Philipp von Zesen (1619-1689) - Liebesgedichte

Philipp von Zesen



Philipp von Zesen
(1619-1689)
 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 



 





Lob- Lust- und Liebes-Lieder Erstes Dutzend

Das Erste Lied

An seine Gedancken bey herzunahendem Frühlinge
Von lauter Anapästischen Versen /
Auff folgende Melodey gebracht

j.
Auff! meine Gedancken seyd lustig von Hertzen
In diesem angehendem frölichem Mertzen;
Ach sehet der Frühling erneuert sich nun /
Die Erde wil ihre Schatzkammer auffthun.

ij.
Bald werden die lieblichen Blumen auffschiessen
Bald werden Zeitlosen und Rosen entspriessen.
Bald werden wir holen die blaue Viol /
Die jeden ergötzet und riechet sehr wohl.

iij.
Bald werden die Tulpen und Liljen ausblühen
Die manchen zu ihrer Anmuhtigkeit ziehen
Da könnet ihr / meine Gedancken und Sinn
Euch völlig ergötzen und letzen forthinn.

iv.
Man höret die lieblichen Kinder der Lüffte
Schon singen / daß wider erklingen die Klüffte
Frau Nachtigal ruffet daß Hügel und Wald /
Daß Thäler und Berge / daß alles erschallt.

v.
Sie loben den Schöpffer / der ihnen das Leben
Die fertige Zunge zu singen gegeben
Die Lerche trieriret ihr tiretielier /
Es bincken die Fincken dem Buhlen auch hier.

vj.
Die Auen stehn lustig mit Perlen betauet
Es werden die Hirsche mit Freuden geschauet.
Wie färtig sie springen durch kreuter und klee
Wie lustig sich machet das flüchtige Reh.

vij.
Was unsre Poeten muß zieren und schmücken
Das edele Lorberlaub sihet man blicken /
und machet uns einen recht-frölichen Muth;
Auff! meine Gedancken / mein Leben und Bluth!

viij.
Auff! meine Gedancken / seyd lustig von Hertzen
In diesem angehenden frölichem Mertzen /
Auff! sehet der Frühling erlustigt Euch recht
Auff! meine gedancken / mein gantzes geschlecht!
(Band 1 Erster Teil S. 52-53)
_____



Das ander Lied

Auff eine unglückseelige Nacht.
Von Jambischen Versen /
Auff die Melodey:
Wohl dem der weit von hohen Dingen

j.
ES bricht herfür der Nächte Schatten
Doch scheint mir noch der Liebsten Licht
Der Himmel wil es kaum gestatten /
Drümb scheint und gläntzt es ferner nicht.
Weil sich die Liebste von mir macht
Empfind' ich unglück diese Nacht.

ij.
Die Nacht das Schrecken-Kind entspringet
Da Leid auff Freude folgen muß /
Die Dunckelheit mich gantz ümbringet /
O harter harter Himmels-Schluß!
Weil sich die Liebste von mir macht /
Empfind' ich unglück diese Nacht.

iij.

Muß dann der rothe Mund verblassen
Dem noch die schönste Rose weicht?
Muß denn das dopple Licht mich hassen /
Vor dem die Sonne selbst verbleicht?
Weil sich die Liebste von mir macht /
Empfind' ich unglück diese Nacht.

jv.
Ach mein! wie hab ich das verdienet?
Was hab ich ewig nur verschuldt?
Wie bin ich dann noch nicht versühnet
Zu leben in der Liebsten Huld?
Weil sich die Liebste von mir macht
Empfind' ich unglück diese Nacht.

v.
Doch muß ich mich nur drein ergeben /
und weil es anders nicht kan seyn /
Des trüben Himmels Gnade leben /
Der auff mich zornig ist allein.
Weil sich die Liebste von mir macht
Empfind' ich unglück diese Nacht.
(Band 1 Erster Teil S. 53-54)
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Das Vierde Lied

unter eines andern Nahmen
Wird eben so wie vorige beyde gesungen

j.
Kan jemand wohl seyn so geschmücket
Alß der / so treuer Liebe voll?
Trifft an ein Hertz / das unverrücket
Hinwider liebet wie es soll?
Ach! wohl demselben dessen Hertz
Recht treulich liebet ohne Schmertz.

ij.
Ist man gleich noch so schön formieret
Nach euserlichen Schmuck und Schein /
Acht aber nicht / was schöner zieret /
Fühlt innerlich kein Treulich-seyn:
Ach! ist man nicht gantz ungestalt
Und in dem jüngsten Alter alt.

iij.
Sol man mich einen Menschen nennen /
Tilg' ich die Falschheit billich aus;
Ist jemand falsch / wie soll wol können
Noch schöne seyn des Hertzens Haus?
Ach wol demselben / dessen Hertz
Recht treulich liebet ohne Schmertz.
(Band 1 Erster Teil S. 58-59)
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Das Sechste Lied

Von Jambischen Versen

j.
ACh weh! Ich muß vergehen
und stets in Trauren stehen /
Weil du so fliehst für mir /
Du meine Freuden-Sonne /
Du meine Lust und Wonne /
Sol ich dann nun von dir?

ij.
Wiltu mich so verschmähen?
Du must es ja gestehen /
O Venus meiner Zeit /
Daß ich dir hab' ergeben
Mein Hertz / Muth / Sinn und Leben /
und schafft mir itzt nur Leid.

iij.
O ändre deine Sinnen /
Dein thörichtes Beginnen /
Du meiner Freuden Pein /
Weil dein so lieblichs blicken
Mein Hertze wil verzücken
Laß mich der Deine seyn.

jv.
Wann Cynthia stoltzieren
und Titan wird auffführen
Den Wagen voll Rubien;
So wil ich an dich dencken /
Dier manche Wündsche schencken /
Die durch die Lüffte zihn.

v.
Diß laß dir so gefallen
und liebe mich vor allen;
So sol dein hoher Preiß
Durch Lufft und Wolcken steigen
und dir nach Willen schweigen
Der Neid-gewohnte Kreiß.
(Band 1 Erster Teil S. 61-62)
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Das Siebende Lied

Von Trochäischen Versen
Unterredung mit dem Brieffe / welcher
ihm eine gute Vertröstung von der Seinen gebracht

j.
Auff! mein hochbetrübtes Hertze /
Mein bißher gequälter Sinn /
Alles klagen ist dahin /
Es verwandelt sich mein Schmertze;
Ja mein Schmertz verwandelt sich /
Wann ich / Briefflein / schaue dich.


ij.
Schöner Brieff / du Hertzens-Bothe /
Den mir schickt mein ander Ich /
Kanstu so erfreuen mich /
Oder ists der Zweiffels-Knodte?
B. Nein die Liebste selbst es thut /
Die itzt redet durch den Sud.

iij.
Soll der Sud mich so ergötzen?
Kan Er bringen her von Ihr
Die beliebten Seufftzer mir?
und mein schwaches Hertze letzen?
B. Ja der Sud / das süße Kind /
Macht es / daß dein Leid zerrint.

jv.
Aber wie mag dieses kommen?
Vormahls wolte mich allhier /
Meine Göttin tödten schier /
Die mir itzt das Leid benommen?
B. Kennstu nicht den kleinen Mann /
Der so träfflich schießen kan?

v.
Ja / wie solt‘ ich den nicht kennen /
Der durch seine starcke Macht
Mich ans Joch der Liebe bracht‘
und mein Hertz ließ halb verbrennen?
B. Wohl! das ist das blinde Kind /
Das Sie gegen dich entzündt.

vj.
Soll sie mich nicht mehr betrüben?
Soll der klahren Augen Zier /
Die mich vor ertödtet schier /
Soll ihr Hertz mich treulich lieben?
B. Treulich lieben wird ihr Hertz /
Dich anblicken ohne Schertz.

vij.
Wohl! so sag‘ ihr meinen Willen /
und daß ich vor Liebe sey
Gegen Sie entzündt auffs neu /
Ja ihr wollen will erfüllen:
B. Dieses wil sie gleichfals nun /
Die zu Willen alles thun.

viij.
Ey so leb‘ ich gantz vergnüget /
Weil mein trauren ist dahin
und ich nun recht frölich bin /
Weil ich einmahl obgesieget:
Andre haben noch den Krieg /
Ich den offt-gewündschten Sieg.
(Band 1 Erster Teil S. 63-65)
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Das Neunde Lied

Auff Seine ein wenig Abgewichene
Eben wie voriges zu singen

j.
Muß ich denn nun noch erfahren
Wie so treuloß sey dein Sinn
Allerschönste Halb-Göttin /
Die wir doch verbunden waren
Durch das feste Liebes-Band
An dem Hertzen / Mund und Hand?

