Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679) - Liebesgedichte

Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau



Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
(1616-1679)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




Er ist gehorsam

Sol ich in Lybien die löwen-läger stören?
Soll ich in Aetnä schlund entzünden meine hand?
Sol ich dir nackt und bloß ins neuen Zembels strand?
Soll ich der schwarzen see verdorrte leichen mehren?
Sol ich das Lutherthum in den mosqueen lehren?
Sol ich / wenn Eurus tobt, durch der Egypter sand?
Sol ich zu deiner lust erfinden neues land?
Sol ich auf Peters stul Calvin und Bezen ehren?
Sol ich bey Zanziba die jungen drachen fangen?
Sol ich das gelbe Gifft verschlingen von den schlangen?
Dein wille ist mein zweck / ich bin gehorsams voll /
Es höret / geht und folgt dir ohre / fuß und willen /
Was mir dein mund befiehlt / mit freuden zu erfüllen /
Nur muthe mir nicht zu / daß ich dich hassen sol.
(Theil 2 S. 13)
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Auff ihre ohren-gehänge

Zwey cronen zeigten sich an meiner liebsten ohren /
Von westen kam ihr gold / von ost ihr diamant;
Diß alles war vermählt durch eine kluge hand /
Und für die Lesbia zu einem schmuck erkohren.
Ich weis nicht wie mir war gelegenheit gebohren /
Daß ich das götter-bild in einem garten fand /
Alß Flora neben ihr / Pomona vor ihr stand /
So hab ich dieses wort / so diesem folgt / verlohren:
Gecrönte Königin / von mehr als tausend herzen /
Die kräfftig sind entbrannt von deiner augen kerzen /
Du bist des himmels kind / und führst des himmels schein /
Was sag ich Königin? o Göttin! sollen cronen
Die liebes-märtyrer / die du gemacht / belohnen /
So müsten ihrer mehr denn tausend tausend seyn.
(Theil 2 S. 13)
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Er sahe sie über feld gehen

Es gieng die Lesbia in einem schäfer-kleide
Als Hirtin / wie es schien / der seelen / über feld /
Es schaute sie mit lust das auge dieser welt /
Es neigte sich vor ihr das trächtige gedraide;
Es kriegte meine lust auch wieder neue weyde
Von wegen dieser brust / das Venus wache hält;
Der schultern / wo sich zeigt der lieblichkeit behält;
Und dann der schönen schoos / des hafens aller freude.
Ich sprach: ach Lesbia! wie zierlich geht dein fuß /
Daß Juno / wie mich deucht / sich selbst entfärben muß /
Und Phöbus dich zu sehn verjüngt die alte kerze;
Nicht glaube Lesbia / daß du den boden rührst /
Und den geschwinden fuß auf graß und blumen führst /
Es geht ein ieder tritt auf mein verwundtes herze.
(Theil 2 S. 14)
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Sie weinete

Es brach der Lesbie das seufzen durch den mund /
Die rosen hatten hier den liljen weichen müssen.
Man sah der thränen bach auf beyden wangen flüssen /
Ein heisses ach und weh quall aus des herzens grund.
Ich schaute / wie der schmerz in ihren augen stund /
Wie ihre strahlen sich durch angst verdecken liessen /
Es lag die freundlichkeit in ohnmacht zu den füssen /
Und ihr verworren haar that ihre wehmuth kund.
Ich fühlte diese noth auf meine seele dringen /
Es grif die kalte pein auch meine geister an /
Und weil die wehmuth nicht mit freyheit reden kan /
So kont ich endlich nichts als diesen reim erzwingen:
Wie meinen geist belebt der schönen augen schein /
So soll ihr weinen itzt auch meine sündflut seyn.
(Theil 2 S. 14)
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Hat das verhängniß mir den steg zu dir verzehrt /
Kan ich / o Göttin! nicht dein rein altar berühren /
Soll auf dein heiligthum ich keinen finger führen /
So hat mir doch die pflicht noch keine zeit verwehrt.
Mein geist muß opfer seyn / mein herze wird der herd /
Ich thue / was ich kan / und was sich wil gebühren /
Ich weiß / du wirst itzund mehr als genug verspüren /
Was vor ein reiner dampf zu deinem throne fährt.
Ich ehre dich allhier / zwar ohne licht und kerzen /
Durch einen heissen trieb / aus einem reinem herzen /
Die flamme brennet zwar itzt durch verdeckten schein /
Und beug ich keine knie / so beug ich das gemüthe /
Acht wörter rühren mir itzunder mein geblüte:
Die Gottheit wil geehrt / und nicht geschauet seyn.
(Theil 2 S. 15)
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Auff ihre schultern

Ist dieses schnee? nein / nein / schnee kan nicht flammen führen.
Ist dieses helffenbein? bein weiß nicht weis zu seyn.
Ist hier ein glatter schwan? mehr als der schwanen schein /
Ist weiche woll allhier? wie kan sich wolle rühren?
Ist alabaster hie? er wächst nicht bey saphiren /
Ist hier ein liljen-feld? der acker ist zu rein.
Was bist du endlich doch? weil schnee und helffenbein /
Weil alabaster / schwan / und liljen sich verlieren.
Du schaust nun / Lesbie / wie mein geringer mund
Vor deinen schultern weiß kein rechtes wort zu finden /
Doch daß ich nicht zu sehr darf häufen meine sünden /
So macht ein kurzer reim dir mein gemüthe kund:
Muß Atlas und sein hals sich vor dem himmel biegen /
So müssen götter nur auf deinen schultern liegen.
(Theil 2 S. 15)
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Sie nähete ein weisses tuch

Es führte Lesbia in ihrer weissen hand
Ein wunderschönes tuch / dem kreide nicht zu gleichen /
So nur allein will dem schnee der hände weichen /
Weil dieser es beschützt vor ihrer augen brand.
Doch scheint es / wie sich selbst das köstliche gewand
Bloß und allein will von dieser sonne bleichen /
Und muß die nadel gleich durch seine faden streichen /
So wird es doch durch diß ie mehr und mehr bekandt.
O wunderschönes tuch! dir blühet das gelücke /
Ihr auge zieret dich / mich tödten dessen blicke /
Dich macht es lieb und werth / mir hat es haß gebracht /
Dein faden fühlt die stich / ich fühle sie im herzen /
Dir bringt er ehr und ruhm / mir macht er noth und schmerzen /
Dich setzt er an den tag / mich in die todes-nacht.
(Theil 2 S. 16)
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Auff ihre schwarze kleidung

Ich sahe Lesbien umschlossen und umhüllt
Mit kleidung / welche selbst die traurigkeit erfunden /
Es war ein trübes tuch ihr um den schlaff gebunden /
Und ihre stirne war mit wehmuth angefüllt:
Doch hat die traurigkeit das himmel-reine bild
Hier gänzlich abzuthun sich niemahls unterwunden.
Der blitz / so unvermerckt aus diesen nächten quillt /
Vermehret meine brunst fast alle tag und stunden.
Es hat ja Venus selbst sich schöner nicht gezeiget /
Als da sie in dem schoß des trüben Aetnens saß /
Und mit der weissen hand die schwarzen kohlen laß /
Man schaut / wie hell ein stern aus schwarzen wolcken steiget /
Ja selbst die sonne zeigt kein angenehmer licht /
Als wenn sie unvermerckt durch trübe wolcken bricht.
(Theil 2 S. 16)
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Sonnet

