Liebeslieder der Völker (Volkslieder)

 


Deutsche Liebeslieder (Volkslieder)



Sammlung Franz Ludwig Mittler (1865) (Teil 3)


Inhaltsverzeichnis der Lieder:
 

 




Lied 768.
Mühlrad
(XVI. Jahrhundert)

Dort hoch auf jenem berge
Da get ein mülerad,
Das malet nichts denn liebe
Die nacht biß an den tag;
Die müle ist zerbrochen,
Die liebe hat ein end,
So gsegen dich Got, mein feines lieb!
Jetz far ich ins ellend.
(S. 557)
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Lied 769.
(Mündlich aus Hessen)

1. Dort droben auf hohem Berge
Da steht ein prächtiges Haus,
Da schauen drei schöne Jungfräulein
Des Abends und Morgens heraus.

2. Die eine die heißet Susanna,
Die andre Bernharte allein,
Die dritte die will ich mir nehmen,
Die soll es mein eigen sein.

3. Dort drunten im tiefen Thale
Da treibet das Waßer das Rad,
Da malt man nichts als wie Liebe,
Da malt man früh und spat.

4. Das Mülrad das ist zerbrochen,
So hat nun die Lieb ein End,
Und wenn sich zwei Herzlieb thun scheiden,
So geben sich beide die Händ.

5. Scheiden, ach Scheiden, ach Scheiden,
Wer hat sich das Scheiden erdacht?
Es hat sich ein frisch junges Mädchen
Das Scheiden mit Thränen erdacht.
(S. 557)
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Lied 770.
(Mündlich aus dem Waldeckischen)

1. Da droben in jenem Thale
Da treibet das Waßer ein Rad;
Es treibet nichts anders als Liebe
Vom Abend bis an den Tag.

2. Das Mülrad ist zersprungen,
Die Liebe hat noch kein End.
Wenn zwei von einander scheiden,
Sie geben sich einander die Händ.

3. Ach Scheiden, ach Scheiden, ach Scheiden,
Wer hat das Scheiden erdacht?
Er hat mein jung frisch Leben
Zum Untergang gebracht.

4. Es ist ja kein Apfel so schön rund,
Es stecken zwei Kernlein darin;
Es ist ja kein Mädchen im Lande,
Es hat einen falschen Sinn.

5. Wer kann denn nun vertrauen,
Scheidt er ihnen aus dem Aug?
Ein falscher Sinn, ein hoher Muth
Ist aller Jungfraun ihr Brauch.

6. In meines Vaters Lustgarten
Da stehen zwei Bäumelein,
Das eine das trägt Muskaten,
Das andre braun Nägelein.

7. Muskaten die sind süße,
Braun Nägelein riechen gar wohl,
Die will ich meim Schätzchen verehren,
Daß es daran riechen soll.
(S. 557-558)
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Lied 772.
Ständchen
(Mündlich aus Hessen)

1. Jetzt mach ich mich auf die Reis',
Ich weiß schon wie mein Schatz heißt:
Jungfer Lieschen, ich bin hier.
Mach du mir bald, Mach du mir bald auf die Thür.

2. Jetzt komme ich aus Lieb zu dir,
Steh auf, mein Schatz, und red mit mir,
Red mit mir die halbe Nacht,
Du hast mich um mein, Du hast mich um mein Schlaf gebracht.

3. Nicht allein um diesen Schlaf,
Auch so viel Seufzer ausgejagt,
Bis mir gehn die Augen zu.
Schaff in meinem, Schaff in meinem Herzen Ruh.

4. Ruhe, ruhe sanft und still,
Bis daß die Sonne strahlen will;
Sie strahlt wol über Berg und Thal
Bei schönen Jungfern, Bei schönen Jungfern überall.

5. Schönste Rose, fall nicht ab,
Bis daß ich komm und brech dich ab.
Schönster Schatz, o freie nicht,
Bis daß ich komme, Bis daß ich komme und nehme dich.
(S. 558-559)
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Lied 773.
Man soll sie lassen laufen
(Vom Rhein)

1. Ach Bäumchen du stehst grüne,
Gott geb dir lang zu stehn.
Ich hab mein Lieb verloren,
Drum muß ich trauren gehn.

2. Hast du dein Lieb verloren,
So hab ich noch das mein,
So wollen wir zwei beisammen
Und brechen ein Kränzelein.

3. Ein Kränzelein von Rosen
Und auch von gelbem Klee:
Wenn sich zwei Herzlieb scheiden,
Ja scheiden und thut weh.

4. Ach scheiden, über scheiden,
Wer hat das scheiden erdacht?
Das hat zwei junge Herzliebchen
Von Freuden zum trauern gebracht.

5. Ach Aepfelchen auf dem Bäumchen,
Und das gebiet ich dir,
Du sollst nicht ehnder abfallen
Bis daß ich komme zu dir.

6. Das Aepfelchen ist gefallen,
Es hat ein Würmchen inn;
So thun alle Junggesellen,
Sie tragen einen falschen Sinn.

7. Einen falschen Sinn, einen stolzen Muth
Den tragen sie allezeit.
Wenn sie ein Mädchen betrügen,
Das ist ihre Herzensfreud.

8. Man soll ihnen viel verheißen,
Man soll ihnen wenig thun,
Man soll sie laßen laufen,
Zerbrechen ihre Hosen und Schuhn.

9. Und sind die ihren zerbrochen,
So sind die meinen noch ganz,
So will ich die meinen verschleißen
Auf einem Abendtanz.
(S. 559)
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Lied 774.
Wie kommts, daß du so traurig bist?
(Vom Rhein)

1. Wie kommts, daß du so traurig bist
Und gar nicht einmal lachst?
Ich seh es deinen Braunaugen an,
Daß du geweinet hast.

2. Und wenn ich denn geweinet hab,
Was gehts einen andern an?
Ich hab geweint um meinen Schatz,
Den ich verloren han.

3. Ach Mädchen, hör zu weinen auf,
Dein Schatz ist wiederum hier;
Ich sah ihn gestern Abend
Noch stehn vor deiner Thür.

4. Sahst du ihn gestern Abend
Vor meiner Thüre stehn,
So soll er diesen Abend
Nicht wieder von mir gehn.

5. Er soll auch schlafen in meinem Arm,
In meinem rechten Arm,
Damit ich morgen sagen kann,
Die Liebe wär noch warm.
(S. 559-560)
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Lied 775.
(Thüringen)

1. Wie kommts, daß du so traurig bist
Und ja so gar nicht lachst?
Ich seh dirs an den Aeuglein an,
Daß du geweinet hast.

2. Und wenn ich auch geweinet hab,
Was gehts denn andre an?
Hat mir mein Schatz was Leids gethan,
Wenn ichs nur dulden kann.

3. Es ist nicht lang, daß 's gregnet hat,
Die Läubla tröpfeln noch;
Ich hab emal a Schätzel ghabt,
Ich wollt, ich hätt es noch.

4. Und wenn ich lustig leben will,
So geh ich in den Wald;
Da vergeß ich all mein Traurigkeit,
Und leb wie mirs gefällt.
(S. 560)
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Lied 776.
(Hessen)

1. Ich hab mein Leben kein Guts gethan
Und habs auch nicht im Sinn.
Was wird mein adlig Schätzchen denken,
Daß ich so liederlich bin.

2. Wer einen steinigen Acker hat
Und auch einen stumpfen Pflug,
Und wer ein ungetreu Schätzchen hat,
Ist das nicht Kreuz genug?

3. Und wer mit Katzen ackern will,
Der schickt die Maus voran,
Dann geht es allzeit hoxdebox,
Die Maus die läuft voran.

4. Es ist nicht lang, daß es gregnet hat,
Die Dächer tröpfeln noch;
Ich habe mal ein Schatz gehabt,
Ich wollt, ich hätt ihn noch.
(S. 560)
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Lied 777.
(Nicolai II, 35; Wunderhorn II, 215)

Jäger
1. Wie kommts, daß du so traurig bist,
Und gar nicht einmal lachst?
Ich seh dirs an den Augen an,
Daß du geweinet hast.

Schäferin
2. Und wenn ich auch geweinet hab,
Was geht es dich denn an?
Ich wein, daß du es weißt, um Freud,
Die mir nicht werden kann.

Jäger
3. Wenn ich in Freuden leben will,
Geh ich in grünen Wald,
Vergeht mir all mein Traurigkeit,
Und leb wie mirs gefallt.

Schäferin
4. Mein Schatz ein wackrer Jäger ist,
Er trägt ein grünes Kleid,
Er hat ein zart roth Mündelein,
Das mir mein Herz erfreut.

Jäger
5. Mein Schatz ein holde Schäfrin ist,
Sie trägt ein weißes Kleid,
Sie hat zwei zarte Brüstelein,
Die mir mein Herz erfreun.

6. Wenn ich den Hahn gespannet hab,
Flint stößt mich auf die Brust,
So hab ich doch noch allezeit
Zu der Jägerei noch Lust.

Beide
7. So bin ichs wohl, so bist dus wohl,
Feins Lieb, schöns Engelkind,
So ist uns allen beiden wohl,
Da wir beisammen sind.
(S. 560-561)
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Lied 778.
(Wunderhorn III, 216)

1. Wie kommts, daß du so traurig bist,
Und gar nicht einmal lachst?
Ich seh dirs an den Augen an,
Daß du geweinet hast.

Gärtner
2. Und wer ein steingen Acker hat,
Dazu nen stumpfen Pflug,
Und dessen Schatz zum Schelmen wird,
Hat der nicht Kreuz genug?

Unkraut
3. Doch wer mit Katzen ackern will,
Der spann die Mäus voraus,
So geht es alles wie ein Wind,
So fängt die Katz die Maus.

4. Hab all mein Tag kein gut gethan,
Habs auch noch nicht im Sinn;
Die ganze Freundschaft weiß es ja,
Daß ich ein Unkraut bin.
(S. 561)
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Lied 780.
Der Vertriebene
(Thüringen)

1. In Sorgen ohne Ruh
Bring ich mein Leben zu,
Mag wachen oder schlafen,
So machst du mir zu schaffen;
Ich nichts zu hoffen hab
Als nur das kühle Grab.

2. Das hätt ich nicht geglaubt,
Ein Haus auf Sand gebaut;
Ach hätt ich nie empfunden
Die heißen Liebesstunden,
Die heiße Liebesgluth,
Die so sehr brennen thut.

3. Meine Wirthschaft ist nun aus,
Ich muß jetzt aus dem Haus,
Muß alles hinterlaßen,
Muß liegen auf fremden Straßen;
Mein Schatz liegt nicht bei mir,
Ich bin ja weit von ihr.

4. Ach, wollte Gott, ich schlief
Zehntausend Klaftern tief
Im Schooß der kühlen Erden;
Weil du mir nicht kannst werden,
Ich nichts zu hoffen hab
Als nur das kühle Grab.
(S. 562)
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Lied 781.
(Zerbst. Hessen)

1. Ich wollt ich läg und schlief
Viel tausend Klafter tief
Im Schooß der kühlen Erden;
Weil du mein nicht kannst werden,
Ich nichts zu hoffen hab
Als nur das kühle Grab.

2. Du sagst, du liebest mich,
Das Widerspiel seh ich;
Einen andern thust du lieben,
Mich suchst du zu betrüben:
Drum sage nur nicht mehr:
Du liebtest mich so sehr.

3. Hätt ich dir nicht getraut,
Auf deine Wort gebaut,
So hätt ich nicht empfunden
So heiße Liebeswunden,
Die nunmehr brennen mich
Und nicht mehr stillen sich.