ij.
Muß ich denn nun selbsten hören /
Daß ein solcher grober Klotz /
Mir gerühmet wird zu trotz /
Wiltu einen solchen ehren /
Einen solchen groben Knoll /
Welcher aller Grobheit voll?

iij.
Muß Er denn mich so verdringen /
Daß ich deinen Rosen-Mund /
Den ich vormahls küssen kunt /
Fort nicht mehr kan hören singen
solche süße Melodey /
Die mich machte traurens-frey?

iv.
Wiltu denn so gar verlaßen
Deinen Liebsten / der sich Dier
gantz ergeben / meine Zier /
Welchen du auch gleicher maßen
inniglich geliebet hast /
Der Dier war ein lieber Gast.

v.
Solten deine rothen Wangen /
Sol dein Zucker-süßer Mund /
Der den Himmel zwingen kunt
und die Götter hielt gefangen /
Diesem Tölpel eigen seyn /
Der so trotzig tritt herein?

vj.
Nein. Der Himmel wolle lencken
Meiner Hertzens-Meisterin /
Dier / den gantz verirrten Sinn /
Daß du mögest wieder schencken
Deine Gunst und Liebe mier /
Der ich mich ergeben Dier.
(Band 1 Erster Teil S. 67-68)
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Das Zehende Lied
Unterredung zwischen dem Schäffer Thyrsis
und der Schäfferin Amaryllis
auff vorige Melodey

j. THYRSIS.
AMaryllis laß uns gehen
Nach dem kühlen Schatten zu /
Zur gewündschten Mittags-Ruh;
Weil am Mittel-puncte stehen
Phöbus Pferd' in vollem Schein
und die Hitze bricht herein.

ij. AMARYLLIS.
ja wir wollen uns hinmachen /
Wo die kühlen Wälder stehn
und des Sudens Kinder gehn /
Wo die güldnen Thäler lachen /
Wo der süße Widerschall
Streitet mit der Nachtigal.

iij. THYRSIS.
Ach wie hefftig brennt die Sonne /
Laß uns eylen alsobald
in den nechst-gelegnen Wald;
Amaryllis / meine Wonne /
Komm / der Schatten findet sich /
Nun wohlan! erquicke Dich.

jv. AMARYLLIS.
Ey so wil ich frischer singen
Weil ich nun in süßer Ruh
kan dem Buhlen hören zu;
Ich wil meine Stimm' erschwingen /
Thyrsis meine Freud' und Zier
Liegt in meinen Armen hier.

v. THYRSIS.
Sonne / kan ich diß erlangen /
Ach! so eyle nicht so sehr
nach dem blauen Westen-Meer /
Daß ich desto mehr ümbfangen
Meine Liebste kann und mag;
Ach! verlängre diesen Tag!

vj. AMARYLLIS.
Brennt und flammt das Wolcken-Feuer
gleich so starck zur Sommers-Zeit
Auff den Feldern weit und breit
Kommet ihnen doch zur steuer
Drauff der Tau / das Kind der Nacht /
Daß die Rose wider lacht:

vij.
Also wenn gleich brennt und hitzet
Noch so sehr der Liebe Gluth /
und entzündet Hertz und Muth;
Dennoch / wenn zur Seiten sitzet
Mein Geliebter / werd' ich kühl /
Daß ich keine Schmertzen fühl.

viij. THYRSIS.
Ja ich muß es auch bejahen /
Daß die Liebe stärcker flammt
Als die Strahlen ingesammt /
Wann sich Titan pflegt zu nahen
Wann die Sonn' am höchsten steht
und die Hitze sich anfäht.

jx.
Starck ist ein Magnet im zihen /
Stärcker ist ein Liebes-Blick /
Ein Magnet ziht Stahl zurück;
Doch wann Liebes-Rosen blühen
In der Buhlschafft Eugelein /
Kan die Liebe stärcker seyn.

x. AMARYLLIS.
Ey was wollen wir viel singen
Von der Liebe Gluth und Hitz
und der Liebsten Augen-Blitz /
Der ein mattes Hertz kan zwingen
Daß es wird vor Liebe kranck!
Seyn wir doch nun frey und franck.

xj. THYRSIS.
Amaryllis / meine Sonne /
Nim nun hin mein treues Hertz;
Durch dich lindert sich mein Schmertz
Du bist meine Freud' und Wonne /
Meine Liebe schenck' ich dir /
Amaryllis / meine Zier.

xij. AMARYLLIS.
So wil ich auch diß mein Leben /
Meine Liebe meinen Sinn /
Mein Gemüth / Dier zum Gewinn /
Thyrsis / eigenthümlich geben;
Also dürffen wir nicht mehr
Dencken / daß die Liebe schwer.
(Band 1 Erster Teil S. 69-72)
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Das Eilffte Lied

Von Jambischen Versen
Nach der Erfindung und Melodey:
An einem Sontag thets geschehen / etc.
Auff begehren also verbässert

j.
ALs einst Cupido zu den Höhen
Wolt in Dianen Tempel gehen /
Der Opfferung zu wohnen bey;
ist er zu späte dahin kommen /
Die Stühle waren eingenommen /
Doch trängt Er ein sich ohne scheu;
Der Korydon war gleich auch da /
Dem Er in etwas trat zu nah /
Drümb ihn der Hürte schäl ansah.

ij.
Sprach / Lecker / bistu toll von Sinnen?
Wiltu noch Schalckheit hier beginnen?
Damit trat Er Ihm auff das Bein /
Cupido muste diß verschmertzen /
Wie wohl ihm solcher Schimpff im Hertzen
Ein heimlich Kreutze mochte seyn.
Er rechte Koridons Gewalt
und nam im Augenblick alsbald
An sich der Delien Gestalt.

iij.
Es mochte Koridon wol wissen /
Daß Delia stets war geflissen
Dem Opffer gern zu wohnen bey /
Drümb wolt' er Sie allda sehn stehen /
und dann mit ihr nach Hause gehen:
Cupido aber treugt ihn frey;
Schlägt wie die Hürtin an die Brust /
und reitzt den Koridon zur Lust;
Es war Ihm keine List bewust.

jv.
Als nun das Opffer war geendet /
Cupido sich nach Hause wendet /
Denckt Koridon / nun ist es Zeit /
Daß ich die Liebste mag begleiten /
und fügt sich an Cupidons Seiten /
Der lacht ihn an mit Freundligkeit:
Der Hürte war erfreut so gar /
Denn Er diß vor gewohnet war /
Weil er sie schon geliebt viel Jahr.

v.
Er nam Cupido bey den Händen /
Der ihn so artlich konte bländen /
und sprach / ich lieb' euch träfflich sehr /
Küsst ihm hiermit auff seine Wangen /
und will mit Freuden Ihn ümbfangen /
Er meint / daß Er im Himmel wer:
Es fielen viel der Liebes-Wort /
Der Koridon eylt mit Ihm fort
Zu kommen an den schönen Ort.

vj.
Da eben nun kam her geschritten
Die Delia von Ihrer Hütten /
und Koridon von fern erkant /
Küsst ihn Cupido noch der kleine /
sprach / tritt forthin auff deine Beine:
Hiermit von stunden er verschwandt.
Der Hürte gantz betrübet stund /
In dieses sich nicht schicken kunt /
Bald Delia thet auff den Mund:

vij.
Sie sprach / halt! was war das vor Eine /
Mit der du gingst im Feld' alleine /
Wars deine Delia? O nein /
O falscher Hürt' / ich kan nun spüren /
Daß du viel andre pflegst zu führen /
Will nicht mehr deine Hürtin seyn.
Der Hürte sagte gantz kein Wort /
Sie aber lieff und ließ ihn dort
Sehr traurig sitzen fort und fort.
(Band 1 Erster Teil S. 72-74)
_____



Das Zwölffte Lied

Von Jambischen Versen

j.
ADe / du Gifft der Zeit / du eitle Liebes-lust
die mier (ach blinde Welt!) vor diesem war bewust /
Die mein Gemüth und Sinnen
Bezaubert allbereit /
nur Thorheit zu beginnen:
Ade! du Gifft der Zeit.

ij.
Ich bin gesinnet nun der Tugend nachzugehn
und nicht mehr bey der Welt der eitlen Welt zu stehn /
Ich wil mich von Ihr reissen /
aus Eckel und Verdruß /
und mich der Zucht befleissen /
So daß ich sagen muß:

iij.
Ade / du Gifft der Zeit / du eitle Liebes-lust
Die mier (Ach blinde Welt!) vor diesem war bewust /
Die mein Gemüth und Sinnen
Bezaubert allbereit /
nur Thorheit zu beginnen:
Ade! du Gifft der Zeit.
(Band 1 Erster Teil S. 76)
_____


