Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679) - Liebesgedichte

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau



Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
(1616-1679)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Ihr bleichen buhler schwarzer zeit /
Die ihr die nächte zieret /
Und flammen voller lieblichkeit
Durch trübe wolcken führet /
Werfft einen strahl
Von eurem saal /
Und schaut / ob meine schmerzen
Sich gleichen euren kerzen.

Die ganze welt sinckt itzt zur ruh /
Nur meine seuffzer wachen.
Die sonne drückt ihr auge zu /
Mir meines auffzumachen.
Dort euer schein /
Hier meine pein /
Die geben zu verstehen /
Daß sie nicht schlaffen gehen.

Ihr fackeln seyd itzt hochgestellt /
Ich lieg im leid begraben:
Euch rühmt der weite kreyß der welt /
Ich weiß kein lob zu haben.
Ihr kennt kein joch /
Mich drückt es noch /
Ihr könnt die flammen zeigen /
Und ich muß sie verschweigen.

Nun Polydorus bleib allhier /
Und fechte mit gedancken.
Furcht und betrübniß zeigt sich dir
In des gemüthes schrancken.
Diß / was mein geist
Mich hoffen heist /
Vergleicht sich euch ihr sternen /
Es zeigt sich nur von fernen.

Mein sinn ist wie ein grünes land /
Da hoffnungs-blüten prangen /
Die doch des glückes falsche hand
Läst keine frucht erlangen.
Des geistes glut /
Der augen flut /
Der pein in meinem herzen /
Ist mehr als eurer kerzen.

Ich bin ein schiff der liebes-see /
Das wind und wetter plaget /
Dem unglück / hoffnung / furcht und weh /
Durch mast und segel jaget.
Hier zeiget sich
Kein port für mich /
Dieweil ich itzt muß meiden
Den leitstern meiner freuden.

Ich weiß / weil mich die noth bekriegt
An mehr als tausend enden /
Daß Amaranthe ruhig liegt /
In Morpheus süssen händen.
Daß ihre brust
Nicht ohne lust
Wird auff und nieder reisen /
Da mich die thränen speisen.

Ihr sterne lasst das blaue dach /
Und sencket euch hernieder /
Erfüll't ihr kühles schlaffgemach /
Erwecket ihre glieder!
Verschweigt ihr nicht /
Wie meine pflicht
Mehr thränen hier vergossen /
Als sie der lust genossen.

Zeigt ihr / was Polydorus macht /
Der in dem feuer lebet /
Wie alle noth bey ihm erwacht /
Und schrecken um ihn schwebet.
Wie furcht und pein
Hier schwestern seyn /
Und dieses ihn betrübet /
Was er zu treu geliebet.

Rufft ihr in meinem namen zu:
Der Polydorus wachet /
Weil Amaranthe in der ruh
Der süssen träume lachet.
Es scheint / mein herz
Läst solchen schmerz
So reichlich hier entspriessen /
Weil thränen mich begiessen.

Doch glaube / daß die rundte flut
Nicht ohne feuer quillet.
Ich schwere / daß sie geist und blut
Mit tausend flammen füllet.
Wer bey der nacht
Der träume lacht /
Soll diese straff erkennen /
Er soll bey tage brennen.
(Theil 1 S. 381-384)
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Was wiltu Doris machen /
Brich deinen stolzen geist;
Diß was du schönheit heist /
Sind blumen-gleiche sachen /
Die unbeständig sind /
Und fliehen wie der wind.

Es wird auff deinen wangen
Nicht steter frühling seyn.
Es weicht der sternen schein /
Als wie der blumen prangen.
Die zeit so alles bricht /
Schon auch des leibes nicht.

Was ist der schönheit glänzen /
Als ein geschwinder blitz?
Sein zubereiter sitz
Besteht in engen gränzen.
Kein fluß verrauscht so bald /
Als schönheit und gestalt.

Was heute purpur träget /
Und alabaster führt:
Was sich mit rosen ziert /
Wird morgen hingeleget /
Und ruhet ungeacht
In seiner todes-nacht.

Nun Doris lerne kennen /
Was falscher hochmuth sey /
Bleib nicht alleine frey /
Laß deine jugend brennen /
Und laß der liebe glut
Durchwandern herz und blut.

Gebrauche deine schätze /
Weil blut und blüte siegt.
Wann dich die zeit betriegt /
So trennet auch das netze /
So vormahls um dich hieng /
Und manche seele fieng.

So du dich selbst kanst lieben /
So nimm die warnung an /
Die ich dir itzt gethan.
Ich werde mich betrüben /
So diese rose stirbt
Und ohne lust verdirbt.
(Theil 1 S. 385-387)
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Wie lange soll noch meine pein /
Durch dich / o grausame Caliste /
In der verzweifflungs-öden wüste
Ein abgematter pilgrim seyn?
Die zeit verlieret jahr um jahr /
Daß ich nach meinem tod wallfahrte /
Und auff die letztere gefahr /
Als bote / den du schickst / auff deine botschafft warte.

Zwar klag ichs nicht der höhnschen welt /
Ich stille mich mit stillem kummer:
Doch glaube daß ein ieder schlummer
Mir deinen zorn für augen stellt.
Lacht gleich die lippe manches mahl /
Nur fröhlich vor der welt zu scheinen;
Ist doch das herz ein trauer-saal /
Wo die gedancken mich als leiche schon beweinen.

Mein ganzes leben streicht dahin
In meynung bald nicht mehr zu leben:
Und was mir einen trost soll geben /
Spricht: daß ich noch mehr würdig bin.
Ich sterbe täglich ohne todt /
Der kalte schweiß auff meinen wangen
Ist zwar ein vorbot dieser noth:
Nur daß ich noch nicht kan den letzten stoß empfangen.

Ich scheu mich für dem tode nicht /
Nur daurt es mich dich zu verlassen
Und durch das traurige verblassen
Zu meiden deiner augen licht.
Mein leben lieb ich / weil du lebst /
Daß ich in solchem dich kan lieben /
Denn weil du meinen leib begräbst /
Ist weder lust noch scherz der aschen überblieben.

Caliste sey nicht felß und stein /
Soll ich im leben schon verderben?
Was mach ich / wann ich werde sterben?
Ists nicht genug dann todt zu seyn?
Zweymahl zu sterben ist zu viel /
Und zwar dich ewig zu verlieren.
Ich fehl lebendig meinem ziel /
Und in dem tode kan ich gar dich nicht berühren.

Hastu ein herz von fleisch und blut /
So hast du / als ein mensch / empfinden;
Du straffst zu hart so kleine sünden /
Da doch dein zorn was höhers thut /
Der himmel / der dir gnädig ist /
Heist dich nicht unbarmherzig bleiben:
Und weil du selbst ein sünder bist /
Muß keinen übermuth dein unmuth mit mir treiben.

Doch ist mein tod bey dir gemacht /
Wohlan / so schick ich mich zum ende /
Und spreche / daß Calistens hände
Aus grausamkeit mich umgebracht.
Der ich im leben war zu schlecht /
Die würdigt mich doch zu verderben;
Dann mir verbleibet nur das recht:
Durch ihre grausamkeit unschuldig hin zu sterben.

Caliste noch ein einzig wort:
Man soll den sterbenden gewähren /
Was sie zu guter letzt begehren:
Vollbring in deiner schooß den mord.
Dann weil ich einmahl sterben soll /
Ist dir es gleich / wie ich verscheide /
Und ob durch pein / weh oder wohl /
Von schmerzen oder lust ich dieses urtheil leide.
(Theil 1 S. 387-389)
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Niemand weiß wie schwer mirs fällt /
Flammen in der brust zu hegen;
Und dennoch für der welt /
Nichts ans freye licht zu legen.
Feuer läst sich nicht verhelen;
Denn sein glanz ist allzuklar /
Und die glut verliebter seelen
Macht sich selber offenbar.