4. O Erde, deck mich zu,
Hier find ich keine Ruh;
Vertilge meinen Namen,
Lösch aus die Liebesflammen,
Lösch aus die Liebesgluth,
Die so grausam brennen thut.
(S. 562)
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Lied 782.
Liebesantrag
(Hessen. Uckermark)

1. Ich wollte wünschen, es wäre Nacht
Mein Bettchen wär gemacht;
Wollt ich zu meim Mädchen gehn,
Und vor seiner Thüre stehn,
Bis sie mir aufmacht.

2. Wer ist denn dafür,
Wer klopfet an die Thür?
Schönstes Kind, ich steh dafür,
Ich komm aus Lieb zu dir:
Mach mir auf die Thür.

3. Die Thür ist schon zu,
Schläft alles in der Ruh;
Du weißt, daß bei der Nacht
Man niemand die Thür aufmacht.
Komm morgen früh.

4. Morgen früh hab ich keine Zeit,
Dann sehen mich die Leut.
Hättst du mir in dieser Nacht
Die Thür wol aufgemacht,
Hätt es mich erfreut.

5. Schönes Geld und schönes Gut,
Schönen Burschen bin ich hold
Hättest du eine andere lieb,
Wär ich auch nicht betrübt;
Fragte nichts nach dir.
(S. 562-563)
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Lied 783.
(Oberhessen)

1. Ich wollte wünschen, es wäre Nacht,
Daß das Bettchen wär gemacht,
Wollt ich zu meinem Schätzchen gehn,
Bei ihm an der Thüre stehn,
Bis es mir aufmacht.

2. Wer ist denn dafür?
Wer klopfet an die Thür?
Meine Thür die ist schon zugeschloßen,
Bei der Nacht wird niemand eingelaßen,
Komm morgen früh.

3. Morgen früh hab ich keine Zeit,
Dann sehen mich die Leut;
Hättest du mir bei der Nacht,
Bei der Nacht das Thürchen aufgemacht,
Hätt es mich erfreut.

4. Schönes Schätzchen ho ho,
Verdrießt dichs denn so?
Meinst du denn, ich wäre so betrübt,
Weil du ein ander Schätzchen liebst?
Ei das meine nur nicht.

5. Schönes Geld und schönes Gut,
Schöne Bursche die sind gut;
Hättest du mir aber bei der Nacht,
Bei der Nacht das Thürchen aufgemacht,
Hätt es mich erfreut.
(S. 563)
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Lied 784.
Liebesschmerz
(Maingegend. Erk II, 1. 3.)

1. Was fehlet dir mein Herz, daß du in mir so schlägest,
Wie kommt es, daß du dich in mir so heftig regest?
Warum erhebst du dich mit solcher Stärk und Macht?
Warum entziehst du mir den süßen Schlaf bei Nacht?

2. Ich weiß die Ursach wohl, darf selber nicht erst fragen;
Der Himmel hat jetzt Lust, mein Herze so zu plagen.
Es schlagen über mich die Unglückswellen her;
Ich schwebe voller Angst auf einem wilden Meer.

3. Ich kam vor wenig Zeit in einen schönen Garten,
Darin erblickte ich viel Blumen mancher Arten;
Und unter diesen sah ich eine Rose blühn;
Nichts mehr begehrte ich, als sie an mich zu ziehn.

4. Ich aber gieng zu weit, ich habe mich vergangen;
Was ich sehr gewünscht, das kann ich nicht erlangen:
Denn diese Rose ist für mich gewachsen nicht;
Vielleicht geschichts noch heut, daß sie ein andrer bricht.

5. Ach hätt ich meinen Fuß dir nicht zu nah gesetzet,
So hätt der Dornenstich mein Herze nicht verletzet!
Mein allzukühner Sinn hat mich dahin gebracht,
Daß ich bin so verwundt, und auch darzu veracht.

6. O edle Rose du, so unter Dornen sitzest,
Und wenn du mir auch gleich mein ganzes Herz aufritzest;
So will aus Liebe ich die Wunden tragen dir:
O gönne mir das Glück und denk einmal an mich!

7. Jetzt muß ich ganz betrübt aus diesem Garten gehen,
Weil mich mein Engelskind vor Augen nicht kann sehen.
Wer meinen Zustand weiß, der spotte meiner nicht,
Sonst müßte wünschen ich, daß ihm wie mir geschicht.
(S. 564)
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Lied 785.
Treue Liebe

1. Ach wie ists möglich dann,
Daß ich dich laßen kann?
Hab dich von Herzen lieb,
Das glaube mir.
Du hast das Herze mein
So ganz genommen ein,
Daß ich kein andre lieb
Als dich allein.

2. Blau ist ein Blümelein,
Das heißt Vergißnichtmein,
Dies Blümlein leg ans Herz
Und denk an mich.
Stirbt Blum und Hoffnung gleich,
Sind wir an Liebe reich;
Denn die stirbt nie bei mir,
Das glaube mir.

3. Wär ich ein Vögelein,
Wollt ich bald bei dir sein,
Scheut Falk und Habicht nicht,
Flög schnell zu dir!
Schöß mich ein Jäger todt,
Fiel ich in deinen Schooß;
Sähst du mich traurig an,
Gern stürb ich dann.

4. Wenn mir das Glück nicht wollt,
Daß ich dein werden sollt,
So lieb ich dennoch dich,
Glaubs sicherlich.
Ich will zu jeder Zeit
Dir zu Dienst sein bereit,
Bis daß ich kommen werd
Unter die Erd.

5. Nach meinem Tod alsdann
Nimmst du geliebter Mann
An meiner Todtenbahr
Die Inschrift wahr:
Hier liegt begraben drein,
Die dich geliebt allein,
Die dich geliebet hat
Bis in das Grab.
(S. 564-565)
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Lied 786.
Jungbrunnen
(XVI. Jahrhundert)

1. Die brunnen die da fließen
Die sol man trinken,
Vnd der ein lieben bulen hat
Der sol jm winken,
Ja winken mit den augen
Vnd tretten auff ein fuß;
Es ist ein herter orden
Der seinen bulen meiden muß.

2. Ich weiß mir ein kleines waldvögelein,
Das ist hüpsch vnd fein,
Es flog wol nechten spate
Für liebes fensterlein,
Es flog jr auff den geren,
Es flog jr in den schoß,
Sie schriet jm sein gefidere,
Jr beider freud vnd die was groß.

3. Nun fleug, nun fleug, gut vögelein!
Wie kan ich fliegen?
Du hast mir abgeschrotten
Al mein gezierde,
Du hast mir abgeschrotten
Kurz vnd nit zu lang,
Der ein lieben bulen hat
Der thut gar manchen affengang.

4. Ferr in des meres grunde
Da schwimmt ein hechtelein,
Was treit es in seinem munde?
Von gold ein fingerlein,
Es ist das allerbeste gold
Vnd das ich je gesach,
Küntest du mirs, lieb, gewinnen,
Ich wolt dich desto lieber han.

5. Wie künt ich dirs gewinnen,
Du hertzeliebe?
So kan ich doch nit schwimmen
Vnd waßer trieben,
Ich hab doch, lieb, geruret,
Geruret keinen grund,
Wenn ich dir nit gefalle
Gib mir vrlob, du roter mund!

6. Bei meines liebsten bette
Da stond drei beumelein,
Das ein treit muscatblut,
Das ander negelein;
Die muscat die ist süße,
Die negelein die seind gut,
Der ein lieben bulen hat
Der treit ein frischen mut.

7. In meines bulen kemmerlein
Da stat ein guldner schrein,
Darinn da ist beschloßen
Das junge hertze mein;
Darinn da ist beschloßen
Das junge hertze mein,
Ach hett ich, lieb, den schlüßel,
Dein eigen wolt ich immer sein.
(S. 565-566)
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Lied 787.
(Mündlich aus Hessen)

1. Wenn alle Waßer fließen,
So soll man trinken.
Wenn ich meim Schatz nicht rufen darf, ja rufen darf,
So thu ich ihm winken.

2. Wol winken mit den Augen
Und treten auf den Fuß;
Es sitzt eins in der Stube, ja in der Stube,
Das mir noch werden muß.

3. Warum sollt es mir nicht werden?
Ich seh sie ja so gern.
Sie hat zwei schwarzbraune Aeugelein, ja Aeugelein,
Sind heller als zwei Stern.

4. Und auch zwei rothe Backen,
Sind röther als rother Wein.
Denn solches Mädchen findt man nicht, ja findt man nicht,
Wol unter dem Sonnenschein.

5. Ach herziger Schatz, ich bitte dich,
Ach laß mich gehen!
Denn deine Leute schmähen mich, ja schmähen mich,
Ich muß mich schämen.

6. Was frag ich denn danach,
Nach schlechten Leuten;
Und so lieb ich doch noch einmal, ja doch noch einmal,
Das schöne Mädchen.
(S. 566)
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Lied 788.
(Breslau. Hoffmann und Richter, 171.)

1. Und in dem Schneegebirge
Da fließt ein Brünnlein kalt,
Und wer daraus thut trinken,
Der wird ja nimmer alt.

2. "Ich hab daraus getrunken
Gar manchen frischen Trunk;
Ich bin nicht alt geworden,
Ich bin noch immer jung."

3. Das Brünnlein was da drüben fließt,
Draus soll man immer trinkn;
Wer eine Feinsherzliebste hat,
Der soll man immer winkn.

4. "Ich winkte dir mit den Augen,
Ich trat dich auf den Fuß -"
Ach wie ein schweres Roden,
Wenn einer scheiden muß.

5. "Ade mein Schatz, ich scheide,
Ade mein Schätzelein."
Wann kommst du denn doch wieder,
Herzallerliebster mein?

6. "Wenn es wird schneien Rosen
Und regnen kühlen Wein -
Ade mein Schatz, ich scheide,
Ade mein Schätzelein."

7. Es schneit ja keine Rosen
Und regnt auch keinen Wein:
Da kommst du denn nicht wieder,
Herzallerliebster mein!
(S. 566-567)
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Lied 789.
Drei Röselein
(Mündlich aus Hessen)

1. Ich legte mich nieder ins grunige Gras
Und lauerte auf meinen herztausenden Schatz.

2. Ich lauerte so lang bis michs verdroß,
Da fielen zwei Röselein auf meinen Schooß.

3. Die Röslein die waren von Blut so roth:
Ach schläft mein Schatz oder ist er gar todt?

4. Er schläft ja nicht, er schlummert nur,
Bald blinken seine Augen, bald lächelt sein Mund.

5. Da ließ ich meine Augen herummer gehn,
Da sah ich meinen Schatz bei einem andern stehn.

6. Bei einem andern stehn, das hab ich gesehn,
Drum wünsch meim Schätzchen ein tausend Ade.

7. Ein tausend Ade die wünsch ich ihm.
Ich wünschte, daß ich es gleich bei ihm wär;

8. Daß ich bei ihm wäre zwei Stunden oder drei;
Wir beide wir wollten vergnügsam sein.

9. Ade mein Lieb, mein herztausender Schatz,
Wir beiden müßen scheiden, ich weiß uns keinen Platz.
(S. 567)
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Lied 790.
(Schlesisch. Hoffmann und Richter, 162.)

1. Ich gieng zum kühlen Wein,
Ich trank ihn aber nicht,
Ich suchte mir mein allerschönsten Schatz,
Ich fand ihn aber nicht.

