Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679) - Liebesgedichte

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau

 

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
(1616-1679)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

 

Ach daß ich euch nicht meiden müste /
Ihr schätze dieser dritten welt /
Ihr schnee-gebürgten engel-brüste /
Von lufft und seuffzern auffgeschwellt;
Mit eurer rundten liebligkeit
Mag nichts durchaus verglichen werden /
Weil ihr des himmels und der erden /
Des grossen rundtes bilder seyd.

Ihr die ihr beyde hände füllet /
Ihr seyd hier nicht wie anderwärts
In tausend tüchern eingehüllet /
Und qvält das aug / und klemmt das herz:
Ihr zeiget bloß und decket frey /
Durch lindes auff- und nieder-wallen /
Daß in euch weissen marmor-ballen
Blut / feuer / geist und leben sey.

Auff euren hügeln / schöne brüste /
Hat eine werthe mildigkeit
Den süssen saamen aller lüste
Zu vollem wachsthum ausgestreut:
Hier ist die süsse frucht der welt /
Die nach dem paradiese schmecket /
Darein der starcke leim verstecket /
Der alle welt zusammen hält.

Ach möchte mir die würffel fallen /
Daß ich nicht dürffte weiter gehn /
Und könte stets euch zucker-ballen
In eurem milch-meer schwimmen sehn /
Ich wolte gern durch manchen kuß /
Euch allerschönsten liebs-altären
Die höchste billigkeit gewähren /
Die amn an euch verwundern muß.

Doch nein der himmel wills nicht leiden /
Mein schicksal reist mich von euch hin;
Lebt wohl / ich muß euch ewig meiden /
Wiewohl ich euer sclave bin.
Was denn der mund nicht leisten kan /
Das nehmt ihr schönsten engel-brüste /
Ihr gegenwürffe meiner lüste /
Von liebenden gedancken an.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 424-425)
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1.
Albanie / gebrauche deine zeit /
Und laß den liebes-lüsten freyen zügel /
Wenn uns der schnee der jahre hat beschneyt /
So schmeckt kein kuß / der liebe wahres siegel /
Im grünen may grünt nur der bunte klee.
Albanie.

2.
Albanie / der schönen augen licht /
Der leib / und was auff den beliebten wangen /
Ist nicht vor dich / vor uns nur zugericht /
Die äpffel / so auff deinen brüsten prangen /
Sind unsre lust / und süsse anmuths-see.
Albanie.

3.
Albanie / was quälen wir uns viel /
Und züchtigen die nieren und die lenden?
Nur frisch gewagt das angenehme spiel /
Jedwedes glied ist ja gemacht zum wenden /
Und wendet doch die sonn sich in die höh.
Albanie.

4.
Albanie / soll denn dein warmer schooß
So öd und wüst / und unbebauet liegen?
Im paradieß da gieng man nackt und bloß /
Welch menschen-satz macht uns diß neue weh?
Albanie.

5.
Albanie / wer kan die süßigkeit
Der zwey vermischten geister recht entdecken?
Wenn lieb und lust ein essen uns bereit /
Das wiederholt am besten pflegt zu schmecken /
Wünscht nicht ein herz / daß es dabey vergeh?
Albanie.

6.
Albanie / weil noch der wollust-thau
Die glieder netzt / und das geblüte springet /
So laß doch zu / daß auff der Venus-au
Ein brünstger geist dir kniend opffer bringet /
Daß er vor dir in voller Andacht steh.
Albanie.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 70-71)
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Armseliger / was hilfft dich doch dein lieben?
Du liebest / was nicht lieben kan /
Des himmels schluß hat dich itzt zwar getrieben /
Doch rührst du was verbotnes an.
Die schönheit / die dein herze sucht /
Ist des verbotnen baumes frucht.

Die hoffnung lud mich einsten zwar zu gaste /
Der neid läst aber mich nicht ein /
Die mißgunst macht mir eine stete faste /
In der viel marter-wochen seyn.
Mein paradieß ist zugemacht /
Und wird von eyffersucht bewacht.

Wer lescht den durst mir nun in dieser wüste?
Ich leide noth bey überfluß.
Was nützt der auszug engels-gleicher lüste /
Weil sie kein mund geniessen muß?
Das auge / das vergnügung hat /
Macht durchs gesicht kein herze satt.