Aus dem Owen

Aus meinen Augen quillt des kalten Nilus fluth
und aus dem Hertzen flammt des Berges Aethna Gluth:
Ein jedes pflegt zugleich mit aller Macht zu kämpffen /
und dennoch kan die Fluth die Feuers-gluth nicht dämpffen;
Noch wieder von der Gluth das Wasser trocknen aus;
Sie seyn zwey Feinde sonst / doch werden Freunde daraus.
(Band 1 Erster Teil S. 76)
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Lob- Lust- und Liebes-Lieder
Anderes Dutzend

Das ander Lied

Die Seine schickt Ihm durch die Nachtigal einen Krantz
Die also singet
Auff vorige Melodey

j.
Höre Schönster deiner Schönen /
Höre was ich singen soll /
Wie dein Lieb dich wil bekrönen /
und von deiner Lieb' ist voll:
Itzund komm' ich / dir zu sagen /
Was dein Wohl und Weh muß klagen /
Was dir schickt dein Ichts und Nichts
Ja die Fackel deines Lichts.

ij.
Ich der Wälder Zier und Freude /
Ich beliebte Nachtigal /
Als ich einst sang auff der Heyde
Meiner süßen Kehlen Schall /
Kam dein Lieb mich anzusprechen
An des Pindus klaren Bächen;
Bat' ich möchte bringen Dir
Einen süßen Gruß von Ihr.

iij.
Ich war schon bemüht zu flügen
Vor dein schönes Zimmer hin /
Deine Liebste zu vergnügen /
Dir zu sagen ihren Sinn /
Aber weil sie wolte schicken
Einen Krantz dich anzuschmücken /
Must' ich warten / biß Er gar
ümb und ümb gezieret war.

jv.
Dieser soll dein Heupt ümbgeben /
Du hergegen giebst ihm das /
Was Ihm gleichsam giebt das Leben /
Sonsten ist Er viel zu blaß.
Gönn' Ihm / daß er mög' ergäntzen
sein nur angefangnes gläntzen;
Wird Er nicht geziert von Dier /
Ist Er gäntzlich ohne Zier.

v.
Daß du nicht vergessen mögest /
Wann du von dem Schlaaff auffstehst /
Oder dich zu Bette legest /
Wann du sitzest / wann du gehst /
Deiner Demuth Lieb' und Treue /
Die sie dir verspricht auffs neue /
Ach! so sih! vergiß nicht mein
Muß des Krantzes Zierrath seyn.

vj.
Ey so liebe nun die Deine /
Liebe die dich wider liebt /
und Ihr nicht so hart erscheine /
Wann sie Dir sich eigen giebt.
Ich wil wieder von dir scheiden
Zu den schön-beblühmten Heyden /
und wil deinem Wohl und Weh
Diß berichten. Nun Ade!
(Band 1 Erster Teil S. 82-84)
_____



Das Dritte Lied

Tugendreich die kleine Welt
Nach der Melodey:
Daß mein Gemüth in Angst und Sorgen schwebet

j.
Du gleubst nicht / daß du seyst der Welt zu gleichen /
O Allerschönste Tugendreich /
Ich sage noch / daß Sie für Dier muß weichen /
Du bist ihr warlich mehr als gleich /
Ja die Zier der keuschen Jugend
Gehet Ihrem Schmucke vor /
Deine mehr als Himmels-Tugend
Blickt vor aller Zier empor.

ij.
Der Himmel deiner Stirn' an welchem blicken
Zwo schöne Liechter voller Zier /
Die sich bey später Nacht zum Abzug schicken
und früh zum Auffzug mit Begier;
Diese seyn ja mehr als Sonne /
Mehr auch als des Mondes Licht /
Man empfindt mehr Freud und Wonne /
Wann ihr schöner Straal anbricht.

iij.
Der blancke Sternen-Fürst macht alles helle /
Vertreibt die schwartze Fünsternüß;
Dein Aug' ist eben auch des Lichtes Quelle /
So mein Gemüth erleuchten muß;
Wann dein Auge straalt und funckelt
Winckt und blincket her zu mir /
Wird der Deine nie verdunckelt /
Wann die Nacht gleich bricht herfür.

jv.
Der Himmel ist offt trüb' und gibt uns Regen /
Deckt seine schöne Liechter zu /
Die gleichsam auch verhüllt zu trauren pflegen;
Die Eigenschafften hast auch du.
Lachest offt und sihst offt trübe /
Regnest Thränen ohne Zahl /
Wann dich teuscht die schnöde Liebe /
und verhüllst den Sternen-Saal.

v.
Der schönsten Blumen Zier so bey den Flüssen
und bey den frischen Brunnen stehn /
Die kan dein Angesicht nicht einmal missen /
Mann siht sie täglich frisch auffgehn:
Liljen zieren deine Wangen /
Tausendschönen mischen sich /
Wo die keuschen Rosen hangen
und erfreuen dich und mich.

vj.
Des Hertzens Vorhoff ist schön ausgesetzet /
mit theuren Perlen und Rubien
Du kanst auff deiner Brust / die manchen letzet /
Narcissen-Rößlein hübsch erzihn.
Kürtzlich: Alle Gärte weichen
Deiner schönen Backen-Zier;
alle Blumen müssen bleichen /
Wann dein Mund nur blickt herfür.

vij.
Diß ist von aussen nur / was ist wohl drinnen?
Was euserlich / das lob ich hier /
Das ander ist zu hoch für meine Sinnen /
und übertrifft der Reden Zier.
Deiner hohen Tugend Flammen /
Schönste / deine große Zier /
Deine Zucht und Du zusammen
Haben mich verbunden Dier.

viij.
Wer kan nun / Tugendreich / dich hassen /
Weil dich der Himmel so geziert /
Die Welt dein Ebenbild kan ja nicht fassen
Das hohe Lob / das dier gebührt;
Deine keusche Zucht und Tugend
gehet dieser allzeit für /
Nur die Schönheit deiner Jugend
Gleicht sich etwas ihrer Zier.
(Band 1 Erster Teil S. 85-87)
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Das Vierde Lied

In seiner eignen und vorigen Melodey
Auff begehren in bässere Verse gebracht


j.
DEr edle Schäffer Corydon
Saß einst in trauren tieff /
Gedacht an Fillis / seine Sonn /
Darüber Er entschlieff /
und als er eingeschlaffen kaum
sein' Augen zugeschlossen /
macht Ihm durch einen süßen Traum
Cupido Liebes-Possen.

ij.
Ihm daucht als wenn die Phillis käm
In stiller Ruh der Zeit /
Ihn freundlich in Ihr' Arme nähm'
und küsst' Ihn allbereit /
Daher sein Hertz vor Freuden wallt:
Wie soll ich das verstehen /
Sprach er zu seiner Liebsten bald /
Daß mirs so wohl sol gehen?

iij.
Kaum aber einen Augenblick
genoss Er diese Lust /
Da ändert sich sein Schatten-Glück /
Das Ihn bethören must:
Cupido mit den Flügelein
Ein groß Gereusche machte /
Daß Corydon aus süßer Pein
alsbald vom Schlaff' erwachte.

jv.
Ach sprach der gute Corydon /
Ach! Allerschönste Zier /
Schaffstu mir solche Freud' und Wonn'
In dem du weit von mier;
Was wird denn wohl dein zahrter Mund
Vor große Freude machen /
Wenn du bey mir / wie ich / verwundt
selbst schlaaffen soltst und wachen?
(Band 1 Erster Teil S. 88-89)
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Lob- Lust- und Liebes-Lieder
Drittes Dutzend

Das Dritte Lied

Auff eben vorige Art und Melodey

j.
O Echo / wo sol man dich finden?
Echo. In den Gründen.
Wer wird uns Ihren Nahmen sagen?
E. du must fragen.
Wo sol ich dann auff Antwort warten?
E. In dem Garten.

ij.
Wer führt dahin uns arme Blöden?
E. wiltu reden?
Wohl! wenn uns dieses ist vergönnet?
E. Ja Ihr könnet.
Ey nun wohlan! So wil ich fragen:
E. und Ich sagen.

iij.
Was thut so weh in meinem Hertzen?
E. Liebes-Schmertzen.
Wer kan dieselben Schmertzen machen
E. Liebes-Sachen.
Ist dann der Venus Sohn so mächtig?
E. Ja / verdächtig.

iv.
Wann werd' ich seyn in Fried' und Freuden?
E. Nach dem Leiden.
Das weiß ich wohl / wann solls geschehen?
E. Du wirsts sehen.
Ja sehen: Soll ich noch verziehen?
E. Schmertz muß flühen.