2. Ich setzte mich da nieder
Ins grüne grune Gras,
Und da fieln mir drei Röselein
Gerad auf meinen Fuß.

3. Und die drei Röselein
Die waren rosenroth:
Lebt denn noch mein allerschönster Schatz,
Oder ist er todt?

4. Ich ließ mein Aeugelein
All ringsum ringsum gehn,
Und so sah ich mein allerschönsten Schatz
Bei einer andern stehn.

5. Bei einer andern zu stehn,
Bringt mir auch keinen Trost -
Drum ade mein allerschönster Schatz,
Jetzund geh ich fort.

6. "Wenn du fortgehen willst,
So hat es ja noch Zeit -"
Drum ade mein allerschönster Schatz,
Meine Wege sind weit.
(S. 567-568)
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Lied 791.
Ständchen
(Thüringen)

1. Ach schönster Schatz, verzeihe mir,
Daß ich so spät bin kommen;
Doch hat die heiße Lieb zu dir
Mich noch dazu gezwungen.

2. Und schläfst du schon, wenn ich jetzt komm,
So sanft in deinem Bettchen,
So möcht ich dich gar inniglich
Mit meinem Liedlein wecken.

3. Erweck ich dich, erschreck ich dich,
So thuts mein Herz erbarmen;
Gern läg ich dir, o schönster Schatz,
In deinen beiden Armen.

4. Deine zwei schwarzbraunen Aeugelein,
Die gar so freundlich blicken,
Sollt dir daran geschehn ein Leid,
So spräng mein Herz in Stücken.
(S. 568)
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Lied 792.
Erhörung
(Vom Rhein)

1. Heut hab ich die Wach allhier,
Schönste vor deiner verschloßenen Thür.
Alle Flüße haben ihren Lauf
Und niemand ist, der mit mir bleibet auf.

2. Hohe hohe Berge und tiefes Thal
Bin ich zu dir gegangen viel tausendmal.
Froh wollt ich sein, wenn es dir wohl ergeht,
Obwohl mein jung frisch Leben in Trauern steht.

3. Harfenklang und Saitenspiel
Hab ich laßen klingen so oft und so viel.
Geht es dir wohl, so denk an mich,
Geht es dir übel, so kränkt es mich.

4. Die Sonn und der Mond und das ganze Firmament
Die sollen mit mir trauern bis an das End.
Ach warum ließest du mich nicht ein?
Wie kannst du so unbarmherzig sein?

5. Unbarmherzig bin ich nicht,
Mein Vater und Mutter schlafen noch nicht:
Wenn Vater und Mutter schlafen sein,
So kannst du bei mir bleiben die ganze Nacht allein.
(S. 568)
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Lied 793.
(Birkenwerder bei Oranienburg. Erk VI, 46)

1. Jetzt hab ich die Wacht allhier,
Schönstes Kind, vor deiner verschloßnen Thür.
Warum stehest du nicht auf und läßest mich nicht ein?
Wie kannst du denn so unbarmherzig sein?

2. Harfenklang und Saitenspiel
Die hab ich laßen spielen sehr ofte und sehr viel;
Ich hab sie laßen spielen sehr ofte und sehr viel,
Bis daß mir keine Saite mehr klingen will.

3. Traurig muß ich schlafen gehn,
In Trauren muß ich wiederum früh aufstehn;
In Trauren und in Weinen verbring ich meine Zeit,
Dieweil ich nicht kann lieben, die mein Herz erfreut.

4. Geht dirs wohl, so gedenk an mich,
Geht dirs aber übel, so kränkt es mich.
Wie froh wollt ich sein, wenns dir und mir wohlgeht,
Obschon mein junges Leben in Trauren steht.

5. Hohe Berg und tiefe Thal,
Jetzt schau ich an mein Schätzchen zum letzten Mal!
Die Sonn und auch der Mond, das ganze Firmament
Das wird sich um mich trauern bis an mein End.
(S. 568-569)
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Lied 794.
(Des Knaben Wunderhorn II, 219)

1. Liegst du schon in sanfter Ruh
Und thust dein schwarzbraun Aeugelein zu,
Und die zarten Gliederlein
Wol in ein Federbett gewickelt ein?

2. Wälder, Felder schweigen still,
Und niemand ist der mit mir sprechen will;
Alle Flüße haben ihren Lauf,
Und niemand ist der mit mir bleibet auf.

3. Heut hab ich die Wach allhier,
Schönste, vor deiner verschloßnen Thür;
Die Sonne und der Mond, das Firmament
Schaun, wie mein junges Herz in Liebe brennt.

4. Hörst du nicht die Seufzer schallen,
Schönste, vor deinem Schlafkämmerlein fallen?
Stehest du nicht auf und läßest mich nicht ein,
Wie könntest du so unbarmherzig sein?

5. Harfenklang und Saitenspiel
Hab ich laßen spielen so oft und viel;
Ich hab es laßen spielen so oft und viel,
So daß mir keine Saite mehr klingen will.

6. Berg und Hügel, auch dieses Thal
Schreien über mich auch hunderttausendmal;
Froh wollt ich sein, wenns dir und mir wol geht,
Obschon mein Herz in Trauren steht.

7. Gute Nacht! Gute Nacht! Frau Nachtigall
In dem Thal, tausendmal, überall
Grüße sie aus meinem Herzensgrund,
Aus meinem Herzen, mit deinem Mund!

8. Hörst du wol den Schuß hier fallen,
Schönste, vor deinem Schlafkämmerlein schallen?
Ach warum ließest du mich nicht herein,
Konntest ach! so unbarmherzig sein?

9. Geht dirs wol, so denke an mich,
Geht es dir übel, so kränket es mich.
Froh wollt ich sein, wenns dir und mir wol geht,
Obwohl mein treues Herz in Trauren steh.
(S. 569-570)
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Lied 795.
(Thüringen)

1. Heunt hab ich die Wach, die Wach allhier,
Schönster Schatz, vor deiner Thür.
Warum stehst du nicht auf und läßest mich nicht ein?
Mein allerschönster Schatz, wie kannst du so verschlafen sein?

2. Harfen- Harfen- und Saitenspiel
Die han ich laßen spielen gar oft und viel.
Warum stehst du nun nicht auf und läßest mich nicht ein?
Mein allerschönster Schatz, wie kannst du so verschlafen sein?

3. Ei so verschlafen bin ich nicht,
Mein Vater und Mutter die schlafen noch nicht.
Wenn Vater und Mutter schlafen, so sollst du rein zu mir,
So sollst du bei mir schlafen die ganze Nacht allhier.
(S. 570)
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Lied 796.
Liebeslied
(Hessen)

1. Ich hab mir eins erwählet,
Ein Schätzchen, das mir gefällt;
Ist hübsch und fein,
Von Tugend so rein,
Mein Schätzchen das muß so sein.

2. Die Leute thun oftmals sagen,
Du hättest einen Andern lieb:
Ich glaube es nicht,
Bis das es geschicht.
Mein Schätzchen lebt immer vor sich.

3. Glaube nicht der falschen Zungen,
Die mir und dir nichts gönnen;
Bleib ehrlich und fromm,
Bis daß ich wieder komm;
Drei Jahr sind bald herum.

4. Und als die drei Jahre rum waren,
Vor Freuden mein Herze zersprang.
Dein Aeuglein klar,
Dein schwarzbraun Haar
Das erfreuet mich tausendmal.
(S. 570-571)
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Lied 797.
Scheiden

1. Warum bist du denn so traurig?
Bin ich aller Freuden voll?
Meinst, ich sollte dich verlaßen?
Du gefällst mir gar zu wohl.

2. Morgen will mein Lieb abreisen,
Abschied nehmen mit Gewalt;
Draußen singen schon die Vögel
In dem Walde manigfalt.

3. Saßen da zwei Turteltauben,
Saßen wol auf grünem Ast:
Wo sich zwei Verliebte scheiden,
Da wächst nicht mehr Laub noch Gras.

4. Laub und Gras das mag verwelken,
Aber treue Liebe nicht;
Kommst mir wol aus meinen Augen,
Doch aus meinem Herzen nicht.
(S. 571)
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Lied 798.
Liebe

1. Kein Feuer, keine Kohle kann brennen so heiß,
Als heimliche Liebe, von der Niemand weiß.

2. Keine Rose, keine Nelke kann blühen so schön,
Als wenn zwei verliebte Seelen so bei einander stehn.

3. Setze du mir einen Spiegel ins Herze hinein,
Damit du kannst sehen, wie treu ich es mein.
(S. 571)
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Lied 799.
Die Trauernde

1. Was führ ich denn für'n trauriges Leben,
Daß mir mein Schatz hat Urlaub gegeben,
Hat Urlaub mir gegeben und meiner nicht gedacht,
Drum geb ich meinem Schatz viel tausend guter Nacht.

2. Viel tausend gute Nacht, viel tausend gute Stund:
Ach hätt ich doch ein Wort mit ihm reden gekonnt!
Dieweil ich aber sehe, daß dieses nicht kann sein,
Da andre falsche Herzen zu sehr dawider sein;

3. Darum will ich mir kaufen ein aschegraues Kleid,
Darunter will ich tragen groß Herzeleid,
Groß Herzeleid und ein getreuen Muth,
Wie es das Turteltäubelein auch thut.

4. Das Turteltäubelein so hübsch und so fein
Es trinket kein Waßer, es trinket kein Wein,
Es trinket kein Waßer, es trinket kein Wein,
Es schlägt mit beiden Flügelein drein.

5. Und bin ich auch nicht sehr reich dabei,
So ist doch gewiss mein Herze getreu;
Es gäbe wol mancher eintausend Thaler Schatz,
Wenn er nur fände ein getreues Herz.
(S. 571-572)
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Lied 801.
Abschied

1. Ade, mein Kind, behüt dich Gott!
Du bleibest hier und ich muß fort.
Halt dich, mein Kind, bei deiner Ehr,
Bis daß ich wiederkomm zu dir.

2. "Wenn ich nicht allzeit bei dir bin,
Du liegst mir stets in meinem Sinn;
Du liegst mir in dem Herzen mein,
Wollt Gott, ich könnte bei dir sein!

3. Wollt Gott, es würde heut noch wahr,
Wir beide stünden vorm Altar,
Wir hättn einander die Hand schon gegebn,
Vergnügte wollten wir da leben!"

4. Wollt Gott, es würde heut noch wahr,
Wir beide stünden auf der Bar!
Und von der Bar ins kühle Grab,
Dann nimmt unsre Liebe nicht ab.
(S. 571-572)
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Lied 802.
Trost

1. Einen Ring hab ich von dir,
Den trag ich am Finger,
Und den Ring den lieb ich sehr,
An dich denk ich immer.

2. Schätzchen, kränk dich nicht so sehr,
Ich werd bald wieder kommen,
Komm ich gleich den Winter nicht,
So komm ich doch den Sommer.
(S. 572)
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Lied 803.
Es geht mir alle Jahr doch so!
(Schlesisch. Hoffmann und Richter, 179)

1. Ich ängste mich, ich gräme mich,
Ach je, was heist denn das?
Mein Schätzel hat mirs Körbel gegebn,
Ich weiß doch nicht um was?

2. Er ist mir immer gut gewest,
Nun sieht er mich nicht an;
Nun geht er zu 'ner Andern hin,
Und jene kriegt 'n Mann.

3. Und alle Mädel kriegen 'n Mann,
Und ich bin übrig gebliebn.
Es geht mir alle Jahr doch so,
Ich werd am End kein kriegn.
(S. 573)
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Lied 804.
Überraschung
(Schlesien. Hoffmann und Richter, 142)

1. Gestern Abend bei Mondenschein
Gieng ich spazieren
Wol in das Rosengärtelein,
Wol in das Rosengärtelein,
Mich abzukühlen.