Ich küsse gnug / und spiele in gedancken /
Gedancken aber speisen nicht.
Manch süsser traum setzt mich in liebes-schrancken;
Was ist ein traum beym tage-licht?
Diß blendwerck schwindet wie ein dunst /
Und das ergetzen ist umsonst.

So müh ich mich mit irrwisch und auch schatten /
Und der ichs klage / lacht darzu;
Es schwärmen kaum ums licht so viel der matten /
Als seuffzer stöhren meine ruh.
Ein stetes wünschen frißt mich ab /
Und nicht erhalten bringt das grab.

Stirb / Lysis / stirb / viel besser ists gestorben /
Als ohne Phyllis gunst gelebt;
Wer so verdirbt / der ist / traun / wohl verdorben /
Wenn ihn das glücke so erhebt;
Vielleicht rührt Phyllis todt mich an /
Als sie im leben nicht gethan.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 453-454)
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Entwurff der liebe

Die lieb ist unvernunfft / die mit vernunfft vermengt /
Ein fried-gesellter haß / betrug vermischt mit glauben /
Ein' hoffnungsvolle furcht / ein schiffbruch / dessen rauben
Uns dennoch süsse dünckt / ein stein so uns bedrängt /
Ein angenehm Charybd / und ein gesundes krancken /
Ein hunger der sich muß mit seiner sattheit zancken /
Ein vollgezechter durst / und trunckne nüchternheit /
Ein schönes freuden-spiel / das garstig unglück endet /
Ein port der uns verschlingt / wenn man schon angelendet /
Ein süsser übelstand / und üble süssigkeit /
Ein bittrer honigsafft / der von geruch beliebet /
Und der uns im geschmack gifft / pest und galle giebet /
Ein wetter das man wünscht / und eine lichte nacht /
Ein dick verfinstert licht / ein abgestorbnes leben /
Und ein belebter tod; ein fehler der vergeben /
Doch nicht vergessen wird. Ein schandfleck / der mit pracht
Und schmincke sich bestreicht. Ein tugendhafftes laster
Und schnöder missethat gelindes arzney-pflaster /
Ein unbeständig spiel und ein beständig trug /
Ein' ausgekräffte krafft / ein ganz beweglich festes /
Ein allgemeiner schluß / der narrheit nennt sein bestes /
Ein rath / der urtheil spricht ganz ohne recht und fug /
Ein wohlstand / der betrübt / ein glück / das nicht erscheinet /
Ein lust-hauß / da die seel den freyen stand beweinet.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 2 S. 266)
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Die Wollust

1.
Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit /
Was kan uns mehr / denn sie / den Lebenslauf versüssen?
Sie lässet trinckbar Gold in unsre Kehle fliessen /
Und öffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit;
In Tuberosen kan sie Schnee und Eiß verkehren /
Und durch das ganze Jahr / die FrühlingsZeit gewehren .

2.
Es schaut uns die Natur als rechte Kinder an /
Sie schenckt uns ungespart den Reichthum ihrer Brüste /
Sie öffnet einen Saal voll zimmerreicher Lüste /
Wo aus des Menschen Wunsch Erfüllung quellen kan.
Sie legt als Mutter uns / die Wollust in die Armen /
Und läst durch Lieb und Wein den kalten Geist erwarmen.

3.
Nur das Gesetze wil allzu Tyrannisch seyn /
Es zeiget iederzeit ein widriges Gesichte /
Es macht des Menschen Lust und Freyheit ganz zunichte /
Und flöst vor süssen Most uns Wermuthtropffen ein;
Es untersteht sich uns die Augen zuverbinden /
Und alle Liebligkeit aus unser Hand zuwinden.

4.
Die Ros entblösset nicht vergebens ihre Pracht /
Jeßmin wil nicht umsonst uns in die Augen lachen /
Sie wollen unser Lust sich dienst- und zinsbar machen /
Der ist sein eigen Feind / der sich zu Plagen tracht;
Wer vor die Schwanenbrust ihm Dornen wil erwehlen /
Dem muß es an Verstand und reinen Sinnen fehlen.

