Paul Fleming (1609-1640) - Liebesgedichte

Paul Fleming



Paul Fleming
(1609-1640)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



VIERTES BUCH
DER SONNETTEN
IN WELCHEM LIEBESGEDICHTE ENTHALTEN




2. Auf ihr Bildnüß

Und darf ein frecher Kiel sich dieses unterfangen,
daß er die ganze Zier, die an der Liebsten scheint,
in so ein enges Tun zu zeichnen ab vermeint?
Wahr ist es, dieses Haar, die Stirne, diese Wangen
sind denen ähnlich ganz, die an derselben prangen.
Die Augen seh' ich da, um die ich oft geweint,
und diß hier ist der Mund, der meinen nennet Freund.
Ganz diß, das ist ganz das, nach dem ich muß verlangen.
Die Zucht, diß freundlich Sehn, die Sitten, diese Tracht,
und Alles steht vor mir, was sie so treflich macht,
nur daß es sich nicht regt und nicht will Antwort geben.
Sei drum nicht halb so stolz, du kühner Pinsel du,
das Schönste, das man wündscht, gehöret noch hierzu.
Entwirfst du ihren Leib, so mal' auch drein sein Leben!
(S. 492)
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3. Aus Hugo Grotius seinem lateinischen Liebesscherze
An die Träume

Ihr Träume, die ihr seid das beste Teil im Leben,
das Nichts als Trübnüß ist, die ihr euch habet mein
so oft und oft erbarmt, so es mag sicher sein,
daß man die Warheit sagt, mehr Ehre soll ich geben
euch, als der Liebsten selbst. Durch euch seh' ich sie schweben
vor mir so gut und from, ohn' allen falschen Schein.
Komm ich denn drauf zu ihr, so spricht sie lauter nein!
und machts ihr unbekant. Sie zürnet noch darneben,
daß ich ein wenig mich ergetzen will an ihr.
Was können, Neidische, dir meine Nächt' entführen?
Noch gleichwol will sich nicht dein stolzer Zorn verlieren.
Wer aber wär' als ich glückseliger allhier,
wenn nur der süße Schlaf, in dem ich viel muß lachen,
sich kehrte bei mir um und würd' ein solches Wachen.
(S. 493)
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4. Aus eben selbigem. Auf die güldene Haarnadel

Du güldne Nadel du, noch güldener als Gold,
die du der Liebsten fielst aus ihren güldnen Haaren,
ach weine nicht zu sehr, daß dir diß widerfahren,
daß du ihr schönes Haupt, als ich wol selbsten wolt',
hinfort nicht zieren wirst! Erhole deinen Mut!
Dich hat kein loser Dieb bei schwarzer Nacht genommen,
du bist viel weniger in Räuber Hände kommen:
dir war ein junges Blut von ganzem Herzen gut.
Denn als er suchte Luft in heißen Liebespressen,
er sahs und hub dich auf. Kupido lachte dessen
und sprach: Nun darf ich fort gar keiner Pfeile mehr.
Der, der die Nadel nahm, wird sich ihm selbst berücken
und sein forthin ein Raub. Wenn er nur wird erblicken
den Raub, den falschen Raub, wird er sich stechen sehr.
(S. 493)
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5. Auf die güldene Haarnadel

Daß du ihr güldnes Haar noch güldner denkst zu machen,
du zwar auch reines Gold, eracht' ich Nichts zu sein,
du, bleiche, borgst von ihr selbst deinen schwachen Schein.
Was unterfängst du dich so einer hohen Sachen?
Verwegne, mache nicht, daß man dich aus muß lachen,
leg deinen Hochmut hin und bilde dir nicht ein!
auch Titan hält sein Gold für ihrem nicht für rein'.
Er schämt sich aufzustehn, wenn er sie schon sieht wachen.
Vergnüge dich an dem, daß sie dich würdig schätzt,
und aus geheimer Gunst dich in die Zöpfe setzt.
Von dannen schau dich um, als einem hohen Zimmer.
Erblickest du denn mich, so denke deiner Ehr'
und meiner Nichtigkeit, als der ich nimmermehr
darf küssen diesen Ort, den du doch tritest immer.
(S. 493-494)
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6. Auf ein Bildnüß der Histori von Hero und Leandern
Aus dem Französischen

Leandern bin ich ganz in meiner Liebe gleich,
empfindend, wie auch er, viel tausent harter Plagen.
Die Wellen und der Wind, die hießen ihn verzagen.
An so viel Herzensangst bin auch ich, Armer, reich.
Kein Wetter, keine Furcht, kein Tod, der macht ihn bleich.
Er mußte dennoch sich nach seiner Liebe wagen.
So will ich unverwandt auch auf mein Liebstes jagen.
Tut, Feinde, was ihr wollt, was frag' ich wol nach euch?
In Einem scheinen wir nur nicht sein zu vergleichen;
sein liebliches Gestirn', als fester Liebe Zeichen,
kunt' ihm für Wind und Tod sein kein Behältnüß nicht;
du mehr als götlichs Licht zwei himlischer Laternen,
machst, daß der Sturm und Strom an mir verspielen lernen
zuwider aller Macht, die sich an mir zerbricht.
(S. 494)
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7. Zum Abschiede, als einer von der Liebsten verreisete
Auch nach demselbigen

Ade! Du hartes Wort! Mit Furchten muß ich scheiden,
mit Sorgen muß ich weg. Denn wie man sonsten spricht,
so pflegt Abwesenheit zu löschen aus das Licht,
das angestecket ist im Herzen unsrer Freuden.
Drum weil mir diese Furcht erregt ein solches Leiden,
das mich vorher stößt an, so tu ich unrecht nicht,
daß ich ein Tränenbad gieß auf mein Angesicht,
ob nicht ein Fremder sich für mich an euch mag weiden.
Doch scheid' ich anders nicht, als auf des Vogels Art,
der, weil er durch das Garn zuvor gefangen ward,
so oft zurücke muß, so oft er auf begehret.
Lieb, euer Angesicht ist mir an Bandes Stat,
da mein gefangner Geist sich ein verwirret hat,
daß, wo ich auch nur bin, er wieder zu euch kehret.
(S. 494-495)
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8. In ihrem Abwesen. Auf deroselben Augen

Ihr irdne Sonn' und Mon, ihr meiner Augen Augen,
wo laßt ihr euren Mich? Seht ihr mich gar nicht an,
ach, ach! so ist es ganz und gar um mich getan!
Ich regne für und für mit scharfer Tränen Laugen.
Für mich wil ganz kein Licht, als nur das eure, taugen.
Der Mittag wird zur Nacht. Ihr, ihr habt Schuld daran,
daß ich sonst keinen Glanz, denn euren, sehen kan,
und dessen Kraft von euch, als Brunnen, aus muß saugen.
Ich seh' und bin doch blind, ich irre hin und her,
ich weiß nicht, wo ich bin, in diesem finstern Meer.
Erscheint, erscheint mir doch, ihr funkelnden Laternen,
ihr Brüder Helene, und zeigt mir euer Licht!
Wo nicht, so hilfet mich ganz keine Flamme nicht.
bei Tage kein Mittag, bei Nachte keine Sternen.
(S. 495)
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9. Als sie ihn umfangen hielte

Wo ist nun meine Not, mein tötliches Beschweren,
das mich vor kurzer Zeit kein Wort nicht machen ließ?
Wo ist die Traurigkeit, die mich verzagen hieß,
die Seufzer, der Verdruß, die siedenheißen Zähren?
Ists müglich, daß es sich so balde kan verkehren
und anders gehn mit mir? Was mir der Tod einblies
und mit vergifter Angst an mein schwach Herze stieß,
das kan und wird mich nun und nimmermehr gefähren.
Schatz, deiner Treflichkeit ist dieses zuzumessen,
die auch die Sterbenden des Todes läßt vergessen.
.............................................................................
.............................................................................
Umfang mich stets also, o Ärztin meiner Seelen,
so wird mich nimmemehr kein Schmerz mehr können quälen.
(S. 495)
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10. An seine Tränen, als er von ihr verstoßen war

Fließt, fließt so, wie ihr tut, ihr zweier Brunnen Bäche,
fließt ferner, wie bisher mit zweimal stärkrer Flut,
fließt, wie ihr habt getan und wie ihr itzt noch tut,
daß ich mich recht an der, die euch erpresset, räche.
Fließt immer Nacht und Tag, ob sich ihr Sinn, der freche,
der feindgesinnte Freund, das hochgeherzte Blut,
das mich um dieses haßt, dieweil ich ihm bin gut,
durch eine Stetigkeit und große Stärke breche.
Die Tropfen waschen aus den festen Marmelstein,
das weiche Wasser zwingt das harte Helfenbein,
auch Eisen und Demant muß feuchten Sachen weichen.
Fließt ewig, wie ihr fließt! Es ist ja müglich nicht,
daß einst der Harten nicht ihr fleischerns Herze bricht,
das lange keinem Stahl' und Steine sich mag gleichen.
(S. 496)
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11. An ihren Mund, als er sie umfangen hatte

Itzt hab' ich, was ich will und was ich werde wollen.
Du Wohnhaus meines Geists, der als zu einer Tür'
itzt ein, itzt aus hier geht; ihr güldnen Pforten ihr,
die auch die Götter selbst um Schöne neiden sollen,
ihr hohen Lippen ihr, die ihr so hoch geschwollen
von feuchter Süße seid, itzt hab' ich eure Zier,
das Wesen, das man selbst dem Leben setzet für,
dem täglich wir ein Teil von unserm Leben zollen.
Ihr Bienen, die ihr liegt an Hyblens süßen Brüsten
und saugt die edle Milch, den Honigreif mit Lüsten,
hier, hier ist mein Hymet. Komt, fliegt zu mir herein.
Seht, wie das hohe Tun, das trefliche, das starke,
das der Mund meinem gibt, sich regt in Seel' und Marke!
Ach! daß mein ganzer Leib doch nichts als Mund solt' sein!
(S. 496)
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12. Er redet der Liebsten Augen an, die er umfinge

Ihr seid es, die ihr mir die meinen machet blind,
ihr lichten Spiegel ihr, da ich die ganzen Schmerzen
leibhaftig kan besehn von mein und ihrem Herzen.
Ihr Werkstat, da die Gunst die güldnen Fäden spinnt.
darüber Meister ist das kluge Venus-Kind,
ihr, meine Sonn' und Mon, ihr irdnen Himmelskerzen,
in welchen Lust mit Zier und Schein mit Glanze scherzen,
ihr seid es, die mir mehr als alle Schätze sind!
Ihr Räuber meines Lichts und dessen Wiedergeber,
von euch zeucht Amor ein und aus in meine Leber,
als sein natürlichs Haus. Ihr beide tut mir kund,
ihr stummen Redner ihr, worvon ich itzt noch sunge:
verschweigets gleich ihr Mund und sagts nicht ihre Zunge,
ihr sagt es ohne Zung' und redets ohne Mund.
(S. 496-497)
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13. Auf ihre Gesundheit