Dich Lesbia und mich trug nechst ein geiler wagen /
Gleich als die Cynthia begonnt den lauff der nacht /
Die Flora hat ihn selbst zu ihrem fest erdacht /
Und der verbuhlte gott das holz herbey getragen.
Die farben / so mit fleiß allhier begraben lagen /
Die sagten: Adons blut hat uns hieher gebracht;
Die Venus hatte selbst die esse heiß gemacht /
Als ihn mit gutem stahl ihr krummer mann beschlagen.
Und hat ihn dazumal ein schwarzes tuch umhüllt /
Schwarz störet keinen scherz und stört die liebe nicht /
Man schaut wie mancher stern aus schwarzen wolcken bricht /
Und itzt ein wahrer reim aus schwarzem munde quillt:
Man soll kein wildes pferd nicht ferner mehr bemühen /
Den geilen wagen soll die geile taube ziehen.
(Theil 2 S. 17)
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Er sahe sie zu pferde

Die lange Lesbia / so meine freyheit bindet /
Erkühnte sich nechst hin zu schreiten auf ein pferd.
Trug gleich ihr schöner leib nicht bogen / spieß und schwerdt /
So führte sie doch blitz / der alle welt entzündet.
Ein etwas / so man fühlt und keiner recht ergründet /
Dem kein Bucephalus sich recht und wol erwehrt /
So Alexandern selbst und seinen muth verzehrt /
Macht daß ihr pferd den trieb / der himmlisch ist / empfindet;
Wie wirstu Heldin denn itzund von mir genant /
Der ich das erste mahl durch deine glut entbrant /
Ich / dessen asche noch soll deine wahlstatt zieren.
Reit / reit / Amazonin / getrost durch wald und feld:
Doch wiltu daß dein knecht die sehnen steiff behält /
So mustu / merck es wol / die brüste nicht verlieren.
(Theil 2 S. 17)
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Abriß eines verliebten

Er ist ein krancker / den ein stündlich fieber plaget /
Ein jäger / so allzeit nach einem hirsche jaget /
Ein wetterhan der stets nach einem winde steht /
Ein schif / so ungehemmt nach Cypris hafen geht.
Ein märterer der brunst / den freund und feind belachet /
Ein Morpheus / der ihm selbst bey tage träume machet /
Ein arm gefangner / der seine fessel liebt /
Und seinen hencker ehrt / wenn er ihm streiche giebt.
Ein Aetna / der voll glut / läst flut und ströme fliessen /
Ein hungriger / der bloß will rohes fleisch geniessen /
Ein welt-Sebastian / den Venus schütze trifft /
Ein rechter Adams-sohn / den frauen-hand vergift.
Er wird ein ander kind / läst ernste sachen fahren /
Ein haar / ein altes band / sind seine besten wahren /
Itzt baut er etwas auf / itzt reist ers wieder ein.
Itzt muß Democritus der sitten meister seyn /
Itzt ist er Heraclyt. Das herze / so er führet /
Vergleicht sich dem metall / das ein magnet gerühret.
Sein himmel ist ihr haupt / die erd ist ihre schoos.
Hier ancker seine lust / es wird der erden kloß /
Der überweißte koth / dem himmel vorgesetzet /
Und ist ihr auge mehr als Venus selbst geschätzet,
So wundre ich mich nicht / daß man das weib veracht /
Weil sie die erste pein zu erst hat aufgebracht.
Sein essen ist ein kuß / sein tranck sind heisse thränen /
Die zeit verjaget er mit seuffzen und mit stehnen.
Und wann ihm etwan träumt / wie er die liebste find /
So hat er nichts als luft / und küsset nichts als wind.
Denn träume / buler / wind sind gleiches thuns gesellen;
Sein schlafen darf er nicht nach einem wecker stellen;
Indem die weckerin / so in dem herzen steckt /
Ihn besser als er wünscht aus seinem schlaff erweckt /
Und seinen schmerzen rührt. Zu dornen wird das bette /
Mit denen wachet er im lager in die wette /
Und führt der thränen strom um seine wangen her /
Bald will er aus der welt / bald will er über meer /
Und muß doch wie zuvor in seinem hause bleiben /
Muß lernen / wie sein rath nicht stetig wil bekleiben /
Wie erstlich bulerey und gewölckte nacht
Auf anschlag / aber nicht auf ausschlag ist bedacht:
So läst er ohne ruh sich fremde sachen lencken /
Läst in gesunder haut sich seine schwachheit kräncken /
Liebt nacht und finsterniß bey sonne und bey licht;
Ist wie ein schweres schiff / dem der compas gebricht.
Und daß ich nicht zu viel von einer sache sage /
Die allen ist bekandt als allgemeine plage /
So muß der vorhang weg: das mahlwerck ist vollbracht /
Hier hat der mahler selbst sein ebenbild gemacht.
(Theil 2 S. 70-71)
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Auf eine übersendete nelcke

Du sendest mir das blut von deinem mund und wangen /
Und eine nelcke muß dein theurer bote seyn:
Ich schaue zwar das blut auf weissen feldern prangen;
Doch stellt die wärmde sich hier nicht als nachbar ein.
Die negel ehr ich zwar mit mehr als tausend küssen /
Ich bin dazu verpflicht / sie kommt auß deiner hand;
Doch wil nichts feuchtes mir auf mund und lippen flüssen:
Was geist und wärmde heist / ist ihr ganz unbekandt.
Sie weiß mit honigthau mir nicht den mund zu netzen /
Sie kennt das schmätzeln nicht und diß was züngeln heist /
Sie weiß den purpur nicht auf meinen mund zu setzen /
Ich fühle nicht was mich auf meine lippen beist.
Sie weiß mir meinen mund nicht schlüpfrig aufzuschliessen /
Die feuchte kützelung kennt diese nelcke nicht.
Durch warmes böben kan sie keinen kuß versüssen /
Weil nässe / geist und blut der nelcke stets gebricht.
Doch kömmt die nelcke mir nicht leichtlich aus dem munde /
Ich aber netze sie durch einen heissen kuß.
Ach freundin! wünsch mir doch zeitlich diese stunde /
Da mich entzücken kan dein reicher überfluß.
Es reist mich aus mir selbst ein süsses angedencken /
Was mir vor höflichkeit dein kuß hat angethan.
Du wirst mir einen kuß bey dieser nelcke schencken /
Und zeigen / daß dein mund mehr als die blume kan.
(Theil 2 S. 74-75)
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1.
Laß Sylvia die reine glut /
So mir entzündet geist und blut /
Dich liebste nicht zum zorn bewegen.
Wer kan für deinen augen stehn /
Und unentbrannt von dennen gehn /
Wenn sich des geistes trieb will regen?

2.
Nicht falle doch der meinung bey /
Daß reine liebe sünde sey /
Die GOtt in unser herz geschrieben /
Die selbst sein mund im paradies
In uns mit unserm athem bließ /
Der uns geboten hat zu lieben.

3.
Soll meine liebe sünde seyn /
So wisse / daß dein schöner schein
Zu dieser sünde micht getrieben /
Und glaube / daß die kluge welt
Vor leibliche geschwister hält /
Die schönheit und den trieb zu lieben.

4.
Drum folg ich der natur gebot /
Ich bin kein stein und auch kein gott /
Ich muß in deinen flammen brennen.
Mir ist gefesselt geist und muth /
Drum will ich auch des herzens glut
Vor GOtt und dir nur frey bekennen.

5.
Hier ist mein demuth-volles herz /
So sich verbindt in lieb und schmerz
Mit gleicher andacht dir zu dienen.
Nim Sylvia das opfer hin /
Laß augen-trost in deinem sinn /
Vergiß mein nicht im herzen grünen.

6.
Ich bleibe dein / biß daß mein geist
Aus meinem reinem herzen reist /
Biß man mich wird zur leiche machen.
Laß Sylvia mein tausend-schön /
Mich nur bey deinen rosen stehn /
So will ich aller dornen lachen.
(Theil 2 S. 75-76)
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Auf die bitterkeit der liebe

Die nacht Egyptiens / des Aetna wildes feuer /
Das wüten von der see / der wüsten ungeheuer /
Des drachen gelbes gift / der Garamanten sand /
Des neuen Zemblers eyß / der höllen heisser brand /
Der Scythen haupt-gefahr / der donner-berge grausen /
Des Caucasus verdruß / des norden kaltes sausen /
Ist nur ein schattenwerck und bild derselben qual /
Damit die Venus hat gezieret ihren saal.
(Theil 2 S. 79)
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Cupidinis testament

1.
Cupido lag im krancken bette /
Und stellte sich recht kläglich an /
Als wenn er lust zu sterben hätte /
Es war um alle krafft gethan;
Drum wünscht er wegen seiner sachen /
Ein richtig testament zu machen.

