennet was,
Im reich Britania genandt,
Das man auch nennet Engelland.
Eins mals Artus betrübet wart
Von hertzen gar unmutig hart,
Das ihn nyemandt getrösten kund,
Wie hoch man sich des understund.
Nun war am hof Virgilius
Der kunst ein nigromanticus,
Der fragt den könig, was im wer,
Ob ihm villeicht möcht helffen er.
Der könig sprach: Dein schwartze kunst
Ist mir hilflos und gar umb sunst.
Fillius ließ nit ab zu fragen,
Auff hoffnung, im die sach zu sagen.
Der könig sprach: Mayster, ich hon
So bitter hefftigen arckwon
Gen meiner ausserwelten frawen.
Mich dunckt, ir ehr hab sie verhawen
Durch einen ritter wolgestalt.
Er sprach: Das wert wir innen balt,
Das ir die warheit secht mit augen.
Der könig sprach: Es wirdt nit taugen,
Das es möcht yemand mercken sunst.
Der maister sprach: Mit meiner kunst
Ich es zu wegen bringen khan.
Der könig sprach: So richt es an!
Der maister sprach: Zu diesen sachen
Müst ir ein brucken lassen machen,
Die ich zuricht nach meinem sin.
Wer darnach reytet uberhin
Und der sein eh vor hat gebrochen,
An dem bleibt es nit ungerochen.
So ich mein glöcklein laß erschallen,
So muß er von der brugken fallen
Ab inn des tieffen wassers fluß.
Bald gab im zu könig Artus
All seine werckleut, die er hat.
Die fürt der meyster für die stat
An das gross wasser Ramesis.
Darüber er da machen ließ
Inn kurtzer zeit ein schöne brucken
Von eytel gehawen werck-stucken,
Die het wol zwey und dreissig joch,
Ob dem wasser neun elbogn hoch.
Das pflaster dieser bruck allein
War von palliertem merbelstein
Und war nur dreyer spannen breyt.
Auch het die brugk zu bayder seyt
Kein lehnen-stain, sonder sie was
Glat ab, hel wie ein spiegel-glaß.
Mitten darauff setzt man ein thurn,
Deß wänd künstreich ergraben wurn.
Als nun die brugken ward volend
Künstlich von maisterlicher hend,
Fillius auff die brugken gieng,
Ein glöcklein in den thuren hieng,
Darnach er auff die brugk entwarff
Drey zirckel-kraiss, nach künsten scharff
Auff der mit und an bayden orten,
Darein er mit kriechischen worten
Grub etliche caractores
Mit werckzeug, seiner kunst gemes,
Der gleichen wunderlich figur.
Nach dem die brugken er beschwur.
Als nun die brugk gar wart bereyt,
Wurd es dem könig angeseyt.
Der schwieg und sich nit mercken ließ
Und einen hof anschreyben hieß
Inn seinem reich nahend und ferren
Den fürsten, graven und sein herren,
Der ritterschafft und allem adel,
Den frawen-zimmern ane dadel,
Gen Trimoantem bald zu kummen,
Inn sein haubtstat; bald das vernummen
Im gantzen reich seine regenten,
Da kam dahin auß allen enden
Ein herrschafft groß in sein hauptstat,
Darvor er auff gerichtet hat
An dem wasser in weytem feld
Von seyden vil köstlicher zeldt.
Darinn pflag man den edlen gesten
Mit essen, drincken nur des besten.
Mit sayten-spiel man ihn hofiret.
Mit süssem gsang wardt da quintiret.
Nach essen reyt man an die hetz
Zu jagen, paitzen und zu letz
Stiessen ihr etlich zu dem ziel,
Ir etlich trieben ritterspiel
Mit lauffen, fechten und mit springen,
Mit stechen, kempfen und mit ringen.
Da het man dentz, dort singend reyen.
Etlich giengen in mumereyen.
Noch het ob diesem schimpff und schertz
Der könig ein betrübet hertz.
Doch west kein mensch, was im anlag.
Als der hof het gewert drey tag,
Ließ er den drommeter aufblasen.
Zwen herolt da bestellet wasen,
Die rüfften auß der herrschaft zu:
König Artus wirdt morgen fru
Uber die schmalen brugken reyten.
Bit euch all, ir wölt ihn beleyten.
Darin thut ir im groß gefallen.
Das war ihn wol gemaynet allen.
Nyemand die haymligkeyt da west.
Frü kamen hofgsind und die gest
Zu roß ein ubergrosse meng.
Umb die bruck war ein groß getreng.
Der hofmeister ordnets alsander,
Orndlich zu reyten nach einander,
Und könig Artus reyt voron
Auff die bruck in eygner person.
Auff in reyt die zart köngin immer
Mit ihrem edlen frawen-zimmer,
Leis, fuß für fuß, nach adels sitten.
Nach dem ritter und graven ritten
Und ander herrschafft in gemein.
Als sie nun kamen wol hinnein
Auff die brucken, da ließ gehlingen
Virgilius sein glöcklein klingen.
Bald thet könig Artus umbschawen
Auff der brucken nach seiner frawen.
Da trat seins marschalcks pferd zu kurtz,
Das es nam einen ubersturtz
Hinein das tieffe wasser groß,
Das man sach weder mann noch roß.
Nach dem hub sich ein fallen an
Bayde von frawen unde man,
Von stam und adel hoch geborn,
Ab der brucken hinden und forn.
Hie filen zwen, da drey, dort vier,
Geleich wie in einen thurnier.
Im wasser wart ein grosses zabeln,
Ein sollich durch-einander-krabeln
Von roß und man, ein solch aufschwimen,
Zu land ein uber sehr auffklimmen
An den stauden und dem gestreuß,
Driff-naß als die getaufften meuß.
Iedoch geschach nyemand kein schad
Inn diesem kalten wasserbad,
Wann ieder auff sein pferdlein saß
Und reyt also dahin drieff-naß
Und wurd auß den ernstlichen sachen
Ein kurtzweyl und schimpfliches lachen,
Wann niemandt west die ursach schwer.
Mann maynet, es gschech angefer.
Allein der könig west die ding,
Darob hertzliche freud entpfing,
Das sein fraw war noch ehren-frumb
Und auch der ritter streng darumb,
Den er mit ir verzicket het.
Nach dem den hof erhalten thet
Mit grossem kost dreyzehen tag
Inn aller fröligkeit an klag.
Nach dem in allen urlaub gab.
Mit freuden schied die herrschafft ab,
Ein yedes zu seym regiment.
Also hat diß geschicht ein end.