Was ich schlafe, was ich wache,
was mir träumet für und für
was mir Angst macht, was Begier,
was ich lasse, was ich mache;
was ich weine, was ich lache;
was ich nehm' an Kost zu mir,
schreibe, lese, denke hier
die und die und diese Sache,
was ich nicht tu, was ich tu,
Nichts und Alles, reis' und ruh',
Angst und Freuden, Lust und Schmerzen,
dieses Alles, Alles das
tu ich hier ohn' Unterlaß
auf Gesundheit meines Herzen.
(S. 497)
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14. An ihren Spiegel

O du drei viermal mehr Glückseliger als ich,
der du der Liebsten Glanz in deinem Auge trägest
und selbst zu lieben sich das schöne Kind bewegest,
daher sie nur wird stolz, sieht weit hin über mich,
giebt ihre Gunst ihr selbst und achtet mehr auf dich,
in dem du bist bemüht und höchsten Fleiß anlegest,
daß du dich, wie sie sich, an allen Gliedern regest,
durch dich schaut sie sich an und redet selbst mit sich.
Du rechtes Freudenwerk von früh an bis zu Nachte,
wie mach' ichs, daß ich sie doch einmal so betrachte
als wie du allzeit tust? So mein' ich, kan es gehn,
versuch es einen Tag und gönne mir dein Glücke,
und daß ich wieder gleich in ihre Blicke blicke,
so laß diß Auge hier an deine Stelle stehn.
(S. 497-498)
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15. Er redet sich selber an

Was ist es denn nun mehr, daß du so hungrig bist
viel Länder durch zu sehn bei Regen, Frost und Hitze,
durch Wildnüß und durch See zu kommen an die Spitze,
wo Leute, die man ehrt? Ernährst du, was dich frißt,
die Faulheit dieser Zeit? Vernimst du noch die List
des leichten Wahnes nicht, wirst willig arm vom Witze
an Mangel reich zu sein? Bist keinem Stande nütze?
Bleibst allzeit ungeehrt und ewig ungeküßt?
War dieses nun dein Zweck Sophien so zu hassen,
Olympen Feind zu sein, Hygeen zu verlassen?
Tu Rechnung von dir selbst, von dir und deiner Tat!
Doch, du bist wider dich. Die Sehnsucht fremder Sachen,
was wird sie dermaleins noch endlich aus dir machen,
weil auch dein eigner Rat bei dir selbst Stat nicht hat?
(S. 498)
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16. An die Bienen

Schlagt eure Werkstatt auf in dieser Linden hier,
die hohl ist von Natur, ihr Honigmeisterinnen.
Die Aue hier, durchnäßt mit so viel kalter Brünnen,
die bringt gesundes Gras und feisten Klee herfür.
Hier wirket euer Werk, das süße, nach Begier.
Hier pfleget oft zu gehn der Preis der Venusinnen,
Konkorda, meine Lust, die ganz mein Herz hat innen.
Weil ich sie lassen muß, so wachet ihr bei ihr.
Geschieht es, daß vielleicht ein Ander ihr schleicht nach,
indem sie bei euch ist und diesen schönen Flüssen,
und will mit Hinterlist ihr süßes Mündlein küssen,
das euch auch süßer macht, so sollt ihr meine Schmach,
ihr Feinde der Gewalt, aus rechtem Eifer rächen
und diesen frechen Mund alsbald zu Tode stechen.
(S. 498)
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17. An Dorinnen

Die Amarellen hier, die Oepfel, diese Pfirschen,
las Amor für sich selbst aus seiner Mutter Schoß
und legte sie bei sich in den betauten Moß.
Sein Gartenman, Priap, brach ihm auch diese Kirschen,
die aussehn wie dein Mund und ohne Kernen knirschen.
Diß alles trug das Kind auf einer Schalen bloß.
Ich kame gleich darzu, da man den Lustwald schloß,
der ringsum wird verwacht mit Gemsen und mit Hirschen.
Er lachte mich halb an und bote mir die Schüssel.
Da sprach er: Nim es ganz und hier ist auch der Schlüssel,
besuch' uns, wenn du wilt. Lieb, dieses send' ich dir.
Gefällt es dir wie mir, so laß uns ohne Säumen
noch heute gehen hin zu solchen süßen Bäumen.
Bringst du die Schüssel nur, der Schlüssel ist bei mir.
(S. 499)
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18. Bei deroselben Geschenke. Er redet ihre Hände an

Ihr schwesterliches Paar der klügsten Künstlerinnen,
so feurig sind an Witz' und vom Verstande heiß,
dergleichen Gaben man an nicht viel Orten weiß,
habt Dank, habt, Edle, Dank für euer gut Gesinnen.
Für dieses, das mir selbst die Götter selbst mißgünnen,
habt hohen, großen Dank. Der euer weise Fleiß
verdienet euch bei mir für allen Meistern Preis,
die ie gewesen sind, sein und sein werden künnen.
Empfind' ich solche Lust von eurer schönen Kunst
und macht mir euer Werk, das edle, solche Gunst,
wenn ich so weit von euch bin leiblich abgerissen
was, meinet ihr, muß da für Freude mir geschehn,
wenn ihr euch, Zarte, mir nach Willen laßt besehn,
wenn ich euch lieben mag, mehr, wenn ich euch darf küssen?
(S. 499)
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19. Als er vergeblich nach ihr wartete

Und tötest du mich gleich, so bist du doch mein Freund,
ob diß Verlangen zwar, das ängstliche, das schwere,
nichts Anders bald wird tun, als was ich so begehre.
Mein Leid dringt in die Luft, kein einigs Sternlein scheint.
Der Himmel treuft mir nach, was ich ihm vorgeweint,
die Winde seufzen so, wie ich sie seufzen lehre.
Doch hab' ich keinen Sinn, der dir zuwider wäre.
Hab' ich, Trost, dich nicht lieb, so bin ich mir selbst Feind.
Hier wart' ich, teures Blut, vor deiner tauben Schwellen.
nicht hoffend, daß du itzt dich werdest noch einstellen,
nein! sondern daß mich hier der nahe Tod reiß' hin.
So wird es denn geschehn, daß du, wenn du zu Morgen
mich sehn wirst, daß ich kalt und ganz gestorben bin,
mit neuem Leben mich zur Strafe wirst versorgen.
(S. 499-500)
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20. Von Salvien

So anders sicher ist, was in die leise Ohren
der Lüfte wird gesagt, wenn bei geheimer Nacht
um sein geliebtes Haus ein muntrer Buler wacht,
der viel redt, doch mehr denkt, ich hab' es oft verschworen,
zu lieben keine mehr, weil Eine war verloren,
die ich mir, wie sie mich ihr hatte zugedacht,
sie aber, Salvie, die liebe, hat gemacht,
daß ich den harten Sinn zu ändern hab' erkoren.
Verzeihe dieses mir, du selige Rubelle,
daß ich mir Salvien erwähl' an deine Stelle.
Ich sah' ihr Antlitz an, ihr Häupt, ihr güldnes Haar,
ihr Reden, ihren Gang, wie wol ihr Alles ließe.
An Salvien war ganz, was an Rubellen war,
ach! daß doch Salvie nur auch Rubelle hieße!
(S. 500)
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22. An den Abendstern, daß er ihn balde zu ihr
bringen wolle

Geh' auf doch, geh doch auf, du hellester der Sterne!
Der Klytemnestern Sohn, der müde sieht nach dir,
komm, Ruhfreund, lös' ihn ab. Diana scheint dir für,
daß ihr Volk seinen Gang von deinem Laufen lerne.
Trit, Hesperus, trit auf und stelle dich ins Ferne.
Die mir um deine Zeit gerufen hat zu ihr,
steht vor dem Fenster schon und wündschet sehr nach mir.
Komm, führe mich zu ihr, bei der ich bin so gerne.
Der sinkend' Abend fleucht, die dunkle Nacht fährt aus.
Der finstre Schatten schleicht um Thetis blindes Haus,
die müde Welt schläft ein, die muntern Lüfte wachen.
Wo bleibst du? Ja, du kömmst. So leite mich denn hin.
Ich werde nicht eh' froh, als bis ich bei ihr bin,
die auch die Traurigkeit selbselbst kan frölich machen.
(S. 501)
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23. An die Nacht, als er bei ihr wachete

Wie aber eilst du so, du meiner Schmerzen Rast?
Deucht michs doch, daß ich kaum auf eine Viertelstunde
allhier gesessen bin bei diesem Rosenmunde,
der meinen machet blaß; so merk' ich, daß du fast
dich an die Hälfte schon von uns entzogen hast.
Kehr um und halte Fuß und gib uns Zeit zum Bunde,
den wir hier richten auf von ganzem Herzensgrunde,
kehr' um und sei bei uns ein nicht so kurzer Gast.
Dein Sohn, der sanfte Schlaf, schleicht durch das stille Haus
und streut die leise Saat der Träume häufig aus,
darmit du länger kanst bei unsrer Lust verweilen.
Verhüll' uns in ein Tuch, bis daß das dunkle Licht
des halben Morgens ihr durch deine Kleider bricht,
denn ist es Zeit, daß wir mit dir von hinnen eilen.
(S. 501)
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24. An Amorn, wie er wolle von ihm abgebildet sein

Lauf, Amor, suche bald dein Reißzeug zu der Hand,
bild' Augen, welche stets mit blassen Tränen quellen,
mal' Wangen, die der Tod heißt seine Mitgesellen.
mach' einen bleichen Mund und truckner noch als Sand,
ein Herze, welches steckt die lichte Loh' in Brand,
die Hände lasse sich den Schmerzen gleiche stellen,
die Füße matt und krank und die sich selbsten fällen,
daß menschlich werde Nichts als die Gestalt erkannt.
Diß nim und bring' es bald zu meiner Filidorden,
von welcher Schönheit ich so ungestalt bin worden,
ich weiß, sie kennt das Bild, so balde sie's erblickt.
Und daß sie desto eh' zur Güte sich mag kehren,
so zeichne straks hierbei und neben diesen Zären
auch meine Seufzer an, die ich nach ihr geschickt!
(S. 502)
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25. An Chrysillen

Gold ist dein treflichs Haar, Gold deiner Augen Licht,
Gold dein gemalter Mund, Gold deine schöne Wangen,
der Hals, die Brust, der Leib und was uns macht Verlangen,
Gold ist die Rede selbst, die deine Zunge spricht,
die auch ganz gülden ist...................
Ach! daß sich doch mein Herz an dieses Gold gehangen!
Gold suchet Iedermann, Gold läßt sich noch erlangen.
Dich, du des Goldes Gold, kan ich erlangen nicht.
Chrysille, güldnes Bild und güldner noch als Gold,
dein mehr als güldner Preis ist mehr als Gold verzollt.
Dis hat nicht so viel Gold in allen seinen Schätzen,
so viel nicht Jupiter, der alles Gold aufhäuft.
Wenn du dich hältst so hoch, als sich dein Wert beläuft,
so kan dich Niemand nicht, als du dich selbst bezalen.
(S. 502)
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26. Auf einen Gedenkring