2. Und als ich darinnen war,
Fand sich ein Reiter,
Der stellte sich wol neben mich,
Der stellte sich wol neben mich
An meine Seite.

3. Guten Abend, Feinsliebste mein,
Was machst du hier alleine
Wol in dem Rosengärtelein,
Wol in dem Rosengärtelein,
Im Mondenscheine?

4. Ich winde dir ein Kränzelein
Von grüner Cypresse. -
Winde mirs, Feinsliebste mein,
Winde mirs, Feinsliebste mein,
Winde mirs fein feste.

5. Und wenn es wird gewunden sein,
Werd ich ihn mir holen,
Wol um der Ehre dein,
Wol um der Ehre dein,
Sollst meine Braut werden.
(S. 573)
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Lied 805.
Hoffnung gibt Trost
(Schlesisch. Hoffmann und Richter, 88)

1. Guten Abend, liebes Kind!
Komm, komm gegangen!
Komm, komm, ich warte schon
Ganz mit Verlangen.

2. Du hasts vielmal gesagt,
Du wollst mich nehmen,
Wenn du dein Wort nicht hältst,
Mußt du dich schämen.

3. "Mit was für einem Band
Bist du gebunden?
Mit einem grünseidnen Band
Bist du gebunden."

4. Leb wohl, vergnügter Schatz,
Und komm bald wieder!
Kein andern mag ich nicht,
Du bist mir lieber.
(S. 573)
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Lied 806.
Ob ich gleich kein Schatz mehr hab
(Hessen, Schlesien und anderwärts)

1. Ob ich gleich kein Schatz mehr hab,
Werd ich doch ein finden;
Ich geh die Gaße wol auf und ab
Bis an die Linde.

2. Als ich an die Linde kam,
Stand mein Schatz daneben:
Aber nun, herztausiger Schatz,
Wo bist du gewesen?

3. Wo ich gewesen bin,
Kann ich dir wohl sagen,
Ich bin gewesen in einem fremden Land,
Habe was erfahren.

4. Was ich erfahren hab,
Darf ich dir wohl sagen,
Ich habe erfahren, was lieben heißt:
Laß mich bei dir schlafen.

5. Bei mir schlafen darfst du wohl,
Ich will dirs auch nicht wehren,
Aber nur, herztausiger Schatz,
Aber nur in Ehren.

6. Zwischen Berg und tiefem Thal
Saßen einst zwei Hasen,
Fraßen ab das grüne Gras
Bis auf den Rasen.

7. Als sie sich satt gefreßen hatten,
Setzten sie sich nieder. -
Aber nun, herztausiger Schatz,
Komme du bald wieder.

In einigen Gegenden lautet der letzte Vers:
Als sie satt gefreßen warn,
Legten sie sich nieder.
Grüß dich Gott, herztausiger Schatz,
Jetzt komm ich nicht wieder.
(S. 573-574)
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Lied 807.
Abschied
(Vom Rhein)

1. Lieben, lieben das ist gut,
Wer es recht verstehen thut;
Wer es aber nicht recht kann,
Der muß Lehre nehmen an.

2. In dem Walde singt ein Vogel,
Das ist eine Nachtigall.
Nachtigall, Nachtigall,
Grüß mein Schatz viel tausendmal.

3. Auf dem Berg da springt ein Waßer,
Wär es lauter kühler Wein!
Kühler Wein, kühler Wein:
Schätzlein könnt ich bei dir sein.

4. In dem Waßer schwimmt ein Fisch;
Glücklich ist, der vergißt,
Der vergißt, der vergißt,
Was nicht mehr zu ändern ist.

5. Schätzlein reich mir deine Hand,
Deine Hand zum Unterpfand.
Zum Beschluß einen Kuss,
Weil ich von dir scheiden muß.

6. Scheiden ist ein hartes Wort,
Du bleibst hier und ich muß fort,
Weit und breit ist die Zeit,
Breiter wol die Ewigkeit.

7. Wenn wir uns dann nicht mehr sehn,
Bleibt doch unsre Freundschaft stehn,
Freundschaft stehn, Freundschaft stehn,
Bis wir uns dann wiedersehn.
(S. 574)
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Lied 808.
(Aus dem Clevischen)

1. Schätzchen reich mir deine Hand
Zum Beschluß und Unterpfand.
Zum Beschluß einen Kuss,
Weil ich von dir scheiden muß.

2. Scheiden ist ein hartes Wort,
Du bleibst hier und ich muß fort,
Weit und breit, mit der Zeit
Werden wir uns wieder sehn.

3. Wann wir uns nicht wiedersehn,
Bleibt doch unsre Liebe stehn;
Liebst du mich wie ich dich,
Nimmermehr verlaß ich dich.

4. Auf dem Berg da fließt ein Waßer,
Schätzchen, wär es kühler Wein!
Kühler Wein soll es sein!
Schatz, du sollst mein eigen sein!

5. In dem Waßer schwimmt ein Fisch,
Glücklich ist wer das vergißt,
Glücklich ist, wer vergißt,
Was nicht mehr zu ändern ist!
(S. 575)
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Lied 809.
Liebesklagen

1. Wie lang soll ich mich grämen
Ach allerschönstes Herz!
Thu mich nicht länger quälen,
Sonst leid ich großen Schmerz.
Wenn du verläßest mich,
So muß ich selbsten mich
Verwünschen und gar tödten:
Ach Schatz, die Treu nicht brich.

2. Dein angenehmes Lachen,
Dein Lieb und Freundlichkeit
Thun mir viel Seufzer machen
Allhier zu dieser Zeit.
Denn deine Liebesblick
Sind lauter falsche Strick,
Die mir mein Herz abschneiden:
O großes Ungelück!

3. Willst aber dies nicht achten,
O felsenharte Seel,
So thu doch nur betrachten,
Wie grausam ist die Höll.
Wird doch ein Marmelstein
Auch oft zermalmet klein:
Wie, sollte nicht dein Herze
Auch zu erweichen sein?
(S. 575)
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Lied 810.
Plauderei
(Kretzschmer II, 377)

1. Vor meines Herzliebchens Fenster
Da ist ein klarer Sprung.
Hätt ich daraus ein Trünkelein,
Dann würde mein Herz gesund.

2. Als sie daraus getrunken hat,
Da war ihr Herz gesund.
So will ich mit meinem Herzliebsten
Hin in den Brunngarten gehn.

3. Brunngarten ist zugeschloßen,
Da kommt niemand herein,
Als nur die schöne Brunnnachtigall,
Die fliegt von oben hinein.

4. Brunnnachtigall wollen wir fangen
Und kürzen ihr den Flug,
Die Federn ihr abschneiden,
Die sind noch lang genug.

5. Ade mein Allerherzliebchen,
Jetzt zieh ich nach Engelland,
Nach Engelland will ich fahren
Und laßen dich Mädchen hier.

6. Dann schreib ich dir ein Brieflein,
Dazu ein Kränzelein;
Das Kränzlein ist gut zum riechen,
Das Brieflein recht wohl dabei.

7. Hätt ich fünfhundert Gulden
In meiner Kisten stehn,
Sie thäten wol nach mir fragen,
Die jetzt vorüber gehn.

8. Hab ich der Gulden keine,
So hab ich doch frischen Muth,
So trag ich ein gülden Ringlein,
Eine Feder auf meinem Hut.
(S. 575-576)
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Lied 811.
Gedenke mein!
(Kretzschmer II, 333)

1. Ich stund auf hohem Berge,
Schaut in das tiefe Meer,
Darin las ich geschrieben,
Daß wir uns sollen lieben
Und treu verbunden sein.

2. Ich gieng mit ihr lustwandeln,
Lustwandeln in den Wald;
Ich that ihr etwas schenken,
Daran sie sollt gedenken,
Von Gold ein Ringelein.

3. Ein Ringelein zu schenken,
Das kostets nichts als Geld,
Der Ringlein und Ducaten
Der kann man sich entrathen,
Der sind noch in der Welt.

4. Leb wohl, mein fein Herzliebchen,
Es muß geschieden sein;
Wenn ich dann wiederkommen,
Soll es uns beiden frommen,
Feinslieb gedenke mein!
(S. 576)
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Lied 812.
Liebe in Nöthen

1. Guten Abend, liebes Kind,
Ach wie froh, daß ich dich find.

2. Liebes Kind, was machest du?
Schlafest oder wachest du?

3. Ich schlafe nicht, ich bin sehr krank,
Ich werd es nicht mehr machen lang.

4. Lauft zum Priester, lauft geschwind,
Daß er uns zusammen bind.

5. Wenn wir dann beisammen sein,
Wird sich unser Herz erfreun.

6. Unser Herz und unser Sinn,
Denn du bist und bleibst mein Kind.

7. Deine Haar sind kirschenschwarz,
Liebe mich, mein schönster Schatz.

8. Deine Augen sind hell und klar,
Liebe mich noch manches Jahr.

9. Deine Wangen sind rosenroth,
Liebe mich bis in den Tod.

10. Dein Mund der ist zuckersüß,
Liebe mich an Händ und Füß.

11. Deine Brüst sind kugelrund,
Liebe mich aus Herzensgrund.

12. Deine Hände sind schneeweiß,
Liebe mich über alle Weis.

13. Deine Füße sind geschwind,
Liebe mich, mein liebes Kind.

14. Und am End ist alles aus,
Jeder geht vergnügt nach Haus.
(S. 576-577)
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Lied 813.
(Thüringen)

1. Schätzchen, was machest du?
Schlafest oder wachest du?

2. Schlaf ja nicht, ich bin so krank,
Und der Tod macht mir so bang.

3. O du Tod, du bittres Kraut,
Hätt ich dirs wohl zugetraut?

4. Daß du mir mein Schatz wegnimmst,
Und mein Herz so sehr beklemmst.

5. Stürbest du, so sterb auch ich,
Sterben wir beide seliglich.

6. In das Gras senkt man uns ein,
Weil wir zwei Brautleute sein.

7. Auf unserm Grab da steht ein Stein,
Darauf wächst ein rosenrothes Blümelein.

8. Das Blümelein ist rosenroth,
Denn ich liebe dich bis in den Tod.

9. Deine kirschbraunschwarzen Aeugelein
Und dein zurckersüßes Mündelein,

10. Deine Händlein kreideweiß,
Lieb ich dich mit allem Fleiß.
(S. 577)
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Lied 814.
Die Traurige
(Osterländisch. Walter, 132)

1. Ich weiß ja, warum ich so traurig bin,
Mein Schatz ist gezogen nach England hin,
Er hat mich gelaßen alleine:
Da sitz ich, spinne und weine.

2. Den Samstag vorm heiligen Osterfest
Da bin ich zum letzten Mal lustig gewest;
Des Ostertags zog er seine Straßen,
Da hat mich alle Freude verlaßen.

3. Ach lieber Schatz, kehre bald wieder heim
Und komm zu deinem treuen Mägdelein,
Ach komm in ihre Arme,
Laß sie an deinem Herzen erwarmen.