Der beschluß.

Hört, was die bruck bedewten sey!
Das laster der ehbrecherey
Das ist verzaubert und verglenst
Mit eytel teuflischem gespenst,
Das es so wol und hertzlich liebet;
Und wer sich nun darauff begiebet,
Der wirdt doll, töricht und geblendt;
Sein gferligkeyt er nit erkendt,
Sicht er gelich das groß wasser wol;
Dewt: ebruck stecket unglücks vol;
Und sicht auch etlich darein fallen,
Gedenckt er: Es geschieht nit allen.
Nun ist die bruck an ehren schmal,
Unlöblich, schendlich uberal,
Darzu sie auch kein lehnstain hat,
Darzu gantz häl, schlüpfrig und glat.
Wo eym ein fuß entschlupffet schon,
Hilflich ist ihm kein bidermon.
Auch ist die bruck fast lang und hoch
Und hat in trübsal mannich joch
Und ist im grund ein bitter leyden
Durch eyfern, klaffen und durch meyden,
Das er an ruh täglichen treybet,
Also beharlich darinn bleybet,
Und wenn ihn dunckt, er sey am festen
Und sey der schimpff am aller-besten,
Als denn das thuren-glöcklein klinget;
Bedeut, das zeyt das stündlein bringet.
So dritt er fäl und thut ein hal
Inn unglück, schanden und trübsal,
Inn armut, kranckheit, angst und not,
Inn feindschaft gen menschen und Got
Mit unüberwindlichem schaden.
Wenn man denn sieht im unglück baden,
Wirdt er den leuthen ein gelechter.
Man spricht: Ey, ey, das ist ein rechter.
Er bulet creutzweiß durch die stat.
Den spot er denn zum schaden hat
Und sitzt da, wie ein nasser dachs.
So spricht zu Nürenberg Hans Sachs.
Anno salutis 1530, am 9 tag Januarii.
(Band 2 S. 262-267)
_____



Ein erschröckliche histori von einer königin auß Lamparten.