Hundert augen die von neid
Und von lauter argwohn brennen /
Sind auff mich zu sehn bereit /
Ob sie was vermercken können.
Noch verberg ich meine schmerzen /
Daß man keine funcken sieht /
Da die liebe doch im herzen
Wie ein andrer Aetna glüht.

Dieses ist der liebe kunst /
Amor suchet finsternissen /
Und von seiner stillen brunst /
Muß der helle tag nichts wissen.
Venus bricht mit ihrem sterne
Erst bey dunckler nacht herein /
Daß die zarte jugend lerne
In der liebe heimlich seyn.

Drum gewehne dich mein muth /
Deine flammen zu verschweigen;
Laß von der verborgnen glut
Weder mund noch auge zeugen.
Must du dich gleich etwas zwingen /
Ist gleich die verstellung schwer;
Aus den allerschwersten dingen
Kommt die gröste lust offt her.

Perlen liegen eingeschrenckt
In den harten muschel-häusern.
Wer auff frische rosen denckt /
Sucht sie in den dornen-reisern.
Honig ist nicht ohne bienen.
Wer in Canaan will stehn /
Muß erst in Egypten dienen /
Und durch meer und wüsten gehn.

Vielleicht wird des himmels gunst
Mir das glück noch künfftig gönnen /
Daß die kohlen meiner brunst
Offenbarlich brennen können.
Itzo schreib ich meinem herzen
Diesen wahren denck-spruch ein:
Feuers-glut und liebes-schmerzen
Müssen wohl bewahret seyn.
(Theil 1 S. 389-390)
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Du kennst mein treues herze /
Es liegt ja in deiner hand /
Als meiner liebe treues pfand /
So dich bedient im ernst und scherze.
Kein garten blüht mir ohne dich /
Du schöne blume meiner sinnen /
Wie solte doch mein auge sich
Von dir entfernt ergetzen können?

Kein amber will mir schmecken /
Wann du nicht kanst gefährtin seyn.
Der morgenröthe purpur-schein
Verkehrt sich mir in trübe decken /
Wenn deiner augen sonnen-pracht
Die güldnen strahlen mir entziehen /
Und dieses / was dich englisch macht /
Von meiner seiten denckt zu fliehen.

Ich küsse noch die stunde /
Da ich den ersten liebes-kuß /
Aus keuscher freundschafft überfluß /
Genoß aus deinem zucker-munde:
Das reine siegel / so von dir
Auff meine lippen ward gedrücket /
Hat auch die seele selbst aus mir
In süsse bande hingerücket.

Doch fürcht ich das gelücke /
So nicht beständig farbe hält /
Und mir auff tausend wege stellt /
Braucht gegen mich auch seine tücke;
Mich daucht / daß eine fremde hand
Um deine rosen sich läst spüren /
Und dich / in einen andern stand
Aus meinen augen will entführen.

Mir aber muß belieben /
Was endlich dein belieben heist;
Es scheint / daß mein verstrickter geist
Nach deinem willen wird getrieben.
Dein wohlseyn pflanzt auch meine lust /
Ich acht es über alle schätze /
Ich tadle niemahls was du thust /
Dein willen bleibet mein gesetze.

Denn dir zu widerstreben /
Wär eine höllen-harte schuld /
Ich dencke nur / daß ungedult
Uns wenig wieder weiß zu geben;
Mich stell ich dir gehorsam ein /
Was du begehrst aus mir zu machen /
Doch kanstu auff den rosen seyn /
So muß ich auff den dornen lachen.
(Theil 1 S. 398-399)
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An Calisten

Ich kan mir nicht mehr widerstreben;
Die schönheit flößt mir das gelüsten ein.
Im Paradieß kan keiner leben /
Und ohne fall und fehl-tritt seyn.
Dein Edens-platz / mein kind Caliste /
Zieht meine hand
Auff deinen kreyß der rundten brüste /
Und meinen leib in dein gelobtes land.

Der lenz pflegt uns in herbst zu leiten;
Das jahr läst uns nach blumen früchte sehn:
Laß mich doch auch nach deinen zeiten
In deinen anmuths-garten gehn.
Mein frühling ist ein kuß gewesen /
Laß aus der schooß
Mich endlich reiffe früchte lesen /
Wie in dem stand der unschuld nackt und bloß.

Du kanst den leib mir nicht verschliessen /
Von welchem du mir schon das herz entdeckt.
Laß unsern geist zusammen fliessen /
Weil doch kein kuß ihm selber schmeckt.
Begrabe mich in helffenbeine
Voll fleisch und blut;
Denn werd ich gleich darinn zum steine /
So weiß ich doch / daß es mir sanffte thut.

Eröffne mir das thor zum lande /
Wo zucker rinnt / und wollust tafel hält;
Laß meinen kahn am engen strande
In deine neu-erfundne welt.
Du darffst dich nicht / Caliste / schämen;
Das feigen-blat /
Das Eva für sich muste nehmen /
Zeigt und verdeckt nicht unsre lagerstatt.

Bestraffe mich mit keinem tadel /
Daß deinen schooß mein herze lieb gewinnt;
Denn der magnet forscht mit der nadel /
Biß er den mittel-punct ergründt.
Ein schäfgen weidt in thal und auen /
Wo schatten ist;
Mein herze will das deine schauen;
Drum such ich es / da / wo du offen bist.
(Theil 1 S. 410-411)
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An Melinden

Ich rede nur mit steinen.
Dein stolzes ohre hört mich nicht.
Und deiner augen feurig licht
Will mir nur ewig grausam scheinen.
Kan denn mein nasses thränen-meer
Nicht deines zornes glut abwaschen?
So siehe / wie ich mich verzehr!
Dein heisser augen-blitz verbrennet mich zu asch.

Was zwinget dich / Melinde /
So grausam gegen mir zu seyn?
Verdopple doch nicht meine pein /
Weil ich ohn dem genug empfinde;
Du straffest mich ja gar zu sehr.
Verdienet denn ein treues lieben
Bey dir schon kein erbarmniß mehr;
Wo hast du / schönste / denn die feinde hingeschrieben?

Was wilst du ferner haben?
Begehrst du noch mein blut zu lohn?
Denn meine seele hast du schon /
So nimm es; dir will ichs vergraben.
Wird hierdurch deine lust gestillt /
So will ich mich noch sterbend freuen /
Und also mach ichs wie du wilt;
Doch wo du menschlich bist / so wird mein tod dich reuen.
(Theil 1 S. 415)
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Er ist unglückselig

Ich unglückseliger! warum bin ich gebohren?
Soll ich ein gauckel-spiel der falschen sterne seyn?
Hat das verhängniß denn zum balle mich erkohren?
Schau ich für sonnen-licht blitz und cometen-schein?
Weiß ich von freuden nichts zu sagen?
Macht mich der himmel nur zur wahlstatt vieler plagen?

Ich muß mit kummer-brodt die matte seele speisen;
Das thränen-wasser ist mein muscateller-most.
Ich muß beständiglich durch scharffe disteln reisen;
Die schmerzen sind mein tranck / das unglück meine kost.
Ich muß auff folter-bäncken sitzen /
Und auff den schweren stab des jammers mich nur stützen.

Mein leib ist ein spital / darinn der geist muß krancken;
Ich bin ein ebendbild der bleichen traurigkeit;
Ich schlage mich mit nichts als sorglichen gedancken /
Mit ach und weh verkürz ich meine lebens-zeit;
Ich werde jämmerlich geqvälet /
Weil dem gemüthe ruh / dem blute kühlung fehlet.

Wie vielmahls sitz ich doch betäubt an allen sinnen!
Für schmerzen seh ich offt mit offnen augen nicht.
Verstand und witz ist weg / ich weiß nicht zu beginnen /
Biß daß ein seuffzer mir den dicken nebel bricht.
Und dennoch kan ich weder meinen sachen /
Noch meiner thränen lauff ein tröstlich ende machen.