v.
Wer ist der mir soll Freude geben?
E. Selbst dein Leben.
Soll mich mein liebster Schatz erfreuen?
E. Gantz verneuen.
Ach ja! mein Liebhold wirds verrichten?
E. Dein Leid schlichten.

vj.
Wie daß er sich so lang verweilet?
E. Schau / Er eylet.
Nun freuet Euch Ihr schwachen Glieder!
E. Er kömmt wider.
Nun wil ich etwas frischer singen
E. Gar in springen.

vij.
Gehabt Euch wohl ihr bittern Schmertzen /
E. Weicht vom Hertzen.
Ich lebe nun in Freuden-Tagen;
E. Andre klagen.
Laß andre klagen / wie sie wollen /
E. Ja sie sollen.

viij.
Laß fremder Hertzen immer hitzen:
E. immer schwitzen.
Ein ander mag sich nun bemühen /
E. Liebe flühen.
Ich wil nun alle Lust verüben;
E. Allzeit lieben.
(Band 1 Erster Teil S. 106-108)
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Das Vierde Lied

Auch auff Echonische Art /
In seiner sonderlichen Melodey

j.
Echo zeige mir mein Leben!
E(cho:) Ja dir eben.
Weistu meine Liebste nicht?
E. Die dein Licht?
Ja sie ist mein Licht und Sonne /
E. Freud und Wonne?
Ja sie ist mein Freuden-Schein /
E. Sie ist dein.

ij.
Sol ich mich noch länger mühen?
E. Laß verzihen:
Ach verzihen macht mir Leid /
E. Nein. Die Zeit.
Was kann lindern meine Schmertzen?
E. Jungfern schertzen.
Ist nun balde da die Zeit?
E. nicht mehr weit.

iij.
Wird mir bald das Leid benommen?
E. Sie wird kommen.
Soll sie kommen meine Zier?
E. ja zu Dier.
Ach! der Tag wil schon verfließen /
E. Laß sie grüßen.
Ey! so bring Ihr meinen Gruß;
E. Wenn ich muß.

jv.
Ach! wo seyn die langen Stunden?
E. Gantz verschwunden.
Ist dann schier der Schmertz vorbey?
E. Du bist frey.
Ach! wenn kommet mein Verlangen?
E. Sih die Wangen.
Ist dann diß mein Wunder-Licht?
E. Sihst es nicht?

v.
Wohl! ich will sie auch empfangen /
E. dein Verlangen?
Wil Sie küssen unverwandt /
E. Mund und Hand?
Ey! nun lieg ich in den Armen /
E. Zu erwarmen.
Biß der Nächte Liecht verbleicht /
E. und entweicht.

vj.
Nun wil ich die nacht verjagen /
E. Schmertz und klagen.
Nun bring' ich in Fröligkeit:
E. Zu die Zeit.
Wil mich in dem süßen lieben:
E. Stetig üben.
Drümb Ade! du Schmertz und Leid
E. Weiche weit.

vij.
Hiermit wil ich dieses schlüßen:
E. Dich zu grüßen /
Edles Bild voll Freundligkeit:
E. Dieser Zeit.
Echo / leb' in grünen Heyden.
E. Ihr in Freuden.
Wir seyn nur auff Lust bedacht:
E. Diese Nacht.
(Band 1 Erster Teil S. 108-110)
_____


Das Fünffte Lied

Von allerley Versen
In unterredung gestellet

j.
ER. Höchster Schatz /
Freuden-Platz /
Komm her zu mier /
Ich wincke Dier.
SIE. Ach was sol ich bey dir thun?
ER. Deine Geberden / dein reden und lachen
können mich schweigend und rede-loß machen.

ij.
SIE. Ach mein Licht /
Laß mich nicht
verwarten hier /
Ich muß von Dier.
ER. Eine Viertheil-Stunde nur!
SIE. Liebster / Er solte wohl meiner genießen /
Aber es möchte der Mutter verdrießen.

iij.
ER. Ach! mein Licht
Es kan nicht
verdrüßen Ihr /
Ach! bleib bey mir.
SIE. Nein: Ich kan nicht warten hier.
ER. Ist doch die Mutter zu Gaste gegangen /
Bleibe doch immer mein bestes Verlangen.

jv.
SIE. Nein ich muß
Kuß ümb Kuß
vergelten nicht /
mein schönes Licht.
ER. Kann es denn so gar nicht seyn?
SIE. Ich scheide zwar itzo doch ist dir ergeben /
Liebster zu eygen mein Leben und Schweben.

v.
ER. Soll ich nun
Dieses thun
und bleiben hier
Ohn alle Zier!
SIE. Liebster / nun gehab dich wohl!
ER. Scheiden zwar schmertzet / doch muß ichs ertragen /
Hoffen des besten / verschmertzen das klagen.
(Band 1 Erster Teil S. 111-112)
_____


Das Sechste Lied

Nach dem Toone:
Du Beherrscher unsrer Sinnen

j.
WEr kan deinem Pfeil entflühen /
O du starcker Bogen-Gott?
Jupiter muß vor dir kniehen
und verrichten dein Gebot.
Ihm entfällt der Donner-Keil /
Wann Ihn rührt dein Liebes-Pfeil.

ij.
Mars der starcke Gott im kriegen /
Er mag donnern wie Er wil /
Er mag blitzen / Er mag siegen /
Muß Er dir doch halten still:
Du bezwingest seinen Muth
Durch die starcke Liebes-Gluth.

iij.
Daß Vulcan in Ketten führet
Sammt der Venus diesen Held /
Daß Er Muth und Sinn verliehret
und verlässt sein Krieges-Zelt.
Daß Vulcan so zornig ist /
Das verursacht deine List.

jv.
Schone deiner Mutter / schone
Wiltu sonsten schonen nicht;
Soll die Mutter Ihrem Sohne /
Dier / du kleiner Bösewicht /
Auch zugleich seyn unterthan
und dich kniehend beten an?

v.
Aber nein! Es hilfft kein flehen /
Alle Götter fürchten dich;
Die Gelehrten selbst gestehen /
Daß du seyst ein Wütherich.
Feuer / Erde / Lufft und Meer
und was drinnen / fürcht dich sehr.
(Band 1 Erster Teil S. 112-113)
_____


Das Siebende Lied

Auff vorige Melodey

j.
ACh! was sol ich erst anfangen?
Sol ich klagen oder nicht?
Meine vormahls glatte Wangen
Seyn so übel zugericht:
Bluthroth ist derselben Zier /
Weil mein Lieb sich macht von mier.

ij.
Ach! wie kanstu andre lieben /
Weil du mir geschenckt dein Hertz?
Bistu nun so standthafft blieben?
Ist die Treue nur ein Schertz?
Ach! dein schnöder Wanckelmuth
Macht die Augen roth wie Bluth.

iij.
Hastu denn so bald vergessen
Das so starcke Liebes-Pfand?
Bistu denn so gar vermessen /
Daß du lösest unser Band?
Sol die treue Liebes-Pflicht
Förder bey uns gelten nicht?

jv.
Hab ich damals dir gefallen /
Da ich frey und ledig war /
Da du liebtest mich vor allen /
Ey! so schwer ich dir / Fürwar!
Brichstu solche Liebes-Treu /
Wisse / daß ein Recher sey /

v.
Ich wil dir doch treu verbleiben
Biß der bleiche Todt uns trennt /
Dich dem Hertzen einverleiben /
Das von deiner Liebe brennt;
Das dich ehret / das dich liebt /
Ob du mich schon hast betrübt.
(Band 1 Erster Teil S. 114-115)
_____


Das Achte Lied

Auff eine vornehme Hochzeit

j.
WO ist Euer Schönster nur /
Schöne Braut / itzt hingewichen?
Folget balde seiner Spur /
Eh Er gar zu sehr verblichen;
Sucht den Liebsten / Er ist hin /
Es vergeht ihm Muth und Sinn.

ij.
Seht! wie sehr Er ist verwundt /
Nichtes ist an Ihm als Liebe /
Wie sein Nahme machet kunt /
Denn der Liebe Feder schriebe
Vor der Zeit in euer Hertz:
Dencket nicht es sey mein Schertz.

iij.
Wann ein Held mit frischem Muth
An den Feind so gierig setzet /
Wird ihm offte Leib und Bluth
Durch das grimme Schwert verletzet /
Daß Er bald muß halten inn
und verlieret Muth und Sinn.