4. Was hilft mir alles Gut von Brabant,
Wenn mein Liebster ist in England?
Was alle Schätze von Flandern,
Wenn er in der Fremde thut wandern?
(S. 577)
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Lied 815.
Die traurige Entdeckung
(Schlesisch. Hoffmann und Richter, 96)

1. Ei, Schönster, wo sind deine Gedanken hingericht?
Ei, willst du mich treu lieben, so sag mirs ins Gesicht.
Oder bin ich dir zu arm, oder bin ich dir zu schlecht?
Oder bin ich deinen Eltern, deiner Freundschaft nicht recht?

2. Ei, Schönste, da will ich dir ja balde sagen:
Die Eltern die wollens nicht länger mehr haben.
Du bist ihn'n zu arm, du bist ihn'n zu schlecht,
Du bist ja meinen Eltern, meiner Freundschaft nicht recht.

3. Ei, Schönster, ist dein Herze nicht viel härter als ein Stein?
Und wo mag doch die Liebe verborgen wol sein?
Geh hin zu deinen Eltern, klag ihnen die Noth,
Und eh ich dich laße, so leid ich den Tod.

4. Ihr Eltern, thut die Kinder zu Heirat nicht zwingen,
Denn es thut ja selten ein wenig Gutes bringen:
Ich achte kein Gut, ich achte kein Geld,
Drum nehm ich mir ein Mädchen, wie mir es gefällt.
(S. 578)
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Lied 816.
Gestern und heute
(XXX Newer Lieblicher Galliardt. Von Nicolao Rosthio. 1593)

1. Nächten da ich bei jhr was,
Schwatzten wir dann dies und das,
Auch sehr freundlich zu mir saß,
Sagt, sie liebt mich ohn all maß.

2. Nächten, da ich von jhr scheid,
Freundlich wir vns herzten beid,
Verhieß mir bei jhrem eid,
Mein zu sein in lieb vnd leid.

3. Nächten da ich von jhr gieng,
Sie mich gantz freundlich vmbfieng,
Dazu sehr fern mit mir gieng,
Vnd war gar sehr gut all ding.

4. Heute da ich zu jhr kam,
Da war alles widerzam,
Bösen bescheid ich da bekam,
Mußt abziehn mit spott vnd scham.
(S. 578)

widerzam = widerspenstig

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Lied 817.
(Schlesisch)

1. Nächtn Abend gieng ich zu ihr,
Da stand sie in der Thür.
Sie gieng wol in die Stube nein,
Sie dacht, wir würden sicher sein.
Wir warn in guter Ruh,
Der Alte kam dazu.

2. Wir warn in guter Ruh,
Der Alte kam dazu:
Er griff gleich nach dem Feuerzeug,
Zu sehn, wer in der Stube sei.
Da schlüpft ich ihm hinaus,
Versteckt mich wol im Haus.

3. Mein Alter war gar fein,
Er kam bald hinterdrein;
Er macht geschwind die Hausthür auf,
Da schlüpft ich ihm untern Armen naus.
Da war ich ihm entwischt,
Da hatt mein Alter nischt.

4. Heut Abend gieng ich zu ihr,
Da schloß sie zu die Thür.
Zum Oberfenster rief sie raus:
Gut Nacht, mein Schatz, und alles ist aus.
Ich hab mich anders besonn'n,
Zu mir darfst nie mehr komm'n.

5. Ich hob mein Augen auf
Und sprach zu ihr hinauf:
Ei wär ich reich und hätt ich Geld,
Wär ich angenehm der ganzen Welt,
Ich käm auch für und für,
Mein Schatz, nicht mehr zu dir.

6. Ihr Burschen, seht euch für,
Daß euch's nicht geht wie mir!
Ein Stückchen Brot, ein Gläschen Wein,
Ein Mädchen die ist hübsch und fein,
Und stets brav Gut und Geld,
Das ists was mir gefällt.
(S. 578-579)
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Lied 818.
Der Gleichgültige
(Münster. Münsterische Geschichten, 219)

1. Wenn ich zum Thor hinaus geh,
Setz ich mein Hütchen in die Höh;
Wenn ich dann weiter kumm,
Seh ich mich rund und um,
Seh da mein Schätzchen stehn,
Mit ihr blau Aeuglein schön.

2. Mädchen, was denkst von mir,
Daß du mich thust vexir?
Meinst du, daß ich mich kränk,
Oder ins Waßer senk?
Liegt ja die Schuld an dir,
Daß du so handelst mit mir.

3. Mutter, was kochen wir bei der Nacht?
Nudeln, daß's donnert und kracht,
Nudeln zum Sapperment!
Nudeln sind angebrennt,
Unten und oben ganz schwarz,
Frißt ja kein Hund noch Katz.
(S. 579)
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Lied 819.
Frage und Bescheid
(Franken. Kretzschmer I, 319)

1. Wenn ich auf Wappushof geh,
Setz ich mein Hüterl in die Höh;
Wenn ich e Stück weiter komm,
Dreh ich mich gleich wied'r um,
Seh ich mein Schatzerl stehn,
Wie roth Nägerl so schön.

2. Nägerl und Rosmarin,
Schätzerl, wo gehst dann du hin?
Geh nur zu der hinteren Thür,
Ist e kleiner Riegel für,
Mache den Riegel gleich auf,
Geh zum Schatzerl hinauf.
(S. 579)
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Lied 823.
Schalkslied
(Elwert, 41)

1. Weine, weine, weine nur nicht,
Ich will dich lieben, doch heute nicht,
Ich will dich ehren, so viel ich kann;
Aber 's Nehmen, 's Nehmen,
Aber 's Nehmen steht mir nicht an.

2. Glaube, glaube, glaube nur fest,
Daß dich mein Treu niemals verläßt.
Allzeit beständig, niemals abwendig
Will ich treu sein;
Aber gebunden das geh ich nicht ein.

3. Hoffe, hoffe, hoffe mein Kind,
Daß meine Worte aufrichtig sind;
Ich thu dir schwören
Bei meinen Ehren,
Daß ich treu bin:
Aber 's Heiraten, 's Heiraten,
Aber 's Heiraten ist nie mein Sinn.
(S. 580-581)
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Lied 824.
Lass mich ein
(Jülich. Cleve. Kretzschmer I, 306)

1. Mädchen steh auf und laß mich ein, laß mich ein,
Ich will die Nacht dein Buhle sein, Buhle sein.

2. Ich steh nicht auf und laß dich ein,
Erst kommt die Lust, dann Todespein.

3. Mach du nur auf, oder laß es sein,
Du spröde Maid, ich begehre nit dein.

4. Ich bin zu spröd, schwung bist du,
Hat auch der ein vorm andern Ruh.
(S. 581)
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Lied 825.
Kränzelkraut
(Schlesisch. Hoffmann und Richter, 112)

1. Rosel, wenn du meine wärst,
Nu ja ja, nu ja ja!
Und nach meinem Willen thätst?
Nu ja ja, nu!

2. Rosel, pfluck dir Kränzelkraut,
Du sollst werden meine Braut.

3. "Kränzelkraut, das pfluck ich nicht,
Ich bin jung und heirat nicht."

4. Bist du jung und heiratst nicht,
Bin ich stolz und mag dich nicht.
(S. 581)
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Lied 826.
Bairisches Alpenlied
(A. v. Arnim, Ariels Offenbarungen)

1. Der Franz läßt dich grüßen
Gar hoch und gar fest;
Vom Palmbaum hoch sprießen
Gar vielerlei Aest.

2. Mit grünblauer Seiden
Ein Kränzlein hängt dran,
Drum sollt du wol meiden
Ein anderen Mann.

3. Ja Mädel, sein Lieben
Nimmt sonst mal ein End,
Wie Röslein da drüben,
Die Reif hat verbrennt.

4. Im Thal liegt noch Nebel,
Die Alpen sind klar,
Doch wird er bald sehen,
Was unten ist wahr.

5. Er sieht wol die Schwalben,
Sie ziehen dann nieder
Die Küh von den Alpen,
Sie kommen auch wieder.

6. Jetzt klingeln sie, grüßen,
Sie haben gut Haus,
Viel Brünnlein, drin fließen,
Ein Golddach ist drauf.

7. Das Haus ist ganz offen,
Kein Riegel dafür,
Der Franz thut wol hoffen,
Du klopfst an die Thür.

8. Am buxbaumern Tischlein
Drauf stehn zwei Glas Wein;
Er schenkt klaren Wein ein,
Er saget was fein.

9. Er redet was wahr ist,
Er trinket was klar ist,
Er liebet was fein ist:
Lieb Mädel, er grüßt dich.
(S. 581-582)
_____



Lied 830.
Getreu
(Diemelgegend in Hessen)

1. Mein Schatz der lief zum Berge rauf
Mit bitterlichem Weinen.
Ach schönster Schatz, wo willst du hin?
Kannst bei mir bleiben.

2. "Was soll ich denn bei dir thun,
Was soll ich machen?
Du hast ja einen andern lieb."
Des muß ich lachen.

3. Ich hab ja keinen andern lieb,
Ich liebe dich von Herzen,
Und wenn ich von dir geh,
So leid ich Schmerzen.

4. Und so ich Schmerzen leide
An meinem Herze,
Das hat die Schönheit gethan,
Hat mir so leids gethan:
Darfs niemand sagen.

[5. Und wer auf Glück gebaut
Und seinem Schatz getraut,
Der wird betrogen.]
(S. 583)
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Lied 831.
Erfahrung
(Niederhessen)

1. Ich gieng durch einen grasgrünigen Wald,
Da hört ich die Vögelein singen.
Sie sungen so jung, sie sungen so alt
Die kleinen Vögelein in dem Wald,
Die hört ich so gerne wol singen.

2. Sing zu, sing zu Frau Nachtigall,
Sing mir von meinem Feinsliebchen,
Sing mir es so hübsch, sing mir es so fein,
Heut Abend da will ich bei ihr sein,
Will schlafen in ihren Armen.

3. Der Tag vergieng, schön Abend kam,
Feinsliebchen das kam gegangen,
Es klopfte so leise mit seinem Ring:
Steh auf mein herzallerliebstes Kind,
Ich habe schon lange gestanden.

4. So lange gestanden hast du noch nicht,
Ich habe noch nicht geschlafen,
Ich habe gedacht nur in meinem Sinn:
Wo bleibt mein herzallerliebstes Kind?
Wo bist du so lange geblieben?

5. Wo ich so lange geblieben bin,
Das darf ich dir Schätzchen wol sagen,
Wol bei dem Biere, wol bei dem Wein,
Allwo die schönen Jungfern sein,
Da bin ich auch jederzeit gerne.