Ach daß ich einem nur mein leiden könt entdecken!
Vielleicht würd dieses noch ein pflaster vor mich seyn /
Und in den wunden mir was linderung erwecken.
Doch nein! es weiß kein freund mehr rath für meine pein;
Drum soll kein mensch von mir erfahren /
Was für gefehrten sich des unglücks mit mir paaren.

Ich will hinführo nicht mit meinen fesseln klingen.
Denn welcher sclave rührt ohn schmerzen doch sein joch?
Ein stummer seuffzer soll nur nach dem himmel dringen /
Vielleicht erbarmet der sich meiner wunden noch.
Zum himmel sollen meine zähren
Sich ferner zwar still / doch unabläßig kehren.

Es kan doch nirgends hin ein wasser freyer fliessen /
Als an denselben ort / wovon es anfangs kam.
Der himmel martert mich; Drum darff die welt nicht wissen /
Was eigentlich mein leid und meines herzens gram.
Doch will mich iemand noch beklagen /
So schreib er auff mein grab: Hier ruht ein ziel der plagen.
(Theil 1 S. 416-417)
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Ich bin verletzt durch deinen augen-strahl /
Der seinen blitz in meine brust getrieben /
Soll / Lesbia / du ursprung dieser qual /
Vergehen nicht mein herze ganz im lieben;
So halte doch nur einen augenblick
Den strahl zurück.

Wen brennt die nacht der liebes-flamme nicht /
Als die zur glut dem menschen ist erkohren?
Ein ganzes meer lescht nicht ihr schönes licht /
In dessen abgrund Venus ward gebohren /
In wellen schwamm diß schöne ungeheuer /
Und bleibt ein feur.

Mein herz besteht aus wachs und nicht aus eiß /
Ich fühl und seh / wie deine augen blitzen:
Zweyfache glut ist sterblichen zu heiß /
Was wunder / wenn zwo sonnen mich erhitzen /
Die gar der himmel seltner schönheit preist /
Und brennen heist.

Nicht dencke / daß es bloße worte seyn /
Welch herz kan wohl bey deiner glut erkalten?
Du weist / ich bin kein engel und kein stein /
Ich muß des blutes regung lassen walten /
Die GOtt dem menschen schon im paradieß
Ins herze bließ.

Drum zürne nicht ob diesem meinem brand /
Der sich aus deiner augen glut entsponnen /
Es ist / mein kind / ein werck von deiner hand /
Ach! dencke nach und straffe deine sonnen /
Aus welchen dieses feur / so in mir glimmt /
Den ursprung nimmt.

So liebe dann was deine krafft versehrt /
Mein niedrig seyn kan deinen ruhm nicht tilgen /
Die sonne bleibet doch in gleichem werth /
Mahlt gleich ihr gold ein kleeblat nebst den lilgen /
Laß mich bey deinem warmen sonnenschein
Ein kleeblat seyn.
(Theil 1 S. 418-419)
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Soll Solimene meine glut /
Die mir versehret marck und blut /
Ganz ohne deine rettung brennen?
Du äscherst meine brust ja ein /
Mein herze muß entzündet seyn /
Und du wilst keine flammen kennen.

Befrage selbst das heisse licht /
Das aus den hellen augen bricht /
Was feuer es in mir erwecket?
Es schmelzt der seelen hartes eiß /
Und machet Salamander heiß /
Und ich soll seyn unangestecket?

Dein auge hat mich so verführt /
Mich hat dein blitz durchaus gerührt /
Den ich nicht konte sehen kommen /
Ich dachte wolcken anzusehn /
Mit wasser-qvellen umzugehn /
Und bin dadurch der ruh benommen.

Ich kan nicht wider den betrug /
Wer ist bey solchen flammen klug?
Sie können bienen nur vertreiben.
Der mensch / der leichtlich feuer fängt /
Ist wie die motte die sich sengt /
Und doch nicht kan vom feuer bleiben.

Verleugne nicht / was du vollbracht /
Du hast durch feur mich arm gemacht /
Wilstu den mordbrand nicht bekennen?
So wisse doch / daß alle welt
Dir das gerechte urtheil fällt:
Wer andre brennt / muß wieder brennen.
(Theil 1 S. 419-420)
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Geliebte Flavia / mich brennen deine thränen /
Das süsse naß beflammet meinen Geist /
Dein heisser seuffzer macht mir jammer-reiches sehnen /
So mich zu dir mit steiffen banden reist;
Wilstu / o Flavia / daß Criton soll verderben /
So sage nur von deinen todt und sterben.

Es ist noch keine zeit im grabe zu verwesen /
Die jugend steht dir allzuzierlich an /
Du solt noch in der welt die zucker-rosen lesen /
Wo deine hand kein dorn verletzen kan:
Die wollust wird dir tranck aus ihrem becher schicken /
Und selber dich an ihre brüste drücken.

Es soll dich noch zur zeit kein schwarzer boy umschliessen /
Dein tugend-glanz ist etwas bessers werth.
Es wird der himmel dich als seine tochter küssen /
Der deinen mund zu seiner lust begehrt.
Laß einen kleinen sturm dich nicht zu sehr bewegen /
Ein sonnen-strahl kan alles wieder legen.

Erhebe doch nunmehr die flügel deiner sinnen /
Und stöhre selbst den trieb der ungedult /
Laß nicht die thränen-bach um deine wangen rinnen /
Das schöne selbst ist frey von aller schuld.
Was wiltu unverdient es unter wasser setzen?
Die tyranney ist straffens werth zu schätzen.

Soll die verzweiffelung dir deine rosen bleichen /
So um den thau der süssen lippen stehn?
Nichts als jesmin-geruch soll diesen ort bestreichen /
Kein purpur muß von dessen grenzen gehn.
Um diese gegend muß sich lust und anmuth küssen /
Und lieblichkeit dir deine zeit versüssen.

Ach edle Flavia! leg' angst und kummer nieder /
Es speise dich des glückes überfluß /
Zerreiß in freudigkeit die kalten trauer-lieder /
Durch die dein knecht als eiß erstarren muß.
Wer ihm das herze frist / und selbst sein fleisch verzehret /
Der hat für sich zu theure kost begehrt.
(Theil 1 S. 420-421)
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Parthenie / du strenge meiner seelen /
Vor der mein herz in fesseln schacht /
Wie lange soll mein trüber geist sich qvälen /
Den du um seine freyheit bracht?
Wie lange soll ich mich betrüben /
Verschwiegen und mit schmerzen lieben?

Kan ja kein ach in deine seele dringen /
Das göttin dir dein sclave schickt;
So höre doch die schweren fessel klingen /
Wovor der abgrund selbst erschrickt.
Wiltu den diamanten gleichen /
So kan dich nichts als blut erweichen.

So siehe denn hier blut und thränen rinnen /
Das pfand so ich dir liefern kan /
Du wirst es nicht von dir verstossen können /
Der himmel nimmt solch opffer an;
Drum wird ja auch vor deinen augen
Ein himmel-reines opffer taugen.

Es wird die welt dir süssen weyrauch brennen /
Wenn du / o schönstes götter-kind /
Auff deinem thron dich läst barmherzig nennen /
Wenn man von dir genade find /
So wird dein thun den engeln gleichen /
Und dein erbarmen sie erweichen.

Verzeihe mir / o göttin / meine seelen /
Daß sich ein knecht so viel erkühnt /
Und daß ein mensch / mit herzens-angst und qvälen /
Um deine himmels-schönheit dient /
Du gleichst mit deiner pracht der sonnen /
Von der auch staub den schein gewonnen.
(Theil 1 S. 423)
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Flavie schaut meine thränen
Nur als wasser-perlen an /
Und mein seuffzer-reiches sehnen /
So ich doch nicht lassen kan /
Zeigt mir / daß betrügerey
Meiner treu belohnung sey.