5.
Was nutzet endlich uns doch Jugend / Krafft und Muth/ Wenn man den Kern der Welt nicht reichlich wil genüssen /
Und dessen Zuckerstrom läst unbeschifft verschüssen /
Die Wollust bleibet doch der Menschen höchstes Guth /
Wer hier zu Seegel geht / dem wehet das Gelücke /
Und ist verschwenderisch mit seinem Liebesblicke.

6.
Wer Epicuren nicht vor seinen Lehrer hält /
Der hat den Weltgeschmack / und allen Witz verlohren /
Es hat ihr die Natur als Stiefsohn ihn erkohren /
Er mus ein Unmensch seyn / und Scheusaal dieser Welt;
Der meisten Lehrer Wahn erregte Zwang und Schmerzen /
Was Epikur gelehrt / das kitzelt noch die Herzen.

aus: Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Gesammelte Werke
Band I Deutsche Übersetzungen und Getichte Teil 2
Nach dem Druck vom Jahre 1697
(Hrsg. von Franz Heiduk. Nachdruck Olms 1984, Hildesheim, Zürich)
(aus: Vermischte Gedichte S. 27-29 [S. 813-815])
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Sonnet
Beschreibung vollkommener schönheit

Ein haar so kühnlich trotz der Berenice spricht /
Ein mund / der rosen führt und perlen in sich heget /
Ein zünglein / so ein gifft vor tausend herzen träget /
Zwo brüste / wo rubin durch alabaster bricht /
Ein hals / der schwanen-schnee weit weit zurücke sticht
Zwey wangen / wo die pracht der Flora sich beweget /
Ein blick / der blitze führt und männer niederleget /
Zwey armen / derer krafft offt leuen hingericht /
Ein herz / aus welchem nichts als mein verderben quillet /
Ein wort / so himmlisch ist / und mich verdammen kan /
Zwey hände / derer grimm mich in den bann gethan /
Und durch ein süsses gifft die seele selbst umhüllet /
Ein zierrath / wie es scheint / im paradieß gemacht /
Hat mich um meinen witz und meine freyheit bracht.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 88)
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Sonnet
Vergänglichkeit der schönheit

Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen /
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand /
Der augen süsser blitz / die kräffte deiner hand /
Für welchen solches fällt / die werden zeitlich weichen /
Das haar / das itzund kan des goldes glanz erreichen /
Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fuß / die lieblichen gebärden /
Die werden theils zu staub / theils nichts und nichtig werden /
Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen /
Dein herze kan allein zu aller zeit bestehen /
Dieweil es die natur aus diamant gemacht.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 46-47)
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Ihr hellen mörderin / ihr augen schliest euch zu /
Jedoch die schönen brüste /
Als zunder meiner lüste /
Geniessen keine ruh /
Ihr auffgeblehter schnee rafft alle krafft zusammen /
Und bläst in meine flammen.

Es muß dein athem ja wohl glut und hitze seyn /
Denn was daraus erqvillet
Ist auch mit brand erfüllet:
Der edlen flammen schein
Bezeuget als rubin sich auff der berge spitzen /
Mich armen zu erhitzen.

Du schläffst in sichrer ruh / ich aber wach allhier /
Verirret in den schrancken
Voll schlüpffriger gedancken
Ich schaue dich in mir /
Und ich bemühe mich / den unmuth zu versüssen /
Im geiste dich zu küssen.

Ich fühle / wie mich hier des ambers leiblichkeit /
Den deine zunge giebet /
Wenn sie am schärffsten liebet /
Mit anmuth überstreut /
Und wünsche / daß dein geist auch in dem schlaffe spüre /
Was ich im sinne führe.

Es muß ein süsser traum von liebes-schelmerey
Dir durch die adern dringen /
Und dich zu etwas zwingen /
So dir ganz fremde sey /
So dich zu früher zeit / so bald du wirst erwachen /
Auch schamroth könne machen.

Der liebes-engel selbst / so neidisch ist wie du /
Der will sich itzt bemühen
Den fürhang fürzuziehen /
Von wegen deiner ruh;
Doch must du mit der zeit mir ungeschaut entdecken /
Wie dir die träume schmecken.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 435-436)
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Verliebte Arien

Ist denn dein herze gar erfroren?
Bist du aus schnee und eiß gebohren?
Hörst du mein seuffzen nicht /
Und was mein unmuth spricht?
Soll ich dich göttin nennen?
So nimm des himmels wehmuth an /
Der leichtlich sich erbarmen kan /
Und uns nicht ewig läst in hoffnungs-flammen brennen.