Ring, an dem schlechter Nichts als Gold zu achten ist,
Ring, der du billich hast den Namen von Gedenken,
Ring, der du gehest hin der Liebsten dich zu schenken,
Ring, es ist fast zu hoch, auf was du dich bemühst.
Ring, schaue zu, daß du dich etwan nicht versiehst,
Ring, der du meiner Lust den Finger solt umschrenken.
Ring, traust du dir, ihr Herz in Gunst mir zuzulenken,
Ring, an dem sie die Schrift der Qual des Herzens liest?
Ring, an Vermögen arm, Ring, an der Kunst nit reich,
Ring, sieh' zu, daß dich nicht dein Vorwitz mache bleich.
Ring, reise nun denn hin, Ring, reiche dich der Rechten,
Ring, nun zu guter Nacht! Ring, tut sie gleich wie du?
Ring, folgt sie, was du sprichst? Ring, recht, so gehts wol zu.
Ring, daß die Götter so von unserm Denken dächten!
(S. 502-503)
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27. An Osculanen

Was, Osculane, was? Hat dir ein einzger Kuß,
den ich doch von dir stahl mit deinem halben Willen,
als du dich hattest umverwandt nach Telesillen;
hat dir derselbe Kuß erwecket den Verdruß,
daß du mir auch nicht dankst auf meinen Ehrengruß?
Du kehrst dein Antlitz weg, tust unter dem verhüllen,
als sehest du mich nicht die Ehre dir erfüllen.
Denk, Osculana, denk, wie mich diß krenken muß.
Es sei, ich habe Schuld. Doch tust du mir zu viel,
daß dein erweckter Zorn sich ganz nicht legen will.
Ach, Schöne, schone doch so hart mich anzutasten.
Hat dich mein Mund erzürnt, so straf' ihn nach Gebur'
und laß ihn für den Geiz, so lang' es recht ist, fasten.
Gönn' aber unterdeß doch nur ein Auge mir!
(S. 503)
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28. An Miranden

Wer muß, Miranda, sich nicht wundern über dir?
An Schönheit bist du mehr als menschlich anzuschauen,
so tugendhaft, so keusch, daß dich auch selbst die Frauen
mit Lust gewinnen lieb und seufzen für Begier
mit dir bekant zu sein. Ich lobe deine Zier,
die nichts Gemeines hat. Will dir denn Niemand trauen,
will kein Geselle denn auf deine Treue bauen?
Das wundert mir noch mehr, das kömmt mir seltsam für,
Mich dünkt, ich gläub' es nicht, daß du nicht Freiers gnung
so gehabt hast und hast noch. Sie stehen auf den Sprung
und treten immer ab, weil immer Ander kommen.
Wer aber hat denn Schuld, sie oder Jungfrau du?
Immittelst nimt dein Glanz nur ab, dein Alter zu.
Du wirst zu viel geliebt, zu wenig doch genommen.
(S. 503-504)
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29. An seine Desiderien

Ach Desiderie, das macht der erste Tanz,
den ich mit dir getan, daß ich so nach dir denke
und, weil du nicht bist da, mich sehr und herzlich kränke,
das macht der erste Tanz, da deiner Augen Glanz,
der auch die Sonne trutzt, mich mir geraubet ganz.
Itzt, da ich mich vorhin selbst in die Grube senke,
machst du mir noch mehr Not durch dieses dein Geschenke,
in dem dein Atem lebt, durch diesen Rosenkranz.
Komm, mein Verlangen, komm, wie du mir denn beineben
durch eine stille Post läßt zu vernehmen geben,
komm, mein Verlangen, komm: Ich bin schon, wo du wilt,
wo Chloris Blumen streut, Pomona Öpfel bringet,
wo um das Lusthaus her die Schaar der Vögel singet
und der cristalne Quell aus reichen Adern trillt.
(S. 504)
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30. Über einen gewissen Ort

Hier, da der kalte Quell aus starken Adern dringet
und durch das stille Tal mit sanften Rauschen trillt,
da beides Ufer ist in Blumen eingehüllt,
da manch' Hamadryas mit mancher Orkas springet,
hier, da die Nachtigal die süßen Lieder singet
durch diesen langen Pusch, der ein gesunder Schild
für Phöbus Eifer ist, da nichts als zahmes Wild
in feister Weide scherzt und um die Bulschaft ringet,
hier, der Ort, dieser ists, da mich das erste Mal
Theophile umfing' und küsset' ohne Zahl.
Hier dieser ists, der Ort, der mich so glückhaft machte,
Für dieses wündsch' ich ihm, daß diese seine Zier,
in der ich meine Lust, die höchste, noch betrachte,
die in und um ihn ist, ihm bleibe für und für.
(S. 504)
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31. An die Koppel

Du Lustplatz der Natur, von dem als einer Zinnen
sie hier die Dryaden sieht bei den Faunen gehn,
da die gerühmte Stadt in güldnen Spitzen stehn,
dort ein durchfloßnes Feld mit vielen süßen Brünnen;
am meisten, daß sich hier die weißen Najadinnen
um dich, du grüner Belt, mit feuchter Lust verdrehn,
wenn auf ihr feuchtes Haar die trucknen Westen wehn,
das sie hier kämmen aus und artlich abesönnen.
Sei, Landsman Rosental, berühmt bei deiner Stadt,
die aus der Pleiße mir oft zugetrunken hat,
auch Hargen hat des was, was dir ist gleich zu schätzen,
so einen schönen Pusch, so einen Blumenplan,
so viel von aller Lust, als du hast um und an;
so schöne Jungfraun auch; Eins Allen vorzusetzen.
(S. 505)
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32. Er betrachtet ihre Schönheit und Treue

Du treue Schönheit du und auch du schöne Treue,
die ihr den zarten Leib und edlen Geist besitzt,
ihr Schwestern gleicher Kraft, die ihr mir das beschützt,
worüber ich mich stets mit höchsten Freuden freue,
was sag' ich doch von euch, daß euch und mich nicht reue?
Ihr starke Göttinnen, habt mir den Sinn erhitzt,
daß mir auf dieser Welt nichts als nur Eine nützt.
Sie ists, an der ich mich ohn' Unterlaß verneue.
Die zarte Schönheit folgt der Flucht der schönen Zeit,
die feste Treue geht den Weg der Ewigkeit,
die Schönheit macht mir Lust, die Treue Trost zu leben.
O wie ein göttlichs Mensch ist diese, die euch hat!
O wie ein Menschgott auch wird der, dem in der Tat
wird diese schöne Treu' und treue Schönheit geben!
(S. 505)
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33. Dreien Schwestern

So freundlich, so geneigt, so gütig an Geberden,
so zart, so tugendhaft, so götlich um und an,
als keine Göttin nicht geschätzet werden kan,
so hochbegabt seid ihr, ihr Gratien der Erden,
die durch die Himlischen mehr himlisch täglich werden,
die ihre Schwestern sind. Es glaubt es Iederman,
daß die Vollkommenheit sich ganz in euch vertan
und muß es auch der Neid bekennen ohn' Beschwerden.
E u p h r o s y n e ist keusch, T h a l i a zart und schöne,
A g l a i a from und gut.
Diß liebliche Getöne
von so viel Tugenden macht eine Harmonei
mit solcher Treflichkeit in euren dreien Leibern,
daß Orpheus sich befragt bei allen klugen Weibern,
ob seiner Harfen Klang in euch verwandelt sei?
(S. 505-506)
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34. Der Keuschen

Wenn sich die Götter auch befreien gleich als wir,
so nähme dich der Schmuck auch selbst zu seinem Weibe,
dieweil die Keuschheit wohnt in einem solchen Leibe,
in welchem sind gleich hoch die Tugend und die Zier,
der Geist und die Gestalt. Wie seltsam ist diß hier!
Denk, Jungfrau, daß ich nicht was Ungemeintes schreibe
und dich berede des, was ich mir selbst nicht gläube.
Dein Zeugnüß biet selbst du. Du sprichst es selbst von dir.
Die schönste Schönheit ist ein züchtiges Gemüte;
was eine Jungfer ziert, das wohnet im Geblüte.
Das Ander, was das Volk für schöne hält und heißt,
der Seelen Überzug, der Leib pflegt oft zu triegen.
Da ist ein schöner Leib, da ist ein schöner Geist,
wenn sie als hier den Glanz von wahrer Schönheit kriegen.
(S. 506)
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35. Der Schönen

Nicht, daß du schöne nur alleine soltest sein;
du bist auch keusch, auch from, wie deine Schwestern beide,
die schön auch sind wie du. Trutz allem Haß' und Neide,
an den drei Stücken kommt ihr gänzlich überein.
Doch schreib ich, Schöne, dir hier zu nur einen Schein
und nenne dich nach dir, nicht etwan dir zu Leide,
nein, sondern daß ich nur die Namen unterscheide.
Sonst seid ihr ganz gleich eins, gleich from, gleich keusch, gleich rein.
O Jungfrau, sonst zu Nichts als Tugend nur geboren,
in welche Zier und Zucht zusammen sich verschworen,
verzeih mir diesen Fehl, du götlichs Menschenkind,
daß ich dein würdigs Lob nicht würdig kan erhöhen,
von dem die Suada selbst mit Willen muß gestehen,
daß tausent Zungen ihr hierzu zu wenig sind.
(S. 506-507)
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36. Der Frommen

Die Schönste heißest du, wenn Schönheit schöne macht,
die Keuscheste von Zucht. Doch laß' ich mir behagen,
dir von der Frömmigkeit den Namen anzutragen,
die aus den Augen dir mit kluger Einfalt lacht.
Mund trifft mit Herzen zu. Der Schönheit sanfte Pracht
gibt deiner Demut nach. Es kommen Viel' und fragen,
wie kan ich ihnen doch was mehr und bessers sagen,
als was sie hatten schon bei sich von dir gedacht?
Dein Ansehn redt für dich, das sittige, das liebe,
in welches die Natur die Treflichkeit ganz schriebe,
die in der Seelen liegt und hell erglänzt, wie sehr
sie auch sich in sich hält. An Menschen nur sind Mängel
und was verwerflich ist. An dir, du reiner Engel,
ist ganz Verwerflichs nichts, ist ganz nichts Menschliches mehr.
(S. 507)
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37. Auf die von ihnen Dreien ihm übersendete Krone

Sei stolz, mein würdigs Haar, das ist der teure Kranz,
den nach Apollen dir drei Charitinnen schicken,
dich mit verdienter Zier der Ehren auszuschmücken
für dieser Verse Preis, der mir des Monden Glanz
nach Phöbus seinem gibt. Ich bin es unwert ganz,
des Schmuckes dieses Ruhms. Ich nehms mit tiefem Bücken
und halbem Willen an. Und, weils so wol will glücken,
so will ich gerne gehn mit an der Musen Tanz.
Wilkommen, edles Werk, voll götlicher Geberden,
so von dem die Geister mir nun wieder himmlisch werden,
Der stärkende Geruch, der kraftgefüllte Schein,
da tausent Amorn sich bald zeigen, bald verkriechen,
macht einen stillen Zank in meinem Sehn und Rüchen.
Soll ich Katullus mehr, soll ich mehr Argus sein?
(S. 507)
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38. Auf ein Kleinot

Was, Seele, war es not so einer reichen Gaben,
darzu so manche Welt ihr Bestes hat gesandt?
........................................das braune Mohrenland
sein reingewaschnes Gold, der Buzarether Knaben,
die haben das Gestein' hierzu fern' ausgegraben,
Basora das, was führt sein reicher Perlenstrand.
So scheints auch, daß es mehr als eine Menschenhand
in ein so schönes Tun zusammenbracht muß haben.
Laß, Liebste, laß der Welt, der armen, ihre Schätze,
das wird nicht weit geholt, daran ich mich ergetze.
Auch ists was solches nicht, dran man viel wenden muß.
Du hast es allezeit bei dir, mein ander Leben,
darvon ich leben kan. Je mehr du mirs wirst geben,
je mehr behältst du es. Was ist es denn? Ein Kuß!
(S. 508)
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39. Auf ein Armband