Doch kan ich mich nicht erwehren /
Zu verehren / was mich haßt /
Und mich schmerzlich zu verzehren /
Unter einer schweren last;
Denn die liebe liebet pein /
Und heist galle zucker seyn.

Mir gefallen noch die narben /
Die mir hat das joch gedrückt /
Und durch tausend falsche farben /
Wird mein treuer sinn berückt.
Meiner fässel heller klang /
Ist mein bester trost-gesang.

Ich muß itzt zurücke dienen /
Und der sonnen edles licht /
So mir vermahls hat geschienen /
Kennt itzund mein auge nicht.
Die mich ihren engel hieß /
Stöst mich aus dem paradieß.

Flavie lacht meiner schmerzen /
Meine qval ist ihre lust;
Und das joch in meinem herzen
Ist ein kleinod ihrer brust.
Mein verderben ist ihr ziel /
Und mein' angst ihr possen-spiel.

Flavie zu deinen füssen
Leg' ich meine freyheit hin /
Und bin itzt in furcht beflissen
Dir zu opffern geist und sinn;
Doch die mir das herze bricht /
Kennt itzund mein opffer nicht.

Die mir vormahls hat geschworen /
Der werd' ich itzt unbekandt /
Und ich singe tauben ohren /
Man verschleust mir herz und hand /
Was mein irrthum hat gethan /
Ziert itzt ihre sieges-fahn.

Flavie ist das erbarmen
Nicht aus deiner brust verjagt?
Ach so reiche dem die armen /
Den sonst keine schuld verklagt /
Ausser daß er in der welt
Dich allzeit vor göttlich hält.
(Theil 1 S. 425-426)
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Clorinde / kanst du lustig stehen /
Wenn einer rose schönes haupt
Auff ihrem stocke muß vergehen /
Nicht etwa von der faust geraubt /
So sie mit würden könte tragen /
Sie legen auff die schöne brust /
Und mit erfrischtem herzen sagen:
Hier ist ein königreich voll lust.

Nein / nein / du schaust bestürzt darnieder /
Läst tieffe seuffzer von dir gehn /
Das kleinste deiner zarten glieder
Muß in dem trauer-stande stehn;
Wie klagstu über solche sachen /
Die man in allen gärten bricht?
Laß dich dasselbe traurig machen /
So dir ein übel urtheil spricht.

Erkenne dich / und lerne kennen /
Daß / wo itzt blut und blüte siegt /
Wo allerhand begierden brennen /
Einst eine faule wurzel liegt.
Es werden deine zarte wangen
Nicht stetig rosen-stöcke seyn /
Bey ihnen fällt so wohl das prangen /
Als bey der rose zier und schein.

Drum laß mich deine rosen brechen /
Weil hier noch stock und blüte neu /
Ach weine! werd ich selten sprechen /
Das frische graß giebt welckes heu.
Komm / komm / und folge meiner lehre /
Die Venus hat es auch gethan /
Und tausend mehr / was ist die ehre?
Ein kluges nichts / ein blosser wahn.
(Theil 1 S. 431-432)
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Es will die ungerathne zeit /
Daß ich zwey lippen soll verlassen /
Da tugend / lieb und freundlichkeit /
Als treue schwestern sich umfassen /
Wo schöne rosen stehn /
Die auch im winter nicht vergehn.

Ich kan fast nicht von deiner hand /
Den schwachen arm zurücke ziehen /
Ich fühle wie ein strenges band /
Sich mich zu fesseln will bemühen /
Die ohren klingen mir:
Getreue Damon bleibe hier.

Ich kenne meine fehler wohl /
Ich muß die schuldigkeit vermeiden /
Ich weiß daß ich dir folgen soll /
Doch mein verhängniß heist mich scheiden /
Mit einer solchen schuld
Hat auch die ungedult gedult.

Mein geist ist dir genug bekandt /
Du weist ja meine treue sinnen /
Hätt ich dich auff das grüne land /
Wie ich gewünscht / begleiten können /
So sagt ich gar gewiß:
Es ist dein feld mein paradieß.

Doch ist gleich hand und fuß nicht frey /
So weiß mein geist kein band zu nennen /
Er reist der zeiten garn entzwey /
Und wünscht dir freudig nachzurennen;
Mein geist wird dir allein
Viel näher als der schatten seyn.

Der gipffel / so sich itzt bewegt /
Das rauschen / so dein ohr verspüret /
Wird durch der seuffzer trieb erregt /
Die meine matte zunge führet /
Ich weiß / daß iedes blat
Mit meiner noth erbarmniß hat.

Doch schwebt erbarmniß auch um dich /
So brich nicht gänzlich mein gelücke /
Und denck in meiner noth auff mich;
Gib mir ein halbes wort zurücke /
Ein wort so mir beliebt /
Und wieder neue kräffte giebt.
(Theil 1 S. 436-437)
_____



Flora deine rosen-wangen /
Der beseelten liljen-schaar /
Die auff allen gliedern prangen /
Und das gold-geflammte haar /
So mich kräfften-reiche sachen /
So mich dir zum sclaven machen.

Was ein engel schönes heget /
Hat die günstige natur
Dir fast zweyfach beygeleget /
Aber diß beseuffz‘ ich nur /
Daß so ungemeine gaben
Grausamkeit zur schwester haben.

Deiner augen reine kerzen
Sind umsonst nicht schwarz gemacht /
Sie betrauren tausend herzen /
Die ihr blitz hat umgebracht;
Und wer weiß wie lang es währet /
Daß auch mich ihr strahl verzehret.

Darum / angenehme seele /
Spare doch der worte pracht /
Ach verschleuß die purpur-höle /
Denn ein blick hat gleiche macht /
Und wo blicke können tödten /
Da sind worte nicht von nöthen.

Doch ich laß es mir gefallen /
Ob mich deines mundes krafft /
Oder auch die feuer-ballen
Deiner augen hingerafft /
Wenn mich nur vor allen dingen
Flora würdigt umzubringen.
(Theil 1 S. 438-439)
_____



Sclaven schlaffen in den banden /
Nur ich liege sonder ruh;
Meiner hoffnung schiff will stranden /
Und läufft wilden klippen zu /
Denn die flammen deiner liebe
Hegen in sich lauter triebe /
Welcher weg will seyn
Nur stein /
Daß ich mit weh
Dich nur lieb' Arcadie.

Könt ich nur dein auge küssen /
Würd' ich meiner bande loß /
Meine geister solten fliessen
Dir ersterbend auff den schooß;
Denn so wolt ich liljen pflücken /
Und auff deine brüste drücken /
Sagen sonder leid /
erfreut /
Ihr weisser schnee
Gleicht ihr nicht Arcadie.

Ich muß küssen in gedancken /
Ich muß lieben sonder that;
Meiner sinnen circkel wancken /
Weil ich hoffe sonder rath /
Ja mein leben wird verschwinden /
Eh' es die noch wird empfinden /
Die den todt mir bringt /
Und zwingt /
Daß ich vergeh
Verwundt / Arcadie.

Denn die flammen ihrer augen /
Die mein herz in brand gebracht /
Können mir den geist aussaugen /
Daß ich sonder lebens-macht
Muß verlodern in der flammen /
Die sich legt um mich zusammen /
Indem deine gunst
Die brunst
Durch ihre see
Nicht abkühlt / Arcadie.

Deine purpur-rothe wangen /
Die ich doch nicht angerührt /
Haben meinen geist gefangen /
Die ihn sclavisch zugeführt;
Und die liljen deiner brüste /
Deiner lippen süsse lüste /
Machen durch den zwang
Mich kranck /
Daß ich vergeh /
Und dir sterb' / Arcadie.
(Theil 1 S. 439-441)
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Was qvälst du mich Luci'gen in dem schlaffe /
Daß ich vor dir nicht sicher ruhen kan?
Sind etwan mir die träume nur zur straffe?
Dieweil ich dir nicht wachend gnug gethan?
Wie offte muß ich doch im schlaff empfinden /
Was ich mich nie darff wachend unterwinden.