2.
Er schickte nach dem advocaten /
Alsbald kam ein notarius /
Der halff in allen sachen rathen /
Und also fiel indeß ein schluß:
Verlaß ich was nach meinem sterben /
So soll das frauenzimmer erben.

3.
Die lieben jungfern sollen haben
Den überaus verliebten geist /
Auch alle andre leibes-gaben /
Und alles was sonst männlich heist;
Und zwar wie alles steht und liget /
Ich weiß sie sind damit vergnüget.

4.
Den weibern will ich gleichfalls dienen /
Vor die sind meine flügel gut /
Dieweil dergleichen haußrath ihnen
Am allermeisten nöthig thut /
Sie brauchen sie zu flederwischen /
Und zu der männer federpüschen.

5.
Was aber mach ich mit den alten?
Mein letzter stulgang ist zu schlecht:
Gelt! wenn der podex wird erkalten /
Der ist vor alte weiber recht.
Ja ja es soll darbey verbleiben /
Der herr beliebe nur zu schreiben.

6.
Crumpisicus war wohl zu frieden /
Er sprach: der herr thut wohl daran /
Denn so bleibt aller streit vermieden;
Doch ehe diß geschehen kan /
So muß ich sieben zeugen sehen /
Sonst kan kein testament geschehen.

7.
Cupido lag in letzten zügen /
Die zunge ward almählich schwer /
Er sprach aus lauter unvergnügen:
Holt sieben reine jungfern her /
Die noch von keinen männern wissen /
Die sollen dieses werck beschliessen.

8.
Er lieff als wenn er flügel hätte /
Cupiden fiel indeß ein fluß /
Und also starb er auff dem bette /
Zugleich kam auch Crumpisicus;
Und hatt' in vier- und zwanzig stunden
Nicht eine reine jungfer funden.
(Theil 2 S. 264-265)
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An Flavien
Uber einen auf ihrer brust steckenden
Hyacinthen-strauß

Du wilst die weisse brust zu einem garten machen /
Dir trägt das gute land schon Hyacinthen ein.
Doch sol die fruchbarkeit dein Eden stets bewachen;
So laß / o Flavia / mich deinen gärtner seyn.
Ich will dir treu und fleißig mit hand und mund versprechen /
Nimm meine küsse nur statt thau und regens an.
Und wird dein gärtner gleich zuweilen blumen brechen /
So dencke / daß er dir auch blumen pflanzen kan.
(Theil 3 S. 1)
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Antwort-schreiben an die Frau
Gr. A. v. A.

So bald ich dich und deinen einschluß laß /
O werthes blat! von schönster hand geschrieben /
Da wurd ich der / der seiner selbst vergaß /
Weil ich mich sah von der beständig lieben /
Die auf der welt in warheit / in der that
An redlichkeit / an treu / verstand und güte /
An schönem leib / noch schönerem gemüthe /
An tugend selbst / nicht ihres gleichen hat.
Wer bin ich doch und mein verdienst mit mir /
Mich solcher gunst und liebe werth zu schätzen?
Das heist sich selbst zu tief herunter setzen /
Wenn man ein nichts zieht vielem etwas für.
Wer kieselstein vor diamanten kiest /
Wer kohlen gräbt / und läst den goldklump liegen /
Wem kleinigkeit sein grosses wesen ist /
Und kan mit witz sich doch dabey vergnügen:
Den zwingt fürwahr der himmel selbst darzu
Durch ein gerüst von sehr verborgnen stricken /
Das heimlich wirckt / und läst uns keine ruh /
Biß man sich muß in sein verhängniß schicken.
Man fühlt den trieb und merckt doch keinen zwang /
Die reden sind samt ihrer krafft verborgen;
Ein weiß nicht was durch unsichtbaren gang
Verwickelt uns in weiß nicht was für sorgen.
Da hört man nichts von klugen unterscheid /
Da hebt sich auf / was werth und unwerth machet /
Der sitzt im schooß / und jener stirbt vor neid;
Der wird geliebt / ein ander wird verlachet.
Hier seht ihr euch leibhafftig vorgestellt /
Mein ander ich / mein einziges vergnügen /
Ich bin das nichts / ihr mir die ganze welt;
An statt ich solt zu euren füssen liegen /
So liebt ihr mich und zwar mit höchster treu /
Mit reinligkeit den engeln gleich zu schätzen;
Mit keuscher brunst / die immer kan ergetzen /
Und ohne schuld wird alle morgen neu.
Fahrt fort / mein schatz / mein allerhöchstes gut /
Durch dieses band uns ewig zu verbinden /
In meiner brust soll sich kein ende finden /
Das schwer ich euch bey unsrer schönen glut.
So lange sich mein blut in adern regt /
Und meinem leib empfindlichkeit wird geben;
So lange noch mein herz zur lincken schlägt /
So lange seyd auch ihr mein liebstes leben.
Nun fragt euch selbst / ob man dergleichen mann /
Der sich so gar an euch hat übergeben /
Der keine stund ohn euch auch begehrt zu leben /
Auch wie ihr schreibt / zu heftig lieben kan?
(Theil 3 S. 1-2)
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Liebes-schreiben des Leanders an seine Hero