Zwar daß dein teurer Wert an Perlen, Gold und Seide,
bei mir, o liebes Band, in hohen Würden ist,
das kömmet darvon her, daß du dich so bemühst
mir durch die Treflichheit zu schaffen höchste Freude.
Doch, mein' ich, übertrifft (nicht nachgeredt zum Neide)
den Wert die edle Kunst, von der du gleich als blühst,
wenn du mit solcher Zier in mein Gesichte siehst,
so bin ich, den du hältst, ganz frei von allem Leide.
Iedoch wie hoch der Wert, wie groß auch ist die Kunst,
so halt' ich höher weit, weit größer diese Gunst,
daß hier stehn unterstückt der Treusten teure Haare.
Weg Perlen, Seide, Gold und was von Fernen kömt,
weg, was von schöner Kunst den edlen Namen nimmt,
hier ist und von Natur weit eine bessre Ware!
(S. 508)
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40. An das agsteinerne Armband

Der, so gelesen hat am Strande seiner Preußen
den Ursprung deiner Zier, du kostbarlicher Sand,
und der auch, welcher hat die Kost an dich gewandt,
daß du ein edler Schmuck der Arme soltest heißen,
müß' allzeit glückhaft sein! Auch ich will mich befleißen,
den ungelobten Belt, dein grünes Vaterland,
zu rühmen überhoch und hier durch diese Hand,
die etwas Ewigs kan, der Sterblichkeit entreißen.
Bist du ein Tannenharz, durchs Meersalz und Apollen
in die Gestalt gebracht, das viel beweisen wollen,
mehr aber gläuben nicht, ich laß' es itzt darbei.
Du seist, aus was du seist, so muß doch, wenn wir fragen,
Guinee und Peru auch wider Wollen sagen,
daß dein Schein güldner noch als ihres Goldes sei.
(S. 508-509)
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41. An ein anders

Auch du wilst mir ein Pfand auf ihre Treue sein,
an der ich niemals doch bei mir gezweifelt habe?
Was denkt sie doch, mein Lieb, daß sie dich fertigt abe?
Hab' ich doch, wie auch sie von mir mein ganzes Mein,
vorhin ihr ganzes Sie. Doch sprich nur zu mir ein
und ziere mich mit dir. Du mehr als edle Gabe,
solst auch mit dieser Hand, der deinen, gehn zu Grabe,
wenn mich bedecken soll mein blasser Leichenstein.
Was send' ich ihr für dich? Gold ist für sie zu schlecht,
kein edler Stein, wie wert er ist, bezalt dich recht.
So ist ihr auch nicht lieb, was lieb ist aller Enden.
Ich seh' in und um mich, nichts ist um und in mir.
Und hätte sies nicht schon, so wolt' ich stündlich ihr
mein eignes Herze selbst zu eigen übersenden.
(S. 509)
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42. Auf die demantnen Armbänder

Die Arme scheint ihr zwar von außen nur zu binden,
da ihr das Herze doch von innen mehr verstrickt.
Ihr seid der Hände Pracht, als die ihr herlich schmückt,
doch mehr der Seelen Qual, die schmerzlich muß empfinden,
wie eure kalte Glut das Eis auch kan entzünden,
das manchen Sinn macht stolz. Ihr werdet ihr geschickt.
Sie, das geliebte Mensch, wird selbst aus ihr entrückt
und, die euch stets besitzt, kan sich selbst nicht mehr finden.
Beschönt euch, wie ihr wolt. Auch dieser Plitz sagt frei,
der euer Gold macht blind, daß Lieb' ein Feuer sei,
das auch die Herzen frißt, eh' als es wird empfunden.
Reich seid ihr und macht arm, macht finster, ob ihr gleißt;
ihr seid doch, was ihr seid. Bleibt Bänder, wie ihr heißt.
Lieb' einer noch so frei, so ist er doch gebunden.
(S. 509-510)
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43. An Amenen, als sie sich mit Angeln erlustirete

Lieb, du hast deine Lust um diesen schönen Fluß,
da manche Nais schwimmt, da Chloris mit Napeen
um seines Ufers Rand und tausent Blumen gehen.
Und daß der heiße Tag dir mache nicht Verdruß,
so beut die Weide dir zum Sessel ihren Fuß,
zum Schirm' ihr laubicht Haupt. Die Etesinnen wehen.
So siehest du vor dir die stummen Schaaren gehen,
die deiner Angel auch verehren ihren Kuß.
So spielst du, schönes Kind, und lässest unerwogen,
was für Gedanken mir hier werden zugezogen.
Gleich so spielt Amor auch mit mir und kränkt mich frisch.
Sein' Angel ist das Lob von deiner edlen Tugend,
das Garn der Augen Licht, die Rute deine Jugend,
die Speise deine Zier und ich der schwache Fisch.
(S. 510)
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44. An ihr Herze, in ihrer Krankheit

Ach wehe dir und mir, o Brunnen meiner Zären!
die Hitze, die dich kreischt, die treibet mir den Schweiß
des kalten Todes aus. Mir wird für Kälte heiß
von deiner nahen Brunst, dem feurigen Beschweren.
Was kanst doch du von mir, von dir ich Rat begehren?
Dein Feuer ist mein Frost; ich werd' ein kaltes Eis,
das zu entzünden nur und nicht zu löschen weiß.
Ach wehe dir und mir, daß wir uns so gefähren!
Macht nun die Hitze Frost und löscht das Eis nicht mehr?
Ach, widrige Natur, du scherzest unsre Schmerzen!
O gar nicht gleicher Tod zwei gleichgesinnter Herzen!
Doch wird uns scheiden Nichts und zürnt sie noch so sehr.
Der Tod, der macht uns gleich, wir sterben doch zusammen.
Dein Feuer nehrt mein Eis, mein Eis nehrt deine Flammen.
(S. 510-511)
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45. Nachdem sie wieder gesund worden war

Nehmt diesen Dank von mir, ihr milden Götter, an,
die ihr für unser Heil aus treuer Vorsicht wachet.
Amena, meine Lust, ist wieder frisch und lachet,
Amena, ohne die ich nicht gesund sein kan.
Was ihr ihr habt genutzt, das habt ihr mir getan.
Ich auch war krank in ihr; in ihr hab ich geachet,
und Beide habt ihr nun in ihr gesund gemachet.
Drum danken Beide wir, und denken ewig dran.
Die Worte sprach ich ihr bei ihren Schmerzen ein,
die sie mit eigner Hand in dieses Tuch gestücket
und nach berühmter Kunst mit Farben hat geschmücket,
das laßt für sie und mich euch stets ein Denkmal sein:
"Ein Leib, in welchem sind zwo Seelen krank gewesen,
ließ dieser hangen auf, nachdem er war genesen."
(S. 511)
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46. An die Sonne, daß sie nicht eilen wolle, als er von
ihnen in den Garten geladen war

Diß wird euch sein ein Tag von vielen meiner schönen,
die mir mein Glücke gönnt in einer fremden Welt.
Die Schönsten rufen mir, die Schönsten um den Belt,
die Schönsten rufen mir, Panomfe mit Amenen.
So wird Siderie auch sitzen bei Filenen.
Wolan! Ich weiß den Ort, Priapus hat das Zelt
mit Grünem aufgesteckt und Flora hat bestellt,
wornach ein Mensch, wie ich, sich pfleget oft zu sehnen.
Freund aller Freundlichkeit, der du die Tage machst
und unsre Freude mehrst, wenn du, o Klarheit lachst,
halt deinen Wagen an von wegen meiner Wonnen!
Halt, edler Faeton, halt an und eile nicht!
Gönn' unsrer Frölichkeit ein nicht zu kurzes Licht.
Diß bitten neben mir, o Sonne, so viel Sonnen.
(S. 511)
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47. An den Westwind, das er sie zu ihm bringe

Fleuch, feuchter Zefyr, aus, fleuch, wie nach deiner Floren
du itzt noch pflegst zu tun, such meinen Aufenthalt,
ob er bei deinem ist, durch diesen Tannenwald.
Such! wie du deine hast, so hab ich sie verloren.
Such sie und sag ihr das in ihre leise Ohren:
Dort ist er, der dich wündscht, du götliche Gestalt,
dort ist er, der dich hofft. Erfreust du ihn nicht bald,
so hat er seinen Ort zum Grabe schon erkoren.
Nim sie, so bald sie will, in deinen Blumenschoß,
daß keine trübe Luft auf meine Schönheit stoß',
und hülle sie in dich und laß es Niemand wissen.
Hier wart ich, meine Post, ich warte mit Begier,
dich bald zu nehmen an, mit tausent Göttern hier,
sie, meiner Augen Trost, mit hundertausent Küssen.
(S. 512)
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48. Auf den Sonnenschirm

Nicht, daß sie den Verdruß der Sonnen ihr benehme,
braucht meine Sonne dich, o du der Schönheit Schutz
und Zaum der fremden Glut, nein! dieses ist dein Nutz,
daß sich die Sonne nicht für ihrer Klarheit schäme
und sich nicht etwa krank und gar zu Tode gräme
für derer Treflichkeit, die ihrer auch beut Trutz.
Drum setzt sie dich vor sich. Dein frommer Schatten tuts,
daß du dem Himmel selbst und ihr auch bist bequäme.
So bleibt die Sonne klar und ihre Schönheit ganz.
Durch dich, o Schiedemann, hat jedes seinen Glanz.
Ach, daß du solchen Dienst mir woltest nicht verschmähen!
Trit zwischen mich und sie. Ihr allzustarkes Licht
kan mein verblendter Schein durchaus vertragen nicht.
Welchs sterblichs Auge kan in diese Sonne sehen?
(S. 512)
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49. Er bittet sie zu sich

Erfreue mich und dich, o Freude meiner Seelen,
ohn' die ich traurig noch bei höchster Wonne bin.
Komm, du mein selber Ich, komm, Liebste komm dorthin,
wo wir uns beiderseits oft pflegen zu verhölen.
Ich bin, Schatz, krank nach dir. Komm, laß mich nicht so quälen.
Hier wart' ich deines Trosts, den du mir, o mein Sinn,
alleine geben kanst, komm, meine Trösterin.
Hier findest du und ich, was ich und du erwelen;
kein Gott, kein Mensch, kein Wild und keine Kreatur
ist hier, auch keine Luft, ohn die alleine nur,
die ich, ich Seufzender, alleine nach dir schicke.
Tu's, Herze, sei bald hier! Kömst oder kömst du nicht,
so höre, was zu dir dein eignes Herze spricht:
Du bist mein größtes Glück und größtes Ungelücke.
(S. 512-513)
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50. An sie