Ich schliesse kaum die matten augen-lieder /
So sehe ich mein kind schon vor mir stehn /
Da deucht mir gleich / als wenn wir hin und wieder /
Durch welt und feld verliebt spazieren gehn;
Es kühlen mich die süssen phantasteyen /
Daß ich mich muß im schlaffe recht erfreuen?

Da darff ich dich zu tausendmahlen küssen /
Mir ist vergönnt die alabaster-brust /
Ich darff auch wohl im traum ein solches wissen /
So wachend mir noch gänzlich unbewust /
Wenn aber ich bin wieder auffgewachet /
So wird die lust mir erst zur qval gemachet.

So muß ich denn des tages über büssen /
Was mich zuvor des nachtes hat erfreut /
Und weiß mein leid mir denn nicht zu versüssen /
Als wenn sich einst das liebe glück erbeut /
Daß ich dir kan die süssen träum erzehlen /
Und wie ich mich so sehr um dich muß qvälen.

Darum / mein kind / verschone mich mit träumen /
Ist deine gunst mir ja wohl zugethan /
So werd ich nie die liebe zeit versäumen /
Wie ich dich in der that bedienen kan /
Viel lieber will ich wachend einmahl küssen /
Als tausend mahl die lust im traum geniessen.
(Theil 1 S. 441-442)
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Sey tausendmahl / o schönstes kind / willkommen /
Luci'gen bist dus oder bist dus nicht?
Wo hat sich denn mein glücke hergenommen /
Daß mir dein licht bey stiller nacht anbricht /
Erwünschtes glück / soll ich denn mit vergnügen
Noch heute / schatz / in deinen armen liegen?

Entweichet nun ihr müden liebes-sorgen!
Ihr findet doch bey mir mehr keinen platz /
Vor sehnt ich mich mit schmerzen nach dem morgen /
Itzt bringt die nacht mir meinen liebsten schatz /
Und läst mir zum vergnügen liebes-raube.
Mein liebstes mädgen / meine turtel-taube.

Ach säume nicht / mein kind / mich zu vergnügen /
Komm her du ausbund aller meiner lust /
Laß mich vergnügt in deinen armen liegen /
Und gönne mir die seiden-weiche brust /
Es stehet schon in deiner hand / mein leben /
Was mir und dir vergnügte lust kan geben.

Nun fühl ich recht das liebende versüssen /
Mein geist ist ausser mir / ich weiß nicht wo /
Wie wird dir doch / mein kind / bey meinen küssen?
Wohl! liebstes kind / es ist mir eben so /
Ich sencke schon die matten augen-lieder /
Vergnügt auff deine zarten brüste nieder.

Wiltu mir nicht / mein kind / noch eins verstatten /
Daß ich dich darff - - - ach kind wo bistu hin /
Wo bleibt die nacht mit ihren dunckeln schatten?
Nun seh ich erst / daß ich betrogen bin /
Ein blasser traum der hat mich dir entzogen /
Und mich zugleich vergnügt und auch betrogen.
(Theil 1 S. 442-443)
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Dorinde soll ich denn verbrennen /
Und gar zu aschen seyn gemacht /
Ich muß dich endlich grausam nennen /
Ob schon dein wesen lieblich lacht;
Theils wilst du schönen rosen gleichen /
Theils auch den nesseln selbst nicht weichen.

Dein auge will magnetisch heissen /
Dein sinn ist gar ein demant-stein /
Dein antlitz will vom feuer gleissen /
Dein herze eyß und eisen seyn /
Dein blick / darff ich dich recht abmahlen /
Hegt was von basilisken-strahlen.

Verzeihe / wo ich was verbreche /
Denn ein verliebter irret leicht /
Wo ich zu harte worte spreche /
Hat deine härte sie gezeugt;
Erwege selbst / ob deine sinnen
Durch einen seuffzer zu gewinnen?

Man schlägt auff einem weichen küssen /
Den härtsten feuerstein entzwey /
Die perle pfleget zu zerfliessen /
Bringt man ihr scharffen eßig bey /
Und meiner thränen heisser regen
Kan dich Dorinde nicht bewegen.

Dorinde habe denn erbarmen /
Und sey nicht meine mörderin /
Was qvält dein schöner grimm mich armen /
Der ich bereits ein schatten bin /
Verwandle doch dein eiß in flammen /
Und schlag mit meiner glut zusammen.

Als göttin will ich dich verehren /
Nimm nur mein herz zum weyrauch an /
Und laß das süsse wort mich hören:
Daß man gehaßte lieben kan;
So wirst du recht der sonne gleichen /
Die schwärzen kan und wieder bleichen.
(Theil 1 S. 443-444)
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Was denckt aus mir der himmel doch zu machen?
Daß aller schmerz auff meinen scheitel fällt;
Daß stete qval und pein bey mir erwachen /
Ich bin allein ein sünder auff der welt?
Ein andrer speist sein herz mit tausend freuden /
Ich ärmster aber muß beständig leiden.

Ach Margaris! du fürstin meiner seelen /
Dein englisch seyn hat meine seel entzündt /
Ich muß die glut in meiner brust verhölen /
Weil auch ein wort offt strenges urtheil findt.
Wenn reines herze brennt von liebes-flammen /
Und mit gedult muß ich die glut verdammen.

Ein sclave der in seinen ketten schmachtet /
Der tauben ohren seine seuffzer schickt /
Der strang und pfahl vor seinen siegs-kranz achtet /
Ist ja vielmehr als leider! ich beglückt:
Denn er darff seine noth noch sterbend zeigen /
Ich aber ach! muß meine pein verschweigen.

Nun Margaris siehstu mich gleich nicht brennen /
Deckt schon die noth mein unberedter mund /
So soltu mich doch in der aschen kennen;
Mein seuffzend herz macht meine liebe kund /
Besing ich stündlich gleich nicht mein betrüben /
So denck / Adon kan leiden / schweigen / lieben.

Es stellt die welt dem irrthum zwar gesetze /
Und dieses ists / was mich bestricket hält /
Führt mich nicht mein verhängniß aus dem netze /
So / daß die hoffnung gleich mit mir verfällt /
So soll mein herz doch glut und flammen hegen /
Biß man mich wird zu meinen vätern legen.
(Theil 1 S. 444-445)
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Die freyheit leg ich dir zu deinen füssen /
Und die vernunfft liegt auch dabey /
Damit nun alles deine sey /
So wird mein ganzer leib dir künfftig dienen müssen /
Denn wer so redlich liebt / und auff dich denckt / wie ich /
Behält gewißlich nichts zum eigenthum vor sich.

Ich weiß / Amanda / dir ein mehrers nicht zu geben /
Ich reiche dir so viel ich kan;
Nimm nur mein herz geneiget an /
Das ohne deinen dienst verschworen hat zu leben /
Schleuß dieses schlechte gut in dein behältniß ein /
Und laß vertrauligkeit desselben siegel seyn.

Du wirst mein sanfftes joch mit reiner seide ziern /
Es wird mich deine schöne hand /
Das atlaß weich- und weisse band
In den beblümten kreyß der wollust-gärte führen.
Mein geist schmeckt allbereit der blumen lieblichkiet /
Damit Amanda mir das schlechte haupt bestreut.

Durch deine höffligkeit / so mit dir ist gebohren /
Und dich / als ihre schwester / liebt /
Wird ja dein sclave nicht betrübt /
Du hast noch keinen freund zum marterthum erkohren
Ich weiß / du wirst mich noch auff rosen heissen stehn /
Und meine sonne mir nicht lassen untergehn.