Leander schickt dir diß / was er selbst bringen wolte /
Nichts / schönstes kind / als heyl / wenn lufft und see in ruh /
Wenn nach der götter schluß ich dich auch lieben solte /
So käme dieser brieff nicht deinen händen zu /
Sie sind mir nicht geneigt / weil sie mein wünschen hindern /
Und auch zugleich den lauff auf der bekanten fluht /
Du siehst die schwarze dunst das licht des himmels mindern /
Das kummer-schiff und ich verlieren blut und muht.
Der brieff der ist so frech / wie dieses schiffers sinnen /
Der einzig und allein dem wind die segel gibt /
Abydens wachsam aug verhindert mein beginnen /
Sonst hätt ich gleich wie er mich in dem sturm geübt /
Den eltern kont es nicht wie vor verschwiegen bleiben /
Die liebe tritt hervor / wie sehr man sie bedeckt.
Ich sagte / werther brieff / geh / als ich wolte schreiben /
Es hat die schöne hand / mein lieb / nach dir gestreckt /
Sie wird dich auch vielleicht an ihre lippen drücken /
Indem ihr weisser zahn das feste band zerbeist.
Mehr worte kan ich nicht dir heimlich überschicken /
Weil meine hand das blat genugsam unterweist.
Ach wenn sie doch nicht schrieb und wolte selber  schwimmen /
Und trüge meinen leib durch die erzürnte fluth /
Sie steigt zwar offt aus grimm des tiefen meeres krümmen /
Noch dennoch ist sie auch zu meiner meldung gut.
Der sieben nächte raum scheint über jahr und zeiten /
Seit dem das milde meer vom heissen wasser gischt /
Kein schlaf hat je gewolt mein mattes herz beschreiten /
Ists anders / ey so seys daß sturm auf sturm sich mischt.
Ich sitz auf einem felß und seh an dein gestade /
Wohin der leib nicht kömmt / kommt doch die seele hin /
Ich seh auch von dem thurn die lichter voller gnade /
Und seh' ich sie gleich nicht / so liegt mirs doch im sinn.
Ich habe dreymahl mich auf dürrem sand entkleidet /
Ich habe dreymahl nackt der reise müh versucht /
Das meer hat alle schuld / das mein verlangen scheidet /
Der mund / so wassers voll / ermante mich zur flucht.
Nur du / du ungeheuer von allen grausam winden /
Fingst gleichsam einen krieg verwegen mit mir an.
Du kanst zwar volck und flucht / doch nicht mein herze binden /
Zudem so hast du mir die lieb in bann gethan.
Du bist zwar kalter art / doch must du selbst bekennen /
Daß Oritus je dich in liebes-glut entzündt /
Du wilst / das niemand soll dir deinen paß verrennen /
Den dir die freye lufft dein lieb' zu rauben gönt.
Drüm schone meiner auch / und gib ein lindes wehen /
So muß Hippotades dir auch gelinde seyn.
Doch bitt ich nur umsonst! er stürmt und stört mein flehen /
Und mehret mit dem grimm der wellen meine pein.
Ach! wären Dädali / und seines Icars flügel
So nahe wie das meer / das sich von ihm benennt!
Ich führte meinen leib biß an die sternen-hügel /
Dein leib / der schwimmend offt die fluten hat getrennt,
Indes weil wind und well mir hülff und trost versagen /
Bedenck ich offtermahls des erstn beyschlafs lust.
Man lag im ersten schlaff ( dis dencken hemmt mein klagen )
Als ich den buler-weg zu erste treten must.
Ich säumte mich nicht lang / als muth und kleider fielen /
Von herz und leib hinweg / begab ich mich ins meer.
Ich sahe vor mir her Dianens Silber spielen /
Die gab mir das geleit mit ihrem sternen-heer.
Ich sahe sie und sprach: Laß göttin dies gelingen /
Und bilde deinen sinn des Cadmus hölen ein.
Es läst Endymian dein herz nicht stahl umbringen /
Drum laß mein bulen dir doch nicht zu wider seyn.
Du göttin hast ein mensch / das sterblich war / erkohren /
Und mein erkorner schatz ist selbst ein göttlich bild /
Und ihre sitten hat ein himmlisch herz geboren /
Göttinen haben sich in ihre zier verhüllt.
Nechst Cyprien und dir ist keine / die ihr gleichet /
Trau nicht auf meine wort und schau sie selbsten an.
Gleichwie der sternen heer in seiner glut verbleichet /
Wenn dein versilbert horn betrifft des himmels bahn /
So ist auch sie / mein licht / die schönste unter allen /
Und wo du zweiflen wirst / so irrt dein blinder schein.
Dis red ich / und was mehr dergleichen kan gefallen /
Als ich im wasser selbst mein träger muste seyn.
Es schiene lunens bild in den gewölbten wogen /
Und war ein steter glanz zu sehn bey stiller nacht.
Auch kam kein einig schall zu dem gehör geflogen /
Als wenn der leib die fluht des wassers murmeln macht /
Nur die Alciones gedachten ihres treuen /
Und sungen / dauchte mich / ein süsses trauer-weh /
Und da die schultern mir nicht kräffte wolten leihen /
So drang mit starcker macht der leib doch in die höh /
Ich sah ein licht / und sprach: dort ist es / was mich feuert /
An jenem ufer wohnt mein licht und werther schein.
Da wurden alsobald die kräffte mir erneuert /
Und dauchte mich die fluht des meeres linder seyn.
Damit der leib auch nicht die kälte fühlen könte /
So muste mir darvon die glut der liebe stehn /
Je mehr ich auch dem strand zu nahen mich begunte /
Und sich die bahn verkürzt / je weiter wolt ich gehn.
Ich wurde kaum gesehn / so wuchs mir muth und sinnen /
Dein auge goß dem leib erneurte kräffte ein:
Ich wolt im schwimmen auch der liebsten gunst gewinnen /
Mein arm der lenckte sich nach deiner augen schein /
Die alte ließ dich nicht gern biß ans ufer steigen /
Ich hab es selbst gesehn und habe dir getraut /
Du schlost mich in den arm / mich auch in deine küsse /
Die götter übers meer zu locken kräfftig seyn.
Du machst dich selber nackt / daß mich nicht friren müsse /
Du hülst mein nasses haar in deinen hauptschleyer ein /
Das andre weiß die nacht / der turm und wir verlibte /
Und denn auch dieses licht / das mir zum ersten schein.
Die freude zehlt man nicht / so unsre lust verübte /
Gleichwie der Hellespont nicht seines schilffes blühn.
Je schneller zeit und raum bey unser lust verflossen /
So ward doch selbe nicht mit müßiggang verbracht.
Es hatte Lucifer den himmel aufgeschlossen /
Und aus des Titans bett Aurora sich gemacht.
Wir häuffen kuß auf kuß / eilfertig und verstolen /
Und klagen / daß die nacht so enge stunden hat.
Als mir die alte drauf den abschied anbefohlen /
So sucht ich vor dem thurm das kalte meer-gestad /
Wir schieden thränen-voll / ich sehe stets zurücke /
So lang ich meinen stern die liebst erblicken mag.
So offt ich zu dir schwim / erheb ich mein gelücke /
Und wenn ich rückwerts kehr / ist schiffbruch meine klag /
Lieb / glaub es sicherlich / der weg zu dir ist eben /
Der heimweg wird ein berg von aufgeschwolner fluht /
Ich kan und wil nicht mehr im vaterlande leben /
In meiner eignen stadt verschwind mir geist und blut /
Die seelen so vereint / zerteilt die schnöde welle /
Ein boden / ein gemüth versagt zwey leibern platz.
Ich schencke dir Abyd gib mir des Sestos stelle /
Mein land das ist ja dein / und deines meines schatz.
Warum werd ich betrübt / wenn sich der abgrund trübet?
Was darff der leichte wind mir säumsal streuen ein?
Es wissen die Delphin / wie brünstig wir geliebet /
Ich kan den fischen auch so unbekant nicht seyn.
Man siht jetzt schon die fahrt / wo ich bin durch geschwommen /
Nicht anders wie das rad den weg zu zeichnen pflegt.
Ich klagte / daß ich nicht solt öffters zu dir kommen /
Nun ist mir durch den wind auch diese bahn gelegt.
Das Athamantis meer soll grau von wellen scheinen /
Es habe nicht ein schiff an seinem fuhrt bestand.
Hier dieses kan sich wohl mit jenes toben reimen /
Weil hier ein jungfern bild ihr nasses grabmahl fand.
Der ort ist sehr beschryn / daß helle hier ersoffen /
Ich bitte / daß es mir nicht auch dergleichen thut.
Und neyde fast den Phryx / den solches glück betroffen /
Daß ihn ein goldnes schaf getragen durch die fluth.
Ich wil kein vieh noch schiff / nur daß ich in den krümmen
Mit meines leibes macht zertrenne fluth und bahn.
Ich brauch auch keiner kunst; ist mir vergönt zu schwimmen/
So fahr / und führ ich mich / und werd auch selbst der kahn.
Mich sol nicht Helice noch Arctus fackel führen /
Weil unser liebe nur gemeiner sterne lacht /
Der mag Andromeden und auch die cron berühren /
Ja gar die Parrhasis / die stät kälte macht.
Ob Zeus / ob Liber und der Perseus je geliebet /
So ists doch nicht genung / daß sie mein leitstern seyn.
Es ist ein ander licht / das mir die richtschnur gibet /
Denn mitten in der nacht brennt sein gewünschter schein.
So bald ich dieses seh / wolt ich nach Colchos reisen /
Und wo des Argo schiff zuvor den weg gesucht.
Im schwimmen würd ich mich für den Balänen weisen /
Und dem der göttlich schien / durch eines krautes frucht.
Die armen sind offt matt von embsigen bewegen /
Des wassers starcke macht ermüdet ihre krafft.
Doch sollen sie sich nur um meine liebste legen /
So suchen sie den lohn / den müh und arbeit schafft.
Du bist zwar würdig in dem himmel stets zu schweben /
Nur / schöne / wohne noch auf unserm erden-creyß /
Wo nicht / so must du mir gewisse nachricht geben /
Wie ich in gleicher eyl zu dir in himmel reiß.
Ach aber du bist hier / und sehe dich doch selten /
Mein herz wird mit der see von stetem stürmen tol.
Ob mich kein weites meer entfernt / was sol es gelten /
Das enge wasser ist gekrümter würbel voll.
Ich möchte nicht am end der welt die liebste wissen /
Und daß ich so zertheilt in meiner hoffnung wär.
Ich muß in schmelzend wachs / wenn ich ihr nach / zerflüssen
Und kömmt sie selber nicht / so trit die liebe her /
Ich kan fast mit der hand als nachbar sie ergreiffen /
Und das drückt meinem aug unzehlich thränen aus.
Mein wollen gleicht mit dem / so hungrig äpffel reiffen /
Und niemahls seine sieht / der durstig bey dem schmauß.
Soll ohn wellen gunst ich niemals dich besitzen?
Macht mich in meiner brunst kein winter so beglückt?
So soll mir well und wind zu meiner hoffnung nützen /
Wiewohl sich well und wind nur zum betrüben schickt.
Der sommer ist noch dar / wie wann der Plejas sterne /
Der Bär und Ziegen-schein verderben see und flucht.
Ich ganz verwegner mensch darf ohne nacht-laterne
Dem meere mich vertraun / gereitzt von heisser glut.
Und daß du nachgedenckst / wie ich allein verspreche /
Was künfftig ist / so sol mein wort im wercke seyn.
Gesetzt / daß auch der sturm die leichten segel schwäche /
Ich lege meinen leib dem zorn der wellen ein:
Entweder glück und heyl muß mich verwegnen segnen /
Wo nicht / so schleust der todt die kummerhaffte brunst.
Geschichts / so wünsch ich dir / daß dir mein leib begegnen
In deinem hafen mag / und spüren huld und gunst.
Dein tränend auge wird die nasse leichen zieren /
Und sagen ach! ich bin die ursach solcher pein /
Dir wird mein untergang das treue herze rühren /
Der inhalt dieses briefs wird dir verdrüßlich seyn.
Nur klage weiter nicht / besenftige die wellen
Vielmehr mit einem wundsch / der sich dem meinem gleicht;
Erbiet ein wenig ruh / biß ich mich ein kan stellen /
Denn tobe wind und fluth / wenn ich dich nur erreicht.
Hier wird mein müdes schiff verlangte ruhstad finden /
An meinem wasser steht mein leichter kahn so fest.
Hier mag mich Boreas mit seinen ketten binden /
Spilt doch auf deiner brust / schatz / dein verliebter west /
Zum schwimmen werd ich träg / und theils behutsam werden /
Nicht der verstockten fluth zu fluchen / wie vorhin.
Vor welle / sturm und see erkieß ich nur die erden /
Da du / und ich von dir in arm geschlossen bin.
Die ursach hält mich auf / und wils der winter leiden /
So laß ich ehster zeit des leibes ruder gehn /
Du sende mir dein licht / den leitstern meiner freuden /
Befiel daß die latern muß auf dem turme stehn.
Indessen sol mein brief nachtlager bey dir bitten /
Laß schönste diesen gast dir nicht zu wider seyn /
Ich wünsche / wenn verzug und säumnis abgeschnitten /
Persönlich / liebstes kind / bey dir zu kehren ein.
(Theil 3 S. 46-52)
_____