Den vielgefärbten Klee zu diesem Kranze hier
hab' ich mit eigner Hand gelesen um die Wiesen,
die für die schönsten hie von allen sind gepriesen,
in welcher grünen Schoß du saßest neben mir
und deine Schwestern auch. Den, Jungfrau, send' ich dir,
ein allzu Schlechtes zwar, nicht aber, daß du diesen
auf dein so würdigs Haupt zu setzen mögst erkiesen.
Für diesem Glanze stirbt der Blumen schönste Zier.
Es stunde Quendel zwar, auch Augentrost die Fülle
und vielmehr Kräuter da, doch aber war mein Wille,
nur das zu samlen ein, darvon die Biene liest
und wirkt den süßen Saft in ihren klugen Nestern.
Es kam mir in den Sinn das Kleeblatt dreier Schwestern,
an welchem, Freundin, du das werte Herzblatt bist.
(S. 513)
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51. Auf seiner Bulschaft Verreisen

Mein Lieb gedenket weg. Was wündsch ich ihr vor Glücke?
Sie meines Glückes Wundsch, mein Glücke selbst zeucht hin,
mit ihr auch wird mein Sinn und ganze Seele ziehn,
und ehe nicht sein hier, als bis sie kömmt zurücke.
Tuts, geht, begleitet sie, ihr Seufzer und ihr Blicke.
Sagts, sagts, in was für Angst ich augenblicklich bin,
so lange sie ist weg. Diß bloß sei mein Gewinn,
wenn sie aufs Ehste sich zu ihrer Rückkunft schicke.
Immittels werd' ich oft vor diesem Fenster stehn,
den Weg auch, den sie kömmt, oft auf und niedergehn,
und kranken Sehnens voll nach meiner Sonnen sehen.
Kömmt sie, sehts Alle denn, es ist mir kein Verdruß,
mein erster Gruß wird sein ein öffentlicher Kuß.
Ach, daß doch dieses nicht noch heute soll geschehen!
(S. 513-514)
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52. Als sie wiederkam

Die Luft hat ausgeweint, der Himmel läßt den Flor
der schwarzen Wolken ab, der Sturm, der ist vorüber,
der West befällt den Wald mit einem sanften Fieber,
die hohe Sonne hebt ihr schönes Haupt empor
und führet mit sich auf der Blumen ganzen Chor.
Die Lust ist lustiger, die Liebe selbst scheint lieber,
und stellt sich itzund Nichts, als die Betrübnüß trüber,
die froh bei Trauren wird und tut sich nicht hervor.
Ich auch, wie krank ich bin nun in den fünften Tag,
empfind' ein stilles Heil durch alle meine Glieder,
so daß ich, der ich vor in Ohmnacht ganz darnieder,
bei heißer Herzensangst in kaltem Schweiße lag,
nun wieder Kost und Lust und frisch und froh sein mag.
Woher kans anders sein, als daß mein Trost kommt wieder?
(S. 514)
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53. An Kordolien

Was hab ich anders doch, Kordolie, an dir,
als Leid, als Herzensangst, als ganz ein totes Leben,
du, große Zäuberin, hast mir die Liebe geben,
die einen süßen Haß erwecket stets in mir.
Du schlägst und heilest mich mit deiner starken Zier;
du heilst und schlägest mich; ach, schone doch beineben:
dein Trost auch macht mir Not. O friedsams Widerstreben,
die Unlust auch von dir macht mir nach dir Begier.
Wolan, Kordolie, du mein gefurchter Trost,
und auch getroste Furcht, ich kans nicht Umgang haben,
ich muß mich über dir an meinem Ekel laben.
Es scheint, Kupido hat so über uns gelost.
Du bleibst Kordolie und kanst dich nicht verwandeln,
und ich muß stets mit dir auf meinen Schaden handeln.
(S. 514)
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54. An den Mon

Du, die du standhaft bist in deinem Unbestande,
steig', Hekate, herab; ich singe dir ein Lied,
ein Lied von meiner Zier, die itzt auch nach dir sieht,
ob ich schon bin sehr weit von ihr und ihrem Lande.
Komm, Berezynthie, zu dieses Stromes Rande,
an dem ich geh' herum, da meine Hoffnung blüht,
du weißt es, Delie, was itzt mit ihr geschicht,
du weißt es, wie es steht um meine Salibande.
Komm, Phöbe, Tag der Nacht, Diane, Borgelicht,
Warsägrin, Liederfreund; komm, Lune, säume nicht;
die ganze Welt, die schläft. Ich wache dich zu loben:
Stromfürstin, Jägerfrau, Nachtauge, Horngesicht',
herab! itzt fang' ich an das süße Lobgedicht'.
Und kömst du nicht herab, so hör es nur dort oben!
(S. 515)
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55. An Suavien

Ich tät' es, Suavie, ich wartete nach dir
die ganze halbe Nacht, gleich als du mir versprochen.
Wie kams dann, daß du mir die Treue hast gebrochen?
Immittels starb' ich fast für schmerzlicher Begier.
Zuletzte ließ ich dir noch einen Kuß alhier,
für dem auch hast du dich aus Übermut verkrochen,
wie sehr er dich gesucht bei einer halben Wochen.
Itzt kommt er wieder matt und ohne Trost zu mir.
Die Ursach' hör' ich itzt, dir sei zu Ohren kommen,
als hätt' ich Amnien in meine Gunst genommen;
nein, Licht, nein, gläub' es nicht! Es leugt sich itzund viel.
Wie ofte wird gesagt, du meinest mehr als Einen.
Ich höre, was ich muß, und gläube, was ich will.
Du wirst es nimmermehr ja nicht so böse meinen.
(S. 515)
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56. Als sie sich nicht wolte trösten lassen

Du sagst mir diß und das von dir und mir und dem,
was einst der Zweck soll sein nach diesen langen Plagen.
Itzt hastu dieses da, dort jenes hören sagen,
und frag' ich denn darnach, so weißt du nicht von wem.
O Schöne, wär' ich dir von Herzen angenehm,
ich weiß, du würdest nicht nach fremden Mähren fragen,
die, wie sie mich bei dir, so dich bei mir verklagen,
ich aber halte mich auf allen Fall bequäm.
Stell deinen Zweifel ab und laß die Leute lügen,
es wird zu seiner Zeit sich Alles müssen fügen.
Laß deinen starken Trost mein festes Herze sein,
wie meinem deines ist. Und wenn ich hin geschieden,
so laß diß Einige dich sprechen stets zufrieden:
mein Herze steht bei Ja, wenn Alles schwört auf Nein.
(S. 515-516)
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57. Zur Zeit seiner Verstoßung

Ein Kaufman, der sein Gut nur einem Schiffe traut,
ist hochgefärlich dran, in dem es bald kan kommen,
daß ihm auf einen Stoß sein Ganzes wird genommen.
Der fehlt, der allzuviel auf ein Gelücke traut.
Gedenk' ich nun an mich, so schauret mir die Haut.
Mein Schiff, das ist entzwei, mein Gut ist weggeschwommen.
Nichts mehr, das ist mein Rest, das machet kurze Summen.
Ich habe Müh' und Angst, ein ander meine Braut.
Ich Unglückseliger! Mein Herze wird zerrißen,
mein Sinn ist ohne sich. Mein Geist zeucht von mir aus,
mein Alles wird nun Nichts. Was wird doch endlich drauß?
Wär' eins doch übrig noch, so wolt' ich Alles mißen.
Mein teuerster Verlust, der hin selbselbsten ich.
Nun bin ich ohne sie, nun bin ich ohne mich.
(S. 516)
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58. An sein Verhängnüß, zur Zeit seiner Verstoßung

Ja, wenn ich etwa nicht mit dir zufrieden wäre
und schmähte deinen Rat, so ließ ichs billich sein,
daß du mir legtest auf so eine harte Pein,
für der ich lieber tot, als krank zu sein begehre.
Schau doch die Marter an, in der ich mich verzehre.
Wie lange soll denn noch diß Wetter schlagen ein?
Und hast du denn für mich ganz keinen Sonnenschein?
Ich bin darzu versehn, daß ich mich stets beschwere.
Ach mir! Du und mein Lieb seid eins nicht nachzugeben.
bis ihr mir tötet ganz mein schon gestorbnes Leben.
Wie aber kanst du dir so stets zuwider sein?
Sonst Alles heißest du in stetem Wechsel gehen.
Drei Dinge sind es nur, die ohne Wandel stehen:
dein Haß, der Liebsten Zorn, und diese meine Pein.
(S. 516-517)
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59. An seine Schmerzen

Wenn ihr mir, wie ihr dreut, auch tätet meinen Tod
und hieltet einmal mir, was ihr mir stets versprechet,
so wär' es Alles gut. Je mehr ihr aber brechet,
was ihr mir stets sagt zu, je mehr hats mit mir Not.
Auweh, was bin ich doch, als mein selbsteigner Spott?
Ihr stärkt euch stets an mir, daß ihr mich stets mehr schwächet.
Die Waffen geb' ich selbst, darmit ihr auf mich stechet,
und daß ich werde blaß, so machet ihr mich rot.
O meine Peiniger, wie soll ich euch versönen?
Ich weiß, ihr habt Befehl von meiner Basilenen,
daß ihr mich sperret ein in dieses harte Joch.
Ach, daß sie wüßte nur die kleinste meiner Nöten,
so würde sie mich doch auf einmal lassen töten.
Nun sterb' ich immerhin und sterbe nimmer doch.
(S. 517)
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60. An den Steinbruch zu Revel

Du Zaum des frechen Belts, dem deine starke Brust
sich mänlich setzet vor, daß sich die Wellen brechen
und in sich umgewandt sich an sich müssen rächen
und kehrn den schwachen Zorn in leichten Sand und Wust,
der du dem Lande Schutz, der Stadt Zier geben mußt,
der Stadt, so jenseit ist so reich an süßen Bächen,
hier an gesalzner See, an Höhen und an Flächen,
darinnen Harris wohnt, die Seele meiner Lust.
Ich ginge zu dir ein, du Lustberg der Silenen,
mich meiner Liebesangst ein wenig zu entwöhnen,
so gibst du mir an dir mehr Anlaß noch darzu.
Du bist zwar harte wol, doch kan dich Eisen zwingen.
So lange müh' ich mich, ihr ist nichts abzubringen.
Ihr festes Herze muß noch härter sein als du.
(S. 517)
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62. Über Chrysoglossen

Es sei! Ich habe Trost von ihrer Gunst gehabt,
der süßen Lieblichkeit mit halber Lust genoßen;
wer aber denkt auch das, was drunter war verschloßen;
wie bald ihr, Schmerzen, doch die Freuden untergrabt,
und wie ihr, wenn ihr kompt, so langsam wieder trabt?
Wer mißt die Tränen auch, die ich um sie vergoßen,
die zweien Strömen gleich von beiden Augen floßen,
wie manchen Herzensstoß, ihr Seufzer, ihr mir gabt?
Itzt seh' ich, daß es sind Kupidos alte Possen.
Der Pfeile hat er viel von anfangs her verschoßen,
die er ihm schneidet selbst, selbst fiedert, selbsten schabt.
Er gehe nun auch hin und sage Chrysoglossen,
was mich vor so erfreut, macht itzt mich so verdroßen,
sie kränket mich so sehr, als sehr sie mich gelabt.
(S. 518)
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63. Als er wieder mit ihr ausgesönet war