Wer wollte sich durch dich nicht willig lassen binden /
Das angenehme wunder-licht /
So aus den schönen augen bricht /
Läst nichts als morgenschein und süsse lust empfinden.
Die seuffzer / so allhier das herze fahren läst /
Hat nur der überfluß der anmuth ausgepreßt.

Laß deinen treuen freund in diesen banden sterben /
Komm / drücke mir die augen zu /
Nichts blendet mich so gut / als du.
Und meine freyheit kan nicht grössern ruhm erwerben /
Als wenn / indem dein mund bey ihrer leiche lacht /
Dein leib ihr einen sarg von sammt und rosen macht.
(Theil 1 S. 448-449)
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So soll der purpur deiner lippen
Itzt meiner freyheit bahre seyn?
Soll an den corallinen klippen
Mein mast nur darum lauffen ein /
Daß er an statt dem süssen lande /
Auff deinem schönen munde strande?

Ja / leider! es ist gar kein wunder /
Wenn deiner augen sternend licht /
Das von dem himmel seinen zunder /
Und sonnen von der sonnen bricht /
Sich will bey meinem morrschen nachen
Zu einen schönen irrlicht machen.

Jedoch der schiffbruch wird versüsset /
Weil deines leibes marmel-meer
Der müde mast entzückend grüsset /
Und fährt auff diesem hin und her /
Biß endlich in dem zucker-schlunde
Die geister selbsten gehn zu grunde.

Nun wohl! biß urtheil mag geschehen /
Daß Venus meiner freyheit schatz
In diesen strudel möge drehen /
Wenn nur auff einem kleinen platz /
In deinem schooß durch vieles schwimmen /
Ich kan mit meinem ruder klimmen.

Da will / so bald ich angeländet /
Ich dir ein altar bauen auff /
Mein herze soll dir seyn verpfändet /
Und fettes opffer führen drauff;
Ich selbst will einig mich befleissen /
Dich gött- und priesterin zu heissen.
(Theil 1 S. 449-450)
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Mein herze schmelzt in einer stummen glut /
Kein funcke soll aus meinen adern steigen /
Dem rauche selbst verbeut man sich zu zeigen /
Und schweigen meistert mein erhitztes blut.
Es heist mich die natur ein schönes auge suchen /
Und das gesetze will auff meine regung fluchen.

Soll denn ein kuß / ein unbefleckter scherz /
Ein süsser blick sünd und verbrechen heissen?
Soll ich denn selber mich mir nun entreissen?
Der himmel kennt der menschen sinn und herz.
Lieb ist des himmels kind / es wird ja unsre flammen /
Als dieberey und mord / der himmel nicht verdammen.

Wer ist doch / der sich selbst entmenschen kan?
Wir wissen uns hier nirgends zu verklären /
Des fleisches kan das fleisch sich nicht erwehren /
Die menschlichkeit klebt menschen stündlich an.
Die engel liessen sich im himmel abwerts treiben /
Wie sollen menschen doch auff erden engel bleiben?

Soll Sylvia vor mir verschlossen seyn?
Verbotne frucht ist mehr als doppelt süsse;
Der neben-weg reizt mehrmahls unsre füsse /
Die wollust wächst auch aus gefahr und pein.
Diß ist die süsse nuß / so schwer ist auffzubrechen /
Die rose wird geliebt / ob gleich die dörner stechen.

Ach / Sylvia! Ich weiß nicht / wo ich bin!
Es soll kein mensch mein heisses übel kennen /
Ich armer darff nicht meine kranckheit nennen /
Die richt-sucht nimmt uns blüt und früchte hin.
Getreue Sylvia / hab ich genade funden /
So schau / ach schaue doch! in meine tieffe wunden.

Du kennest ja die galle dieser welt /
Wie iederman des andern fehler zehlet /
Und fremden fall zum zeitvertreib erwehlet /
Und dessen fleck vor seine schmincke hält.
Du must nur dichtes garn zu meiner decke spinnen /
Dadurch die falsche welt nicht leicht wird sehen können.

Es soll alsdenn ein amber-reicher kuß /
Der sich genetzt in moschus und rubinen /
Vor julep uns in dieser hitze dienen.
Wo bleibst du doch / O süsser überfluß!
Ich weiß / die liebe wird zu lachen hier beginnen /
Indem zwey zungen nicht vor liebe reden können.
(Theil 1 S. 450-451)
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Der himmel pflanzet mein gelücke /
Er lacht mich freundlich an durch tausend holde blicke /
Er macht aus winter frühlings-zeit /
Er wirckt mir selber zeug zu einem feyer-kleide /
Ich bin von boy und flohr befreyt /
Und meine wolle wird zur seide.

Ich kan den port itzt recht erreichen /
Und darff nicht um das haupt der leeren hoffnung streichen /
Mein ancker sinckt in süsse ruh /
Dein auge hat mir selbst ein leit-stern werden müssen /
Ja / mein gelobtes land bist du /
Laß mich das vorgebürge küssen.

Schlag doch nicht mehr die augen nieder /
Ist denn mein reiner scherz / Rosette / dir zuwider?
Ich bin dir ja nicht unbekandt /
Du kennest mein gesicht / und auch mein treues herze /
Drum glaube / daß der liebe brand
Sich stärcket zwischen freud und scherze.

Wilst du dich der natur entreissen?
Diß kan die tugend selbst nicht eine tugend heisen /
Das schöne blumwerck deiner brust
Ist nicht vor dich allein auff diese welt gebohren /
Es hat es auch zu meiner lust
Des himmels ausspruch außerkohren.

Du must in dir nicht selbst verwesen /
Laß mich um deinen mund die zucker-rosen lesen
Durch einen unverwehrten kuß /
Laß doch den süssen thau auff meine lippen rinnen /
Daß durch verliebten überfluß
Die geister selbst sich küssen können.
(Theil 1 S. 452-453)
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Lob-rede an das liebwertheste frauen-zimmer