Des blutes regung zu vermeiden /
Und ganz von fleisch und blut zu scheiden /
Ist nirgends ein gebot /
Es heissets auch nicht GOtt;
Sich selber zu verlassen
Ist eine flucht / so sträfflich ist /
Und wer ihm solche bahn erkiest /
Den muß die menschlichkeit als einen unmensch hassen.

Du kanst ja deiner nicht geniessen /
Kein mund weiß selber sich zu küssen /
Der schnee auff deiner brust
Bringt dir geringe lust.
Die fleischichten Granaten
Seynd nicht allein vor dich erdacht /
Kein mensch ist vor sich selbst gemacht;
Es weiß der klügste geist ihm hier nicht recht zu rathen.

Die rose suchet ihr verderben /
Die auff dem stocke wünscht zu sterben /
Und nur ihr ganz allein
Meynt angetraut zu seyn.
Wilst du dich selbst begraben?
Wer sich in sich umsonst verzehrt /
Ist warlich seiner selbst nicht werth /
Und muß der thorheit schild an seiner grabstatt haben.

Bezwinge weißlich dein gemüthe /
Und folge zeitlich dem geblüte /
Darein im paradieß
GOtt selber funcken bließ;
Wer kan ihm widerstreben?
Schau ich dein helles antlitz an /
So fühl ich was der himmel kan /
Und wünsch auf deiner brust verparadiest zu leben.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 377-378)
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Auff den mund

Mund! der die seelen kan durch lust zusammen hetzen /
Mund! der viel süsser ist als starcker himmels-wein /
Mund! der du alikant des lebens schenckest ein /
Mund! den ich vorziehn muß der Inden reichen schätzen /
Mund! dessen balsam uns kan stärcken und verletzen /
Mund! der vergnügter blüht / als aller rosen schein.
Mund! welchem kein rubin kan gleich und ähnlich seyn.
Mund! den die Gratien mit ihren quellen netzen;
Mund! Ach corallen-mund / mein eintziges ergetzen!

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 74)
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Auff einen kuß

Wie zürnst du Florida so ohne maaß und ziel /
Daß meine zunge hat die gränzen übergangen?
Die schuld ist nicht zu groß / und that sie dir zu viel /
Wie hast du sie denn nicht / wie sies verdient / gefangen?
Doch daß dir kundbar sey / warum ich es gethan /
Daß ich die zunge dir ließ schlund und gaumen lecken /
Ich dachte / weil sie mehr / als billich / plaudern kan /
Sie möchte sonst aus neid mein liebes-spiel entdecken.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 2 S. 10)
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Wo sind die stunden
Der süssen zeit /
Da ich zu erst empfunden /
Wie deine lieblichkeit
Mich dir verbunden?
Sie sind verrauscht / es bleibet doch dabey /
Daß alle lust vergänglich sey.

Das reine scherzen /
So mich ergetzt /
Und in dem tieffen herzen
Sein merckmal eingesetzt /
Läst mich in schmerzen /
Du hast mir mehr als deutlich kund gethan /
Daß freundlichkeit nicht anckern kan.

Das angedencken
Der zucker-lust /
Will mich in angst versencken.
Es will verdammte kost
Uns zeitlich kräncken /
Was man geschmeckt / und nicht mehr schmecken soll /
Ist freuden-leer und jammer-voll.

Empfangne küsse /
Ambrirter safft /
Verbleibt nicht lange süsse /
Und kommt von aller krafft;
Verrauschte flüsse
Erquicken nicht. Was unsern geist erfreut /
Entspringt aus gegenwärtigkeit.

Ich schwamm in freude /
Der liebe hand
Spann mir ein kleid von seide /
Das blat hat sich gewand /
Ich geh' im leide /
Ich wein' itzund / daß lieb und sonnenschein
Stets voller angst und wolcken seyn.

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
(Theil 1 S. 437-438)
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siehe auch Teil 2 Teil 3 Teil 4 und Teil 5

 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Hoffmann_von_Hoffmannswaldau

 

 


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