Der verlassene Liebhaber

1.
Meiner hoffnung blum' ist hin /
Meine blüthen sind erfroren /
Weil ich ganz verlassen bin.
Und mein eigen herz verlohren /
Das sich vor zu der gelenckt /
Die es itzt mit sich verschenckt.

2.
Strenger himmel! hat dein spruch
Wider mich so hart getobet?
Wird dein segen mir zum fluch?
Schelt' ich / was ich vor gelobet?
Muß der vormals süsse schein
Itzund gall und eßig seyn?

3.
Trägt ein fremder dieses ein /
Was ich ehmals ausgesäet?
Wird die frucht von meiner pein
Nicht von mir selbst abgemähet?
Wird diß / was ich selbst gesteckt /
Durch ein' andre hand befleckt?

4.
Fällt mein kranz von meinem haupt /
Wird mein lachen nichts als weinen /
Wird / wie ich bißher geglaubt /
Meine sonne nicht mehr scheinen?
Wird / wo ich mich eh verbarg /
Meiner liebsten schos / mein sarg?

5.
O! so sey nunmehr vergnügt /
Strenger himmel sey zufrieden /
Dieser sturm / der mich besigt /
Hat mich selbst von mir geschieden /
Und ich fühle / was mich schmerzt /
Daß ich alle ruh verscherzt.

6.
Sey zufrieden / dieser geist /
Der itzt diese welt gesegnet /
Thut / was ihn dein ausspruch heist /
Der ihm allzeit hart begegnet.
Sey zufrieden! dieser streich
Machet mich den leichen gleich.

7.
Süsse laute / vor mein trost /
Brich in zweymahl tausend stücke /
Weil mein stern zu sehr erbost /
Geb ich dir und meinem glücke /
Das mich hoffnungs-reich gemacht /
Itzt auf ewig gute nacht.

8.
Hei'ger Phöbus / dem ich oft
Meiner schmerzen last geklaget /
Dem ich / was mein geist gehoft /
Was mein herz mir vorgesaget /
Was vor träume mich erschreckt /
Durch ein traurig lied entdeckt.

9.
Nim den grünen lorbeer-kranz /
Den du um mein haupt gewunden /
Als ich bey der musen tanz
Im Parnaß mich eingefunden /
Nimm ihn wieder von mir an /
Weil ich nicht mehr singen kan.

10.
Statt' der laute hör ich hier
Düstre todten-eulen heulen /
Schwarzer flor ist mein papir /
Thränen sind die blassen zeilen /
Da ich lese / wenn es blitzt:
Amaranthe haßt dich itzt.

11.
Amaranthe haßt mich itzt /
Amaranthe vor mein leben /
Ach ihr Götter / wo ihr sitzt /
Habt ihr mich so übergeben?
Seht ihr den / der nichts gethan /
Mit so harten strafen an?

12.
Amaranthe / die ich nicht
Obgleich untreu hassen werde /
Scheine noch mit deinem licht /
Aendre meinen sitz die erde /
Wirff noch einmal einen strahl
Hier auf diesen todten-saal.

13.
Thyrsis / der bey tag und nacht
Mehr vor dein' als seine heerden
Mit dem größten fleiß gewacht /
Muß den todten ähnlich werden;
Thyrsis / der dir gar zu treu /
Trägt vor seinem leben scheu.

14.
Er verlangt zuletzt von dir
Nicht ein heisses liebes-sehnen /
Nicht ein denckmal von Porphyr /
Sondern nur ein wenig thränen.
Streu dem / den sein ende ruft /
Was von blumen auf die gruft.