Inn der Lamparder cronica
Leß wir, wie inn Lambardia
Ein kün-mutiger könig saß,
Der Alkinnus genennet was.
Derselb erschlug inn einem krieg
Den welschen könig; nach dem sieg
Ließ er deß todten hirnschal
Inn gold fassen zu eym pocal.
Darnach er zu der ehe nam
Die schön jungkfraw Rosimundam,
Des todten königs tochter zart.
Eins mals Alkinnus truncken wart
Zu Dietrig-beren ob dem mal
Und schenckt wein in die hierenschal,
Bot ihn zu gspöt der frawen sein.
Sprach: Seh! drinck mit dem vatter dein!
Die fraw verstundt es nit und tranck,
Erfur den hon erst uber lanck,
Wardt dem könig sehr tödlich ghas.
Eins tags er auß geritten was.
Nun was ein jungkfraw im hof-zimmer,
Mit welcher het gebulet immer
Ein ritter, das die köngin west.
Mit der legt sie es an zu lest,
Das sies ließ legen inn ir bett.
Zu nacht der ritter kummen thet,
Beschlieff die köngin unerkandt.
Darnach die köngin sich ihm nandt
Und sprach: Dem könig bin ich gram;
Meym vatter er das leben nam
Und uber das hab ich zu spot
Auch auß der hirenschalen todt
Meins lieben vaters trincken müssen.
Das muß er mit dem todt auch büssen.
Darzu hab ich dich außerwelt.
Derhalb thu als ein tewrer held!
Von heint uber acht nach wil ich
Die kamern öffnen haymelich,
Dem könig all sein wehr verbinden.
Da wirst in nackent, wehrloß finden.
Als-dann schlag ihn kecklich zu todt!
Laß mich sorgen (es hat kein nodt),
Wie ichs zu gutem ende bring!
Der ritter sich entsetzt der ding.
Er west den köng manlich und starck.
Da sprach zu ihm die köngin arck:
Wil dein schwerdt nicht den könig töden,
So sol seins in deim blut sich röten.
Mit der-gleich worten sie in zwang,
Das ir boßheit gwan ein fürgang.
Richt sich darnach mit allen dingen,
Den könig heymlich umb-zubringen.
Der ritter auff bestimpte nacht
Kam, eben als der könig wacht.
Der het beim bett ein lampen brinnen,
Und als er ward deß ritters innen,
Da fur er nacket auß dem bett.
Die fraw aber verknüpffet het
Sein schwerdt, das er es nit kund rucken.
Da ward er sein fuß-schamel zucken
Und wehrt sich mit, so starck er kundt.
Er ward aber gar hefftig wundt
Vom ritter, der im hart zusetzt.
Der könig ihn auch offt verletzt,
Wardt doch endtlich von ihm erstochen.
Die fraw aber, wie vor gesprochen,
Darzu verordnet het zwei pferdt,
Darauff sie luden grossen werdt
Von kleinat, silber, gold und gelt,
Und mit dem ritter obgemelt
Ritt sie in heimlich schneller eyl
Die nacht auß dem landt etlich meyl.
Gen Ravenna sie kheren thetten,
Da sie hernach auch hochzeit hetten,
Zerten ir geld und bliben dar.
Und darnach uber etlich jar
Ersach die fraw ein edelman,
Schön, jung, den sie auch lieb gewan.
Mit dem ihr ehe von newem brach
Und ward dem ritter feind darnach,
Tag unde nacht auch darauff dichtet,
Wie sie mit fug in auch hin richtet.
Endlich vergifftet sie ein wein,
Den sie ob tisch im schencket ein.
Er tranck, das gifft ihn krencken wur,
Und sprach: O du mördische hur,
Du hast mir in dem wein vergeben.
Trinck auch! aber es kost dein leben.
Die fraw wolt nicht und sich anrötet.
Mit blossem schwerdt er sie doch nötet,
Das sie den giffting wein auß tranck.
Zu hand der ritter nider sanck,
Dergleich das weib; mit blaichen farben
Sie bayde bey einander starben.
Also die göttlich grimmich straff
Dise zwey gar erschröcklich traff.
Der mordt und ehbruch ward gerochen,
Wie ein alt sprichwort ist gesprochen,
Mordt und ehbruch verberg sich nicht,
Sonder kumb mit der straff ans licht
Vol schaden, schand und ungemachs.
Vor dem bhüt uns Got! wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1536, am 14 tag Januarii.
(Band 2 S. 271-273)
_____



Die vier trefliche menner sampt ander vilen,
so durch frawen-lieb betrogen sind
und noch betrogen werden.