jv.
So ist Euer Liebster auch /
Der Euch wollen abgewinnen
und itzund nach Liebes-Brauch
Erstlich wird das schiessen innen /
Das aus euren Augen dringt
und sein gantzes Hertz ümbringt.

v.
Eylt und gebt ihm einen Kuß /
Daß Er mit dem Munde zihen
Euren süßen Athem muß /
Daß die Lippen wieder blühen
und den Rosen werden gleich /
Die anitzt erblasst und bleich.

vj.
Ist es / Schöne / nun geschehn?
Ist er nicht schon so erquicket?
Ey nun könnt ihr scheinbar sehn /
Wie Er vor in Lieb' entzücket
Gegen Eure schöne Zier /
Daß Er sich geschämt dafür.

vij.
Nun so sprecht Ihm kühnlich zu /
Hertzet / schertzet / weil Ihr könnet.
und begebet euch zur Ruh /
Weil Ihr gar vor Liebe brennet /
Geht! o geht! weil Gott und Glück
Euch nicht wieder rufft zurück.
(Band 1 Erster Teil S. 115-117)
_____


Das Neunde Lied

Ein Gespräche zweyer
verliebten Personen

ER.
SEyd willkommen / seyd willkommen
Meiner Sinnen Meisterin /
Nun ist mir das Leyd benommen
Nun ist wieder frey mein Sinn /
Weil ich nun kan wieder schauen
Der beblühmten Glieder Auen.

SIE.
Großen Danck und seyd gegrüßet
Höchster Schatz / mein güldnes Licht /
Mein Gemüth wird auch durchsüßet /
Weil ich nun sein Angesicht /
Dem die Rosen weichen müssen /
Kann in gutem Friede küssen.

ER.
Schönste / wil sie mit spatzieren
In den Garten vor das Haus /
Ich wil bey den Händen führen
Sie hinein und wider raus /
Da sich die Natur bemühet
und die schöne Rose blühet.

SIE.
Ich wil folgen / wo Er gehet /
Wo der weissen Liljen Schnee
Auff den bunten Beeten stehet /
Wil mich setzen in den Klee
und in seinen zarten Armen /
Liebster Schatz / mit Lust erwarmen.

ER.
Schönste seht! wie schön nur blincken
Die Violen gelb und blau /
Wie die bunten Nelcken wincken
Durch den weissen Silber-Tau /
Allhier reiffen die Melonen
Pommerantzen und Citronen.

SIE.
Meine Hand ist schon bemühet
Ihm zu winden einen Krantz /
Weil die schöne Rose blühet /
Weil noch völlig ist der Glantz /
Weil die Tulpen und Narcissen
Noch zu Kräntzen dienen müssen.

ER.
Hier kann ich mich zwar ergötzen
Mit der schönen Garten-Lust /
Besser aber kann mich letzen
Ihre Liljen-weisse Brust /
Ihre Lippen / Ihre Wangen /
Die mit schönern Sachen prangen.

SIE.
Ach! was solten meine Wangen
und ich arme Creatur /
mit noch schönern Sachen prangen!
Es beliebt dem Liebsten nur
So zu reden / so zu schertzen /
Geht es Ihm doch nicht von Hertzen.

ER.
Ach! was mag sie / Liebste / sprechen /
Es ist Ihre Höffligkeit /
Die sich kann herausser brechen
und die Hand der Schöne beut /
Wie sol ich mit bloßem Schertzen
brechen aus dem treuen Hertzen?

SIE.
Ach! ich möchte gerne wissen /
Was nur schönes an mir sey?
Was auff Höffligkeit geflissen
und der Tugend falle bey?
Das Ihm hat gelüst zu loben
und mich also sehr erhoben.

ER.
Es beschämen Ihre Wangen
Das beblühmte Garten-Beet /
Da die Tausendschönen prangen
und die weisse Rose steht;
Ich kan sagen / daß Narcissen
Ihrer Stirne weichen müssen.

SIE.
Seht! der Abend kömmt geschlichen /
unsre Freude wird zertrennt
und die Sonn' ist fast entwichen /
Die mit vollem Zügel rennt /
Die sich nach dem Meere lencket
und die müden Pferde träncket.

ER.
Soll und muß ich von Ihr scheiden /
Schöne / meine Lust und Zier /
Ey so lebe Sie in Freuden
und verbleibe günstig mier /
Weil die schöne Rose blühet
und die Sonne Wasser zihet.
(Band 1 Erster Teil S. 117-120)
_____


Das Zehende Lied

Auff vorige Melodey

j.
WAs mag ich mich unterfangen?
Ach was untersteh ich mich
Deine Rosen-rothe Wangen
Anzuschauen und auch Dich /
Schönes Bild / herfür zu streichen /
Dem die Sterne selbsten weichen.

ij.
Könte gleich Apelles mahlen
Dich / O wunderschönes Bild /
und der Augen helle Strahlen /
Dieser blancken Brüste Schild /
Kan doch nicht entworffen werden
Deine Tugend und Geberden.

iij.
Solche Liebligkeit im sprechen /
Das so milde freundlich-seyn
Kann mir Muth und Sinnen brechen;
Wenn dein Antlitz bricht herein /
Wenn die braunen Augen funckeln
Kann mich keine Nacht verdunckeln.

jv.
Deiner hohen Stirne prangen
schön und braunlecht anzusehn
Ist mein Hoffen und Verlangen /
Ach! wenn wird es wohl geschehn /
Daß da wird in meinen Armen
Dein so schlancker Leib erwarmen.

v.
Ich wil mich mit Macht bemühen
Zu erlangen deine Gunst /
Wil mit meinem singen zihen
Dich / zu leschen meine Brunst:
Wenn ich dieses werd' erlangen /
Wil ich gerne seyn gefangen.
(Band 1 Erster Teil S. 120-121)
_____


Das Eilffte Lied

j.
CYnthia du güldnes Licht /
Das nun durch den Abend bricht /
Scheine meiner Liebsten doch /
Blinckt ihr Sterne
her von ferne /
helfft uns tragen dieses Joch.

ij.
Weil wir schon in süßer Ruh
Diesen Abend bringen zu /
Weil mich itzt mein Auffenthalt
In den Armen
Lässt erwarmen /
Mag es immer werden kalt.

iij.
Nach der Kälte frag ich nicht /
Wenn ich diß mein Sonnen-Licht
Annoch bey mir haben mag /
das mich quicket
und anblicket /
Biß sich zeigt der hohe Tag.

jv.
Sie ist flüchtig wie ein Reh /
Ihren Haaren weicht der Klee /
Ihrer rothen Lippen Zier
von Korallen
mier gefallen /
Wann Sie neigt Ihr Heupt zu mier.

v.
Lieblich klingt es / wann die Bach
Durch die Steine rauscht gemach /
Dieser aber geht sie vor /
Wenn sie singet /
Wenn sich schwinget
Ihre Stimme hoch empor.

vj.
O wie seelig ist die Nacht /
Da mich dieses Licht anlacht /
Da ich Ihren rothen Mund
bin geflissen
stets zu küssen /
Da mir alles ist vergunt

vij.
Ihre Liebe schenckt sie mir
und ich schencke wider Ihr
Meine Liebe biß die Nacht
von uns weichet /
wenn verbleichet
dieser güldnen Sterne Pracht.

viij.
Nun du güldnes Feder-Zelt /
Das vor andern uns gefällt /
Laß verschwiegen seyn die Lust /
die wir üben
in dem lieben /
die nur dier und uns bewust.
(Band 1 Erster Teil S. 122-123)
_____


Das Zwölffte Lied

Als Er von der Seinen einen geschälten Apffel empfing

j.
SChönste / sol der Apffel hier / den sie mier gegeben
Ihrer Liebe Zeichen seyn
Nur allein?
Oder wil sie opffern mir in Beständigkeit ihr Leben?
Ist der Apffel rund?
Ey! so wird die Treue kunt;
Denn was rund ist hat kein Ende.

ij.
Ihr Gemüth ist ohne falsch / drümm ist er geschälet /
Aller Trüg- und Gleißnerey
Ist Sie frey /
Darüm ich zur Freundin Sie schon vorlängst erwählet /
Daß der Apffel steht
Auff der Spitzen und sich dreht;
Ist die Lieb' im Tod' und Leiden.
(Band 1 Erster Teil S. 124)
_____


Auff die Seine / da Sie verschieden

Du warst vorhin verwundt durch einen Pfeil der Liebe /
und nun hat gar gefällt der Pfeil des Todes dich /
O Adelheit mein Schatz; Die Sterne stehen trübe:
weil du verletzet bist / so bin Ich nicht mehr Ich.
Ich steh' im Zweifel noch / weiß nicht / ob Liebe sey
Noch stärcker als der Todt / weil er das reisst entzwey
Was treue Liebe bindet /
Daß Sie den Todt empfindet.
(Band 1 Erster Teil S. 124)
_____