15.
Lebe wol / weil Polydor
Unter deinem schatten lieget /
Der mit dem / was ich verlohr /
Seiner flammen brunst vergnüget:
Nimm ihn mehr / als mich / in acht /
Amaranthe / gute nacht.
(Theil 3 S. 76-79)
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Auff ihre Schönheit

Der himmel hat dich lieb / und die natur noch lieber /
Die pflanzet dem gesicht die schönsten rosen ein;
Die / wenn des herbstes wind zieht noch so offt darüber /
Dennoch in steter blüth' und voll vergnügung seyn.
Die nelcken blühen stets auff dem zinnober-munde /
Der stets umstreuet ist mit weisser liljen-schnee:
Der schönste bisam steigt aus deinem liebes-grunde:
Vergieß mein nicht steht da / wo ich vergessen steh.
Narcissen blühen stets auff deinen schönen händen:
Der liebreiz lässet sich auff allen Gliedern sehn:
Ja frag' ich Floren selbst / so wil sie dies einwenden:
Du seyst noch tausendmahl so schön / als tausend schön.
(Theil 4 S. 9)
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Roselinde und Sophronile beklagen
ihren einsamen zustand

Man weiß nicht was man wil / und wil nicht was man weiß
Der sinnen uhrwerck wil verwirret in uns gehen /
Der erden sanffte bahn ist spiegel-glattes eis /
Da auch ein amboß nicht kan ohne gleiten stehen.
Was hilfft uns wohl für rath? soll denn das bittre ziel
Der faulen einsamkeit noch länger uns umschlingen?
Treibt das verhängnüß denn mit uns nur possenspiel /
Daß frische bäume auch fast todte Knospen bringen?
Der glatte männer-mund schwatzt prächtig uns was vor /
Und Roselinde solls mit Sophronillen glauben /
Doch gönnt man ihnen nur das auge / nicht das ohr /
Und setzt zum gegensatz auff schrauben wieder schrauben.
Des himmels reiche gunst macht unsern glanz berühmt /
Der worte schmincke schminckt umsonst die reinen glieder;
Der Jahre Frühling ists / der geist und leib beblühmt /
Dafür das alterthum den morschen leib legt nieder /
Der Türckis pralt um uns: die Perl beperlt die Brust:
Die lippen gleichen sich verzuckerten Corallen:
Und der beschneite hals erwecket eine lust /
Die auch den Göttern selbst vor andern muß gefallen:
Hier zeigt der zähne pracht das reine Helffenbein:
Vergoldte Faden sind auff unserm haupt die haare:
Der stirne breites feld trägt weissen Marmelstein:
Rubinen-schmuck beschmückt der brüste theure waare:
Die adern sind voll treu / nicht minder als voll blutt:
Es blitzt der augenblitz: die holden wangen lachen:
Die wangen ohne falsch / auff denen Schnee und glutt
Mit keuschen freundlich-seyn zusammen hochzeit machen.
Was aber sagen wir von hochzeit machen viel?
Was nutzt der Rosen haubt wenn seine blätter fallen?
Was dient dem lichte licht? der scheibe selbst ein ziel?
Was nützen ungepflückt den bäumen die Corallen?
Was ist es / daß an uns gestalt und alter blüht?
Wenn herz mit herzen sich nicht wollen liebend gatten /
Die schönheit singt beherzt so selbst ihr sterbelied /
Und weiset / daß sie sey der wollust dürrer schatten.
Ein feuer-stein giebt feur wenn man ihn härter reibt;
Der Männer lieben ist nur liebeln und nicht lieben /
Die liebe wird entzündt / wenn liebe liebe treibt /
Hingegen ist ein rauch das lieben ohne üben.
Soll denn der adern quell / der glieder Perlen-schein
Durch falscher Männer treu sich so erbärmlich schwächen?
Soll auch der lippen safft nur Schlangen-speise seyn?
Und unsrer schönheit glanz wie schimmernd glaß zerbrechen?
Ist unsre wollen-hand nicht eines kusses werth?
Sind denn die Augen nicht des haubtes haubt Crystallen?
Wie ist denn dero preiß so plötzlich umgekehrt?
Daß auch der helle tag dem tage wil entfallen?
Die palmen unsrer treu sind itzt noch unbefleckt /
Und unsrer tugend wil sich gar niemand erbarmen /
Wo bleiche einsamkeit noch ferner uns bedeckt /
So muß der warme leib den kalten tod umbarmen.
Der stolze hahn hat kaum des nachts zweymahl gekreht /
Da hitzen manches paar schon keusch erhitzte küsse;
Und ärmsten ach! wird nur kein mund zum mund gedreht /
Und schlieffen immermehr wir beyde noch so süsse.
Das stille einsam seyn das foltert unsern Sinn /
Es bringet solche zeit nichts als ein täglich sterben /
Wir werffen das gelück' in glückstopf immerhin /
Und können doch nicht draus errettung uns erwerben.
Wenn öhl und pflaster nicht das brandmal heilen kan /
Wo nicht die linde hand den schaden kan gewinnen /
So muß alsdenn der Arzt sein messer setzen an /
Doch lobt die Tugend nicht solch euserstes beginnen;
Die Gränz ist der Natur / der See ihr ziel gesteckt:
Wir müssen ebenfals den liebes-circkel leiden /
Und unser ehren-ruhm wird nicht dadurch befleckt:
Was das gebuhrts-gestirn durch GOttes rath bescheiden.
(Theil 4 S. 9-12)
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Trost auff Roselindens und Sophronillens Klage

Ihr rosen-kinder ihr / ihr sonnen tag und nacht /
Wie daß die brüste so mit kurzem Athem spielen?
Was wird durch diese wolck für wetter euch gebracht
Daß sich eur herze muß mit nassen seuffzern kühlen?
Die kranckheit geht nicht bald / nur mit der zeit hinweg /
Auch kan der himmel eh / als ihr vermeint / sie mehren /
So brennt die einsamkeit / auch keinen ehrenfleck /
Nichts wird den rautenkranz der tugend euch versehren.
Geduld / vernunfft und zeit schafft endlich hüllf und rath;
So nehmet nun in acht den zustand eures standes /
Denn wenn vernunfft und zeit den regiments-stab hat /
So ist die Hoffnung auch die salbe dieses brandes.
Der lichte Donnerstrahl versehrt / was nachgibt / nicht /
Schlägt von dem Pappelstamm gar nicht die weichen splitter
Da er das harte holz der Eichen bald zerbricht:
Also zermalmt das glück auch steinerne gemütter.
Ein wächsern herze bleibt von allem sturme frey.
So last nun fallen auch die Seegel steiffer Sinnen /
Und dencket daß vor euch noch endlich glücke sey /
Womit ihr gunst mit gunst könnt iedem abgewinnen.
Schaut! wie die blumen doch auff euren wangen blühn:
Schaut! mit was strahlen auch die augen-sterne spielen:
Schaut! wie die lippen sich bepurpern mit Rubin /
Wie lassen sie an sich ein anmuths-zeichen fühlen!
Es künstelt keine kunst was euren gaben bey /
Es leuchten noch vielmehr der tugend helle flammen
Und weisen rein und klar / was schöne schönheit sey /
Worinnen witz und blitz vermählet sind zusammen.
Ihr sagt: der Männer mund sey voll und glatt von list;
Ihr meinet aber nur ein schlecht geschlacht gemütte /
Das sich der buttermilch gleicht / die gesattelt ist /
Nicht aber von natur ein tugendreich geblütte.
Ganz unrecht zeihet ihr die Männer falscher treu /
Und seht ihr lieben an von liebeln und nicht lieben?
Ach! nein / ihr irret sehr / die Männer haben scheu /
Und woll'n durch leichten schein mit nichten euch betrüben.
Man weiß es allzuwohl daß keine wörterpracht /
Noch stolzes aussenwerck kan euer herze binden /
Wenn nicht ein treues herz' und hand das bündnüß macht /
So kan kein herze nicht die herzen überwinden.
Eur Athem ist ja recht ein angebisamt Wind /
Der ganze Schmuck der ist ein liebreiz der Gebehrden /
Den kein beherzter Muth nicht ohne brand empfindt /
So daß ein Stein und wachs und eiß muß Schwefel werden.
Eur wollichts haar entfärbt der Morgen-Röthe licht /
Es ist daß süsse werck fast allem vorzusetzen
Wenn euer Rosen-Mund beliebte reden spricht /
Drum hat ein Mann gar wohl dies Kleinod hochzuschätzen.
Ihr seid ein Paradieß der reinen liebes-lust:
Soll trübe Einsamkeit euch solches denn beschämen?
Soll der Zinnober nicht mehr mahlen eure Brust?
Soll eur benelckter Mund im Grabe blumen sämen?
Nein: euch ist ohne dieß so gar nicht unbekant
Das weltbekannte thun / was wolt ihr dieses scheuen /
Was kühne wird verübt durch dies und jenes Land /
Und euch die Träume auch stets in die Sinnen streuen.
Wie herrlich ist doch wohl der Ehe Ehren-stand
Wenn ein gepaartes Paar zusammen kan erwarmen /
Wenn Mund mit Munde scherzt: das Herz wird angebrant;
Und sich satt heben kan aus eines andern Armen.
Ein Mensch kan in der Welt nicht mehr vergnüget seyn
Als wenn auf zarter Schooß ihm lachen seine Glieder /
Wenn er die süsse Frucht des Sieges erndtet ein /
Und kriegt auf Honigküß candirte Küsse wieder.
Hier kan er auff gewinn erhalten seinen Sieg /
Kan mit erhitzem Mund ganz schön zusammen spielen /
Hier ist der Würffelpasch / ein treppel und ein pick /
Hier ist der Regelplatz / hier Peilcke / hier sind Mühlen /
Hier suchet er das bret / ihm' ist nicht unbekant
Das lortschen / und wie man die schöne dame ziehet /
Der letzte Stein gewinnt / und ist die gröste Lust
Wenn man so ämbsig sicht umb gute Mäulgen mühet.
Doch wird solch Spielen nicht wie blinde Kuh gesucht /
Des Himmels freyheit läst dem Spieler freien willen /
Der Liebe Spiel bringt nur zu rechter Zeit die Frucht /
Was das verhängnüß schleust muß erst der Mensch erfüllen.
(Theil 4 S. 12-14)
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An die Amaranthe / als er ihr sein
Bildnüß überschickte