6. Ihr Jungfern nehmt euch wohl in Acht,
Traut ihr nur keinem Manne;
Sie verheißen euch viel und halten kein Theil,
Sie führen euch nur am Narrenseil
Und laßen euch stets in Schande.
(S. 583-584)
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Lied 832.
Gerne!
(Hessen. Odenwald. Bergstrasse)

1. Ach was wird mein Schätzchen denken,
Daß ich bin so weit von ihr.

2. Gerne wollt ich zu ihm gehen,
Wenn der Weg so weit nicht wär.

3. Gerne wollt ich bei ihm schlafen,
Wenn die Nacht sechs Jahr lang wär.

4. Gerne wollt ich ihm was kaufen,
Wenn ich wüßt, was rathsam wär.

5. Gerne wollt ich mit ihm sterben,
Wenn der Tod nicht bitter wär.

6. Gold und Silber, Edelstein -
Schönster Schatz und du bist mein.

7. Du bist mein und ich bin dein,
Morgen soll die Hochzeit sein.
(S. 584)
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Lied 833.
Am Grabe
(Meurs)

1. Schreib du an jenem Orte
Mit eigner Hand die Worte:
Die ewig ich liebe sie ruhet allhier.

2. Treu hab ich ihr geschworen
Und hab sie nun verloren:
So sei nun der Tod mein einziger Trost.

3. Und sollten meine Füße
Dein Grabstein einst betreten,
So schick nur ein einzigen Seufzer zu mir.

4. Denk meiner in der Stille;
Die in des Grabes Hülle
Uns einet der Tod, mein einziger Trost.

5. Gedenk an jene Stunden!
Bestreu das Grab mit Blumen,
Mit Rosen und Veilchen - Vergiß mein nicht!
(S. 584)
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Lied 865.
Getrennt sein!
(Gräter's Bragur II, S. 118)

1. Aus ist das Liedchen!
Wär ich bei meim Liebchen!
Wenn ich schon nicht bei ihm bin,
Steht doch mein Sinn dahin.

2. Hab oft manche Nacht
Bei meinem Schätzlein zubracht,
Aber jetzt ein Weil herein
Kanns nimmermehr sein.

3. Wenn wiedrum kann sein,
Bei Mond und bei Schein,
Bei Tag und bei Nacht,
Herztausender Schatz!
(S. 599-600)
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Lied 867.
Abschied
(Elwert S. 36)

1. Mädel, warum betrübst du dich,
Dieweil ich muß verlaßen dich?
Ich kann nicht immer bei dir sein,
Drum gib dich drein.

2. "Geh nur hin und lebe wohl,
Geht dirs gut, so gefällt mirs wohl,
Geht dirs übel, so kränkt es mich,
Weil du betrübest dich."
(S. 600)
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Lied 868.
Liebeslied

1. Schwarzbrauns Aeugelein,
Wo wendest du dich hin?
Einen andern zu lieben,
Mich aber zu betrüben;
Ach schwarzbrauns Aeugelein,
Was hast du in deinem Sinn?

2. Schönste, ach Schönste,
Deren Herz mit Liebe angefüllt,
Ich gehe nicht ehr von dannen,
Bis daß ich habe empfangen
Einen warmen Kuss von dir,
O treues Herz!

3. Kuss auf Kuss
Das schadet dir ja nicht;
Denn ein Kuss in Ehren
Ist jedermann erlaubt,
Und niemand hat auf Erden
Des Küssens sich beraubt.

4. Nun ade, beschloßen,
Die Heirat ist gemacht.
Daß ich von dir muß scheiden,
Das bringt mir groß Leiden;
Ade zu tausendmal,
Ade zur guten Nacht.
(S. 600)
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Lied 870.
Vergebne Liebesmüh

1. Denk ich alleweil, denk ich alleweil,
Schön Schätzlein wär mein,
Jetzt seh ichs vor Augen,
Es kann ja nicht sein.

2. Wo ich stehe, wo ich gehe,
Das Herzlein thut weh,
Den Leuten ists zuwider,
Wenn ich mit ihr nur geh.

3. Herzig Schätzlein bist du drinnen,
Geh raus und mach auf,
Es friert mich an mein Fingerle,
Bin sonst nicht wohl auf.

4. Friert dichs an dein Fingerle,
Zieh Handschühle an,
So kannst du recht klopfen,
Klopf nur einmal an.

5. Was hilft mir mein Klopfen,
Du machst mir nicht auf,
Du thust mich vexieren,
Und lachst mich nur aus.
(S. 601)
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Lied 871.
Klage
(Büsching und von der Hagen S. 11)

1. Mein Jammer muß ich heute klagen,
Weil mich mein Schätzchen nicht mehr liebt;
Meine Schmerzen muß ich heute sagen,
Warum ich bin so sehr betrübt:
An diesem ist die Schuld allein,
Daß ich muß verlaßen sein.

2. In diesem Kummer den ich habe,
Er quälet mich den ganzen Tag;
Er geht mit mir bis zu dem Grabe,
Das ist ja eine schwere Plag;
Ach dies ist eine schwere Pein,
Ja schwerer als der größte Stein.

3. Wem soll ich jetzt mein Elend klagen,
Wem soll ich jetzt vertraulich sein?
Wem darf ich jetzt was heimlichs sagen,
Wem geb ich jetzt das Herze mein?
Wem mach ich jetzt mein Compliment,
Wem reich ich jetzo meine Händ?

4. Nun Himmel, du wirst Alles wißen,
Dir ist ja alles wohl bekannt,
Warum ich meinen Schatz muß missen;
Ach, dieses ist ein schwerer Stand;
Ach, dieses kränket mich so sehr,
Ach, wenn ich nur gestorben wär!
(S. 601-602)
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Lied 875.
Treu und falsch
(Odenwald)

1. Verdenk mirs nicht, daß ich dich meide,
Da du so falsch und ich so treu.
Soll dann mein Herze Schiffbruch leiden,
So reißt das Band der Lieb entzwei.
Drum sprich mich frei von aller Pflicht;
Verdenk mirs nicht, verdenk mirs nicht!

2. Wer wird ein solches Herze lieben,
Das allenthalben naschen geht?
So mit betrübten Augen sehen,
Wies jedem nur zu Dienste steht?
Und was nach fremdem Athem riecht,
Das lieb ich nicht, das lieb ich nicht.

3. Ich will nicht mehr die Gaß betreten,
Allwo du gegenwärtig bist;
Will auch in jener Kirch nicht beten,
Allwo du gegenwärtig bist;
Ja wo ich dich werd sehen stehn,
Werd ich fortgehn und dich nicht sehn.

4. Hab ich dich nicht recht treu geliebet
Als ein aufrichtig treuer Freund?
Hab keine Falschheit ausgeübet,
Und habs recht treu mit dir gemeint.
Jetzt aber werd ich so veracht,
Für meine Treuheit ausgelacht.
(S. 603)
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Lied 876.
Dass niemand es merke
(Kretzschmer I, S. 475)

1. Ich hab zu dir gesagt: mein Kind ich liebe dich,
Und bist du mir geneigt, so denke oft an mich.
Und so du denken willst, so stell es also an,
Daß niemand außer uns die Liebe merken kann.

2. Die Liebe muß bei uns anjetzt verschwiegen sein,
Drum schließ die ganze Lust in deinem Herzen ein,
Und ist es dir ein Ernst, daß ich dich lieben soll,
So bleibe mir getreu, liebe und schweige wohl.

3. Die Wächter sind bestellt, sie wollens gerne sehn,
Doch ihnen zum Verdruß soll gar kein Blick geschehn.
Ja weder einen Blick, noch einen Liebeskuss,
So lang ich im Geheim die Liebe bergen muß.

4. Laß nur die Wächter stehn, ich laß gewiss nicht ab,
Vielleicht erfährst du bald, was ich beschloßen hab.
Ich schenke dir mein Herz, du bleib mir nur getreu,
Biß daß einmal der Tod unser beiden Herzen scheidt.
(S. 603-604)
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Lied 877.
Liebe in Nöthen
(Thüringen)

1. Sieh an mein liebes Kind, sieh an mein Leiden,
Was mir am liebsten ist, dich, muß ich meiden;
All meine Gelegenheit ist mir entnommen,
Nur des getröst ich mich, 's wird wiedrum kommen.

2. Mit was für einem Band bin ich gebunden!
Hab weder Tag noch Nacht kein ruhge Stunden.
Geh nur, mein Kind, halte fest, laß nur nicht wanken,
Lieben ist das allerbest, lieben in Gedanken.

3. Wenn man wol lieben will, wie muß mans machen?
Muß freundlich zu ihr gehn, muß liebreich lachen,
Und wenn sie da nicht darf sich zu dir neigen,
Muß man bei Zeiten gehn, muß stille schweigen.

4. Kein größre Freude ist auf dieser Erden,
Als wenn zwei junge Leut in Ehstand treten,
Da findt man keine Noth, kein Kreuz, kein Leiden.
Nichts als der bittre Tod der soll uns scheiden.
(S. 604)
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Lied 878.
Abschied
(Hessen und anderwärts)

1. Es ritten drei Reiter zum Thor hinaus, ade!
Feinsliebchen das schaute zum Fenster hinaus, ade!
Und wenn es denn soll geschieden sein,
So reich mir dein goldenes Ringelein,
Ade, ade, ade!
Ja, scheiden und laßen thut weh!

2. Und der uns scheidet, das ist der Tod, ade!
Er scheidet so manches Jungfräulein roth, ade!
Und wär doch geworden der liebe Leib
Der Liebe ein süßer Zeitvertreib.
Ade, ade, ade!
Ja, scheiden und laßen thut weh!

3. Er scheidet das Kind wol in der Wiegen, ade!
Wann werd ich mein schwarzbraunes Schätzelein kriegen? ade!
Und ist es nicht morgen, ach wär es doch heut,
Es macht uns allbeiden gar große Freud.
Ade, ade, ade!
Ja, scheiden und laßen thut weh!
(S. 604-605)
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Lied 879.
(Umgegend von Frankfurt a. M.)

1. Jetzt reisen wir zum Thor hinaus, ade!
Mein Schatz der schaut zum Fenster heraus.
Ade, o weh, ade!

2. Mein Schatz, laß du dein Schauren sein, ade!
Ich kann fürwahr nicht bei dir sein.
Ade, o weh, ade!

3. Ich reise jetzt in fremde Land, ade!
Komm Schatz, und reich mir deine Hand.
Ade, o weh, ade!

4. Händlein reichen und das thut weh, ade!
Wenn zwei Verliebte von einander gehn.
Ade, o weh, ade!

5. Kirschen die sind schwarz und roth, ade!
Ich lieb mein Schatz bis in den Tod.
Ade, o weh, ade!
(S. 605)
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Lied 880.
Starke Einbildungskraft
(Des Knaben Wunderhorn III, 288)

1. "Hast gesagt, du willst mich nehmen,
Sobald der Sommer kommt.
Der Sommer ist gekommen,
Du hast mich nicht genommen,
Geh, Buble, geh, nehm mich! Gelt ja,
Du nimmst mich noch?"

2. Wie soll ich dich denn nehmen,
Und wenn ich dich schon hab?
Denn wenn ich halt an dich gedenk,
Denn wenn ich halt an dich gedenk,
So mein ich, so mein ich, ich mein,
Ich wär bei dir.
(S. 605)
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Lied 881.
Icarus
(Des Knaben Wunderhorn III, S. 316)

1. Mir träumt, ich flög gar bange
Wol in die Welt hinaus,
Zu Straßburg durch alle Gaßen
Bis vor Feinsliebchens Haus.

2. Feinsliebchen ist betrübt,
Als ich so flieg und rennt:
Wer dich so fliegen lehrt,
Das ist der böse Feind.

3. Feinsliebchen, was hilft hier lügen,
Da du doch alles weißt,
Wer mich so fliegen lehrt,
Das ist der böse Feind.

4. Feinsliebchen weint und schreiet,
Daß ich vom Schrei erwacht,
Da saß ich ach! in Augsburg
Gefangen auf der Wacht.

5. Und morgen muß ich hangen,
Feinslieb mich nicht mehr ruft,
Wol morgen als ein Vogel
Schwank ich in freier Luft.
(S. 605-606)
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Lied 882.
Gute Lehren
(Des Knaben Wunderhorn III, S. 125)

1. Grad Herz, brich nicht,
Lieb mich und sag's nicht,
Liebst du mich wie ich dich,
Bleibt die Lieb beständiglich.

2. Schönste Rose, fall nicht ab,
Bis ich komm und brich dich ab;
Wenn mich schon die Dornen stechen,
Will ich doch die Ros abbrechen.