Lob- Lust- und Liebes-Lieder
Vierdes Dutzend

Das Ander Lied

UNser Augen stumme Reden
Geben offters an den Tag /
Was vor Angst uns arme Blöden
In dem Hertzen quälen mag:
Könt in unsern Augen lesen
Der verschwiegnen Liebe Wesen
unsers Hertzens Freuden-Ziel:
Ach! das wer ein süßes Spiel.

ij.
Niemand könte recht aussprechen
Solche Freude / solche Lust /
Alsdann würde bald ausbrechen
Was das Hertz nur hat gewust.
Wil manns aber nicht verstehen /
Müssen wir zu Grunde gehen /
Werden vor dem Alter alt /
Ja wohl gar in kurtzen kalt.

iij.
Doch wer üm der Liebe willen
Seinen Leib auffopffern muß /
Der kann anders nicht erfüllen
Des ergrimmten Himmels-Schluß:
Drüm nur willig dran gegangen /
Weil kein flehen wil verfangen
Etwas vor des Liebsten Thier /
Bleibt man sonst doch auch nicht hier.

jv.
Muß mann nicht der Zeit erwarten
Biß die schöne Rose blüht?
und biß Flora selbst den Garten
mit Tapeten überziht?
Dulde dich doch unterdessen /
Deiner ist noch unvergessen:
Wann die Lind' am stöltzten grünt /
Recht sie denn zur Lauten dient.

v.
Wann die schöne Rose pranget
und in voller Blüthe steht /
Jedermann nach Ihr verlanget /
Eh der klare Tau vergeht /
Bricht man sie mit zarten Händen /
unsrem Buhlen zu zusenden:
Also eh die Jugend schwindt /
Manchen doch die Liebe bindt.
(Band 1 Erster Teil S. 129-130)
_____


Das Dritte Lied

Adelheit lobet den Ihrigen

j.
HErfür du Laute / meine Lust /
itzt soltu dessen Lob vermehren /
Der meinem Hertzen ist bewust /
Itzt wil ich singen dem zu Ehren /
Der meine Wonn' und Freude bleibt /
So lange man von lieben schreibt.

ij.
Er ist mein Schönster nur allein /
Sein Antlitz kann mich so entzücken /
Daß ich Ihm gantz muß dienstbar seyn.
Wenn seine beyden Sonnen blicken
Auff mein verfünstert Angesicht.
So darff ich / Sonne / deiner nicht.

iij.
Gleich wie die schönen Rosen hier
Bey früher Morgenröthe prangen
und blühen recht in voller Zier;
So blühen auch die schönen Wangen /
Die voll Magneten und Rubien /
Mich so zum Liebes-Feuer zihn.

jv.
Wann sich nur regt der schöne Mund /
Hört mann die Redners-worte fließen /
Die mich so mannichmahl verwundt /
Er kan mit Anmuth sie versüßen /
Bald wieder Ernst im Reden seyn /
Wann Zeit und Stunde bricht herein.

v.
Ich weiß / daß Er mich treulich liebt /
Drüm hab ich ihm mich auch ergeben /
Ich weiß / daß Er sein Hertz mier giebt /
Drümm geb' ich Ihm mein gantzes Leben.
So bin ich sein und Er ist mein /
Nichts treuers kann auff Erden seyn.
(Band 1 Erster Teil S. 131-132)
_____


Das Vierde Lied

Eine Klage über die Liebe

j.
O Liebe / wie magstu mit mier so grausam spielen /
Ach! welche starcke Gluth machstu mein Hertze fühlen;
O schrecklicher Tyrann
O ungeheures Wesen /
Das nichts als ängsten kan;
Wie sol ich nur genesen?

ij.
Wer kann mir doch mein Hertz so unvermercket stehlen?
Sol mier noch endlich auch mein eignes Hertze fehlen?
Des Lebens bin ich satt /
Die Kräffte von mir weichen /
Die Glieder werden matt /
Bald wil ich gar verbleichen.

iij.
Sol Liebe Liebe seyn / so sol mann auch genießen /
Sonst ist die Liebe nichts als nur ein bloß Verdrüßen:
Wo einer andre liebt
Ohn alle Gegen-Liebe
und sich aus Zwang Ihr giebt /
Da siht der Himmel trübe.
(Band 1 Erster Teil S. 132)
_____


Das Sechste Lied

j.
Als Adelhold auff eine Wiesen
Sehr traurig ausspazieren gieng /
Da lauter sanffte Winde bliesen
und Ihn das trübe Leid ümbfing /
setzt Er sich auff den grünen Plan
und rührt die güldnen Seiten an.

ij.
Er sang von seiner Liebsten Tugend /
Von ihrer Zucht und Freundligkeit
Wie er im Anfang seiner Jugend
Sie hochgeliebet allbereit;
Neid tobe / wie du immer wilt /
Sein wündschen ist doch wohl erfüllt.

iij.
Seit daß ich bin von Dier wegkommen /
Du Nymfen-Sitz und Musen-Stadt /
Hat dreymahl ab-und zugenommen
Des schier erblassten Mondes Blat /
So lange bin ich allbereit
von dir entfernt / O Adelheit.

jv.
Es konte niemand mich bereden /
Daß auch so scharff und rauh der Nord /
Ich eylte fort gleich einem Blöden
An meiner Sinnen Freuden-Port /
Die Muld' und Elbe nam mich an
und hat mier alles guths gethan.

v.
Den Krantz / den mier im kühlen Meyen
Zuletzte noch die Liebste schenckt /
Den wird mein Phöbus auch verneuen /
An den mein Hertze stets gedenckt /
Mein Phöbus der berühmte Mann /
Der so vortrefflich spielen kann.

vj.
Ein Freuden-Lied solt' ich wohl singen /
Ach! aber welche böse Post /
Welch ein Geschrey hör' ich erklingen?
Was kömmt vor Bothschafft her von Ost?
Ist unsre Lieb' und Freundschafft todt?
Ach! O der übergroßen Noth!

vij.
Doch muß mich nur drein ergeben /
Die Liebe stirbet nimmermehr /
Ob gleich der Leib ist ohne Leben /
Bleibt doch der Liebe Ruhm und Ehr;
Ich muß gedencken / daß ich auch
nichts bin / als lauter Schnee und Rauch.

viij.
Mein Freund ist Gott der mich auch liebet /
und ohne falsch / des tröst ich mich /
Dem sich mein Sinn und Hertz ergiebet
und fürchtet keinen Wütherich /
Neid / tob' und wüthe / wie du wilt /
Der Höchste Gott ist doch mein Schild.

jx.
Ey nun Ade! Ich wil bald scheiden
und sehn / wo schöne Büsche stehn /
Da mier den bunten Krantz mit Freuden
Wird geben und entgegen gehn
Mein' außerwehlte Nymf' und Braut
Die Ich von fernen schon geschaut.

x.
Also sang Adelheid zu letzte /
Daß Wald / Berg / Thal und Feld erschallt /
Als Er sich nun zu Schiffe setzte /
Zu segnen diesen Musen-Wald /
Trennt uns der Wind / und dieses Licht /
Das nach der Abendröth' anbricht.
(Band 1 Erster Teil S. 135-138)
_____


Das Siebende Lied

Als Er verreisete

j.
IHr Bücher / meine Freude /
Du leichte Feder du /
Die ich zum schreiben schneide /
Hört meinen seufftzen zu.

ij.
Ich soll Euch nun verlaßen /
Wie fang' ichs doch nur an /
Soll zihen meine Straßen
Ein' ungebähnte Bahn?

iij.
Der Weg wird mier zu lange /
Das scheiden ist zu schwer /
Es ist mier Angst und bange
und bin bekümmert sehr.

iv.
Wer wil die Zeit vertreiben /
Die allzu lange Zeit /
Wann ich nicht mehr kann schreiben
von meiner Adelheit.

v.
Wenn ich nicht mehr kann lesen /
Den Edlen Opitz da /
Wie ihm sey lieb gewesen
Die braune Flavia.

vj.