Mein bildnüß hastu hier auf dünnes glaß geleget /
Es scheint daß zwischen glaß und mensch verwandschafft sey /
Denn die gebrechlichkeit ist beyden eingepräget /
Sie seyn von dem verderb fast keine stunde frey.
So bald ein glaß zerbricht / kan auch ein mensch vergehen /
Das glaß zerbricht der mensch / den menschen GOttes hand /
Es können beyde nicht die länge recht bestehen /
Ihr end und anfang ist fast nichts als asch und sand.
Zubricht das glas nicht ganz / so kriegt es schnöde flecken /
Läufft von dem wetter an / und wird sehr ungestalt;
So will die kranckheit uns offt allen schein verdecken /
Und macht gemüt' und leib verdrüßlich / schwach und kalt.
Zerfällt das schöne glas / wer achtet dessen stücke?
Man stöst es schändlich hin / als schlechten ziegel graus;
Die menschen sparen nicht den menschen ihre tücke /
Man hat uns kaum verscharrt / so ist die freundschaft aus.
Ruhm / nahmen und gestalt ist allzubald verschwunden /
Wenn man uns nach gebrauch das letzte hembde giebt /
Wo hat man dieser zeit wohl einen freund gefunden /
So an das grab gedenckt und nach dem tode liebt?
Hier ist das dünne glaß / wilstu es bald zerbrechen /
So nehm' ich es dir vor keine feindschafft an /
Der Amaranthe weiß ich nicht zu wiedersprechen /
Indem mich ihre hand in nichts verlegen kan.
(Theil 4 S. 73)
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Abbildung der Liebe

Der liebe rosen-blat hat dörner zu gefehrten /
Aus welchen nach der lust der unlust früchte blühn;
Sie hebt ihr haupt empor / als wie auf zauber-gerten /
Und kan durch einen blick uns ins gehäge ziehn.
Dann stöst der freyheit schiff an ungeheure klippen /
Es bleibt / eh wirs vermeint / auff einer sandbanck stehn /
Und lacht kein trost uns an von rosen-lichten lippen /
So heists: O himmel hilff! wir müssen hier vergehn.
Da stimmt das herze an: verlasse mich o liebe!
Dann heists: Entfernet euch / die ihr ans lieben denckt /
Durch lieben wird uns nur der wohlfahrts-himmel trübe /
Nichts ist / was unsre brust mehr als die liebe kränckt.
Doch / sind die dornen weg / so greifft man nach den rosen /
Es gibt die bessre zeit uns andre sinnen ein /
Dann können wir vergnügt in den gedancken loosen /
Auff welcher seite wir am liebsten wollen seyn.
Und so verliehren wir die kurzen lebens-zeiten /
Das schiff des lebens laufft dem hafen näher zu /
Biß uns der winter pflegt in so ein land zu leiten /
Wo man der liebe baum mit erde decket zu.
(Theil 5 S. 7)
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Als Er Melinden durch einen kuß
erzörnet hatte

1.
Mein frühling ist verschwunden,
Ich spühre nichts, als rauhe winters-zeit;
Das haupt hält flor umwunden,
Mein herze steht in schwarzen boy gekleidt;
Was ist die grösse meiner missetat,
Daß ich mich soll im leben selbst begraben?
Mein kind! der himmel lobt nicht diesen rath,
Du wilst zu schwere buß' auf kleine fehler haben.

2.
Ich habe nichts verbrochen,
Mein mund hat deinen purpur nur berührt;
Muß dieser seyn gerochen
Mit blitz und feur, das dein gesichte führt?
Dein glanz wird ja durch keinen kuß versehrt:
Was himmlisch ist, wird nie von irrdischen befleckt.
Was hat die sonn an ihrem schein gestöhrt,
Obgleich ihr helles licht auch schwarze erde decket.

3.
Dein himmel ist umzogen,
Itzt seh ich nichts als nur cometen stehn;
Was hat dich nun bewogen,
Melinde! daß dein knecht soll untergehn?
Ich bin kein holz, auch nicht ein harter stein,
Mein herze muß in blut und regung wallen.
Selbst engel können nicht ohn fehler seyn,
Du weist, wie sie vor dem auch eben sind gefallen.

4.
Doch sinck ich dir zu füssen,
Melind‘! allhier liegt dein entseelter knecht;
Er will die fehler büssen,
Ach! laß erbarmung gehn vor strenges recht,
Nicht schaue mich mit harten blicken an!
Kein schwaches auge kan den hellen blitz ertragen,
Du weist, wie leicht es um uns ist gethan,
Wenn uns der donner will mit scharffen keilen schlagen.

5.
Laß deine sonn aufgehen,
So zeigt mein himmel auch sein freuden-licht.
Wer kan vor dir bestehen,
Wenn rach und zorn aus deinen augen bricht?
Drüm falle nicht der strengen meynung bey:
Daß liebes-sünden nur sind durch den tod gehoben.
Die hölle lehret uns, was grausam sey,
Den himmel hört man stets von gnad und güte loben.
(Theil 6 S. 17-18)
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Als er die Lesbia sich entkleiden sehen
Sonnet

Die saubre Lesbia saß mit geschrenckten füssen,
Ihr netter finger war um schuh und strümpff bemüht.
Hier konnt' ich, was sie doch sonst jedem aug entzieht,
Durch einen kühnen blick in stiller lust geniessen.
Die seide hatte kaum dem marmel weichen müssen,
Als sich der leichte rock von ihrem leibe schied;
Doch als die sichre hand die weisse brust verrieth,
So ward ich unvermerckt in ohnmacht hingerissen:
Die augen suncken hin, die beine wurden matt.
Die nackte Lesbia stieg sicher in das bad,
Eh ich mein auge konnt' aus der verwirrung führen.
Und also ward sie mir kein ganz entdecktes land.
Doch hat die blosse brust mir so viel krafft entwandt;
Was würde Sylvius nicht in der schos verliehren.
(Theil 6 S. 19)
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Als Flavia in seiner gegenwart ihrem
hündgen liebkosete
Sonnet

Es hatte Flavia ihr hündgen auf dem schos,
Sie stopffet' ihm das maul mit lauter mandelkernen,
Es fiel manch süsser blick aus ihren holden sternen,
Den diese lumpenthier, doch ohn verdienst, genos.
Sie stellet ihm den schnee der reinen brüste blos,
Und wolte nicht den mund von seinem kuß entfernen,
Ich muste den verdruß dabey verbeissen lernen,
So starck mir auch die gall in mund und herze flos.
Indessen konnt' ich mich der wörter nicht erwehren:
"Wie glücklich würde sich doch meine zeit verzehren,
Wär' ich, ach Flavia! dein so geliebter hund!
Doch weil der himmel mich zum menschen auserkohren,
So bin ich durch den grimm der Flavia verlohren,
Denn meine flamme lescht nur ihr geküster mund."
(Theil 6 S. 19-20)
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Fach / Amaranthe / deine ballen
Mit frischen seuffzern wieder auff;
Laß nicht die bälge niederfallen /
Flöß thau von deinen lippen drauff:
Hüll ihre flammen
In scharlach ein /
Zwing sie zusammen /
Biß sie wie stein
Gebildet seyn.