Der Nebel ist vorbei, die Sonne scheinet wieder.
Mein Lieb, das zornig war, das lacht mich freundlich an,
so daß ich von sonst Nichts als Freude sagen kan.
Ich fühle noch den Tod durch alle meine Glieder,
die Wangen wurden blaß, die Augen sunken nieder,
das Herze ward mir Blei. Nun denk' ich zwar daran,
doch bin ich zwiefach froh, daß dieses ist getan,
von altem Trauren matt, von neuen Freuden müder.
Der Zucker meiner Not, das Labsal meiner Pein
und was dem Kranken sonst pflegt recht gesund zu sein,
das Alles ist mir, Schatz, dein güldnes Angesichte.
O Sonne meiner Lust, schein' ewig so, wie itzt.
Du bist die süße Glut, die meinen Geist erhitzt,
von dir, Glanz, nehm' ich Schein, von dir, Licht, werd' ich lichte.
(S. 518-519)
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64. An Filotaten

Ihr viel verweisen mir, ich lieb' ihr gar zu viel.
Ich selbst auch pflegs an mir oft in geheim zu schelten.
Was aber kan ich tun? Wer schützt sich vor Gewälten,
die stärker sind, als er? Ich bin ein einzigs Ziel,
an dem ein Jederman zum Ritter werden will.
Soll ich der Leute Gunst mit Liebe nicht vergelten?
Wer oft gehasset wird, der liebet selbst gar selten,
wer Lust zu Karten hat, den liebet auch das Spiel.
Ist jemand Freundschaft gram, der hasse mich um Lieben,
ich lieb' ihr noch so viel, als hier stehn angeschrieben.
Mein Lob wächst mit der Zahl. Dir aber, schönster Brand,
der tausent Sachen Glut, sei diß für andern allen
geheim gesagt: Du bist Filotate genant,
und heißest, was du bist. Mehr darf mir nicht entfallen.
(S. 519)
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65. An Panomfen

Es geht mir gleich wie dir. Wir haben gleiche Freuden
und gleiche Schmerzen auch. Was uns bei Nacht' ergetzt,
das eben ists, das uns den müden Tag verletzt.
Je süßer ist die Lust, je herber ist das Leiden.
Panomfe, das kömt her, daß wir uns also meiden.
daß Keines unter uns ins Andre Treue setzt,
daß Keins dem Andern sich an Liebe gleiche schätzt.
Drum wollen wir auch stets beisammen sein und scheiden.
Lieb, wie kan dieses sein? Was schweiget doch dein Mund?
Eins deiner Augen nur verrät dein ganzes Herze.
Drum rate dir und mir und unsrer beider Schmerze.
Was dich macht frisch und krank, macht mich krank und gesund.
Wilt du, als wie ich will, so ist gut Rat der Sachen:
Laß uns nur wachend tun, was wir im Schlafe machen.
(S. 519-520)
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66. An Siderien

Du auch, Siderie, solst stehen am Gestirne
bei meiner Basilen, die ich so hoch gebracht
durch meiner Verse Schwung, darzu mir Flügel macht
die, welche Vater heißt Diespiters Gehirne.
Auch du verdienest das, du himmelsschöne Dirne,
weil aller Tugend Zier aus deiner Schönheit lacht,
darum ich denn auch dich mir hatte zugedacht,
um welches aber ich nicht mit den Himmeln zürne.
Sei willig, edles Bild, und schwing dich auf mit mir
und stelle deinen Glanz dem Angelsterne für,
daß, weil ich förderhin muß auf den Wellen schweben,
die noch kein deutsches Schiff bisher gesuchet auf,
nach dir, mein Leitstern, ich stets richte meinen Lauf.
Bin ich denn ohne dich, so bin ich um mein Leben.
(S. 520)
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67. An eine Jungfrau

Wenn dieses mein Sonnet sich des nicht dürfte scheuen,
daß seine Nichtigkeit dir machte nicht Verdruß,
o du der Neunen Zier, die um Olympens Fluß
in kluger Einfalt gehn, du vierte von den dreien,
die Föbi Mumen sind, so wolt' ich ihm verzeihen,
daß es sich untersteht zu machen auf den Fuß
und dir zu bringen an den meinen Ehrengruß,
der unsrer Freundschaft dich aufs Neue will erfreuen.
Doch du wirst sehen nicht, wie schlecht mein Bote kömmt,
der einig seinen Wert von deinem Preise nimmt?
Gib ihm denselben Wink, mit welchem süßen Blicke
du neulich von mir gingst. Hör', Edle, was er spricht,
und laß ihn nur bei dir. Der Antwort darf es nicht.
Diß ist mir Antwort satt, wenn er nicht kömpt zurücke.
(S. 520)
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68. An einen gewissen Baum

Ich will zu deiner Hut ein' eigne Drias stellen,
daß kein gehörnter Hirsch, kein Bär, kein wildes Schwein
zu stoßen sich erkühn' an dein bemostes Bein.
Und daß kein feindlichs Beil dich etwa möge fällen,
so steht Silenus hier mit zweien Mitgesellen.
Der Boden gibt dir Saft, der Himmel Sonnenschein
und dein gekraustes Haar soll stets durchsprungen sein
von aller Vögel Art, der lieblichen, der hellen,
Ich muß nun weit von dir, nun weit von der dahin,
mit der ich unter dir oft froh gewesen bin,
der schönen Basilen, die mir mein Herze quälet,
von dem dein stummer Mund viel weiß und dennoch schweigt,
darauf dein grüner Arm mit allen Fingern zeigt
und ein bewegter Zweig dem andern es erzälet.
(S. 521)
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69. Auf eine schöne, doch unfreundliche Jungfrau

Ich muß es selbst gestehn, du gleichest ganz an Schöne
der Amathusen selbst. Diß ist das güldne Haar,
das Jovis Tochter trägt, die ihm sein Häupt gebar,
so sieht Thaliens Mund bei seiner Hippokrene;
Aglaiens ist die Brust, die alle Venussöhne
für Alles achten hoch. Dich rühmt mit Rechte zwar
vom Ansehn Iederman. Und, das fast halb ist wahr,
du bist bald schöner noch als meine Basilene.
Wär' Amathusens Geist, Minervens ihr Beginnen,
Aglajens Höflichkeit und Basilenens Sinnen
so wahr hier, als ihr Leib, so wüßt ich für dir Rat.
Du wärest auf der Welt so lange nicht geblieben.
So lobt ein Jeder dich und will dich niemand lieben,
Was ist der schönste Leib, der keine Seele hat?
(S. 521)
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70. An Valerien

Itzt hat Latona gleich das zweimal sechste Mal
ihr Silber voll gemacht, und Delius ingleichen,
nach dem er ist gerannt durch alle Himmelszeichen,
fängt fornen wieder an die Tage seiner Zal,
seit mir, Valerie, dein erster Liebesstral
in mein Gesichte fiel, das nun fast will verbleichen.
Ach wol mir von der Zeit, mir aller Wolfart reichen,
es reden es für mich See, Feld, Wald, Berg und Tal.
Der Tage, der sind viel, viel, viel der süßen Stunden,
doch viel mehr ist der Lust, die ich um dich empfunden,
o du mein langer Preis. Nun, da ich scheiden soll,
setz' ich der Freuden Zal entgegen meiner Qualen:
Ich mach' es, wie ichs will, so mangelt mirs an Zalen
und sind die Blätter doch und Seiten alle voll.
(S. 521-522)
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71. An Kandien, daß es ihm unmüglich sei, ihr zu teile
zu werden

Wie bitter mir es wird, wie hart ich bin verletzet,
daß, weiße Kandie, ich dich verlaßen muß,
ach, das ist viel zu schwer, als daß dir der Verdruß
in diesem kurzen Brief kan werden aufgesetzet.
Mein Mund ist von der Zeit mit Tränen noch genetzet,
als ich zu dir sprach: Schatz, das ist der letzte Gruß!
und du, mein süßer Trost, mir gabest einen Kuß,
der mich auch itzund noch betrübet und ergetzet.
Ach, Schöne, straf mich nicht und gib mir keine Schuld,
du kennst mich um und an. Rat deiner Ungedult,
um die ich Kranker mich zu Tode noch betrübe.
Laß mich, dieweil ich muß. Schau, was mich von dir reißt,
und sei mit dem vergnügt, in dem du warlich weißt
daß ich, o Schwester, dich mehr, als die Liebste, liebe.
(S. 522)
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73. Über Gedächtnüß seiner ersten Freundin

Noch dennoch bleib' ich ihr, muß ich sie gleich verlassen,
und meine sie, muß ich gleich ihr entzogen sein,
bezwungen durch das Tun, das unsern Trost und Pein
verwechselt, wie es will. Ich will mein Trübnüß massen,
tun wie ein Weiser tut, ein großes Herze fassen,
sein meine, wie ich soll. Sie aller Tugend Schein,
mein Alles und auch Nichts, ist nicht und ist doch mein'.
Hass' ich das schöne Kind, so muß ich selbst mich hassen.
Verhängnüß, schone nicht, reiß sie nur immer hin,
du raubst mir ihren Leib, nicht aber ihren Sinn,
der nun und nimmermehr von mir spricht sich zu lenken.
Mir bleibt dein bester Teil, o meiner Seelen Licht,
und darf ich künftig schon, Lust, dich besitzen nicht,
so darf ich deiner doch mit Freuden stets gedenken.
(S. 523)
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74. An Filenen

Itzt, itzt bereu' ich erst, was ich verbrochen habe.
Dein wolgemeinter Rat, Filena, tauret mich.
Ich schlug es in den Wind, wie sehr du mühtest dich,
daß ich doch solte nicht so scheiden von dir abe.
Eia, da hab ich's nun, wormit ich mich so labe!
Der Kummer stellt sich ein, der Mangel findet sich,
es geht an Furcht und Not. Da steh' ich Armer, ich
und bin bei Leben auch schon halb in meinem Grabe.
Verzeih mir, teurer Schatz, daß ich dich so verletzt.
Ich selbsten habe mich in größtes Leid gesetzt.
Und weil es ist an dem, daß ich mich nur muß letzen
mit dir durch diesen Brief, so bitt' ich, edler Schein,
laß mir diß hauen tief an einen hohen Stein:
"Der eh starb, als er starb, der ließ ihm dieses setzen."
(S. 523)
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75. Auch an sie

Du dreier Treueste, die eine Mutter brachte.
darf ich noch so, wie vor ich mündlich oft getan,
auch itzund doch durch Schrift dich sicher reden an,
so lies diß Brieflein hier, das ich dir, Schöne, machte,
als ich so weit von dir und deiner Stadt gedachte.
Erinnre dich an dir und denke stetigs dran,
was ich so öffentlich nicht schreiben darf, noch kan,
nach dem ich Nacht und Tag und alle Stunden trachte.
Ein Klügling mag ihm das nun deuten, wie er will,
mag raten diß und das, der Glossen machen viel,
die Warheit bleibt bei uns. Es ist nicht Haß, nicht Liebe,
nicht etwas und doch was, erlogen und doch wahr,
nichts Heimlichs, aber doch daher nicht offenbar.
Diß, Jungfrau, leg' ihm für, daß er sich drinnen übe.
(S. 524)
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76. An Baltien