Wann Flaccus schöne Lieder /
Wenn Maro nicht bey mier /
So ist mier nur zu wieder
Die schönste Lust und Zier.

vij.
Die Zeit wil nicht verflüßen /
Wenn Sappho schweigen muß /
Wenn mich nicht kann durchsüßen
Der schwere Pindarus.

viij.
Doch weil ich ja soll scheiden
und Euch nicht länger sehn /
So hoff' ich sol mit Freuden
Mein wündschen auch geschehn.

jx.
In kurtzen komm ich wieder /
und dessen tröst' ich mich /
Da sollen dann die Lieder
Erst recht anheben sich.
(Band 1 Erster Teil S. 138-139)
_____


Das Neunde Lied

Fast nach eines andern Erfindung

j.
WEs ist der rothe Mund / das güdne Licht?
Das durch den späten Abend bricht?
Wes seyn die Rosen-Wangen?
Wes ist das lachen doch /
Das mich nun führt gefangen
Ans süße Liebes-Joch.

ij.
Hastu gezeuget dann / O schöner Berg /
Ein solches Licht und süßes Werck?
So kann ich warlich! sprechen /
Die Freundfigkeit ist hier /
Den Spiegel mustu brechen /
O Venus selbsten Dier.

iij.
Hier hat sich Tugend selbst gepflantzet ein /
Hier ist das milde freundlich-seyn /
Was soll ich dann nun schließen
Aus ihrer Liebligkeit?
Die Gratien selbst fließen
und brechen durch den Neid.

jv.
Das urtheil sprach Ich nun / O schön Zier /
Den güldnen Apffel geb' ich Dier /
Die Tugend / die ich kaum gesehen /
Hat mich schon so entzückt /
Was wird dann wohl geschehen /
Wann ich dich recht erblickt.
(Band 1 Erster Teil S. 141-142)
_____


Das Zehende Lied

Auff Pindarische Art
Von lauter Jambischen Versen

Satz
WAs Liebe sey und was sie kann /
Weiß itzund fast ein jedermann /
Kein Ding ist ja von lieben leer /
Die Erde liebt das wilde Meer /
Der Weinstock pfleget ümzufassen
Des ulmenbaums begrünte Zier;
Die Nachtigal so für und für
Die grünen Wälder nicht kann hassen /
Der schnöden Welt giebt gute Nacht /
Wann sich Ihr Lieb von hinnen macht;
Nichts anders als die Lieb' es machet /
Daß sich der Sternen Schaar anlachet /
Ja daß die Lufft das Feuer tregt;
Wer hatt doch Gott nur angetrieben
Sein Allmacht gegen uns zu üben?
Die Lieb' hatt Ihn allein erregt.

Gegen-Satz
Drüm recht! Ihr nunmehr Liebes-Paar /
Laßt Euer Leid nun schwinden gar!
Es wündscht Euch Glück ein jedermann /
Ich wil die Seiten / wie ich kann /
Anstimmen und odarisieren
Zu Ehren diesem Hochzeit-Schein;
Ach solt' ich auff den Wiesen seyn /
Da stets die Vogel modulieren /
(mein Fürstenau / ich meine dich
Da schöne Blumen heuffiglich
und edle Früchte seyn zu schauen /)
Ich wolte laßen Blumen hauen
und zieren aus das Braut-Gemach;
Doch wil ein Hochzeit-Lied ich singen /
Das soll erschallen und erklingen
Biß an das blaue Wolcken-Tach.

Nachklang
Nun gehet hin und braucht der Liebe;
Des Glückes Neid Euch nicht versehr;
Kein unfall niemahls Euch betrübe /
Daß übers Jahr Euch Gott verehr /
Was Euch anlacht
Zu Tag und Nacht
Was nach dem Tod' Euch lebend macht.
(Band 1 Erster Teil S. 143-144)
_____


Das Eilffte Lied

Als Erdmuth ihren Nahmens-Tag beging

j.
O Nymfe / der ich diß, zu Ehren singe /
O Erdmuth / schicke dich zur Fröligkeit
und deinen süßen Toon zugleich erschwinge /
Zu loben deinen Gott zu dieser Zeit.

ij.
Laß deine Nadel stehn und Faden liegen /
Weil itzo bricht herfür dein Nahmens-Licht /
Ich seh schon kommen an mit tieffem Bügen
Die Diener deines Herrn der Dier verpflicht.

iij.
Was tragen sie doch nur vor schöne Sachen?
Was ist das für ein Wundsch in güldner Schrifft?
Ich der ich dieses seh / was sol ich machen /
Weil mich itzund nun auch die Ordnung trifft?

jv.
Nur einen bloßen Wundsch wil ich dier geben
und was es mehr wird seyn / das ich verehr;
Der Himmel gebe Dier ein langes Leben /
Damit ich anderwerts den Wundsch vermehr.

v.
Also bistu nun auch von mier gebunden /
Du Tugendhafftes Bild voll Lieb und Treu /
Diß Band / das deinen Arm und Hand ümbwunden /
erfodert Traubenblüth / das macht dich frey!
(Band 1 Erster Teil S. 145)
_____


Das Zwölffte Lied

Nach der Melodey
Das Glück gantz wanckelmüthig ist

j.
WAnn schon die Sonne scheint einmahl
und durch die Wolcken blicket /
Graß Laub und Thier erquicket /
Macht lustig Feld und Tahl:
Kömmt doch das ungewitter /
und macht die Freude bitter /
Wann sich der Sturm erhebt /
Das Meer und Erd' erböbt /
Der Vogel Zahl
schweigt allzumahl /
kein Tierelier
schwingt sich herfür;
Der Sonnen Licht
Kann zeigen nicht
Den güldnen Glantz / das liebliche Gesicht.

ij.
Also / wenn schon das Glück sich zeigt
und uns einmahl anlachet /
Viel Lust und Freude machet /
Wenn Sturm und Wetter schweigt;
Bald aber kömmt mit Hauffen
Das ungelück gelauffen
Wie Schnee und Eiß zergeht
Die Blume nicht besteht /
So eylt zurück
das schnöde Glück
und weicht mit Macht
Zu Tag und Nacht;
Es eylt und flüht /
So bald es blüht /
Ist nur allein auff Flüchtigkeit bemüht.
(Band 1 Erster Teil S. 146-147)
_____


Lob- Lust- und Liebes-Lieder
Fünfftes Dutzend

Das Erste Lied

j.
SOphia komm / du edles Bild /
Mein Trost und Schild /
Ich fühle deiner Liebe Schmertzen
In meinem Hertzen;
Ach eyle / meine Sonn und Zier
und komm zu mier /
Ach laß der Augen helles strahlen
mich auch bemahlen;
Laß seyn in deinen Armen mich /
damit ich dich /
Mein Lieb / erkennen kann
Die ich vorlängsten liebgewann.

ij.
Sophia komm und träncke mich /
So lieb' ich Dich /
Laß deine weisen Ströhme fließen
und mich durchsüßen /
Damit ich von dir reden mag
Zu Nacht und Tag;
Ach! laß mein Heupt nun auch bekräntzen
In diesem Lentzen /
und schleuß mich nun in deine Gunst /
du Bild der Kunst;
Dein braunes Angesicht /
Das sey in Dunckelheit mein Licht.

iij.
Laß deinen Zucker-süßen Mund /
Der mich verwundt /
mit meinen dürren Lippen rühren /
Den Tau zu spüren /
Der auff den deinen sich befindt /
Du weises Kind /
Wie Perlen-Tau auff Rosen stehet /
Wenn einher gehet
Die Himmels-Braut bey früher Zeit
in roth bekleidt:
Wohlan! Ich komm zu Dier /
wil bey dier wohnen für und für.

jv.
Komm / liebe Braut / und kröne mich /
Lieb' ich doch dich;
Komm / lege deinen Scepter nieder /
Damit ein jeder
von Dier / O Fürstin / wird geehrt /
Der dich nur hört;
Ich wil mein Antlitz zu Dier kehren
und dich nur hören /
Damit ich deine weise Kunst /
Dein' Ehr und Gunst
Allzeit genießen mag /
O schöne Braut / zu Nacht und Tag.
(Band 1 Erster Teil S. 151-152)
_____


Das Ander Lied

j.
WEißheit / sage wo du bist / wo dein reicher Quell aufsteiget
und sich zeiget /
Träncke mich mit deiner Fluth /
Höchstes Guth /
Laß mich deinen Most versüßen
und genießen
Deinen Zucker-süßen Wein /
Laß mich immer bey dier seyn /
Daß mein Mund mit Weißheit blühe
und in Tugend sich bemühe /

ij.
O du Fürstin aller Kunst / die mich kann mit Liebes-blicken
So entzücken /
Ach wie herrlich ist dein Glantz
und der Krantz /
Der den güldnen Helm ümringet
und mich zwinget /
Der auff deinem Heupte steht /
Da der Sonnen Blitz ausgeht /
Da die güldnen Engels-Flammen
Sich entzünden allzusammen.