Die brüste sind der liebe zunder /
Wovon die schönheit nahrung nimmt.
Ein stamm und abgott aller wunder /
So blüht und frucht zugleich bekömmt.
Des tempels kerzen
Sind so gemacht /
Daß kalten herzen /
Durch ihre pracht
Wird glut beygebracht.

Der wangen bunte zauber-künste /
Sind ohne würckung bey der brust;
Die achseln schimmern / wie durch dünste /
Und zehl'n mit stirn und kinn verlust.
Die lippen welcken /
Und siegen nicht /
Wenn ihren nelcken
Der brüste pflicht /
Ein hauch / gebricht.

Sagt / ob was schöners wohl zu finden /
Als wo sich milch und blut vermählt /
Und perlen mit corall verbinden /
Wo lust die holen seuffzer zehlt.
Cupidens kriege /
Sind sonder lust /
Wenn seine siege
Der zarten brust
Nicht sind bewust.

Ihr zucker-äpffel aller lüste /
Entblöst den marmel / den ihr hegt /
Weht flor und schleyer weg ihr brüste /
Weist was der strauch vor blumen trägt.
Was stets entdecket /
Ist nur gemein;
Was ihr verstecket /
Kan ohne schein
Und werth nicht seyn.

Ihr felsen jauchzet / weil die liebe
An euch die güldne pfeile wetzt /
Den himmel macht kein nebel trübe /
An den zwey monden sind gesetzt.
Lilg' und rubinen
Sind sterne hier /
Doch strahlt vor ihnen /
Des kranzes zier /
Die sonn' an dir.

Von blumen / die die wespe lecket /
Trägt keine biene honig ein /
Und was nach fremden küssen schmecket /
Kan kein altar der liebe seyn;
Der brüste spiegel
Macht im gesicht /
Daß alle riegel
Der zucht durchbricht /
Gar leicht zu nicht.

Du milch-brunn süsser anmuths-triebe;
Berg / der mit flammen um sich schlägt;
Du zauber-kreyß der grimmen liebe;
Sarg / der des buhlers freyheit trägt;
Ihr purpur-lippen /
Und brust / wohlan!
An euren klippen
Fährt itzt mein kahn.
Der wollust an.

Hüll' Amaranthe nur die schätze
In würm-gespinste wieder ein /
Zeig ihnen der natur gesetze /
Daß nur ein pfleger könne seyn.
Halt sie verholen /
Biß sie begehrt /
Der ihre kohlen
Durch ambra nehrt /
Und dich mit ehrt.
(Theil 1 S. 401-403)
_____



Allegorisch Sonnet

Amanda liebstes kind / du brustlatz kalter herzen /
Der liebe feuerzeug / goldschachtel edler zier /
Der seuffzer blasebalg / des traurens lösch-papier /
Sandbüchse meiner pein / und baumöhl meiner schmerzen /
Du speise meiner lust / du flamme meiner kerzen /
Nachtstülchen meiner ruh / der Poesie clystier /
Des mundes alicant / der augen lust-revier /
Der complimenten sitz / du meisterin zu scherzen /
Der tugend quodlibet / calender meiner zeit /
Du andachts-fackelchen / du quell der fröligkeit /
Du tieffer abgrund du voll tausend guter morgen /
Der zungen honigseim / des herzens marcipan /
Und wie man sonsten dich mein kind beschreiben kan.
Lichtputze meiner noth / und flederwisch der sorgen.
(Theil 2 S. 327)
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Gedancken bey auffgehender
morgen-röthe

Aurora deine rosen blicken /
Der purpur triefft aus deiner hand /
Du suchst durch dieses reine pfand
Die welt und alles zu erquicken /
Und machst die bahn von gold und nectar voll /
Darauff dein Phöbus lauffen soll.

Ein iedes blat bey meinen füssen /
Ein ieder vogel über mir /
Verehret dich und opffert dir;
Und giebet uns lust zu wissen /
Wie itzt dein glanz und deiner wunder pracht
Verjagt das leid und dämpfft die nacht.

Du heist den unmuth von uns scheiden /
Die blumen weinen dir vor lust.
Du öffnest deine bunte brust /
In wilden püschen / thal und heiden.
Nur die / so dir fast gleichen zierrath führt /
Wird nicht durch deine pracht gerührt.

Corinne läst sich nicht bewegen /
Du fäll'st ihr wüten nicht dahin /
Sie weiß den kalten Tyger-sinn
Nicht abzuthun / nicht weg zu legen.
Sie speiset mich mit angst und bleichem leid /
Wie du die welt mit lieblichkeit.

Ihr harter geist weiß nicht zu biegen /
Ihr haß der geht nicht mehr zu ruh /
Er will stets munter seyn wie du /
Und gegen mich zu felde liegen;
Sie macht / daß mir dein angenehmer schein
Den blitzen ähnlich dünckt zu seyn.

Aurora brich doch diese sinnen /
Und lege diesen hohen muth!
So dir nur schimpf / mir unrecht thut:
Komm / tilge ferner ihr beginnen.
Legstu mir nun dergleichen kleinod zu /
So werd' ich wieder roth wie du.

Du must den kalten schnee vertreiben /
So unter warmen bergen ist /
Und mich zu martern hat erkiest /
Sonst kan und weiß ich nicht zu bleiben.
Aurora wilstu wie Corinne seyn?
Du läuffst und läst mich hier allein!
(Theil 1 S. 405)
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An Lauretten

Laurette bleibstu ewig stein?
Soll forthin unverknüpffet seyn
Dein englisch-seyn und dein erbarmen?
Komm / komm und öffne deinen schooß
Und laß uns beyde nackt und bloß
Umgeben seyn mit geist und armen.

Laß mich auff deiner schwanen-brust
Die offt-versagte liebes-lust
Hier zwischen furcht und scham geniessen.
Und laß mich tausend tausendmahl /
Nach deiner güldnen haare zahl /
Die geister-reichen lippen küssen.

Laß mich den ausbund deiner pracht /
Der sammt und rosen nichtig macht /
Mit meiner schlechten haut bedecken;
Und wenn du deine lenden rührst /
Und deinen schooß gen himmel führst /
Sich zucker-süsse lust erwecken.

Und solte durch die heisse brunst /
Und deine hohe gegen-gunst
Mir auch die seele gleich entfliessen.
So ist dein zarter leib die bahr /
Die seele wird drey viertel jahr
Dein himmel-runder bauch umschliessen.

Und wer alsdenn nach meiner zeit
Zu lieben dich wird seyn bereit /
Und hören wird / wie ich gestorben /
Wird sagen: Wer also verdirbt /
Und in dem zarten schoosse stirbt /
Hat einen sanfften tod erworben.
(Theil 1 S. 407-408)
_____

aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)


siehe auch Teil 1 Teil 2  Teil 3 und Teil 5



 

 


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