3. Wer die Rosen will abbrechen,
Muß nicht achten der Dornen Stechen;
Rosendornen stechen sehr,
Falsche Liebe noch viel mehr.
(S. 606)
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Lied 883.
Warum weinest du?

1. Schätzle, warum weinest du,
Weinest du so sehr?
Weil ich muß mein Kleid verkaufen,
Daß ich kann mein Kindle taufen,
Darum, darum weine ich, weine ich so sehr!

2. Schätzle, warum weinest du,
Weinest du so sehr?
Weil ich muß zu Hause liegen
Und muß stets das Kindlein wiegen,
Darum, darum weine ich, weine ich so sehr!

3. Schätzle, warum weinest du,
Weinest du so sehr?
Weil mein Schatz ein Schlucker ist,
Ach ein armer Schlucker ist;
Darum, darum weine ich, weine ich so sehr!

4. Schätzle, warum weinest du,
Weinest du so sehr?
Als ich auf der Wiese saß,
Machtest du mir ja den Spass;
Darum, darum weine ich, weine ich so sehr!

5. Schätzle, darum weine nicht,
Weine jetzt nicht mehr!
Ich will stets nun bei dir bleiben
Und dir hübsch die Zeit vertreiben.
Daher, daher weine nicht, weine nun nicht mehr!
(S. 606)
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Lied 884.
Das fahrende Fräulein
(Des Knaben Wunderhorn I, S. 125)

1. O weh der Zeit, die ich verzehrt
Mit meiner Buhler Orden;
Nachren ist worden mein Gefährt,
Ich bin zur Thörin worden.

2. Mich reut die Schmink und falscher Fleiß,
Den ich darauf gewendet;
Die Sonne schien, ich baut auf Eis,
So war ich schier verblendet.

3. Wie es wird heiß, fort zieht das Eis
Und meine goldnen Schlößer;
Wie ruft es doch im Fluße leis,
Da drunten wär es beßer.

4. Und wie sie in das Waßer fällt,
Da hat sie fest gehalten
Der Liebste, dem sie nachgestellt,
An ihres Schleiers Falten.

5. Laß mir den Schleier, halt mich nicht,
Laß still mich nunter ziehen;
Denn mein verstörtes Angesicht
Das würde nach dich ziehen.

6. Der Strom ist stark, sein Arm zu schwach,
Sie will den Schleier nicht laßen:
So zieht verlorne Liebe nach,
Er wollt sie nicht verlaßen.
(S. 606-607)
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Lied 887.
Ständchen
(Umgegend von Meurs im Clevischen. Erk und Irmer III, 10, S. 8)

1. "Liebes Mädchen, ich steh draußen
An deim Fensterlein:
Hörst du nicht die Winde brausen:
Komm und laß mich rein!

2. Ach ich bins so herzlich müde
Hier im Sturm zu stehn.
Liebes Mädchen, holder Engel,
Höre doch mein Flehn!"

3. "Ach so warte nur ein wenig,
Bis sich nichts mehr rührt!"
"Liebes Mädchen, holder Engel,
Komm, mach auf die Thür!

4. Schon die halbe Nacht gesungen,
O ich Armer, hier:
Laß dich doch erbitten, Täubchen,
Komm, mach auf die Thür!

5. Jetzt hör ich das Fenster krachen,
Bald sieht sie heraus;
Nun wird sie die Thür aufmachen,
Dann komm ich ins Haus.

6. So gewiss ist dann die Wonne,
Heut bei dir zu sein.
Schönstes Mädchen, Herzenssonne,
Du bleibst ewig mein!"

7. "Ei so komm und genieß die Wonne,
Die uns glücklich macht,
Bis die goldne Morgensonne
Uns vom Schlaf erwacht."
(S. 608)
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Lied 888.
Liebestreu
(Schwaben. Gräter's Bragur I, S. 274)

1. Herzchen, mein Schätzchen, bist tausendmal mein,
Laß dir kein andern nicht lieber sein.
Kommt dir gleich einer, ist schöner als ich,
Herzchen, mein Schätzchen, gedenke an mich.

2. "Meine Augen, die haben verloren ihren Schein,
Mein junges Herz hast du genommen ein;
Mein Freud hat sich im Trauern verstellt,
Kann nicht lieb haben als was mir jetzt gefällt."

3. Keine Rose so lieblich riechen kann,
Als wann zwei Lieberl beisammen stahn,
Kein Feuer und Glut brennt nicht so heiß
Als heimliche Lieb, die niemand nicht weiß.

4. Man kann sie in keinen Kasten verspern,
Liebhaben in Ehren kann niemand verwehrn.
Und wann der Himmel wär Papier,
Und jeder Stern könnt schreiben hier,

5. Und schreiben die Nacht bis wieder an Tag,
Sie schreiben die Liebe kein Ende, ich sag!
Drum red ich es frei und bleibe dabei,
Daß treue Liebe das beste stets sei!
(S. 608-609)
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Lied 889.
Freien ist die beste Lust
(Simrock, 353)

1. Anjetzo will ich mich drein ergeben
Und will leben in der Still.
So lang will ein Jungfrau bleiben,
Bis der Tod mir nimmt das Leben:
So lang will ich ein Jungfrau sein
Und will leben ohne Pein.

2. Willst du denn ins Kloster gehen
Und willst werden eine Nonn?
Ach nein, das sollst du doch laßen bleiben:
Wer wird dir die Zeit vertreiben?
Der Ehstand der ist freudenvoll;
Freist du nicht, so wirst du toll.

3. Kommt man in ein Haus hinein,
Hört man nichts als Kindergeschrei.
Das eine thut rufen, das andre thut schreien,
Das eine thut kreischen, das andre thut weinen:
Dieses hört man allezeit,
Darum hat man so schlechte Freud.

4. Wer hat dirs gesagt? der hat dich belogen,
Er hat es fürwahr nicht beßer gewußt,
Sonst hätt er dich nicht damit betrogen;
Freien ist die beste Lust.
Es habens probiert schon andere Leute,
Es ist auch keiner, den es gereute.
Denk es muß geheiratet sein,
Gib nur deinen Willen drein.
(S. 609)
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Lied 892.
Stille Liebe
(Des Knaben Wunderhorn III, 104)

1. 'S ist mir auch kein Nacht so finster,
'S ist mir auch kein Weg so weit;
Wenn ich zu meim Schätzlein gehe,
Sehen mich die bösen Leut.

2. Regnets, schneits und geht der Wind,
Wenn mein Schatz nur vors Fenster käm.
Steh nur auf, mach auf fein bald,
Bei der Nacht ists draus gar kalt.

3. Wenn die Sonn so schön ans Gebirg aneglanzt,
Und das Gemsel auf der Höh umme tanzt;
O du schöne Morgenröth!
Wenn ich dich allzeit bei mir hätt!

4. Schatz, du bist mein und ich bin dein,
Wir sind ja zwei Verliebterlein;
Von dir kann ich nit mehr laßen,
Ach bis ich komme ins kühle Grab.

5. Das Dirndele fängt zu weinen an:
Ach Buberle, was haben wir gethan?
Wir wollen wieder gehn nacher Haus,
Wollen gerne stehen alles aus.
(S. 610)
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Lied 896.
Zum Abschied
(Umgegend von Bonn. Simrock, 244)

1. Ade galantes Mägdelein,
Könnt ich noch einmal bei dir sein,
Wol um zu küssen deinen rothen rothen Mund,
So würde mein jung frisch Herze gesund.

2. Ach du süßer Zuckermund,
Wie oft hast du mein junges Herz verwundt,
Hast mir es verwundt, verwundt bis in den Tod.
So steht mein junges Herz in großer Noth.

3. Nun ade und ich muß fort,
Ich muß mich begeben an ein ander Ort,
Ich muß mich begeben zu Waßer und zu Land;
In Ehren marschieren ist niemand Schand.

4. Könnt ich krähen als wie ein Hahn,
Könnt ich schwimmen als wie ein Schwan,
So wollt ich schwimmen wol über den Rhein
Zu der Herzallerliebsten mein.

5. Wären alle Berge Karfunkelstein,
Alle Sterne sollten Schreiber sein,
So ließ ich schreiben ein Briefelein
Zu der Herzallerliebsten mein.
(S. 612)
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Lied 897.
Schwarzbrauns Babeli
(Wunderhorn II, 59. Simrock, 295)

1. Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß mich nein!
Ich bin allein und bring dir Wein,
Laß mich in die Kammer nein;
Schwarzbrauns Babeli
Mit deinem schwarzen Aeugeli,
Steh auf und laß mich nein.

2. 'S sind unser eins, 's sind unser zwei,
Bringen dir ein Osterei;
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!
'S sind unser zwei, 's sind unser drei,
Babeli komm geschwind herbei!
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!

3. 'S sind unser drei, 's sind unser vier,
Kaufen dir gut Wein und Bier:
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!
'S sind unser vier, 's sind unser fünf,
Kaufen dir ein Dutzend Strümpf,
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!

4. 'S sind unser fünf, 's sind unser sechs,
Kaufen dir ein Kreuzersweck.
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!
'S sind unser sechs, 's sind unser sieben:
Welchen will das Babeli lieben?
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!

5. 'S sind unser sieben, 's sind unser acht,
Wünschen dir ein gute Nacht.
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!
'S sind unser acht, 's sind unser neun,
Welcher darf zum Babeli nein?
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns nein!

6. 'S sind unser neun, 's sind unser zehn,
Möchten gern das Babeli sehn.
Schwarzbraunes Babeli,
Steh auf und laß uns nein!
'S sind unser zehn, 's sind unser elf,
Liebes Babeli, komm und helf,
Schwarzbraunes Babeli,
Steh auf und laß uns nein!

7. 'S sind unser elf, 's sind unser zwölf,
Ist eine ganze Heerde Wölf;
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns ein!
Laß uns in die Kammer nein,
Bringen dir ein Kanne Wein.
Schwarzbrauns Babeli,
Steh auf und laß uns ein!
(S. 612-613)
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Lied 898.
(Aus Urach. Erlach II, 175)

1. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser eins, 's sind unser zwei,
Welcher will zum Mädle nei?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

2. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser zwei, 's sind unser drei,
Welcher kocht dem Kind den Brei?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

3. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser drei, 's sind unser vier,
Welcher holt dem Mädle Bier?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

4. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser vier, 's sind unser fünf,
Welcher strickt dem Mädle Strümpf?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

5. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser fünf, 's sind unser sechs,
Welcher flicht dem Mädle Zöpf?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

6. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser sechs, 's sind unser sieben,
Welcher will zum Mädle liegen?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

7. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser sieben, 's sind unser acht,
Welcher hat das Kind gemacht?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

8. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser acht, 's sind unser neun,
Welcher will zum Mädle nein?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

9. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser neun, 's sind unser zehn,
Welcher will zum Messner gehn?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

10. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser zehn, 's sind unser elf,
Welcher zählt das Elfergeld?
Ich nicht, du nicht, sondern aber du!

11. Schwarzbraunes Mädichen steh auf und laß uns nei!
'S sind unser elf, 's sind unser zwölf,
'S sind eine ganze Heerde Wölf:
Ich bin keiner, du bist keiner, sondern aber du!
(S. 613-614)
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Lied 901.
Ein Ärgerniss
(Mündlich aus Hessen)

1. Ich hab mich verschworen,
Zu lieben nicht mehr,
Dieweil mich das lieben
Hat betrogen so sehr.
Allwo du in Gesellschaft gehst,
Nimm dich in Acht,
Auf daß du deinem Schätzchen
Kein Aergerniss machst.