Hochwerthes jungfern-volck / ihr holden anmuths-sonnen /
Ihr auserwehlter schmuck / der hauß und gassen ziert.
Wer ist so steinern / der euch nicht hat lieb gewonnen?
Und welchen habt ihr nicht mit fesseln heimgeführt?
Wer ist so kühn / der darff für eure augen treten /
Wenn ihr die waaren habt der schönheit ausgelegt?
Wer will euch / liebste / nicht als einen Gott anbeten /
Weil ihr das bildnis seyd / das Venus selbst geprägt.
Jedoch ich will nur bloß ein theil von dem berühren /
Mit welchem die natur euch herrlich hat versehn.
Der sinnen schiff soll mich in solche länder führen /
Wo auff der see voll milch nur liebes-winde wehn.
Die brüste sind mein zweck / die schönen marmel-ballen /
Auf welchen Amor ihm ein lust-schloß hat gebaut;
Die durch das athem-spiel sich heben und auch fallen /
Auf die der sonne gold wolriechend ambra thaut.
Sie sind ein paradieß / in welchem äpffel reiffen /
Nach derer süssen kost iedweder Adam lechst /
Zwey felsen / um die stets des Zephirs winde pfeiffen.
Ein garten schöner frucht / wo die vergnügung wächst.
Ein über-irrdisch bild / dem alle opffern müssen.
Ein ausgeputzt altar / für dem die welt sich beugt.
Ein crystallinen qvell / aus welchem ströme flüssen /
Davon die süßigkeit den nectar übersteigt.
Sie sind zwey schwestern / die in einem bette schlaffen /
Davon die eine doch die andre keinmal drückt.
Zwey kammern / welche voll von blancken liebes-waffen /
Aus denen Cypripor die göldnen pfeile schickt.
Sie sind ein zeher leim / woran die sinnen kleben;
Ein feuer / welches macht die kältste herzen warm;
Ein bezoar / der auch entseelten giebt das leben;
Ein solcher schatz / für dem das reichthum selbst ist arm.
Ein kräfftig himmel-brod / das die verliebten schmecken;
Ein alabaster-hauß / so mit rubinen prahlt;
Ein süsser honigseim / den matte seelen lecken;
Ein himmel / wo das heer der liebes-sterne strahlt.
Ein scharff-geschliffen schwerd / das tieffe wunden hauet /
Ein rosen-strauch / der auch im winter rosen bringt.
Ein meer / worauff man der Syrenen kräffte schauet /
Von denen der gesang biß in die seele dringt.
Sie sind ein schnee-gebürg / in welchem funcken glimmen /
Davon der härtste stahl wie weiches wachs zerfleust.
Ein wasser-reicher teich / darinnen fische schwimmen /
Davon sich sattsam ein verliebter magen speist.
Sie sind der jugend lust / und aller kurzweil zunder /
Ein kranz / in welchem man die keuschheits-blume sieht.
Sie kürzen lange zeit / und stifften eitel wunder /
Weil beydes glut und schnee auff ihrem throne blüht.
Sie sind ein runder sarg / wo liebe liegt begraben /
Ein dittrich / welcher auch des herzens grund auffschleust /
Ein ort / in dem nur lust will sitz und wohnstadt haben /
In dessen hölen milch und nectar häuffig fleust.
Zwey fässer / welche sind mit julep-safft erfüllet /
Lockvögel / derer thon ein freyes herze bindt;
Zwey sonnen / welche zwar mit dünnen flor umhüllet /
Doch macht ihr heller blitz die klärsten augen blind.
Sie sind ein zart gewand von schwanen-weisser seide /
Daran man sehen kan / wie ieder faden steht /
Zwey hügel / derer höh' bedecket ist mit kreide /
Zwey fläschgen / denen nie der wollust milch entgeht.
Zwey brünne / da nur stets gesunde wasser quellen /
Und wo die dürre nicht der adern marck aussaugt.
Zwey jäger / welche zahm und wilde thiere fällen /
Wo keines wird verschont / was nur zu fangen taugt.
Zwey schnee-balln / welche doch unmöglich schmelzen können /
Womit das jungfern-volck der männer seelen schmeist.
Zwey aufgestelte garn / und schlingen freyer sinnen /
Aus denen gar kein mensch / wie klug er ist / entreist.
Zwey kräme / wo man huld und freundlichkeit ausleget /
Und wo ein rother mund nur kan der kauffmann seyn.
Zwey körb' / in welchen man bloß marcipan feil träget /
Nach dessen süßigkeit die lippen lechsend schreyn.
Zwey thürme / derer pracht von elffenbein vollführet /
Darauff Cupidens pfeil die wache fleißig hält.
Zwey kleinod / derer glanz der jungfern leiber zieret /
Wenn ihre freundligkeit den männern netze stellt.
Sie sind ein blasebalk / ein feuer auffzufachen /
Das durch kein mittel kan werden ausgelöscht.
Zwey bette / wo rubin und marmel hochzeit machen /
Wo süsse mandel-milch der rosen scharlach wäscht.
Sie sind ein see-compas / der hurtig rudern heisset /
Eh man in hafen der vergnügung wird gebracht.
Ein reiner thron / auff dem der liljen silber gleisset /
Worauff verliebtes volck nur hat zu sitzen macht.
Ein werthes heiligthum / das keusche lippen küssen /
Für dem sich herz und knie in tieffster demuth neigt.
Ein meer / aus dem sich lust und liebligkeit ergiessen /
Ein bergwerck / dessen grund zwey demant-steine zeigt.
Doch niemand lobt den brauch die kugeln zu verdecken /
Darauff man sehen kan / wo lieb- und lust-land liegt.
Ach schönste! glaubet mir / ihr möget sie verstecken /
Ein liebes-auge hat dem allen obgesiegt
Orontes selbst bezeugt / daß kein verbergen nutze /
Der brüste Pharos hat durch zart gewand geleucht.
Er ruht im liebes port ietzt unter ihrem schutze /
Wenn uns ein rauher sturm noch um die segel streicht.
Wol dem nun / der wie er kan so vergnüget leben!
Den so ein weisser schild für wehmuths-wunden schützt!
Der seinem munde kan dergleichen zucker geben /
Der so vergnügt / wie er / im liljen-garten sitzt!
Der so die blumen mag auff weissen wiesen brechen;
Der aus der brüste schacht rubin und demant gräbt.
Der rosen samlen kan ohn einzig dornen-stechen;
Der von der speiß und krafft der süssen äpffel lebt.
Dem so das glücke blüht / den es so bruder nennet /
Dem eine runde brust kan pfühl und polster seyn.
Der in der liebsten schooß mit vollem zügel rennet /
Der seiner Venus so flößt liebes-balsam ein.
(Theil 2 S. 3-6)
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Heyraths-Gedancken

Sol denn die traurigkeit den ganzen geist beschlüssen
Und die gewünschte zeit samt aller lust verflüssen?
Sol denn die einsamkeit / o meisterin der pein!
Des hauses bester schatz / des bettes zierrath seyn?
Nein / nein / es müssen nicht die sehnen müßig liegen /
Es soll das alter hier nicht ohne zeugen siegen.
Es ist gut einsam seyn / wenn schnee das haupt bedeckt /
Ein winter-kaltes eyß uns in den lenden steckt.
Und uns der zeiten zahn die besten adern rühret.
Wer sonnen-heisse glut noch in den sehnen führet /
Der tret in zuversicht ein gleiches wesen an /
So glut zu halten weiß / und glut erregen kan.
Ist doch in dieser stadt noch wohl ein bild zu finden /
So die aus Cypern kan mit schönheit überwinden /
Bey welcher der corall den süssen mund bedeckt /
Ja selbst der sonnen krafft in beyden augen steckt /
Von welcher lippen nichts als amber-tropffen fallen;
So schnee auff ihrer brust vermischet mit corallen.
Und welcher mit verdienst das hohe lob gebührt /
Daß sie den schwanen selbst die farbe hat entführt.
Das ist ein zeitvertreib / so die erwehlen sollen /
Die in der sterbligkeit mit recht verfahren wollen.
Must alles fleisch gepaart in Noens kasten gehn /
Wie will man ungepaart in dieser welt bestehn?
(Theil 2 S. 6)
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Sonnet
Straffe des fürwitzes

Als ich die Lesbie in der kammer fand /
Da sie sich überhin und schläffrig angeleget;
So schaut ich eine brust / die schöner äpffel träget /
Als iemals vorgebracht das reiche morgen-land.
Die brunst zog meinen geist / der fürwitz trieb die hand /
Zu suchen / was sich hier in diesem zirck beweget.
Diß hat der Lesbie so grossen zorn erreget /
Daß sie in höchstem grimm ist gegen mich entbrand;
Sie trieb mich von sich weg / sie stieß mich zu der seiten /
Sie hieß mich unverweilt aus ihren augen schreiten.
Ich sprach / indem sie mich aus ihrer kammer stieß /
Dieweil ich allzukühn und mehr als sichs gebühret /
Die mir verbotne frucht der äpffel angerühret /
So stößt ein engel mich ietzt aus dem paradieß.
(Theil 2 S. 7)
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Auff ihre thränen

Die thränen stehen dir wie perlen im gesichte /
Und fliessen wie crystall durch wangen / mund und brust /
Dein seuffzen halte ich nicht mehr vor ein gedichte /
Was deine seele kränckt / ist meiner wol bewust.
Und hat mir gleich die angst den treuen mund geschlossen /
Den augen und der hand den zügel angelegt /
So schwer ich / daß ich mehr der thränen ausgegossen /
Als unser Oder-strom der klaren tropffen trägt.
Kan beyder thränen-fluth allhier zusammen rinnen /
Komt beyder seuffzer wind verbunden in die lufft /
So wird die Venus selbst ihr schiffen hier beginnen /
Weil sie bey reiner flut auch reiner wind berufft.
(Theil 2 S. 7)
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Frühlings-gedancken