Schaw, mensch! hie werden fürgestelt
Vier treffenlicher man, gefelt
Durch frawen-lieb, betrogen schendtlich,
Dardurch all vier sie kamen endtlich
Von hohem lob, tugendt und ehr,
Von heyligkeyt, weyßheyt und leer
Zu schandt, laster, sünd und torheyt,
Zu schmach biß in künfftige zeyt.
Der erst der starcke Samson war,
Dem Dalida abschur sein har,
Darinn sein sterck verborgen was,
Das ihn die Philister mit haß
Fiengen und seins gesichtes blendten,
Ir leben mit dem seinen endten.
David, der königklich prophet,
Der ander; als sich waschen thet
Betsabe, des Hetitters weyb,
Ward er durch ihren schönen leyb
Entzündt, mit ir die ee zerbrach,
Ward auch zu eym mörder hernach
An Uria, ihrem ehman.
Des nam er gütlich straff daran.
Der dritt ist Salomon, der weyß.
Als er legt auff die weyber fleiß,
In lieb sich leichtfertig erzeyget,
Da wurd sein hertz durch sie geneyget
Von dem war lebendigen Got,
Zu dienen der abgötter rott.
Der vierdt ist Aristotiles;
Dem nyemandt war an kunst gemeß,
Den machet frawen-lieb zum thoren,
Das er sich reyten ließ mit sporen.
Dardurch er kam in spot und schand.
Doch diese vier hie obgenandt
Sinds nicht allein, sonder viel mehr,
Die gar umb leib, gut und umb ehr
Durch frawen-lieb gar schendlich kamen,
Der ich hie etlich setz mit namen.
Sichem Dina in lieb erkendt,
Nam sampt seim volck ein kleglich endt.
Simbri mit Laßbi sein ee brach;
Pinehas in darumb erstach.
Der-gleich bracht des Leviten weyb
Vil tausent menner umb ir leyb.
Ammon schwecht sein schwester Thamar.
Darumb er auch erschlagen war.
Holofernes het Judith lieb,
Die ihm endlich sein haubt ab hieb.
Nessus ward auch geschossen tod.
Hercules kam durch lieb in not.
Jason durch frawen-lieb verbran.
Achilles gieng des todtes pan.
Paris und gantz Troya verdarb.
Pyramus an dem schwerdte starb.
Leander im wasser ertranck.
Tristrantem, auch der todt bezwanck.
Sextus von Rom vertriben wardt,
Ovidius auch gleicher art.
Appius Claudius verdurb.
Quisgardus auch durch liebe sturb.
Brenberger auch durch lieb vergieng.
Filius in dem korbe hieng.
Dieser buler sind noch on zal
Bey den poeten uberal
Beschriben und durch die gschicht-schreiber,
Welche durch frembde lieb der weiber
Wurden zu narren und zu thoren
Und haben auch dardurch verloren,
Wie diese all, leib, gut und ehr.
Ietz aber unser zeit noch mehr
Find man der buler her zu nennen,
Die man beym licht nur wol möcht kennen,
Die dieser kappen habn ein drumb.
Man finds yetz layder umb und umb.
Weil hurerey hingeht unstreflich,
So treibt mans unverschampt und freflich,
Wiewol yetz wie vor alter zeyt
Vil unglücks sich darob begeyt,
Als ehbruch und jungkfrawen-schenden,
Todschleg, syn, kreft und macht verschwenden,
Sünd, armut, kranckeyt, schand und schaden,
Darinn manch man lang hat zu paden,
Darob endlich zu drümmern geht,
Der gar wol gut und ehre het,
Macht ihn nicht die leichtfertig lieb
Zu einem schalck und ehren-dieb,
Das er endlich vor schand und laster
Darff nicht frölich gehn ubers pflaster.
Das alte sprichwort ist noch war,
Wer mit huren gehn acker far,
Das er mit huren auch nach eg,
Wann näschlein das wil haben schleg.
Böß arbeyt erlangt bösen lon.
Hie bey gedenck ein junger mon,
Das er sich hüt vor diesem laster,
Aller untugent ein ziechpflaster!
Für diese lieb, flammende prunst
Hilfft weder weißheyt, sterck noch kunst;
Nur weyt darvon am besten ist.
Fleuch den anfang zu aller frist!
Und wo er angefangen hab,
Das er noch rechter zeyt laß ab
Und werdt mit frembdem schaden weiß,
Ee das in treffe das nachgreyß,
Wie diese alle ob benandten,
Auch unser zeyt die wolbekandten,
Und spar sein lieb biß in die eh!
Die halt er stät und keine meh,
Dardurch ihm lob und ehr erwachs!
Den trewen rat gibt im Hans Sachs.
Anno salutis 1534, am 20 tag Martii.
(Band 2 S. 290-293)
_____
 


Aus: Hans Sachs
Herausgegeben von Adelbert von Keller
Für den litterarischen Verein in Stuttgart
Gedruckt von H. Laupp in Tübingen 1870
Bände 1-26





siehe auch weitere Gedichte:
Teil 2    Teil 3    Teil 4    Teil 5



 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Sachs

 


 


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