2. Ich stund auf der Straße
Und schaute herfür:
Ach Herzchen, schön Schätzchen,
Mach mir auf die Thür.
Ich thu dir nicht aufmachen,
Ich bin noch so klein,
Ich bin ein schön Mädchen,
Schlafe lieber allein.

3. Ich glaub, du thust dich fürchten,
Ich thu dir ja nichts;
Ich trag mich wie ein Jäger,
Habe bei mir eine Büchs;
Bin auch noch versehen
Mit Pulver und Blei.
Ach Herzchen, schön Schätzchen,
Von mir bist du frei.
(S. 615-616)
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Lied 902.
Der Kluge
(Mündlich aus Hessen)

1. Droben am Berge da steht ein Haus,
Schauen drei schöne Jungfern heraus,
Schauen wol über die Straßen.
Sind der Bursche zwei bis drei,
Lachten über die Maßen.

2. Der jüngste, der darunter war,
Bot der Jungfer einen guten Tag.
Da fieng sie an zu lachen:
Schätzlein, wann du meiner wärst,
Hochzeit wollten wir machen.

3. Hochzeit wär schon längst gewest,
Wenn du mir nur reicher wärst,
Mit Silber einzufaßen.
Lieber will ich zum Biere gehn,
Das Mädchen fahren laßen.

4. Wer die Tochter haben will,
Muß der Thaler haben viel,
Muß auch dabei gedenken,
Bier und auch den rothen Wein
Tapfer einzuschenken.

5. Caressiren geht schon an,
Wenn es geht die rechte Bahn.
Wenns aber heißt: Bombela,
Keiner will der Vater sein,
Sind ihrer zwei bis dreie.
(S. 616)
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Lied 903.
Ich kann und mag nicht frölich sein
(Mündlich aus Hessen)

1. Ich kann und mag nicht frölich sein,
Wenn alle Leute schlafen,
So muß ich wachen,
Muß traurig sein.

2. Warum mußt du denn traurig sein?
Wenn dich Leute fragen,
So sollst du sagen:
Schatz, du bist mein.

3. Du bist mein und ich bin dein.
Im Rosengarten
Will ich dein warten,
Im grünen Klee.

4. Du brauchst mein nicht zu warten im Klee.
Freie eine reiche,
Freie deinesgleichen,
Freie eben recht.

5. Ich freie nicht nach Geld und Gut.
An Gottes Segen
Ist alles gelegen,
Wers glauben thut.

6. Wers glauben thut, der ist nicht hie;
Ist weggenommen,
Wird wieder kommen,
Spät oder früh.

7. Wenn er nicht kommt zur rechten Zeit,
Will ich ihn meiden,
Will von ihm scheiden
In kurzer Zeit.

8. Wer hat denn dieses Lied erdacht?
Drei Goldschmiedsjungen,
Die habens gesungen
Zur guten Nacht.
(S. 616-617)
_____



Lied 905.
Sehnsucht
(Mündlich aus Oberhessen)

1. Abends wenn ich geh zur Ruh,
Schließ ich meine Aeuglein zu.
Morgens wenn ich früh erwach,
Mir mein Herz in Sorgen lag.

2. Tausend Seufzer, liebes Kind,
Will ich dir schicken durch den Wind,
Durch den Wind und durch das Meer;
Schatz, wenn ich nur bei dir wär.

3. Sollten wir uns nicht mehr sehn,
Bleibt doch unsre Liebe stehn.
Du bist mein und ich bin dein,
Ei was kann denn schöner sein?
(S. 617)
_____

 

 

Anmerkungen:

Lied 768:
In die Nr. 30 eingeschoben.

Lied 769-770:
Wunderhorn I S. 162. Elwert S. 34. Erlach IV S. 72. Reichardt, Musik. Kunstmagazin 1782 I S. 99. Simrock Nr. 154. Weyden S. 256. Erk u. Irmer I, 5 Nr. 53, 8 Nr. 57. Erk, Liederhort Nr. 125. Kretzschmer I Nr. 313. Künzel S. 577.

Lied 773:
Simrock Nr. 197.

Lied 774-778:
Fl. Bl. Wunderhorn I S. 210 (n. A. III S. 215). Hoffmann u. Richter Nr. 78. Nicolai I Nr. 8. Erk u. Irmer I, 4 Nr. 35 u. 36. Erk, Liederhort Nr. 146 u. 146a. Simrock Nr. 206.

Lied 780-781:
Fl. Bl. Hoffmann u. Richter Nr. 162. Wolff, Halle der Völker II S. 165. Erk II, 3 Nr. 7. v. Ditfurth II Nr. 93. Erk, Liederhort Nr. 115-116a. Simrock Nr. 145.

Lied 782-783:
Münster. Geschichten S. 230. Erk u. Irmer I, 2 Nr. 2. Hoffmann u. Richter Nr. 54. Simrock Nr. 208. Erk, Liederhort Nr. 77. O. Schade im Weimar. Jahrbuch III S. 306.

Lied 785:
Fl. Bl. Wunderhorn IV S. 207. Simrock Nr. 132 u. 133. v. Ditfurth II Nr. 105. Erk, Liederhort Nr. 76.

Lied 786:
Fl. Bl. Strassburg, Thiebolt Berger. 65 teütscher Lieder Nr. 13. 121 newe Lieder 1544 Nr. 44. Geschichtklitterung C. 8. Juo de Vento, Newe Teutsche Lieder 1570 Nr. 16. Uhland I, 1 Nr. 29.

Lied 787-788:
Wunderhorn II S. 193 (n. A. S. 191). Erk III, 1 Nr. 15. Simrock Nr. 111. Kretzschmer II Nr. 175. Künzel S. 567. Meier S. 140. Erk, Liederhort Nr. 89. Hoffmann v. F. Findlinge I S. 116.

Lied 789-790:
Kretzschmer II Nr. 81. Hoffmann u. Richter Nr. 137. Pröhle Nr. 36.

Lied 791:
Hoffmann u. Richter Nr. 65. Wunderhorn III S. 107 (n. A. S. 103). Wolff, Halle der Völker II S. 167. Erk, Liederhort Nr. 93.

Lied 792-795:
Fl. Bl. Wolff, Halle der Völker II S. 163. Erk u. Irmer I, 6 Nr. 48. Erk II 6 Nr. 42. Erk, Liederhort Nr. 132. Kretzschmer II Nr. 176. v. Ditfurth Nr. 85 u. 86. Simrock Nr. 139.

Lied 796:
Fl. Bl. Erk u.Irmer I, 1 Nr. 63. Erk, Liederhort Nr. 69. Kretzschmer II Nr. 171. Simrock Nr. 129. Hoffmann v. F., Findlinge I S. 119.

Lied 797:
Wunderhorn II S. 32. Erk II, 1 Nr. 39. Erlach III S. 476. Erk, Liederhort Nr. 118. O. Schade im Weimar. Jahrbuch III S. 305.

Lied 798:
Büsching u. v. d. Hagen S. 116. Erlach III S. 478. Kretzschmer I Nr. 120. Meier S. 112. Simrock Nr. 218. Erk, Liederhort Nr. 109.

Lied 799:
Hoffmann u. Richter Nr. 139.

Lied 801:
Hoffmann u. Richter Nr. 164.

Lied 802.
Hoffmann u. Richter Nr. 163.

Lied 806:
Wunderhorn I S. 300 (n. A. S. 344). Hoffmann u. Richter Nr. 133. Walter Nr. 43. Weimar. Jahrbuch III S. 299. Fiedler S. 186. Simrock Nr. 173. Erk II, 6 Nr. 45. Wyss S. 86. Meier S. 100.

Lied 807-808:
Simrock Nr. 152. Erk u. Irmer I, 2 Nr. 31. Erk, Liederhort Nr. 74. O. Schade im Weimar. Jahrbuch III S. 301. Hoffmann v. F., Findlinge I S. 107.

Lied 809:
Handschrift des vorigen Jahrhunderts. Erk u. Irmer II 4 Nr. 32.

Lied 812-813:
Hoffmann u. Richter Nr. 144. Kretzschmer II Nr. 153. Wolff, Halle der Völker II S. 171. Erk u. Irmer I, 4 Nr. 46 u. 53. Erk, Liederhort Nr. 128-129. Simrock Nr. 134. Altrheinländ. Mährlein S. 131.

Lied 817:
Hoffmann u. Richter Nr. 123.

Lied 830:
S. auch Kretzschmer II Nr. 186.

Lied 831:
Wunderhorn III S. 83 (n. A. S. 346). Erk II, 1 Nr. 20. Simrock Nr. 175. Künzel S. 581. Erk, Liederhort Nr. 97.

Lied 832:
Erk u. Irmer I, 5 Nr. 62. Erk, Liederhort Nr. 75. Künzel S. 569.

Lied 833:
Erk u. Irmer I, 3 Nr. 16.

Lied 868:
Fl. Bl. Elwert S. 39. Büsching u. v. d. Hagen S. 198. Erlach I S. 171. Erk II, 6 Nr. 36. Simrock Nr. 210. v. Ditfurth II Nr. 134.

Lied 870:
Büsching, Wöchentl. Nachrichten I Nr. 354. Kretzschmer II Nr. 191. Erk u. Irmer I, 3 Nr. 14, 6 Nr. 26. Erk, Liederhort Nr. 121 u. 121a. Walter Nr. 44. Simrock Nr. 216. Künzel S. 514.

Lied 875:
Erk u. Irmer I, 2 Nr. 34. v. Ditfurth II Nr. 95. Künzel S. 573.

Lied 877:
Fl. Bl. Wolff, Halle der Völker II S. 166. v. Ditfurth II Nr. 111. Hoffmann u. Richter Nr. 75. Erk u. Irmer I, 6 Nr. 52. Meier S. 125. Erk, Liederhort Nr. 114-114a.

Lied 878-879:
Fl. Bl. Nicolai I Nr. 10. Wunderhorn I S. 253 (n. A. S. 343). Erk u. Irmer I, 1 Nr. 6. 3 Nr. 65. Erk, Liederhort Nr. 63-64b. Meier S. 127. Hoffmann u. Richter Nr. 153. Kretzschmer I Nr. 33. Weimar. Jahrbuch III S. 261. Wolff, Halle der Völker II S. 193. Fiedler S. 177. Simrock Nr. 156. Pröhle Nr. 38. v. Ditfurth II Nr. 124.

Lied 902:
Siehe a. Nr. 885 u. ferner v. Ditfurth II Nr. 179.

Lied 903:
Elwert S. 15. Bothe, Frühlingsalmanach 1804 S. 70. Büsching u. v. d. Hagen S. 28. Münster. Geschichten S. 205. Hoffmann u. Richter Nr. 166. Fiedler S. 200. Schleicher S. 126. Erk u. Irmer I, 5 Nr. 65. v. Ditfurth II Nr. 125. Meier S. 103. Simrock Nr. 166. Erk, Liederhort Nr. 157-157b. Pröhle Nr. 41. O. Schade im Weimar. Jahrbuch III S. 302-304.
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Aus: Deutsche Volkslieder
Sammlung von Franz Ludwig Mittler
Zweite, mit einem Quellenverzeichnis vermehrte wohlfeile Ausgabe
Frankfurt am Main Verlag von Karl Theodor Völcker 1865

Teil 1 Teil 2 Teil 4




 


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