Kom / Cynthia / der frühling tritt heran /
Die blume wil nicht in der knospe bleiben /
Die nachtigal stimmt ihre lieder an /
Und will die zeit mit liebligkeit vertreiben;
Der weinstock weint zum zeugen seiner lust /
Daß Phöbus ihn mit neuen augen grüsset /
Feld / thal und berg schmückt lenden / schooß und brust /
Wenn Flora sie mit buntem munde küsset.
Es rühren sich die kräffte der natur /
So durch den frost vor diesem war verschlossen /
Was adern hat / kommt auff der liebe spur /
Und was der thau des himmels hat begossen.
Cupido reist auff seine laute zu /
Die saiten sind des leibes beste sehnen /
Ich / Cynthia / verliehre trost und ruh /
Bewegen dich nicht meine heisse thränen?
Komm / Cynthia / bewege geist und fuß /
Und komm mit mir in einen schlechten garten /
Der blumen schar empfindet fast verdruß /
So lang auff dich / mein schönes licht / zu warten.
Was noch der frost mit schlechten banden drückt /
Und eine lufft des weissen nordens bindet /
Wird alsobald erlöset und erquickt /
Wenn sich der glanz von deinen sonnen findet /
Trit frölich zu / denck auff die blumen nicht /
Dieselben durch die süsse zu verderben /
Es ist ihr wunsch also seyn zugericht /
Und durch den fuß / der himmlisch ist / zu sterben.
Doch liebest du vielmehr die süsse ruh /
Und bist gesinnt dich in das graß zu setzen /
So läst es dir auch diese freyheit zu /
Wie solte sie das schöne theil verletzen.
So trachte nur / weil erd und himmel lacht /
Die schöne zeit nicht schläfrig zu verliehren.
Erwege doch, was jener sperling macht /
Es will der schalck uns in die schule führen.
Schau was man dort mit jener schmate thut.
Man nimmt den stock und propffet in die krinne /
Es regt in mir sich adern geist und blut /
Komm / daß ich auch dergleichen spiel beginne.
(Theil 2 S. 8-9)
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Klage

Ich weiß nicht was ich thu / ich weiß nicht was ich bin /
Ich weiß nicht ob ich lieb / ich weiß nicht ob ich hasse /
Es will mir / Florida / nicht leichtlich in den sinn /
Daß ich dich lassen soll / indem ich dich umfasse.
Doch lieb ich dich zu sehr / so liebt dich diese nicht /
Die unsern vorsatz kan erhalten und zerbrechen /
Und hassen kan ich nicht mein auge und mein licht /
Viel eher wolt ich mir das herze selbst durchstechen.
Zwey wege sind allhier / und keiner ist nicht gut /
Denn beyde sind geschickt mein hoffen zu zerstören;
Es streiten ietzt in mir so wol vernunfft als blut /
Doch weiß ich nicht was ich am ersten solte hören.
Ich bin ein einsam schiff / das wind und wellen treibt /
So bey dem ruder auch den ancker hat verlohren /
Ich finde keinen port / da mein gelücke bleibt /
Und schlüsse / daß man mich zum leiden hat gebohren.
Diß was mir endlich schärfft die überhäuffte noth
Ist / daß ich / nechst bey dir / dich werde meiden müssen /
Daß mich der hunger plagt immittelst korn und brod /
Und dürrer durst verzehrt bey brunnen und bey flüssen.
(Theil 2 S. 9)
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Florida

Mein schiff treibt lufft und wind / mich treibet lieb und brunst /
Ich muß in Florida den steiffen ancker sencken /
Beseegel ich die see vergebens und umsonst /
Sol ich denn ohne frucht das schwere ruder lencken?
Gold / perlen / helffenbein begehrt mein herze nicht /
Das leere Florida soll mir die augen füllen /
Und ob dem lande gleich der diamant gebricht /
So ist es doch genung mir meine brunst zu stillen.
Da soll mein wohnhauß seyn / da sollen leib und geist
In höchster freundlichkeit zusammen sich ergötzen /
Da will ich / wann und wie es das verhängnüß heist /
Mich in die grosse zahl der todten lassen setzen.
Doch weil so manches schiff auff dieser reise bleibt /
Da alles ist umzirckt mit klippen und mit steinen /
So rufft ich Venus an / daß sie die wellen treibt /
Und vor den steuermann mir sendet ihren kleinen.
Bringt Venus mich an port / und setzet mich ans land /
So will ich täglich mich zu ihrem tempel fügen /
Und ich verspreche ihr mit sinnen / herz und hand /
Daß ich ins künfftig will auff blosser erde liegen.
(Theil 2 S. 10)
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Auff einen kuß

Wie zürnst du Florida so ohne maaß und ziel /
Daß meine zunge hat die gränzen übergangen?
Die schuld ist nicht zu groß / und that sie dir zu viel /
Wie hast du sie denn nicht / wie sies verdient / gefangen?
Doch daß dir kundbar sey / warum ich es gethan /
Daß ich die zunge dir ließ schlund und gaumen lecken /
Ich dachte / weil sie mehr / als billich / plaudern kan /
Sie möchte sonst aus neid mein liebes-spiel entdecken.
(Theil 2 S. 10)
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Auf das Parisische frauenzimmer

Paris verweigert mir fast einen kuß zu schencken.
Kein auge will sich hier auf meine seite lencken /
Das liebliche geschlecht / so reich an flammen ist /
Hat mich zu einem zweck des hasses ausserkiest.
Es denckt die schöne stadt / daß farbe / haut und haare
Bey mir zu wenig sind zu handeln schöne wahre /
Und zwingt daß meine faust wirfft diese worte hin:
Paris verachtet mich / weil ich nicht Paris bin.
(Theil 2 S. 11)
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Auf ihre Augen

Dein auge trägt sich schwarz und führt das bild der nacht /
Dieweil es meinen witz verwegen umbgebracht.
(Theil 2 S. 11)
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Augen / brüste

Was soll ich von deinen augen / und den weissen brüsten sagen?
Jene sind der Venus führer / diese sind ihr sieges-wagen.
(Theil 2 S. 11)
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Ihre hände

Mit der wolle, so die Phillis in den weichen händen führet /
Reibt Cupido seine pfeile / daß sie nicht der rost berühret.
(Theil 2 S. 11)
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Auf ihren mund

Hastu den schönen mund den rosen zugericht /
So pflanz im herzen doch nur auch: vergiß mein nicht.
(Theil 2 S. 12)
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An die Phillis

Der und jener mag vor mir
Das gelobte land ererben;
Laß mich / Phillis / nur bey dir
Auf den hohen hügeln sterben.
(Theil 2 S. 12)
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Sonnet

Ganz traurig / halb entzückt und mit geschränckten füssen /
Saß Sylvius und sprach: Ich fühle todes-macht /
Die so mich in das joch der süssen pein gebracht /
Die weiß ich diesen tag nicht billich zu begrüssen.
Ach daß die stunden nicht wie meine thränen flüssen!
Daß das verhängniß nicht mit mir ein ende macht /
Weil alles über mir in einem nun erwacht /
Und mein verdammtes licht kan keinen trost geniessen.
So saß er und entschlief / die augen fielen zu /
Er war ohn allen trost / er ruht' ohn alle ruh.
Er schlief dem auge nach / es wachten pein und schmerzen /
Ihm stieß ein süsser schall die matten augen auf:
Mein Sylvius getrost und hemme deinen lauf.
Nicht suche Lesbien / sie wohnt in deinem herzen.
(Theil 2 S. 12)
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aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)


siehe auch Teil 1 Teil 2  Teil 4 und Teil 5



 

 


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