Darf, edle Baltie, ich mich schon hier nicht nennen,
weil dieser kleine Brief sehr weit zu reisen hat,
da List zu Felde liegt mit Neide früh' und spat,
da Vorwitz und Betrug den schmalen Paß berennen,
so wirst du aus der Hand doch meinen Namen kennen,
die du wie deine kennst. Sie, meines Herzens Rat
und stumme Rednerin, bezeugt dirs in der Tat,
wie ich von deiner Brunst nicht lasse nach zu brennen.
Bist, du, wie ich, gesinnt, so bleibst du unverwandt,
behältst mir deine Gunst, bis daß ich deine Hand,
die zarte, dermaleins hinwieder werde küßen.
Itzt muß ich weiter fort. Doch solst du, meine Zier,
noch dieses wahre Wort von mir zu letzte wißen,
je weiter ich mich mach', je näher kömst du mir.
(S. 524)
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77. Er redet die Stadt Moskaw an, als er ihre vergüldeten
Türme von Fernen sahe
1636 März

Du edle Kaiserin der Städte der Ruthenen,
groß, herlich, schöne, reich; seh ich auf dich dorthin,
auf dein vergüldtes Haupt, so kömt mir in den Sinn
was Güldners noch als Gold, nach dem ich mich muß sehnen.
Es ist das hohe Haar der schönen Basilenen,
durch welcher Treflichkeit ich eingenommen bin.
Sie ganz Ich, sie mein All, sie meine Herrscherin,
hat bei mir allen Preis der Schönsten unter Schönen.
Ich rühme billich dich, du Hauptstadt deiner Welt,
weil deiner Götlichkeit hier nichts die Wage hält
und du der Auszug bist von Tausenden der Reussen.
Mehr aber rühm ich dich, weil, was dich himlisch preist,
mich an ein göttlichs Mensch bei dir gedenken heißt,
in welcher Alles ist, was treflich wird geheißen.
(S. 524-525)
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78. An Kandoren
1636 October

Diß wird vor dieses Mal wol sein der letzte Brief,
den ich, Kandora, dir von hieraus zu kan senden,
weil ich gesonnen bin mich anderweit zu wenden,
dahin, noch eh' ich ward, mir mein Verhängnüß rief.
Mich wird der kühne Wind und ein verwognes Schiff
weit führen über See, da hoff' ich an den Stränden
des prächtigen Derbents mit Freuden anzuländen,
wohin vor dieser Zeit kein deutsches Segel lief.
Ach! klagst du, wo wird nun Kandorens Name bleiben?
Nein, Licht, sei gutes Muts! Kan ich dir schon nit schreiben,
so hat doch meine Post stets einen offnen Paß.
Erwachen soll kein Tag, kein Abend schlafen gehen,
so soll der Westenwind dir in die Ohren wehen:
er lebt und denket dein, dein Freund, ohn' Unterlaß.
(S. 525)
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80. An Adelfien

Itsts wahr, Adelfie, als wie man sagt vor wahr,
du habest, also bald ich sei von dir gezogen,
mit eines Andern Gunst der Freundschaft so gepflogen,
daß dus ihm zugesagt und nun auch Braut seist gar?
Ich fürcht' und glaub' es fast. Am allermeisten zwar,
daß etwan dich hierzu mein langer Weg bewogen
und ein vergälltes Maul dir etwas vorgelogen,
damit du dich und mich so setzest in Gefahr.
Ich fürcht' und glaub es fast. Nichts wird so hoch versprochen,
das schändlich werde nicht durch Mißtreu' itzt gebrochen.
War, Schwester, das dein Mut, der sich so hoch verschwur?
Hast du mir das getan, so werd' ich einer Frauen
auf ihren höchsten Eid nicht so viel künftig trauen.
Verzeiht mirs Alle denn, die Eine macht es nur!
(S. 526)
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81. An Albien
1638

Ich habe nun erkant die hochgeherzten Reußen,
ihr Wesen aufgemerkt, ihr weites Land durchschaut,
die strengen Tartern auch, für welchen Manchem graut,
mit Mangel und Gefahr mich vielmal müssen schmeißen,
bis ich auch das gesehn, was prächtig wird geheißen
im edlen Persien. Nun laß ich meine Haut
dem leichten Glücke nicht ins Ferner' anvertraut,
und ziehe wieder heim in mein gewündschtes Meißen.
Da hoff' ich, Albie, dir, meiner Jugend Leben
und dieser Zeiten Trost, den ersten Kuß zu geben,
das ich ins fünfte Jahr nun habe nicht getan.
Diß soll das Endmal sein von allen meinen Mühen,
von aller meiner Angst. Wenn ich um dich sein kan,
so hab' ich mehr getan, als die die Welt umziehen.
(S. 526-527)
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82. An Makarien
1638

Ists so, Makarie, als wie mir wird gesagt,
du solst, so balde du die Post von mir verstanden,
daß ich enthalten sei in weit entlegnen Landen,
da es sechs Stunden eh', als in den unsern tagt,
dich haben über mir von Herzen sehr beklagt,
so gar auch, daß du dich samt meiner Salibanden
zu Bette hast gelegt und ungescheut der Schanden
oft öffentlich von mir, ich weiß nicht, was gefragt?
Diß habest du so oft, so lang und viel getrieben,
bis daß du endlich ganz darüber bist geblieben.
Ists so, Makarie, Exempel einer Gunst,
die Tod und Leben trutzt, so muß ich mich zwar krenken
hoch über deinen Fall, doch einer solchen Brunst
nicht minder auch mit Lust zu aller Zeit gedenken.
(S. 527)
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83. An Amandulen
1638

Du schreibst, Amandule, du könnest nicht vorbei,
du müssest mich von Grund' und ganzer Seelen lieben,
diß aber mache dir so gar ein scharf Betrüben,
daß auf der Erden ihm Nichts zu vergleichen sei.
Nun glaub ich dir es leicht' und zeugs auch ohne Scheu,
auch mir ist hier von dir ein großer Stachel blieben,
und wie ich dieses dir so ofte zu geschrieben,
so schreib' ich dir es itzt noch einmal klar und frei.
So bleibst du krank nach mir, ich ungesund nach dir,
du meiner Ängsten Qual, ich deiner Schmerzen Brunnen.
Doch glaub ich stark daher, daß weder dir, noch mir
das Leben wird gefährdt: sei ja nicht, Lieb, gesonnen,
zu ändern diesen Stand. Freu dich mit mir der Pein,
für welcher Krankheit ich nicht wündsche frisch zu sein.
(S. 527-528)
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84. An Sidonien
1638

Da fragest mich um Rat, mein Trost Sidonie,
wie du dich laben solst in deinen großen Peinen,
die unerleidlich dir und unerträglich scheinen,
du fragest mich um Rat und klagst mir diß dein Weh'?
Ach! aber weißt du nicht, in was Not ich auch steh',
in was Qual ich auch bin? Ach, lasse nach zu weinen,
von deinem wächst mein Leid, wie deines von dem meinen.
Ach, lasse, bitt' ich, nach, eh denn ich ganz vergeh'.
Und suchst du Rat bei dem, der selbst sucht Rat bei dir?
Ist so, wie Föbus meint, der Meister der Arzneien,
daß Feuer Hitze löscht, so tu ein Ding mit mir:
Tröst dich an meiner Angst, ich wil mich deiner freuen,
doch gieb mir keine Schuld, wenn uns gereut die Tat.
Nichts raten um und an ist hier der beste Rat.
(S. 528)
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85. Über seiner Freundin Präsent
Er redet sein Herze an

Dein Herze muß ja noch, mein Herz', an dich gedenken.
Sie hat dich noch in ihr, vergisset deiner nie.
Schau doch, diß ist ihr Pfand. Wilst du nicht glauben? Wie?
Was sind die Sachen denn, die Träume, die dich kränken?
Wach' auf, gib deinen Wahn den Winden zu versenken
tief in die wilde See. Die Auserwehlte, die
benimt dich durch den Gruß und dieses deiner Müh'
und will dich selbsten dir durch dieses wieder schenken.
Vernim doch ihre Treu' und deines Glückes Gunst.
Sie ist noch, wie sie war, und will es fort verbleiben.
Wolan, so such' herfür und brauche deiner Kunst.
Weg, ungelehrtes Leid, mit deiner trüben Dunst.
Darf ichs ihr sagen nicht, so darf ichs ihr wol schreiben,
daß du, mein Herze, glühst von ihres Herzen Brunst.
(S. 528)
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86. An Anemonen

Ich meint', ich hätte dir mein ganzes Herz entdeckt,
mein Lassen und mein Tun, mein Wollen und Beginnen,
so daß ich mich mir selbst nicht besser öffnen können.
Ich war nun nicht in mir; ich war in dich versteckt.
Was hat denn diesen Haß so bald auf mich erweckt,
daß du mir itzund auch ein Auge nicht wilst gönnen?
Besinne dich doch, Lieb, wo du was kanst besinnen,
wie hoch mich dieses schmerzt, wie sehr mich diß erschreckt.
Gedenke doch an dich, wilst du an mich nicht denken.
Sei mir Feind und nicht dir, dieweil es Zeit ist noch.
Wilst du mich richten hin, so schone deiner doch,
als die um meinen Tod zu Tode sich wird kränken.
Nim einmal dieses dir für allemal gesagt:
du bist die einige, die ewig mir behagt!
(S. 529)
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87. Zu ihrem Geburtstage

Du bist der siebzigste nach fünfmal hundert Tagen
und sechsmal tausenden, daß meines Lichtes Licht
das Licht der großen Welt nahm in ihr Angesicht,
und hört' ihr frohes Haus von junger Freude sagen.
Bis mir willkommen itzt, du Ende meiner Klagen,
du Anfang meiner Lust, von dem mein Herze spricht:
ein angenehmer Tag ist mir erschienen nicht,
so lange Phöbus hat sein Rad herumgetragen.
Die Blume, welche mir von süßer Liebe wegen
die Liebste selbst gesandt, die send' ich dir entgegen,
um daß du spüren magst, wie lieb du mir brichst an.
Was künt' ich Liebers dir, als etwas Solches senden.
so her gekommen war von der Geliebten Händen,
ohn' die mir Nichts ist lieb, was lieblich heißen kan!
(S. 529)
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88. Er verwundert sich seiner Glückseligkeit

Wie mir es gestern ging und wie ich ward empfangen
in meiner Freundin Schoß, weiß sie nur und nur ich.
Das allerliebste Kind, das herzt' und grüßte mich,
sie hielte feste mich, wie ich sie hart' umfangen.
Auf meinem lag ihr Mund, auf ihren meine Wangen.
Oft sagte sie mir auch, was nicht läßt sagen sich.
darum du, Momus, nicht hast zu bekümmern dich,
Bei mir ist noch mein Sinn, bei mir noch ihr Verlangen;
o wol mir, der ich weiß, was nur die Götter wissen,
die sich auch, wie wir uns, in reiner Keuschheit küssen,
o wol mir, der ich weiß, was kein Verliebter weiß.
Wird meiner Seelen Trost mich allzeit also laben,
mir allzeit also tun, so werd' ich an ihr haben
ein weltlichs Himmelreich, ein sterblichs Paradeis.
(S. 529-530)
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90. An den Ort, da er sie erstlich umfangen