iij.
Deine Brust mit Perlen gantz üm und üm geschmücket /
Mich entzücket:
Ja der hellen Augen Zier
Funckeln Dier /
Wie des Adlers hohe Strahlen /
Wenn sie praalen:
Deine Wangen wachsen Dier /
Wie der Tausendschönen Zier
von dem Tau die Lippen nassen /
Der entspringt auff Hermons Gassen.

jv.
Du o werthe Creatur / du hast mir das Hertz gerühret
und entführet /
Deine Zucker-süße Wort
Seyn mein Port /
Ja das Hertze wil mir brechen /
Kann nichts sprechen /
Wenn dein Mund sich reget nur;
Ich muß laßen Ziel und Spur
und mich zu denselben Enden /
Da du redest / willig wenden.

v.
Du solt meine Liebste seyn / meine Freude meine Sonne /
Lust und Wonne /
Wann mich ja die dunckle Nacht
irrig macht /
Soll der Augen helles blicken
Mich erquicken;
Meine Schöne / meine Braut /
Die der Himmel mier vertraut /
Du machst / das Mich lieben werden
Die Gewaltigen auff Erden.

vj.
Du solt meines Nahmens Lob in die hohen Wolcken bauen
Stets zu schauen /
Mein Gedächtnüß wird bestehn /
Wo die Sterne gehn
und unsterblich auch verbleiben
und bekleiben /
Nur dier / Neid / zu Trotz und Hohn:
Wohl demselben! der den Lohn /
Der da trotzt die hohen Sinnen /
Kann mit Ehr und Ruhm gewinnen.
(Band 1 Erster Teil S. 153-155)
_____


Das Dritte Lied

Auff den Alexandrinischen Seiten

j.
DEr Abend bricht herein / die kühle Nacht entspringet /
da mann der Liebe Lied mit vollen Freuden singet /
die kinder kühler Lufft seyn auch in stoltzer Ruh /
nur Echo wachet noch und rufft mier immerzu
die letzten Sylben nach; ich sehe wie den Sternen
der schier erblasste Mond zu wincken kan von fernen;
Nur ich bin ohne Trost und wache gantz allein
und seufftze fort für fort / wenn andre schlaaffen ein.

ij.
Du ruhest / Hedewig und liegst im stoltzen Frieden
in deinem Feder-Zelt ich aber muß ermüden
und schlaaff-loß bringen zu die gantze liebe Nacht /
Da ich allein auff dich / O Hedewig bedacht;
Des Hertzens Vorhoff liegt / dein Rosen-Mund / gestillet /
dein edles Heupt ist auch mit küssen eingehüllet;
Nur ich bin ohne Trost und wache gantz allein /
und seufftze fort für fort / wenn andre schlaaffen ein.

iij.
Ich bin in Angst und Furcht / die Eul' erbärmlich schreyet /
Ich höre / wie sie mier den bittem Todt schon dreuet.
Ach Schmertz! Ach weh! ach Leid! ich ächtze durch die Nacht
und liege schlaafloß da biß Cynthius erwacht;
Es schläfft der Arbeitsmann / der Drescher ruhet süße /
Das stoltze Pferd ruht aus / fühlt nicht die müden Füße;
Nur ich bin ohne Trost und wache gantz allein
und seufftze fort für fort / wenn andre schlaaffen ein.

jv.
Ey nun gehab dich wohl! Ade! du stoltze Dirne /
dich ruff ich Zeugen an / du güldenes Gestirne /
Euch ruff ich / zeuget mir / ihr Thäler / meine Zier /
Ihr Wiesen / Berg' und Büsch' und das auch wohnet hier /
Das Lust-kind ruff ich an / und kann es mehr nicht zeugen /
so wird es dennoch nicht mein letztes Wort verschweigen;
Daß ich war ohne Trost und wachte gantz allein
und seufftzte fort für fort / wenn andre schlieffen ein.
(Band 1 Erster Teil S. 155-156)
_____


Das Vierde Lied

Von Jambischen und Trochäischen Versen /
Nach Pindarischer Art

Satz
WEr in seiner Lebens-Zeit
Nur ist auff Einsamkeit beflissen /
Solcher hasset Freundligkeit
und achtet gäntzlich nicht / was weise Leute wissen /
Wil auch kein weiser Mensche seyn;
Verwirfft der Schrifften hellen Schein /
So ein anders bringen für /
Wanns schon befihlt der Römer Jupiter /
So muß doch diß / was uns gebeut der Herr /
Den Vorgang haben hier.

Gegensatz
Alles / was mann findet hier /
Auff diesem weiten Rund der Erden /
Das muß lieben für und für:
Die Sternen wincken sich mit lieblichen Geberden;
Der fetten Erlen grüne Zier /
So liebt die Flüsse für und für /
Giebt dem grünen gute Nacht /
Wenn sich verliert der Flüsse Feuchtigkeit;
Das Volck der Lufft kann auch nicht allezeit
Vermeiden Liebes-Macht.

Nach-klang
Drüm seyd / Herr Breutgam / dran /
Laßt schwinden Einsamkeit / greifft nun mit Freuden an /
Der Ehe Zucker-süßen Streit /
So Juno hatt bereit:
Dann Weißheit wil nun auch durch Liebes-band
verbunden seyn mit Euch in diesen Stand:
Gott gebe Glück und Heil dazu
und stille Friedens-Ruh!
(Band 1 Erster Teil S. 157-158)
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Das Fünffte Lied

Auff die Heimbohl- und Riccische Hochzeit

DIE J. BRAUT an Ihren Liebsten.
ES bricht herfür der Nächte Licht /
Ach! Liebster / kommt / Sein Angesicht
Soll meine Sonne werden:
Die Nacht das sehr verschwiegne Kind
Erweckt den kühlen Suden-Wind
Der fast erhitzten Erden:
Es wehn und gehn
alle Winde sanfft und linde /
Mond und Sterne
wincken durch die Lufft von ferne.

Ja Venus ziht zum ersten auff
und will durch seinen sanfften Lauff
uns beyde selbst begleiten /
Dem folgt das andre Sternen-Heer
und hängt das Gold je mehr und mehr
am Himmel auff von weiten.
Ja ich wil mich /
O mein Leben / Dier nun eben
Gantz ergeben /
Nun will ich nach Freuden streben.

DER H. BREUTGAM.
Ach! schöne Braut / mein ander Ich /
O mein Rubien / Ihr geb' ich mich
anitzt auch gantz zu eigen:
Es zwinget mich Ihr Rosen-Mund /
Das lieblich-sehn das macht mich wund /
Ich kann es nicht verschweigen.
Es soll kein Groll /
Noch was feindlich und nicht freundlich
uns betrüben;
Ich wil Sie von Hertzen lieben.

Vom Himmel kömmt diß schöne Bild /
Der Trost / die Lust / das Freuden-Schild /
Nun kann ich mich erquicken;
Wenn mich der Krieg ja traurig macht /
So kan sie doch zu Tag und Nacht
mit Trost mich recht anblicken.
Ach mein Schätzlein /
Laßt erwarmen in den Armen
meine Glieder /
Legt den Nahmen bey mir nieder.

DER COHR an beyde.
So recht! Ihr wohlgetrautes Paar /
Es wündscht Euch Glück der Musen Schaar.
Gantz Bitterfeld erschallet /
Die Mulda fleusst zum Elben-Fluß /
Daß man sich drüber wundern muß /
Wie sie vor Freuden wallet;
Ihr schön Gethön
Cherubienen / Seraphinen
Hoch erschwingen
und dem HErrn ein Danck-lied singen.

Gleich wie der Perlen Tau verjüngt /
Her aus der Morgenröth entspringt /
Graß Laub und Kreuter zieret /
So wird auch zieren euren Tisch
Die kleine Schaar gesund und frisch /
Wenn Gott die Lust duplieret;
Ehlich / frölich /
lebt und schertzet / liebt und hertzet
Euch in Ehren /
Daß wir diesen Wundsch vermehren.

Nun gute Nacht und schlaafft Euch satt /
Weil Ihr vielleicht von Liebe matt
und lescht die heissen Schmertzen;
Der Himmel gibt Euch seine Gunst
und hatt die keusche Liebes-Brunst
Entzündt in euren Hertzen.
liebt Euch zugleich /
lebt in Freuden ohne Leiden /
Wie wir alle
Wündschen ingesammt mit Schalle!
(Band 1 Erster Teil S. 158-160)
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aus: Philipp von Zesen. Sämtliche Werke
unter Mitwirkung von Ulrich Mache und Volker Meid
Hrsg. von Ferdinand van Ingen. Band I, Erster Teil: Lyrik I (1980)
Walter de Gruyter Berlin New York



 

siehe auch Teil 1 Teil 3 und Teil 4



 

 


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