Es müss' ein ewger Lenz mit steten Favoninnen
auf dein gepüschtes Haupt und blumicht Antlitz wehn,
die reichbetaute Brust den Perlen gleiche stehn
und deine feuchte Schoß mit kalten Brünnen rinnen.
So sollen järlich auch hier meine Kastalinnen
mit Zweigen vom Parnass' um dein Gehege gehn,
und deine Treflichkeit durch solch ein Lied erhöhn,
das du nur würdig bist. Und die uns lieb gewinnen,
die Hamadryaden, die sollen dir für Schaden,
für Wild Behüter sein die rauchen Oreaden.
Und daß dir kein Sylvan, kein Satyr nicht sei Feind,
So will ich diese Wort' an deinen Eingang schreiben,
die wider Sturm und Schlag und Jahre sollen bleiben:
"Wer dieses Ortes schont, der ist des Himmels Freund."
(S. 530-531)
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91. An ihren Garten

Ich denke noch an sie, die tausent lieben Stunden
und tausent noch darzu, die ich in deiner Schoß,
du wolgelegner Platz, mehr nutzbar als zu groß,
an keinerlei Frucht arm, zu jener Zeit empfunden,
wenn, wie Olympie sich hat um mich gewunden,
so ich sie wiederum in die zwei Arme schloß.
Wie selig war ich da, wie aller Menschheit los,
wie ofte hat uns doch Priapus so gefunden!
Es steht ein Maulbeerbaum bald bei dem Vorderteiche,
dem wundsch ich, daß sein Haar ihm nimmermehr verbleiche,
entgehe nie sein Saft. Denn die vermeinte Nacht,
die er dem Stamme gibt mit seinen dicken Blättern,
die weiß es, wie sie mich zuerst hat angelacht.
Für diese Gunst sei du befohlen allen Göttern!
(S. 531)
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92. Von sich selber

Ich feure ganz und brenne lichter Loh.
Die Tränen hier sind meiner Flammen Ammen,
die mich nicht läßt diß stete Leid vertammen.
Ich kenn' es wol, was mich kan machen froh,
daß ich fortan nicht dürfte weinen so.
Wo aber ists? So müssen nun die Flammen
hier über mir nur schlagen frei zusammen.
Mein Schirm ist weg, mein Schutz ist anderswo.
Ist ganz Nichts da, daran ich mich mag kühlen
in solcher Glut, die meine Geister fühlen?
Der Liebesdurst verzehrt mir Mark und Bein.
Diß Waßer ists, die Kühlung meiner Hitze,
das ich zum Trunk' aus beiden Augen schwitze.
Ich zapfe selbst und Amor schenkt mir ein.
(S. 531)
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94. Auf ihrer Beider Tränen

Ach! ist es noch nicht Zeit, o du gesalzne Flut,
die aus vier Augen hier in einem Rinnen rinnet,
ach! ist es noch nicht Zeit, daß ihr einmal beginnet,
ihr Tränen, aus zu sein? Es muß das rote Blut
auch sein heraus geweint? Ach! tut nicht, wie ihr tut,
seid gnädig unsrer Angst, als die ihr mindern könnet,
wenn ihr zu trucknen aus nur selbsten seid gesinnet.
Ihr löscht nicht, wie ihr meint, die heiße Liebesglut.
O daß Cupido doch Register halten solte
und nur das zehnte Teil des Wassers messen wolte,
o möchte Venus nur sein Richtrin dieser Pein,
ich weiß, es würde nicht der Himmel so viel haben,
so viel an alter Lust der ganze Himmel haben,
als viel der Tropfen nun von uns vergossen sein.
(S. 532)
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95. Auf ihr Verbündnüß

Ihr Schatten, die ihr nur alleine bei uns seid,
und du auch stille Luft, die unsern Odem reget,
seid Zeugen zwischen uns! Der Eid ist abgeleget,
der Eid, der mir und ihr sol nimmermehr sein leid, -
diß ist mein und ihr Schluß: es berste List und Neid, -
so lang' ein Pusch sein Laub, die Erde Kräuter träget
und ein belebter Geist sich in der Flut beweget.
Diß soll sein Ende sein, wenn mehr ist keine Zeit.
So treue Fulvia, so liebet sichs ohn Schmerzen,
wenn solche Freundschaft macht ein Herze mit dem Herzen.
Es mögen Andre nun von ihrer Liebe Pein,
von Angst, von Grausamkeit, von dem und jenem klagen;
zwei Herzen, das sind wir, die können redlich sagen,
daß von der Liebe sie noch nie betrübet sein.
(S. 532-533)
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96. An seinen Ring
1639 Juli 26.

Der schöne Namenstag der Liebsten ist erschienen,
die Anmut macht mich froh, die aus der halben Nacht
ganz wie der Lilgen Milch und Blut der Rosen lacht,
mit Safran angemischt. Ihr müsset euch erkühnen
zu wagen einen Gang, ihr funkelnden Rubinen,
eilt, eh das schöne Kind von ihrer Ruh' erwacht,
und sehet, wie ihr euch an ihren Fingern macht!
So wird ihr sanfter Schlaf zu eurem Vorteil dienen.
Geht, bindet sie also! Wie aber, wollt ihr nicht?
Wie werdet ihr so blaß um euer Angesicht'
und was verstellt ihr euch in sterbende Geberden?
Ists etwan, daß ihr meint, wo sie schon sei erwacht,
ihr möchtet schamrot stehn für ihrer Lippen Pracht
und diß Gold bleiches Blei für ihren Augen werden?
(S. 533)
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97. An einen andern

Sei willig, edler Ring, mich willig zu gelosen
und einer schönern Hand forthin geschenkt zu sein,
die zwar nicht edler macht ein mehr als edler Stein.
Nein, darum send' ich ihr versetzt in dieser Rosen
die angenehme Nacht der günstigen Türkosen,
darmit sie nicht soll sehn des Scheines Widerschein,
der aus der Stirnen blinkt und auch den Stein nimmt ein,
daß er von ihrer Zier ihr gleichsam lieb muß kosen.
Der lichte Diamant blitzt, wie ihr Antlitz tut,
der blutende Rubin trinkt ihrer Lippen Blut,
der Wangen wahres Bild lebt in den Karniolen.
Lieb, liebe diesen Stein, ders redlich mit dir meint.
Denn daß ein andrer dir mehr hell' und reiner scheint,
das hat er deiner Zier und Schönheit abgestohlen.
(S. 533-534)
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98. Noch an einen

So reise denn auch du, du freundlicher Smaragd,
zu meiner Freundin hin und lasse dir behagen,
daß eine solche Hand dich förderhin soll tragen,
die auch, wie keusch du bist, dich doch noch keuscher macht.
Sei um sie, wenn sie schläft, sei um sie, wenn sie wacht.
Oft wird sie dich von mir und meiner Liebe fragen.
Halt' andrer Steine Brauch, die nichts nicht wieder sagen;
schweig, was du siehst und hörst und nim dich selbst in Acht.
Geschicht es etwan denn, daß sie dir in Gedanken
so ein feuchtes Küßlein reicht, so heb' es auf für mich
bis morgen gegen Nacht. Und wolten etwan sich
die Lüfte, die es sehn, hierüber mit dir zanken
und mir es bringen eh', als ich mich stellet' ein,
so send' es mir durch sie und laß es heimlich sein.
(S. 534)
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99. Er redet den Mund seiner Freundin an, die er
bei sich hatte

Hab' ich dich nun einmal, du Kühlung meiner Hitze,
du Labsal meines Dursts, den du mir selbst gemacht
nach deinem Lebenstau, als du mich angelacht
und ernstlich hast bestrahlt mit deiner Äuglein Plitze!
Wol mir Glückseligem, der ich den Göttern sitze
selbselbsten in dem Schoß'! Ich find an mir vollbracht
all', alle Süßigkeit, so werden kan erdacht,
und biete nun auf Lust den Göttern selbst die Spitze.
Tut, bitt ich, tut euch auf, o ihr Korallenpforten
und sagt mir eure Gunst mit halbgemachten Worten.
Doch, was begehr ich das? Du bist ihr Herzens Rat,
du rosengleicher Mund, das, weils nicht kan geschehen,
daß sich es bloß von mir und leiblich lasse sehen,
dich mir an seine Stat hieraus gesendet hat.
(S. 534-535)
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100. Er redet ihre Tränen an

Versieget doch einmal, ihr siedenheisse Tropfen,
die wie das fremde Pech mein Feuer stecket an,
das ohne das für sich kein Wasser löschen kan,
schließt euer' Adern zu und laßt sie sich verstopfen!
Ihr seid der herbe Saft aus Wermut, Gall' und Hopfen,
für meinen Durst erpreßt. Was Labsal hab ich dran?
Hört auf, sonst wird mir noch von euch der Tod getan,
in dem ihr mir erweckt ein solches Herzenklopfen.
Was könnt ihr Anders tun, ihr Schmerzenkinder, ihr,
als daß ihr Schmerzen auch und Pein erweckt in mir,
die wieder von mir aus in eure Brunnen quellen?
O Angsttau, der mein Herz' hat matt und welk gemacht,
ists noch nicht gnung, daß du bisher dich um hast bracht,
wilst du dich, mich und sie in eine Grube fällen?
(S. 535)
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101. An Volinien
1639 Herbst

Wenn ich, Volinie, wie ich denn stetig pflege,
besinne deine Gunst und reiche Freundlichkeit,
die du mir hast bezeigt so eine lange Zeit,
und gegen dessen Wert mein armes Tun erwäge,
darmit ich dankbar bin, was Wunder, werd ich träge,
zu treten vor das Licht? Es ist mir mehr als leid,
daß ihr so ungeneigt, ihr harten Götter, seid,
der ich doch vor euch geh' auf einem reinen Stege.
Nim dieses mein Sonnet zur Handschrift und zum Pfande,
daß ich dein Schuldner bin, aus meinem Vaterlande,
von dem ich nun so weit und ach! wie lange! bin.
Livonie, dein Preiß soll neben seinem stehen
und über das Gestirn' in reinem Glanze gehen,
nach dem so mancher wündscht und ich nur komme hin.
(S. 535)
_____



102. An das Jahr, daß es doch balde verlaufe
1640 Januar 1.

Zwölf Fürsten dienen dir, vier Häuptern untertan,
die Wochen sind dein Heer, als welche du aus Tagen,
aus Stunden diese machst. So fährst du auf dem Wagen,
den Mon und Sonne ziehn. Die Zeit, die fleucht voran,
häut Alles vor ihm um und macht dir reinen Plan.
So sieht man weit und breit der Sternen Pövel jagen
um, neben und nach dir. So wirst du hingetragen
ins Haus der Ewigkeit, der Niemand folgen kan.
Lauf, Vater Jahr, diß Jahr lauf mehr als sonst behende
und komme noch einmal so balde zu dem Ende,
o meiner Arbeit Trost, daß ich das schöne Tun,
auf das mein Vaterland in langer Hoffnung denket,
recht führe wol hinaus, und, die sich itzt so krenket,
alsdenn mit Freuden mög' in diesen Armen ruhn.
(S. 536)
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Aus: Paul Flemings Deutsche Gedichte
Hrsg. von J. M. Lappenberg, Band I.
Stuttgart. Gedruckt auf Kosten des Litterarischen Vereins 1865


siehe auch Teil 1 und Teil 2


 

 


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